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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebentel)» und die Umgegenden. Umtsökalt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. ^5 11. Freitag, den 7. Februar 1873. Anher erstatteter Anzeige zufolge sind im vergangenen Monate aus einem Gute in Kleinschönberg folgende Gegen stände, als ein Deckbett mit grau und blau carrirtem, starken, leinenem Ueberzuge, ein weißleinenes Betttuch, ein türkisches Shwaltuch von Mousselin und ein Knabenüberzieher von schwarzem Stoff gestohlen worden, was zur Wiedererlangung des Gestohlenen und Ermittelung der Thater hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 3. Februar 1873. Leonhardi. Tagesgeschichte. Dresden, 5. Febr. Das heutige Frühbulletin über das Befin den der Königin lautet:'„Ihre Majestät haben die Nacht ziemlich gut verbracht und weniger gehustet. Die Fiebererscheinungen sind geringer. Die hohe Kranke fühlt sich aber sehr schwach und angegriffen." In Döhlen bei Potschappel ist in der Nacht des 1. Februar ein 16jähriger Glasarbeiter, Namens Anton, auf dem Bahngleise gegangen, sieht einen Zug kommen, verläßt das Gleis, betritt das andere, wird von einem auf diesem Gleise kommenden Zuge von hinten gefaßt und zur Seite geworfen. Schwer verletzt und durch die Kälte erstarrt ist der Unglückliche früh todt aufgefundcn worden. Zn der Nähe von Oederan, um Langenstrigis, Hausdorf und Frankenberg sind seit 30 Jahren ruhende Eisensteingruben wieder aufgeschloffen und reichhaltige Eisensteingänge wieder aufgeräumt und abbaufähig hergestellt worden. Drei Stollen von 1600, 1200 und 800 Fuß Länge sind völlig gesäubert und 5 Gruben derartig wieder zugängig gemacht worden, daß die Verbindung unterirdisch nach dem Laufe der Gänge binnen wenigen Monaten hergestellt fein wird. Von den bei einfachem Aufschluß schon geförderten 8000 Eentner Eisensteinen sind mehrere tausend Centncr zur Verhüttung, die später in 4 Hochöfen auf eigenem Territorium erfolgen soll, nach den Grö ditzer Werken versendet worden. Die in den Laboratorien der kgl. Bergakademie in Freiberg und Berlin ausgeführte Analyse hat einen Minimalprocentsatz von 54 bis 65 im Maximum reines Eisen ergeben und zwar ohne jede Beimischung von PhoSpor und Schwefel. Im letzten Monat sind in einem der Stollen in ca. 160 Fuß Teufe ziemlich zwei Ellen sächs. mächtige Eisensteingänge im Streckenbau für die Massenbeförderung erschlossen worden. Diese erfreulichen Ergebnisse lassen nach der gut unterrichteten Oederaner Korrespondenz die Hvffnnng auf einen günstigen Einfluß auf die dermalen nichts weniger als glänzenden industriellen Verhältnisse der dortigen Gegend berechtigt erscheinen, insbesondere da es an Eisenbahnverbindungen für Zu- und Abfuhr keineswegs gebricht. Aus dreier Zeugen Mund wird die Wahrheit kund. Kaiser Wil helm , Graf Roon und Fürst Bismarck haben erklärt, daß das neue Ministerium Roon das alte Ministerium Bismarck sei, namentlich in der kirchlichen Gesetzgebung hat der Reichskanzler seine Uebcrein- stimmung mit seinem eigenen Ministerium bezeugt. Mit seinem Rück tritt vom Minifterpräsidium, deutete Bismarck an, sei die Stellung des Reichskanzlers freier und wuchtiger geworden. „Mag das preu ßische Ministerium sehen, wie es mit dem Reichskanzler auökommt," rief er im Abgeordnetenhaus guter Laune aus. Für das deutsche Reich gedenkt der Kanzler zunächst in drei wichtigen Dingen die Ein heit herzustellen; 1) im Verkehrswesen, namentlich in der Eisenbahn- Politik, 2) im Recht und in den Gerichten, 3) in der kirchlichen Ge setzgebung. Die betreffenden Vorlage» und Verhandlungen in dem prc'ußischcu Landtag werden also im Reichstag zum Theil wieder- kehreu. Neber ein weltgeschichtliches Gespräch, daS 1813 zwischen Napoleon I. und dem österreichischen Staatsministcr Metternich in Dresden staitfand, wird jetzt erst nach 60 Jahren die volle Wahr heit kund und zwar aus einem Buch, das Freiherr v. Helfert in Wien über die Kaiserin Marie Luise, Nepoleons zweite Gemahlin, veröffentlicht hat. Metternich hat dieses Gespräch niedcrgeschrieben und in dem Wiener Archiv nicdergelegt; Thiers hat die Papiere cmgesehcn, aber zur Verherrlichung seines Helden Napoleon benutzt. Napoleon hatte nach seiner Flucht aus Rußland 1812 die Trümmer seiner Armee und die Jugend Frankreichs zu einem neuen Heere zusammengerafft, der Krieg zwischen ihm und den verbündeten Preu ßen und Russen war (1813) von neuem ausgebrochen, zwei große Schlachten waren unentschieden geblieben; Napoleon sowohl als seine Gegner suchten Oesterreich während des Waffenstillstandes auf ihre Seite zu ziehen. In dieser Zeit verhandelte Metternich in Dresden mit Napoleon. Metternich stellte Napoleon die Erschöpfung Frankreichs vor und bat ihn, so vielen Wechselfällen ein Ende zu machen. „Das Glück könnte ermüden, Ihnen treu zu bleiben; wie es Ihnen 1812 schon einmal untreu geworden ist. Sie haben eine Generation (jüngster Soldaten) vorausgenommen. Ich habe Ihre Soldaten gesehen, es sind Knaben — . Was wollen Sie thun; wenn auch diese dahin sein werden?" — „Bei diesen Worten zeigte Napoleon in seiner ganzen Haltung den heftigsten Zorn; er erbleichte und sein Gesicht verzerrte sich. Herr, rief er, Sie sind nicht Militair, ich bin unter den Waffen aufgewachsen, und ein Mann wie ich kümmert sich den f um das Leben von einer Mil lion Menschen!" — Metternich entgegnete mit kalter Ruhe: „Warum sagen Sie mir zwischen vier Wänden die Worte, die Sie soeben ausgesprochen? Oeffnen wir die Thüren, damit sie in ganz Europa widerhallen." — Die Franzosen, fuhr Napoleon fort, haben keinen Grund, über mich zu klagen; es sindDeutsche uudPolen, die ich zum Tode schicke, um jene zu schonen. Im russischen Feldzuge habe ich 300,000 Menschen verloren, aber es waren nur 30,000 Franzosen (?) darunter!" — „Sie vergessen, Sire, bemerkte Metternich, daß Sie mit einem Deutschen reden." Beim Abschied klopfte Napoleon dem österreichischen Minister vertraulich auf die Schulter: „Wollen Sie wissen, wie es kommen wird? Sie werden mir den Krieg nicht erklären!" — „Sie sind ver loren, Sire, sagte Metternich. Ich habe es geahnt, als ich kam; jetzt, da ich scheide, nehme ich die feste Ueberzeugung davon mit." Und so geschah cs, Oesterreich trat auf Preußens und Rußlands Seite und schlug mit ihnen die Schlacht bei Leipzig und zog mit ihnen nach Paris. Paris. Laut „National" beträgt die Summe, die auf die fünfte Milliarde eingezahlt ist, jetzt 360 Millionen. Ihm zufolge gehen jeden Monat 160 bis 170 Millionen auf die Anleihe ein, so daß die französische Negierung sich in den Stand gesetzt sehen werde, fünfte Milliarde in baarem Gelde zu bezahlen, ohne zu den Garan tien ihre Zuflucht zu nehmen. England. In dem großen Sinke in Süd-Wales glaubte man bereits dem Ende nahe zu sein, da sich die Grubenbesitzer erboten hatten, den Leuten den früheren Lohn weiter zu zahlen, falls sie ein- willigeu würden, abtheilungSweise eine ununterbrochene Tag- und Nachtarbeit cinzuführen. Allein man hatte ohne den Vorstand des Gewerkvereins gerechnet, der in einer abgchaltenen Sitzung beschloß, das Anerbieten von der Hand zu weise» und de» Grubenarhcitern die Wiederaufnahme der Arbeit zu untersage». Inzwischen ist jedoch eine Lösung dieser Frage aufgctaucht, welche de» Hmm wenig an genehm sein dürfte. ES ist die Heranziehung von Kultes. Wer die Chinesen in ihrem eigenen Vaterland? oder in den Bergwerken von Califoruien, Chili lind Australien gesehen hat, der weiß, wie leicht es ist, aus denselben tüchtige Grubenarbeiter zu machen, welche flei ßig und mit Vergnügen für die Hälfte der gegenwärtigen Löhne ar beiten, ganz abgesehen davon, daß sie bei ihrer anerkannten Nüchtern-