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10 Vorschläge gemacht haben. Jetzt kommt Vieles zu spät, Eine Eisenbahn von Thorn nach Insterburg soll gebaut werden, wer kann aber bei 25 Grad Kälte, ohne genügende Nahrung im Freien arbeiten? Eine gründliche Abhilfe: Zufuhr von Lebensmitteln, die den Bedrängten einige Jahre creditirt werden, würde nach dem Ausspruche einer Königsberger Zei tung einen Aufwand von 12 Millionen Thalern verursachen. Bedeutende Summen Hal die Wohl- tbätigkeit schon aufgebracht; auch in Eachsen wird gesammelt, sicher nicht ohne Erfolg. Preußen hat sowohl für die Familien der verunglückten Lugauer Bergleute wie für das arme Johanngeorgenstadt reiche Beiträge cingesandt. Die Expedition des Dresdner Journals erbietet sich zur Annahme von milden Beiträgen. — Oesterreich hat nun 3 Ministerien: das Reichs- Ministerium, eins für Ungarn und eins für die übrigen Länder. Das letzte ist nach langen Ver handlungen endlich zu Stande gekommen. Mit Ausnahme von 2 Hochadligen, Fürst Auersperg und Graf Laaffe, find es lamer bürgerliche Namen: Berger, HaSner, Herbst, Brest!, Giskra, zum Theil unter früheren Regierungen verfolgte Männer, die jetzt den sestgesahrenen Karren wieder herausziehen sollen. Giskra hatte viele Jahre zu kämpfen, ehe man ihn nur als Advokat zuließ. Am Hofe und unter der Aristokratie rümpft man die Nase über dar bürgerliche Pack, aber — eS ging nicht anders. Nebligen« glaube Niemand, daß Oesterreich nun vollständig über den Berg sei: die Frage, wie die Finanzen geordnet werden sollen, ist noch in voll ständiges Dunkel gehüllt. Die Börse traut sogar einigen der neue» Minister zu, daß fie einen gan zen oder halben Bai querott ins Werk fitzen wollen. Besonders der halbe Lanquerott, Erhöhung der Couponsteuer, wodurch die Staatsgläublger um ein gut THU1 Zinsen geprellt werken, soll viele An hänger zählen. Darum gingen auch alle österrei chischen Papiere gewaltig herunter. — Die um Neujahr cingetretene Kalte scheint durch ganz Europa gegangen zu sein; die franzö sischen Flüsse waren zum größten Theil zugesroren, ja in Algier fiel Schnee, etwas Unerhörtes. Die armen Araber, nur mit ihrem leichten Burnuß be kleidet, fielen auf den Straßen erstarrt nieder und es find viele Todesfälle zu beklagen. Die franz. Regierung mußte große Kohlenpfannen ausstellen lassen, die fortwährend umlagert waren. Oefen find in diesem Lande unbekannte Artikel. — Die Ausbrüche des Vesuvs haben in letzter Woche an Heftigkeit zugenommen und die glühende Lava, die an den Abhängen des Berges langsam aber unaufhaltsam herabströmt, bedroht zwei blühende Ortschaften, den Flecken Refina und das Dorf Torre del Graco. Es muß ein grausiges Gefühl sein, den Strom seiner Wohnung, seinen Aeckern und Weinbergen immer näher rücken zu sehen und kein Mittel zu haben, ihn aufzuhalten oder abzulenken. Wenige Gegenden Italien» find so herrlich ange- baut, wie die Abhänge und Umgebungen des Ve suvs, denn die verwitterte Lava ist der beste Acker boden. Vom Vesuv kommt der feurige Wein, der in der ganzen Welt unter dem Namen „Thränen Christi" bekannt ist. Freilich dauert die Verwitterung der Lava länger als ein Menschenalter. — Spanien braucht Geld und will die beiden Inseln Cuba und Portoriko an Amerika verkaufen. Seit der Eclavenhandel so streng überwacht wird, können die christlichen Spanier keine großen Ge schäfte mehr machen. — Locales. Im Jahre 1867 zählte die Parochie Wilsdruff 100 Geburten, 1123 Communicauten, 39 Aufge botene, 18 Trauungen, 79 Todesfälle, von denen allein 45 Kinder bis zum 6. Jahre betrafen. Im Jahre 1866 waren 80 Geburten und ebensoviel Todesfälle zu verzeichnen. Vor hundert Jahren, 1767, zählte man hier: 47 Geborene, 2186 Com« municanten, 30 Verstorbene. Von der Parochie Röhrsdorf liegen uns fol gende Nachrichten vor: 1867: Geborene: 23, Gestorb.: 15, Getraut: 8 Paar. 1767: - 29, - 24, - 4 - 1667: . 16, - 18, - 3 - 1567: - 22, . 9, . — . //Die Loreley." Novelle von Agnes GranS. (Fortsetzung und Schluß ) Das Concert war ein wahrer Segen, denn es gab vor und nach seiner Aufführung reichhaltigen Stoff zur Eonversation, ein Amüsement, das vor hielt, selbst wenn das Wetter sich ändern sollte. Zum Glück für den neu angekommenen Kurgast blieb es aber warm und schön, und der junge Mann, welcher die ganze Gesellschaft mit krankhafter Scheu floh, konnte täglich über die steinerne Brücke gehen und den Abhang eines Weinberges erreichen, wo er sich niedcrließ und in traumhafter Ruhe auf das Städtchen hcrabsah, ohne einen andern Wunsch als den, in Frieden sterben zu können. — Daß er sterben müsse, hatte ihm der Arzt beim ersten Be such bestätigt, und so blieb er denn allein und un belästigt. Nach dem stillen Mann mit bürgerlichem Namen, im schwarzen Trauer-Anzug, fragte ohne hin Niemand, als dessen alle Wirthin, die für ihr äußerst bescheidenes Stübchen selten einen so an ständigen Abnehmer fand. — Einmal zog die glanzende Gesellschaft an ihm vorüber; Allen voran Gräfin Eleonore im heitern Gespräch; im lauen Winde wehte die Feder des kleinen Reilhutes, der auf den wallenden Locken schwebte. Sie nahm das Lorgnon und betrachtete einen Moment den bleichen Mann auf der Bank; dieser aber zeichnete mit seinem Stock Figuren in den Sand, ohne das müde Haupt zu erheben und fröhlich zog die Cavalcade weiter.