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74 Privatleben zurück. Seitdem hielt er sich viel in Italien auf. Auch der jetzige König von Baiern, Ludwig It., der Enkel des Verstorbenen, ist bedenklich erkrankt. Die traurigen Vorgänge auf demAuswanderer- fchiffe „Leibnitz" haben dem Bundeskanzler Veran lassung gegeben, eine Untersuchung aller solcher Schiffe zu veranstalten. Auch Sachsen soll einen Kommissar dazu ernennen. — Ler Vetter des Kaisers Napoleon, Prinz Na poleon, Hal plötzlich eine Reise nach Berlin unter nommen, wo er 8 bis lO Tage verweilen will. Die französischen Blätter behaupten nun zwar, es sei nur eine Vergnügungsreise; es glaubt aber Niemand daran, ja Viele behaupten, nun habe die Reise sicher einen politischen Zweck, denn man müsse allemal das Gegentheil von dem annehwen, was die Pariser Zeitungen sagen. Kaiser Napoleon soll sichere Nachrichten haben, daß Rußland zum Frühjahre mit den Türken anbinden will; in Paris ist man entschlossen, den Halbmond zu schützen, aber man möchte gern wissen, wie man mit Preußen daran ist — daher die Sendung deS Prinzen. Wir können wohl ruhig darüber sein. Gras Bis marck wirb weder seine Hand bieten, das ohnehin so gewaltige Ruffenreich noch vergrößern zu helfen, noch wird er Deutschland in einen Krieg stürzen, um dem kranken Manne in Cvnstantinvpel noch einige Jahre das Leben zu fristen. Man glaubt, daß Prmz Napoleon das Versprechen mitbringe, Frankreich werde ruhig zusehen, wenn Preußen die LÜdstaaten annecttren wolle. Andrerseits soll Ruß land in Berlin das ganze Königreich Polen ange boten Haden, wenn dafür die Hilfe des norddeut schen Bundes zu erlangen wäre. — Locales. Am Dienstage früh 5 Uhr kam in dem Schmiede grundstücke Naumann's zu Herzogswalde Feuer aus und legte das Wohnhaus und die Scheune in Asche. Das Feuer soll durch die schadhafte Okffe herauSgekommen sein. An Mobiliar ist wenig ge rettet worden, was den Ealamitosen um so härter betrifft, als von ihm Nicht» versichert worden ist.— Verrechnet! Erzählung von Friedrich Friedrich. (Fortsetzung.) Es war am dritten Tage des Arreste-. Beide Freunde saßen zusammen auf dem Sopha bei einer Cigarre und einem Glase Wein, Salbern war heiter gestimmt. Bauer, der am Morgen bei dem Rentier gewesen war, hatte ihm erzählt, daß die Kleine schon wieder versöhnlicher gegen ihn gesinnt war. Sir hatte sogar über die verfehlte Idee deS Lieutenants gelacht, „Siehst Du, Doctor", rief Salbern. „Im Anfang« hat sie sich geärgert, allein meine Idee hat ihr doch imponirt. Das wollte ich. Es wird noch Alles gut, und Lüttich bekommt sie auf keinen Fall. Er soll sie nicht haben!" Der Doctor zuckte zweifelnd mit den Achseln, „Sei still!" fuhr Salbern fort. „Ich weiß, Du wirst mich jetzt auslachen, das ist mir indeß ganz gleichgültig, wahrhaftig. Sieh', in unserer Familie ist es erblich, daß sie Ahnungen hat, welche stets eintrcffen. Lache nur, das kostet nichts und wahr ist es doch. Namentlich meine Mutter hat sehr viel derartige Ahnungen oder Träume gehabt, und sie sind stets eingetrvffen. Ich erinnere mich noch eines Falles genau. Ich war ungefähr sechs Jahre alt. Da träumte meiner Mutter einmal Nachts, ich sei aus dem Fenster gestürzt, drei Stock werk hoch und natürlich todt, und an demselben Tage erschoß sich der Diener meines Vaters." Jetzt lachte der Doctor wirklich laut auf. Salbern sah ihn erstaunt an. „Der Traum traf doch soweit ein, daß es an demselben Tage ein Unglück in unserm Hause gab", sprach er. „Ich bin wahrhaftig nicht abergläubisch, aber es giebt Ahnungen, und ich glaube daran. So habe ich jetzt die sichere Ahnung, daß noch Alles gut werden wird. Lüttich wird bei der Klei nen abblitzen, sie wird sich mit mir versöhnen, meine Vorzüge anerkennen und mein werden." „Wenn ich sie nun heirathen will? warf Bauer lachend ein. „Doctor, Du bist ein Narr", entgegnete Sal bern. „Erstens kannst Du gar keine Frau gebrau chen, zweitens würde Dich die Kleine nie nehmen, drittens wäre es eine Schmach, wenn Du, solider Mensch, der nicht einmal Schulden macht, das ganze respektable Vermögen des Rentiers erhieltest, und viertens, — viertens —." Hier wurde er durch das Eintreten des Lieute nant v. Lüttich unterbrochen. Erstaunt sprang er auf. Den hatte er am wenigsten erwartet. Lüttich schien im ersten Augenblick verlegen zu sein, als er Bauer erblickte, indeß faßte er sich schnell. „Kamerad", sprach er, „Sie sehen, ich trage Ihnen nichts nach. Ich war Anfangs ärgerlich auf Sie wegen deö Bildes, nachher habe ich indeß herzlich darüber gelacht! Auf Ehre!" „Ich habe nicht darüber gelacht", erwiderte Saldern, mit Mühe seine Erbitterung zurückhaltend. „Salbern, sei vernünftig und ruhig", flüsterte ihm der Doctor zu. „Doch, doch, Kamerad, ein Hauptspaß von Ihnen!" fuhr Lüttich fort. „Ein göttlicher Gedanke! Und ich habe eine Bitte an Sie, Kamerad, die führt mich hierher. Der Photograph ist ein be schränkter Mensch, ist nichts mit ihm aufzustellen, will mir das Bild nicht verkaufen, welches er aus gehängt hatte. Aber ich weiß, daß Sie sich zwei Dutzend haben machen lassen. Saldern, ich kaufe sie Ihnen alle ab." „Wirklich!" warf Saldern spöttisch ein. „Auf Ehre, ich thue es! Sie wissen, ich habe Aussicht auf des Rentiers Tochter, Der Alte pous-