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P MM für Wilsdruff, Tl-armd, Roffcn, Sitbenlehn nnd die Umgegenden. ÄMtshlktt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Vierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 32.Ireitag, den 12. Juni 1868. Verordnung, Maßregeln gegen die Rinderpest betreffend. Die Gefahr der Einschleppung der Rinderpest hat sich in der Art gemindert, daß nunmehr eine fernere Erleichterung des Viehvcr- chh^, cintreten kann. Es soll daher von nun an bis auf Weiteres auch die Einfuhr des mittels Eisenbahn transportirtcn Rindviehs der einheimischen Raccn aus Bayern und den deutsch-österreichischen Ländern nach Sachsen ohne Beibringung von Ursprungs- und Gesund heitszeugnissen wieder gestattet sein. Die entgegcnstehcnden Bestimmungen der Verordnung vom 27. Juni 1867 unter 2 und beziehentlich der Verordnung vom I. April 1868 werden damit aufgehoben. Bei dem in der Verordnung vom 27. Juni 1867 unter 4 ausgesprochenen lind durch die Verordnungen vom 27. Juli und 22. August vorigen Jahres, sowie vom 1. und 25. April dieses Jahres aufrecht erhaltenen Verbote der Ein- und Durchfuhr von Steppen- MH (ungarischem, podolischem und galizischem Vieh) hat eS ferner zu bewenden. .. Zmvidcrbandlungen gegen diese Anordnungen werden nach 8- 8 flg. des Gesetzes, die Verhütung und Tilgung der Rinderpest rc. betreffend, vom 80. April 1868 (Ges.- u. Ver.-Bl. p. 264 flg.) bestraft. Dresden, den 4. Juni 1868. M l n i st e r l u IN des Inner n. (gez.) von Nostitz-LLallwitz. T a g e s g e s ch i ch t e. In militärischen Kreisen vernimmt man von einem bevorsteben- den erneuten Beweise der freundschaftlichen Beziehungen zwischen Sachsen und Preußen, weicher seinen Ausdruck darin finden würde, baß man in kürzester Jeil sowohl einer Ernennung des Königs Jo han», als auch des Kronprinzen Albert zu Chefs preußischer Regi- mentcr entgegen sieht. Un das deutsche SchützcnbundcSfcst in Wien bat die Dres- ncr Schützengesellschaft zwei Gaben von 200 bis 250 Fl. Werth angemeldeß Im Monat Mai sind in Leipzig sechs Selbstmorde und drei Selbslmvldversuchc vorgekommcn. Die „S. Z." berichtet aus Leipzig: Vorgestern ist ein zugereister fremder Arbeiter auf recht elende Weise aus dem Leben geschieden; er batte nch nämlich total betrunken und in diesem Zustande in einem Gehöfte der Gcrberstraße hingeworfen; dort hatte er sich, auf dem Lücken liegend und ohne aus seinem Taumel zu erwachen, übergeben müssen, das Ausgeworfcne war ihm beim Alhmcn in die Luftröhre gekommen, und ist er auf diese Weise elend und ohne erst wieder aus seinem Rausche zur Besinnung zurückgekehrt zu sein, erstickt. Plauen i. V., 6. Juni. Ein trauriges Ende hat vorgestern ver seil dem 2. Feiertage hier in Garnison stehende königl. sächs. Assistenzarzt L. genommen. In einem Anfälle von Wahnsinn hatte er sich verschiedene Schnitte im Oberschenkel, Arm und Hals beige- bracbt, von denen aber keiner tödtlich war, ebenso wenig wie einige ^ticbc in der Brust. Sofort in das Garnisvnshospital gebracht, Murde^ ihm die nötbige ärztliche Hilfe zu Theil und man hegte die teste Hoffnung, ihn bald wieder bergestellt zu sehen. Da verläßt ihn Mtags gegen l2 Uhr der zu seiner Pflege commandirte Sanitäts- Wldat nur auf einige Augenblicke, dies benützt L. und stürzt sich zum 'Mister hinunter. Sein Ted ist sofort erfolgt, da er mehrere Schä- dclbrüche erlitten hat. .. Dem Geschäftsführer des Ausschusses der deutschen Turnvereine Nt vom Centralausschusse für das 4. deutsche Turnfest in Nürnberg An Schreiben zugegangen, worin dieser die Uebernahme des Festes tür Nürnberg im Jabre 1860 und in den nächsten Jahren ablehnt, da er wegen den Nachwirkungen der politischen Ereignisse des Jahres (866 nicht auf die nothwendige kräftige Unterstützung der Bürgcr- swaft rechnen zu können glaubt und Bedenken hegt, Namens der Stadt der deutschen Turnerschüft gegenüber die nicht leicht erfüllbare Pflicht der würdigen Durchführung des Festes für die nächsten Jahre zu übernehmen. Berlin, 10. Juni. Der Generalpostdirector Philippsborn ent wickelte in der heutigen Rcichstagssitzung den Postetat, er wies die Gründe für 800,000 Thaler Ausfall nach. Becker beklagt die Er höhung des Portos. Stephani schildert die Unzufriedenheit Sachsens wegen der Portoerhöhung, bittet um Herstellung des alten Porto für die dicht bevölkerten engverbundenen Ortschaften. Philippsborn » bezeichnet dies Verlangen ungesetzlich. Der Bundcsrath hat den Beschluß gefaßt, den Bundeskanzler zu ersuchen, den Entwurf eines gemeinfchastlichcn Strafgesetz buches und einer gemeinsamen Proceßordnung für die Länder des norddeutschen Bundes ausarbeiten zu lassen. So wird die deutsche Einheit doch nach und nach zu Stande kommen. Der Gotteslästerung angcklagt, stand vorige Woche vor den Schranken des Berliner Stadtgerichts Herr F. W. Fritzsche aus Leip zig. Der Anklage zufolge hat „derselbe am Geburtstage Lassalles (11. April) im Allgemeinen deutschen Arbeiterverein in Berlin eine Rede gehalten, in welcher er den bekannten Lassalc zu verherrlichen suchte und dabei u. A. geäußert, Lassale habe jenen erhabenen Stand punkt erreicht, den vor etwa 19 Jahrhunderten Christus eingenom men habe."— „Diese Gleichstellung eines Menschen mit der Gottheit" — sagt die Anklage weiter — „ist als eine Herabwürdigung der Letzteren zu betrachten und wird deshalb der Arbeiter F. W. Fritzsche angeklagt .... öffentlich in Worten Gott gelästert zu haben." Nach Feststellung des Thatbestandes wird von dem Vorsitzenden des Ge richts hervorgehoben, daß sowohl nach dem Athanasianischen, wie nach dem Äugsburgischen Bekenntnis; die Gottheit Christi ein fest stehendes Dogma sei, Christus sei zwar auch Mensch, aber als sol cher immer auch Gott. Der Angeklagte erklärte darauf: „Ich glaube nicht an die Dreieinigkeit, deshalb bin ich aus der evangelischen Kirche ausgetreten und habe mich der freireligiösen Gemeinde angcschlossen; ich glaube folglich auch nicht an die Gottheit Christi und kann also unmöglich die Absicht gehabt haben, dieser Gottheit etwas gleichzu stellen." Die Ausführnngen des Staatsanwaltes beschränkten sich im Wesentlichen auf Folgendes: „Indem man Christus mit einem Menschen glcichsetzt, verstößt man gegen die Lehre der Kirche, ver spottet' dieselbe also, würdigt sie herab und lästert sie. Eine Läste rung braucht nicht gerade durch Schimpfwörter zu geschehen, sondern kann auch durch ganz abstracte Lehren verübt werden." Als mil dernden Umstand ließ der Staatsanwalt den Enthusiasmus des An-