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Wochenblatt für ilsdruss, Thamild, Rossen, für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. Vierteljährlicher Pränumerationspreis 10 Ngr. — Jnsertionsgebühren für den Naum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf— Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 41. Dienstag, den 14. Juli 1868. Bekanntmachung. Auf Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern wird den Rittergütern und Gemeinden die Anschaffung der gemein nützigen Schrift: „Die Behandlung Verunglückter bis zur Ankunft des Arztes, vom Geheimen Medicinalrathe Dr. Müller in Berlin", welche im Parthienpreis 4 Ngr. kostet, hierdurch mit dem Hinzufügcn empfohlen, daß einige Exemplare dieser Schrift in der Expedition der unterzeichneten Amtshauptmannschaft zur gelegentlichen Einsichtnahme und Darleihung bereit liegen. Dresden, am 9. Juli 1868. ' Königliche Amtshauptmannschaft. von Vieth. Tagesgeschichte. Dresden, 7. Juli. Die nächste Zeit wird uns von einem al ten Herkommen befreien, dessen Beseitigung längst gewünscht wurde, nämlich vom sogenannten Stürmen mittelst der Glocken bei ausbre chenden Feuersbrünsten. Mag die Sturmglocke in kleineren Städten und aus dem Lande noch am'Platze sein, in großen Städten ruft sie blos eine ungeheure Zuschauermenge zusammen, die den herbeieilcn- Löschmaimschaften mebr hinderlich als förderlich ist. Die Hauptsache bleibt doch wohl, daß die Feuerwehr rechtzeitig vom Entstehen eines Feuers unterrichtet wird, und das besorgt der Telegraph jedenfalls schneller, als die Sturmglocke. Nachdem nun neben der freiwilligen noch eine besondere städtische Feuerwehr organisirt ist, die Tag und Nacht in bestimmten Localen der Alt- und Neustadt ihre Wachen hat, die zu sofortigem Dienst bereit sind, hat man nun auch mit Legung des Telegraphen nach jenen Localen und dem Kreuzthurm begonnen, so daß künftig das Stürmen wegfällt. Dem Vcrncbmcn nach hat die Regierung, dem im LandtagSab- schicde crtheilten Versprechen gemäß, eine Deputation zur Erörterung der Frage über eine gleichmäßige Vertheilung der Steuerlast für Grundbesitz und Gewerbe nicdergcsetzt, zu welcher 5 Vertreter des Grundbesitzes und 5 dem Kausmannstande Angehörige berufen und denen 2 Beamte aus dem Bereiche der Finanzverwaltung beigcgcben sind. Die dem Kaufmannstande Angehörigen sind Handelskammer präsident Rülke und Abgeordneter Jordan ans Dresden, Abg. Mam men aus Plauen, Staatsminister a. D. Georgi aus Mylau und Abg. Consul Beckmann aus Leipzig. Der eine der beiden obengedachten Beamten ist der Bezirkssteuerinspector Langbein aus Leipzig. Am 2. d. M. hat in Lugau die Vertheilung der Gaben stattge funden, welche für die Hinterlassenen der am 1. Juli v. I. auf der neuen Fundgrube verschütteten Bergleute durch ein unter Vorsitz des Herrn Amtshauptmann v. Könneritz zu Chemnitz zusammengctretcncs Comitee gesammelt worden waren. Die Größe des Unglücks hatte die Mildthätigkeit aller Volksclassen in wahrhaft großartiger Weise angeregt, und so waren gegen 122,000 Thaler zusammengekommen, von welchen nur ein verhältnißmäßig kleiner Theil in dem vergange nen Jahre zu laufenden Unterstützungen verwendet worden war, so daß noch weit über 100,000 Thaler vertheilt werden konnten. Die Grundsätze, nach welcher die Vertheilung vorgenommen wurde, sind schon bekannt gegeben worden, und genügt cs dabei, darauf hinzu- kcisen, daß man, um dem Willen der Geber möglichst allseitig ge recht zu werden, ein gemischtes Princip ausstcllte, nämlich den Hinter lassenen jährlich eine Leibrente aussetztc, außerdem aber noch ein Capital aussetzte. So bekamen die Eltern eines Verunglückten eine jährliche Leibrente von 18 Thalern, die Wittwc eine solche von 36 Thalern ausgesetzt, jene außerdem noch ein baarcs Capital von 125 Thalern, diese eins von 500 Thalern ausgezahlt. Die Kinder wer den in ähnlicher Weise bedacht, und so trifft es sich, daß aus meh rere Familien über 3000 Thaler ausgefallen ist. — Die Verhand lung wurde durch Herrn Pastor Schneider in Lugau mit einer feier lichen Ansprache eröffnet, in welcher er mit feinem Takte in der ge fühlvollsten Weife den rechten Punkt zu treffen wußte, und bei der kein Auge trocken blieb. Dann wurde vom Comitee und einer Ge richtsdeputation das Geschäftliche expedirt und verlief die Handlung in der angemessensten Weise. (St. A.) In Johanngeorgenstadt sind, wie der „D. Allg. Ztg." geschrie ben wird, von den Brandstellen 61 wieder so aufgebaut, daß sie be zogen werden können, 114 gehoben, 46 im Anfangsbau begriffen. Die Post ist in Angriff genommen, das Schulhaus seiner Vollendung nahe. Die Vertheilung der 200,000 Thaler sich belaufenden Hülfs- gelder hat begonnen; auf ein wieder aufgebautes Wohnhaus fällt eine Unterstützung von 275 Thaler. Chemnitz, 8. Juli. Gestern ist der hier wohnhafte Fabrikdrechs ler C. A. F. nebst seiner in Marbach wohnhaften Schwägerin, verehel. F., verhaftet worden und zwar aus folgendem Grund. F. hat Ende Februar das Leben seiner Frau in einer Leipziger Versicherungsbank mit 1000 Thlr. versichert. Dieselbe starb vor 3 Wochen und zwar an einer Krankheit, die außer Zweifel setzte, daß sie schon bei der Aufnahme krank gewefen und dies jedenfalls dem betr. Arzt nicht entgangen sein würde; folglich mußte eine Täuschung vorliegen, die nur dadurch herbeigeführt worden, als F. damals eine andere und zwar gesunde Frau dem Arzt und dem Agent gegenüber als seine Ehefrau vorgestellt. Nachdem unter Andren in sichre Erfahrung ge bracht war, daß die verstorbene Frau F. schon im Januar und Feb ruar ganz krank gewesen, gelang es gestern — wenn auch nach viel facher Mühwaltung — die betreffende Frau, welche sich Ende Feb ruar „zu obenangedeutetem Zweck" als die Ehefrau von F. ausgege- geben, in Marbach zu ermitteln und dieselbe zum Geständniß zu brin gen. Ohne Zweifel hat diese Täuschung unter Vorwissen der verstor benen Frau F. stattgefunden. Aus Altenberg wird berichtet: Am Abend des 6. Juli ist hier der Versuch eines schweren Verbrechens gemacht worden. DerFuhr- knecht Lehmann unterhielt ein Verhältniß mit einem hier wohnhaften Mädchen aus Reichenau, was nicht ohne Folgen blieb. Um sich der Mutter und des erwarteten Kindes zu entledigen, beredete er das Mädchen, mit ihm zur Jahrmarkts-Tanzmusik zu gehen, zuvor aber noch einen Spaziergang nach einem unmittelbar an der Stadt liegen den Wäldchen zu machen. Hinter demselben liegt dicht am Damm wege der nicht große, aber gegen 4 Ellen tiefe Waldreich. Bei dem selben angekommen, stellte sich Lehmann, als habe er seinen Haus schlüssel verloren. Das Mädchen bückt sich, um ihn suchen zu helfen, da erfaßt Lehmann die Aermste und wirft sie in den Teich. Dank der Crinoline sinkt dieselbe nicht sofort unter und gewinnt etwas Boden, während der Elende Steine sammelt, um sie, wenn nöthig, bei etwaigen Rettungsversuchen vom Ufer zurückz-chalten. Die Un glückliche schreit, sie wolle gern sterbcn, aber ihr Kind, ein Mädchen, das sie bereits früher geboren hat, wäre dann ganz verlassen auf der Welt. Das rührt endlich ihren falschen Geliebten, er gebietet ihr ans Ufer zu kommen, und zieht sic wieder heraus, giebt ihr auch einen Gulden, damit sie schweigen soll. Sie würde das Letztere viel leicht gethan haben, wenn ihr Zustand nicht am andern Morgen ärztliche Hilfe erheischt hätte. So kam es zur Anzeige. Lehmann wurde verhaftet und soll seine That bereits cingcstanden haben.