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378 Ehassepot-Kugel zerschmettert nur selten einen Kno chen, zieht sich vielmehr in den meisten Fällen um denselben herum, wie das an vielen Verwundeten von Mentana beobachtet worden ist." — Papst PiuS IX. bat an die Kaiserin Eugenie einen eigenhändigen Brief gerichtel, worin er der frommen und schönen Tochter für die wichtigen Dienste dankt, die sie der Mutter Kirche geleistet habe, ihr seinen apostolischen Segen spendet und ewiges Seelenheil zufichert. EN weiß nicht, ob er sich freuen ober ärgern soll; denn es fiel ihm da« Bild von Freund Kladderadatsch ein, in wel chem Kaiserin Eugenie zur StaatSrathfitzung in Hosen und Kanonenstiefeln, er selber im Weiber- rock schreitet. — In einem Schreiben aus Florenz, welches einen italienischen Hofwürdenträgcr zum Verfasser hat und an einen französischen Diplomaten gerichtet ist, wird gemeldet, daß König Victor Emanuel seit den letzten Ereignissen, welche sich im eigenen Lande, vor seinen Äugen und gegen seinen Willen und sein Gefühl vollzogen haben, in eine Trauer versunken sei, aus der ihn keine Zerstreuung, keine Unterhal tung zu reißen vermag. Nicht einmal die Jagd, sonst sein liebstes Vergnügen, ist im Stande, auf sein verdüstertes Gemüth einen Reiz auszuübcn. Er weigert sich, trotz aller Vorstellungen seiner treuesten Diener, den Palast Pitti zu verlassen. Als man dem Könige die Nachricht von der Nieder lage der Freiwilligen und dem Blutbade überbrachte, das die Franzosen unter ihnen "np^ichtet, hat er Thränen «er 'ss u und d- u ' . udan: „Mich drückt Ine Krone"' Nun, es ist billig denke ich, daß der König weint, wenn sein Land blutet und Schmach erduldet. — Gaiib - ldi aiS Gegangener machte der Re gierung außerordentliche Schwierigkeiten. Sollte sie den Mann, der dem Könige 2 Reiche geschenkt hat, vor Gericht stellen? Und was wurde, wenn die Geschworenen, die sich nicht immer an das ge schriebene Gesetz kehren, ihn freisprachen? Da mußten die 'Aerztc die Verlegenheit heben und er klären, daß Garibaldi die Luft von Varignano nicht ertragen könne; man hat ihn wieder nach seiner Ziegeninsel gebracht. — In der russischen Kaiser familie gibt es Zerwürfnisse über Preußen und Deutschland. Kaiser Alexander und die Großfürstin Helene sind Preußen und Deutschland zugeneigt, der Thronfolger dagegen und Prinz Constantin abgeneigt. Hinter den beiden letzteren stehen die russischen Heißsporne. Der Kampf am Hose ist sehr lebhaft. — Was im Innern von Rußland vorgebt, liegt für das Ausland wie hinter einer Wolke. Au» dieser Wolke heraus dringen Gerüchte umfas sender und ziemlich eckiger Rüstungen. Da« ruf- fische Volk sagt, Rußland stehe vor einem großen Kriegt gegen die Türkei re. Der kranke Mann in Lonstantinopel ist aber wie die Flügelmänner der Nürnberger Bleisoldaten: wer ibn avtippt und um stößt, bedroht alle Nebenmänner, und in der Wirk, lichkeit heißen diese Nebenmänner de» Sultans, Oesterreich, England, Frankreich u. s. w. — In England seit langen Jahren wieder ein mal eine Hinrichtung politischer Verbrecher. 3 Ir länder, die nebenbei Polizeilcute getödtct hatten, wurden am 23. gehängt, trotzdem große An strengungen gemacht wurden, die Königin zur Milde zu stimmen. — Die westindischen Inseln St. Thomas und Tortola sind am 29. Oct. von einem Sturme heimgesucht worden, wie er nur in jenen Gegenden auftritt. Von Vormittags II bis Nachmittags 3 Ubr wüthete der Orcan, zerbrach die stärksten Baume, riß Häuser und Kirchen um und warf die Schiffe auf das Trockene. Zwei Drittel der Woh- ! nungen find zerstört; ein ganzer Epeisesaal war in einen Garten getragen worden, ohne daß die Gläser > Lampen und Spiegel verletzt wären; in einem ent fernten Gäßchen fand man friedlich neben einander einen großen Anker und ein Pianoforte. Leider sind viel Menschen dabei umgekommen, auf St. Thomas hat man allein bereits 292 Leichen aufge- funden. — Telegraphische Nachrichten. Rom, 27. November. Die erste französische Division hat sich gestern nach Toulon eingeschifft. Die Päpstlichen richten bi» Viterbo ein Lager vor. — Keine neuen Jnsurgentenbanden. Locales. An Stelle de» au» dem RathScollegium aus« scheidenden Hrn. Riemermeister Börner ist der bis- berige Stadtverordnctenvorstehcr, Herr Kaufmann Engelmann, zum Rathmann erwählt worben. — Die hiesigen Stadtverordneten haben in der Sitzung vom 23. d. M. einstimmig und gewiß im Sinne aller Bürger beschlossen, an den Bürger meister von Leipzig, vr. Koch, eine Adresse zu er lassen , in welcher ihm Dank für seine Bestrebungen in der ersten Kammer und Theilnahme wegen der auf ihn von feudaler Seile erfolgten Angriffe aus gesprochen werben soll. Nirgends hat da» Auf-, treten de« Herrn v. Zehmen mehr Anstoß erregt, als unter seinen Wählern zum Reichstage. Viele von diesen versichern, daß sie ihm nimmermehr ihre Stimmen gegeben haben würden, wenn sie seine wahren Gesinnungen gekannt hätten.— Die Loose des Frauenvereines finden guten Absatz; e» find bereit» mehr als 600 verkauft wor den. Die Damen, welche sich dem Vertriebe unter zogen haben, entwickeln aber auch eine großartige Thätigkeit. Ein großer Theil der Loose ist aus wärts untergebracht worden. — In nächster Zeit wirb von hier aus eine Pe tition um Errichtung einer Telegraphenlinie abgehen. Man hofft, dabei auf keine Schwierigkeiten zu sto ßen, da sich in neuerer Zeit die thelegraphischen Depeschen hierher und in die Ilmgegend bedeutend vermehrt haben und bei dem niedrigen Satze noch immer vermehren werden. Es wäre doch ein wenn