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für Wilsdruff, Thumud, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Vierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebnhren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf.— Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden hononrt. IH. Ireiiag, den 24. April Taqesqeschichte. Wilsdruff, den 23. April 1868. Am vorigen Sonnabend holte der Gutsbesitzer Kleber aus Cunnersdorf Ferkel von hier ab; von dtm Quieken der letztem wurde das Pferd scheu, die Beine kamen beim Springen zwischen die Wagendeichsel, das Pferd wurde immer rasender uud entriß einem dasselbe haltenden jungen Mann die Zügel, es warf denselben zu Boden, trampelte auf ihm herum und zog das Planwägclchen über ihn weg. Dessenungeachtet hatte der junge Mensch, wie sich durch ärztliche Untersuchung ergab, keinen Schaden an seinem Körper erlitten, nur die Hände waren ein wenig verletzt. Hatte hier Gottes Hand nicht sichtlich über das Leben des jungen Mannes gewaltet? Meißen, 16. April. Das hiesige Bezirksgericht hat nunmehr gegen den Renlbeamtcn des Procuratur- und LandcSschulrentamtes Meißen, Hauptmann a. D. Elterlein, wider welchen wegen Unter schlagung unt der Voruntersuchung zu verfahren ist, einen Steckbrief erlassen, da sich Elterlein unter dem 6. d. M. von hier entfernt hat und die zum Zwecke seiner Erlangung ergriffenen Maßregeln ohne Erfolg geblieben sind. Dresden. Der wichtigste Beschluß des Handwerkcrtages, aus welchem die volle Gewerbefreiheit vielfach angefochten Wurde, weil sie den Mittelstand aufzehre und in das Proletariat Hinabstoße, ist der Anschluß an eine von den vereinigten Zünften und Gilden Von Hannover an den Reichstag deS norddeutschen Bundes erlassene Denkschrift, worin sie sich gegen die Einführung einer unbedingten Gcwerbcfreiheit erklären, und die Beibehaltung der Lehrzeit und der Meisterprüfung, Vereinigung verwandter Zünfte in eine große Zunft u. s. w. Wünschen. Aus guter Quelle hören die „Dr. N.", daß in der vertraulichen Sitzung, welche die erste Kammer über die Berathung des Wahl gesetzes abhielt, und die der öffentlichen Sitzung voransging, Se. K. H. der Kronprinz in einer Weise sich über das allgemeine, 'gleiche und dircctc Wahlrecht äußerte, die gewiß im ganzen Lande hohe Befrie digung erregen wird. Bekanntlich hatte sich eine Anzahl Redner, na mentlich Graf Hohenthal, in einem glänzenden Vortrage für das all gemeine Wahlrecht ausgesprochen und das sächsische Volk für reif dazu erklärt, davrn einen vernünftigen Gebrauch zu machen. In jener vertraulichen Sitzung sprach nun Se. K. Hoheit seine Meinung dahin aus, daß er persönlich gar nichts gegen dasselbe einzuwenden habe, daß er dasselbe für principiell richtig erklären müsse, daß er jedoch, wenn die zweite Kammer sich aus Abgeordneten zusammensetzen wolle, die auf Grund des Thalercensus gewühlt seien, keine Veranlassung für die erste Kammer sehe, in diese innere Angelegenheit der zweiten Kammer bestimmend cinzugreifen. Diese Ansicht, deren formelle Rich tigkeit man nicht bestreiten wird, drang durch; sie legt aber zugleich Zeugniß dafür ab, welches Zutrauen man in den höchsten Kreisen bei uns auf die Nüchternheit, Besonnenheit und den gesetzmäßigen Sinn des sächsischen Arbeiterstandes legt. Und fürwahr, wenn man sieht, mit welcher Ausdauer, Kraft und welcher treuen Beobachtung der Gesetze die Arbeiterbevölkerung die schwere Krisis des letzten Winters überstanden hat, wenn nirgends, trotz des drohenden Rothstandes im Gebirge, das wahrhaftig keinen besseren Boden besitzt, als die ost- prcuß scheu Tiefebenen,' von einem solchen Massenelend und gesetz loser Verwilderung die Rede ist, so ist das Vertrauen wohl ein ge rechtes zu nennen. Im Volke sind die besten Wurzeln der Kraft, welche Fürst und Land zu gemeinsamem Tragen von Freud und Leid er- muthigt. Von der Festung K önigst ein wird berichtet: Bekanntlich wurde seit mehreren Wochen der Fourier des Festungs-Artillerie-Regiments Alphons Ziegner, aus Kötzschcnbreda gebürtig, wegen Austretung steckbrieflich verfolgt, gegen den auch überdies der Verdacht der Geld- unterschlagung vorlag. Gerüchte der verschiedensten Art über den Aufenthalt des Betreffenden waren in dieser Zeit hier in Umlauf. Am 16. d. M. war durch unvorsichtiges Gebahren mit Asche in einem Kasernentheile Feuer entstanden, das zwar bald wieder gelöscht wurde, aber die Veranlassung gab, eine genaue Besichtigung der Aufbewah rungsorte der Brennmaterialien vorzunehmcn, die auch am 17. April sofort erfolgte. Als nun Nachmittags gegen 5 Uhr die aus zwei Offizieren bestehende Commission den Bodenraum des Brunnenmeister Kuttner besichtigte, fand man daselbst ein aufgeschlagenes vollständi ges Bett vor, hinter welchem sich ein Rascheln bemerkbar machte. Auf den Anruf eines der Offiziere antwortete die sehr wohlzuerken nende Stimme des Fourier Ziegner, daß er sich erst anziehen müsse. Die Offiziere eilen nun, die Wache zu holen, da auch das Knacken eines Gelvehrhahnes hörbar wird; dieselben haben jedoch kaum den Raum verlassen, als ein Knall gehört wird. Bei der Aufhebung er gab sich denn, daß der nun entdeckte Deserteur sich init einem Tcrzerol durch einen sicheren Schuß in die linke Brust der wohlverdienten Strafe amwch zu entziehen gewußt hatte. Zum Verständniß mag noch bemerkt sein, daß die Tochter des Brunnenmeisters die Geliebte Ziegners war. Sowohl der Brunnenmeister als auch dessen Tochter sind bereits gefänglich eingezvgen. Blau ist gespannt, zu erfahren, wie lange Ziegner, den man doch außerhalb der Festung glaubte, ja sogar hier und da gesehen haben will, bereits in diesem Verstecke ge haust hat. Die Leipziger reiben sich vergnügt die Hände, denn so früh zeitig und in so großer Zahl sind die Zugvögel zur Messe, nament lich aus Griechenland, der Türkei und der Moldau, noch nie ge kommen Wie diesmal, Aber was noch mehr sagen will, auch schon viele deutsche Fabrikauten, sogar Thüringer, sind diesmal drei bis vier Tage früher eingetroffen. — Auf dein Königsplatz stürzt? eine im Bau begriffene große Schaubude zusammen und begrub 13 Per sonen unter sich, wovon 6 schwer verletzt wurden. Einer davon ist bereits verstorben. Am 18. d. M. früh kurz nach 8 Uhr wurde bei Wurzen auf der von Thallwitz nach Eilenburg führenden Straße gegen 1000 Schritt von der preußischen Grenze entfernt, in einer Blutlache lie gend, der 13^ Jahr alte Handarbeiterssohn Franz Müller aus Eilenburg todt aufgefunden. Derselbe ivar nach den angestellten Erörterungen früh 7 Uhr mit vier andern Jungen, darunter der 13 Jahr alte Sohn des wiederholt auf dem Zuchthause gewesenen und zur Zeit wieder von seiner Familie abwesenden Schmieds Behr aus Eilenburg Namens Adolph Behr, in Begriff gewesen, nach Sachsen herüber betteln zu gehen, an gedachter Stelle aber mit Adolph Behr in Zank gerathen und von diesem alsbald in die Brust gestochen worden, so daß er nur uvch ein paar Mal Hilse gerufen hat und hierauf todt niedergefallen ist. Der Stoß muß "mit großer Kraft und einem scharfen Instrumente ansgeführt worden sein, denn er ist durch zwei ziemlich dicke Röcke, durch Hemd und eine Rippe ins Herz ge drungen. Der jugendliche Todtfchlägcr hat nach der That die Flucht ergriffen und wird verfolgt. Die amtlichen Berichte über den Nothstand in Ostpreußen lauten jetzt außerordentlich günstig; derselbe scheint seit Eintritt der milden Witterung seinem Ende rasch entgegenzugehen. Bemerkens- Werth ist jedoch^ daß in mancben Forstrevieren die Arbeitskräfte mangeln; die Leute ziehen cs vor, sich von der allgemeinen Wohl- thäti'gkeit ernähren zu lassen, statt sich einen Tagelohn von 10 bis 12 Ngr. selbst zu verdienen. „Diesem gefährlichen Zustande wird bald ein Ende zu macken sein," sagt die „Prov.-Corrcsp." — Auch von anderer Seite wird berichtet, daß die vom Landtage bewilligten Summen dem wirklich vorhandenen Bedürfnisse an Saatgctreide und Kartoffeln vollständig entsprechen.