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Wochenblatt für Wilsdruff. Tharaud, Noffen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königl. Verichtsamt WUsdruif und den Stadtrath daselbst. Freitag, den 2l. Feüruar l868. 8. BeranlworlUcher Redacteur und Verleger: A. Loreuz. Von dieser Zeitschrift erscheint alle Freitage eine Nummer. Der Preis für den Bierteljahrgang beträgt !v Ngr. und ist jedesmat vorauSzudezahlen. SämmlUche Königl. Postämter nehmen Bestellungen darauf an. Anzeigen, welche tm nächsten Srück erscheinen sollen, werden in WilSÜrufs sowohl (in der Redaktion), als auch in ter Druckerei d. Ll. in Muhen bi« längstens Donnerstag VormmagS 8 Uhr erbeten, Inserate nur gegen sosorltge Bezahlung besorgt, eiwalge Beiträge, welche der Tendenz des Blatte» entsprechen, mu großem Dante angenommen, nach Befinden ho nortrt. Die Nedactian Umschau. Die Noth unter der Weberbevölkerung in un serm Erzgebirge ist im Wachsen. Die Hoven Lebens- millelprelse, sowie die Handelsstockung, welche haupt sächlich vurch die amerikanischen Zölle verursacht wird, lassen fürchten, daß es in nächster Zeit nicht besser wiro. An vielen Orlen sind bereits Hilfscomuös zusammengetreten, um den Aermsten wenigstens einige Nahrung zu verschaffen. — Im Monat Marz wird in Berlin das Zoll parlament eröffnet werden, wobei auch die süddeut schen Staaten vertreten sind. In Bayern Hal bei den Wahlen die Pfaffenpartei gesiegt, nur etwa 8 bis 9 Freisinnige sind gewählt worden. Wie die Pfaffen über Preußen denken, hat der Pfarrer l)r. Pfähler vor einer Wahlversammlung ausgesprochen: „Wenn auch unser junger König noch viel zu wün schen übrig läßt, so wollen wir doch ihm treu bleiben. Preußen hat den großen Zollverein zerschlagen, um einen kleinen daraus zu machen; ich bin aber fest überzeugt, daß das Zollpartament gar nicht zu Stande kommt, weil vorder noch ein großer Krieg kommen wird, der diesen Lumpenstaal Preußen in Scherben schlagen wird. Dieser verfluchte Staat, dieser Lumpenstaat wird uns eine Bielsteuer von 9 Millionen abpressen (das Salz kostet l Thlr. pr. Clr. mehr), das Bröckchen Zucker im Kaffee wird der Bäuerin verlheuert, selbst das Pfeifchen Labak, das der Bauer so gern schmaucht, wird dieser Raub staat besteuern. Preußen ist ein elender Betlelstaat, der seine Unlerthanen aussaugt rc." Die Pfaffenzeitung, der Münchner Volksbote schreibt: In Berlin hat der hohe nordische Bund die Einführung der Prügelstrafe bis zu 9l) Hieben in der nordischen Bunvesarmee beschlossen, was die preußischgcsinnte Presse bisher tobtzuschweigen gesucht hat. Preußische Offiziere gaben als Grund an, wie dem „Beobachter a. M." geschrieben wird, daß „die Süddeutschen nicht anders zur Vernunft zu bringen seien", und sagen ganz offen, daß in Bälde die Prügelstrafe auch in der bayrischen Armee einger führt werde (so?), unk preußische Soldaten erzählen sich, daß zuvor mit Sträflingen in Slrafbäusern Versuche (!) gemacht wurden, ob Knute, Stock oder — neunschwänzige Katze vorzuziehen sei; der Stock habe gesiegt, obwohl eine „hohe Person" sich mehr für die Knute interessirt habe. — Da können wir Erbauliches aus dem Zollpartament vernehmen.— Der Branddirektor Schönbeck in Königsberg, ein in feinem Fache sehr tüchtiger Mann, lebte seit längerer Zelt in den drückendsten Verhältnissen. Auspfändungen waren an der Tagesordnung und zum 1. Apul war ihm seine Stelle gekündigt. Da faßt die Familie den schrecklichen Entschluß, sich zu recgtflen. In der Nacht vom 11. zum 12. Febr. wird das Vorhaben ausgefubrt. Vater, Muller und die drei ältesten Kinder von 10 bis 15 Jah ren nehmen das Gsst >Eyankali- selbst, den beiden jüngeren wird es eingeflößt, nur da- jüngste, S Monate alt, scheint vergessen worden zu sein; man fand es am morgen rndig in der Wiege fchluw- mern. Einem hinterlassenen Briefe zufolge hat der Vater sich zuletzt den Tod gegeben, er steht eins seiner Kinder nach dem andern htnsterben; sie schla fen alle ruhig ein, nur der 7jädrige Knabe Albert kämpft lange und grausig mit dem Tode. — Dw Angelegenheit der hannöoerfchen Flücht linge hat diese Woche viele Federn in Bewegung gesetzt. Es stellte sich nämlich heraus, daß die Mevrzahl dieser Leute bei ihrer Ankunft in Frank reich mit österreichischen Pässen verleben war, ob gleich nur wenige den österreichischen Boden betreten hatten. Die Pässe stammten nun nicht etwa an-