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206 Leben unter unsäglichen Qualen ein Ende. Er wird wörtlich zerris sen. Das geschieht, so zu sagen, vor den Pforten des schönen Flo renz — wie soll man sich denn noch wundern über den Gräuel, die aus Sicilien gemeldet werden. In "Lodi (Italien) sollte am 22. Juni Abends der Leichnam des verstorbenen Bischofs Benaglia in die Capelle seiner Villa in Bergamo überführt werden. Kaum waren die Pferde an den Leichen wagen gespannt, so stürmte eine lärmende Menge in den Hof des bischöflichen Palastes, spannte die Pferde aus und schleppte den Wa ge» unter Evivas auf den Hauptplatz. Daselbst öffnete man beide Särge, identificirte die Echtheit des Leichnams und trug diesen unter Fackelbeleuchtung in die Kirche Santa Maddalena. Der todte Bischof wurde auf dem Hauptaltar ausgesetzt, alle Lichter angezündet und auf das heftigste mit allen Glocken geläutet. Es war Mitternacht — und man kann sich die Wirckung dieses schrecklichen Läutens denken. Die aufgeregte Menge innerhalb und außerhalb der Kirche schrie fortwährend: Wir wollen, daß der Leichnam des Bischofs in Lodi bleibe. Endlich kam Militär und stellte die Ordnung wieder her, wobei viele Verwundungen vorfielen. ! Belgrad, 29. Juni. Heute wurde der Hauptmann Mirzailo- witsch auf dem Festungsravon erschossen. Die Offiziere der hiesigen Garnison und Landwehr, eine Compagnie Jäger und Infanterie stan den in Schlachtordnung. Eine ungeheure Menschenmenge bedeckte den Platz. Aus vier Gewehren getroffen, verschied er nach zwei Mi nuten. Das Volk rief: Verflucht ist das Ungeheuer!" Hauptmann Mirzailowitsch war an der Verschwörung gegen den Fürsten Michael betheiligt und speciell angeklagl, die Ermordung des Kriegsministers und die Verleitung der Truppen zum Abfall, die Besetzung des Po- zeigebäudes rc übernommen zu haben. Das Kriegsgericht hatte ihn zum Tode verurtheilt nnd dieses Urtheil ist eben am 29. Juni voll streckt worden. Frau Times in London beschäfigt sich sehr viel mit Deutschen und Franzosen. Sie findet, daß es sehr unnütz und unklug von den beiden Nachbarn wäre, sich einander die Hälse zu brechen und meint schließlich, der Vortheil des Wartens sei auf Seite Deutschlands. Aus Stockholm vom 22. Juni schreibt man: Die beispiel lose Dürre, die überall im Lande herrscht, läßl für die erst soviel versprechende, diesjährige Ernte viel befürchten. In manchen Gegen den fiel seit Anfang Mai kein Tropfen Regen. Dazu laufen seit einer Woche täglich Berichte ein von großen Waldbränden, entstanden durch unverzeihliche Unvorsichtigkeit beim Abbrennen des Rasens zum Zweck der schnelleren Cultur bisher noch unbebauten Landes. Der dadurch verursachte Schaden ist bedeutend. Vermischtes. Königsberg i. Pr., 13. Juni. Vor Kurzem ereignete sich auf einem Gute hiesigen Kreises beim Häckselschneiden ein cigenthüm- liches und merkwürdiges Unglück. Als nämlich das eine Pferd, wel ches einen langen «schweif hatte, über die Stange trat, die das Triebwerk mit der Maschine verbindet, wickelte sich derselbe um die Stange und konnte bei deren rascher Umdrehung sich nicht mehr los machen. Die Kraft der Maschine riß daher, nachdem das arme Thier buchstäblich aufgewickelt worden, den ganzen Schwanz aus dem Rückgrat heraus, was den baldigen Tod desselben zur Folge hatte. Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Am 4. Sonntage nach Trinit. ... predigt Vormittags Herr Pastor Sch^ Nachmittags ist Betstunde. Im Königreich Preußen leben gegenwärtig 144 Million^ Im Jahre 1854 waren es erst 67. Der beliebteste AufentM^ für Millionäre ist Berlin, wo es deren 59 giebt. Unter diesen finden sich drei Erzmillionäre, die ein jährliches Einkommen nahezu 250,000 Thlr. haben. Davon geben sie 7200 Thlr. v" kommensteuer. , Der „Odessaer Bote" erzählt folgendes Curiosum: Bei ein dortigen Brande wurden verschiedene Mitglieder des nicht concell nirten „Rettungsvereins" verhaftet. Ein Weib machte sich spätes,! der Untersuchung besonders verdächtig. Der UntersuchungE, glaubte vermuihen zu dürfen, daß dies Weib das Feuer wonE angelegt, um dann stehlen zu können. Er befahl sie also zu graphiren, wie das mit allen gravirten Verbrechern vorschrifts^- geschehen muß. 2 Soldaten unter Gewehr geleiteten das Weib Atelier. Der Photograph stellte seine Maschine auf und befahl, nicht zu rühren. Das Weib war allen Bewegungen des Phol^« phen mit Aufmerksamkeit und steigender Angst gefolgt. Als E lich gar der große Lauf auf sie gerichtet und Stillstand bes»?^ war, brach sie zusamen, bat flehentlich um ihr Leben und vE Alles zu gestehen. Da kam es denn heraus, daß sie wirklich Feuer angelegt hatte; auch alle ihre Mitschuldigen gab sie an. , Schonet die Wälder! Kein Land predigt diese Mab^ lauter als Spanien. In alten Zeiten war dieses Land erneue kammer Europas, jetzt liegen große Provinzen unfruchtbar und s nähren nicht mehr die Einwohner. Man hat die Wälder nieb^ hauen und Quellen und Regen verscheucht und das Land ausge^ Eben wieder ertönen aus dem ganzen Lande laute Klagen über Ms. sermangel. Kein Wunder, die Regierung hat seit 12 Jahren ^, als 22,000 Forsten, zusammen 5'/r Millionen Hektaren enthalt^ niederlegen lassen und versteigert. Das Geld ist fort, die sind fort, es fehlt Thau und Regen und die zahllosen GeiM haben keinen Mosisstab, um neue Quellen zu öffnen. In einem französischen Journal wird ein Mittel gegen mitgetheilt, das außerordentlich schnell und sicher wirken soll bisher noch gänzlich unbekannt war. Man soll Eschenblüthe Hollunderblüche vermischt drei Stunden lang in Wasser kochen dieses Wasser zu Fußbädern gebrauchen; es wird versichert, daß/, rauf die Gicht in zwei oder höchstens in vier Tagen verschiß (Probiren schadet nichts!) In Czecseny in Ungarn war eine jüdische Patriarchenf»^ lie zur Hochzeit versammelt. Das 94jährige Hauvt der verheirathere sich zum viertenmale mit einer 70jährigen Frau, z. auch schon dreimal verheirathet war. Die Zahl der Enkel bc^ 96 Köpfe, der Nachkommen überhaupt 125. Der Volkswitz fragt: wie unterscheidet sich eine Krupp'schetf. none von einer rochen Nase? — Die Kanone kommt von Essen,'' Nase vom Trinken. Amtliche Bekanntmachungen und Anzeigen vermischten Inhalts. Oeffentliche Bekanntmachung. Der aus Blankenstein bei Wilsdruff gebürtigen Anna Marie Knöfel gen. Hoffmann ist in einer hier hängigen Privatanklagsache der Aktenschluß bekannt zn machen und wird dieselbe, da deren derzeitiger Aufenthalt unbeka^ ist, hiermit öffentlich geladen, bis zum 20. Juli dieses Jahres allhier sich behufs ihrer Vernehmung zu stellen beziehentlich ihren jetzigen Aufenthaltsort anher anzuzeigen. Alle Polizeibehörden werden ersucht, die Knöfel im Betretungsfalle hierauf aufmerksam zu machen und einige richt davon gefälligst anher gelangen zu lassen. Königs. Gerichtsamt Wilsdruff, den 30. Ium 1868. In Stellvertretung: Dürisch, Assessor. Oöffentliche Bekanntmachung. Dem aus Roda bei Großenhain gebürtigen Handarbeiter und Zimmermaann Carl Friedrich Menzel' in einer wider ihn allhier anhängigen Privatanklagsache ein Bescheid bekannt zu geben und wird derselbe hiermit vorgel^ behufs dessen bis zum 20. Juli dieses Jahres allhier sich zu stellen, beziehentlich seinen derzeitigen Aufenthaltsort anher anzuzeigen. Alle Polizeibehörden werden dienstergebenst ersucht, den Menzel im Betretungsfall hierauf aufmerksam zu machen einige Nachricht gefälligst anher gelangen zu lassen. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 30. Ium 1868. In Stellvertretung: . Dürisch, Assessor. Bekamltnmchlmtü Das 12. und 13. Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes für das Königlich Sachsen vom Jabre 1868 — letzte Abse"^ am 27. Juni d. I. — enthält: o ,