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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 07.04.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-04-07
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080407022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908040702
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908040702
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-04
- Tag 1908-04-07
-
Monat
1908-04
-
Jahr
1908
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Bezug--Preis Abend-Ausgabe S, Anzeigen-Preis «utgaü« L (mn uwr«a») vterHiMrltch 8 WT», «UNLUild L V.; ilutgrd« S (moraens uns abeudy »irrt«!» jLhrUch «.SO M„ mmmllich I.SO «. Lurch dl, D»« i» beprhrn: <2 mal iLgllch) innerhalb Deutschland« und der deutschen Kolonien vierteljährlich 5,25 M., monatlich 1,75 M. »n«schl. «ost. destellqew, lür Oesterreich 9 L 66 u, Ungarn 8 L viert,ljthrlich. Ferner in Bel gien, Dänemark, den Donauftaaten, Frank reich, Italien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Rußland, Schweden, Schweiz und Spanien. In all«! übrigen Staaten nur direkt durch bi« SUwd. d. Bl. erhältlich. Abonneawnt-Nanahmv« Aogustu-platz 8, bei unser,» LrLger», Mllalen, Spediteuren und An nähme stellen, sowie Postämtern uud Di« eluzeln« Nummer kostet 1V Pfg, «edattio» und Lxredttton: Johannisgasse 8. Telephon Nr. 14892, Nr. 14698, Nr. I46S4. nWAer.TaAMM Handelszeitung. 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Das wichtigste r>oin Tage. * König Friedrich August fuhr heute vormittag 0^ Uhr mit der Prinzessin Anna von Leipzig ab und traf 11 Uhr 23 Min. in Dresden ein. (S. Lpzg. Ang.) * Das Einigungsamt in München hat zur Tarifrcgclung im Baugewerbe einen Schiedsspruch gefällt. (S. Dtschs. R.) * Wie aus Karlsruhe gemeldet wird, will sich Frau Toselli nunmehr endgültig von ihrem Gatten trennen und nach Deutschland zurückkehren. (S. Neues a. a. W.) * An der Ostgrenze Italiens ist ein Spion verhaftet worden. (S. Ausl.) * In Bosnien ist ein serbisches Komplott entdeckt worden. (S. Ausl.) * In San Domingo sollen ernste Unruhen auSgcbrochen sein. (S. Ausl.) * Das Revräscntantenhaus der Vereinigten Staaten genehmigte den Gesetzentwurf über die H a f t p f l i ch t d c r A r b c i t g c b c r. * Die Vereinigten Staaten errichten auf Haiti eine F l o t t c n st a t i o n. (S. Ausl.) Die Opposition -ev Vecnnten. Die Aufbesserung der preußischen und der ReichSbeamtcn ist, wie bekannt, auf den Herbst verschoben worden. Die preußstche Regie rung machte die Gewährung der Gehaltserhöhungen von der Deckungs frage abhängig, indem sie zugleich ein einheiilicheS Borgehen mit dem Reiche sür notwendig hielt. Die geplante Ausbesserung soll rück wirkende Kraft erhalten. Um sür den Augenblick den Beamten entgegeuzukommen, werden im Reiche und in Preußen Teue rungszulagen geplant. Die Buvgetkommission des preußischen Abgeordnetenhauses ist mit ihren Beratungen fertig und das Abge ordnetenhaus wird die Vorlage in der in der Kommission festgesetzten Form annehmen müssen, um so den Beamten die Auszahlung ver Teuerungszulagen noch vor Ostern zu ermöglichen. Im Reichstage wird es allerdings wegen der Beratungen des Vereins- und des Börsen gesetzes kaum möglich sein, die TenerungSvorlage noch vor den Festtagen zu erledigen. Die Beamten sind enttäuscht, die schon so lange erhoffte Gehalts erhöhung ist bis auf weiteres verschoben und kann noch manche Aenderung erfahren. Und Teuerungszulagen sind nicht das, was der Beamte will, er will eine feste Summe, mit der er ständig in seinem Haushaltsetat rechnen kann. Gerade der Beamte, Staats- sowohl wie Privatbeamle, ist derjenige, der eS am empfindlichsten merkt, wenn die Preise für alles steigen. Während es bei den Privatbeamten ein leichteres Ding ist für den Arbeitgeber, mit gutem Willen bei den ge zahlten Gehältern mit den TeuerungSverbältnisfen gleichen Schritt ru halten, ist für die Aufbesserung der Staatsbeamten ein unendlicher Apparat nötig, ehe etwas Greifbares herauskommt, zuerst die „Er hebungen ", Denkschriften :c. rc. Dann Kommissionsberatungen, schließlich die Verhandlungen in den Kammern. Wenn nun endlich die Sache so weit zu sein scheint, alle Formalitäten über wunden, und dann es zu einer Hinausschiebung und zweifelhaften Ab schlagszahlung kommt, macht sich natürlich starke Erregung und Er- hitterung geltend. Zum Sprachrohr dieser Stimmungen hat sich die „Berliner Beamtenzeitung" gemacht. Ihr Boraeben kann nicht als glücklich bezeichnet werden. Sie schreibt u. a.: „Die Musik knurrender Magen ist der Regierung eine wohltuende Musik", „Die Regierung gedenkt die Besoldungsvorlagen im Reiche und in Preußen zum Objekt des würdelosesten Kuhhandels zu degradieren" usw. DaS ist ein Ton, der an südländische Ueberschwenglichkeit und Uebertreibung er innert und der Sache sicher nicht dient. Doch auch mit einem praktischen Vorschlag kommt das Blatt und proklamiert den — Wahl streik der Beamten. Es denkt sich die Sache so: „Die Wahlentbaltung, die in sich natürlich auch den Verzicht auf jede agitatorische Betätigung schließen würde, straft die Parteien da, wo sie am empfindlichsten sind. Sie werden sich einmal ohne die billigen Wahl- und Schlepperdienste begnügen müssen, die ihnen sonst von den Beamten gerne und reichlich geleistet worden sind . . . DaS würde erhöhte Geldauszaben bedeuten, und die Herren, die soviel Werl darauf legen, in das Haus einzuziehen, werden nur geringes Gelüsten verspüren, ein zweites Mal unter gleichen Bedingungen in den Wahlkampf einzulreten . . . Vielleicht trägt wenigstens dieses Moment dazu bei, etwas mehr Einsicht sür die Er fordernisse der Beamtenfürsorge zu verbreiten." „Dieser Regierung und diesen Parteien keine Stimme" heißt eS weiter. Anderseits soll diese Wahlenthaltung nur dort geübt werden, wo preußische Landtagswahl- kreise nicht von Polen oder von Sozialdemokraten bedroht werden. Zu diesem Plane läßt sich mancherlei sagen. Vorausgesetzt, daß wirklich, was sehr zn bezweifeln ist, soviel Einigkeit unter den Beamten herrscht, daß diese Wahlenthaltung einigermaßen durchgesührt wird, dürste sie schon durch die geplante Beschränkung kaum die große Wirkung haben, die ras Blatt erwartet. WaS aber das wichtigste ist: die Ab geordneten, die durch die nächsten Wahlen in den Landtag geschickt werden, haben ja gerade über die Ausbesserungsvorlage zu entscheiden. Die Beamten würden sich alio selbst inS Fleisch schneiden, wenn sie die Abgeordneten gegen sich einnähmen, deren Stimmen ihnen die Zulagen verschaffen sollen. Praktisch wird dieser „Wahlstreik" kaum werden, aber es ist ein Zeichen unterer Zeit, daß ein solcher Vorschlag überhaupt in einem Beamtenorgan gemacht werden kann. Es zeigt, daß auch in unserer Beamtenschaft die Anzeichen einer neuen Zeit sich bemerkbar machen. Der B.'amte aus der alten Zeit war der Beamte deS Staats, er fühlte sich als ein Stück des Staates selbst, für den er seine Arbeitskraft ein setzte, WaS von Staatswegen geschah, ob auch von der höchsten Stelle, er identifizierte fick damit, für ihn gab es nur die Einheit des Beamtenstaates. Es gab Wohl ein Klassenbewußtsein, aber kein Massenbewußtsein, das auf die Zahl pocht. Hierin be ginnt sich anscheinend langsam eine Wandlung zu vollziehen. Der Beamte fängt an, sich nicht mehr als ein integrierender Bestandteil des Staates zu fühlen, sondern als der Angestellte eines Arbeitgebers, eben des SiaateS. Die Folge ist das SolldariiätSgefühk der gemeinsamen Interessen gegen den Staat, die es eventuell gelten kann, durch jedes Mittel zu vertreten. In gewisser Beziehung ist Liefe Entwickelung eine natürliche, wenn auch nicht immer erfreulich, so doch unaufhaltsam. Doch eine scharfe Grenze ist der Beamtenschaft in der Mög lichkeit gezogen, sich in einen Gegensatz zum Staate zu stellen, nämlich in dem vielbeneideten Vorrecht der Beamten auf Pension. Darin liegt eine starke Bindung, die dem Staate verbleibt und verbleiben muß. Eine weitere Kautel des Staates ist die auskömmliche Besoldung seiner Beamten, d. h. die Zufriedenheit. Niemand verkennt die Not wendigkeit einer Aufbesserung sür die Beamten, verdenkt eS ihneu, wenn sie alles dransetzen, um zum Ziele zu kommen, aber warnen möchten wir vor solchen unklugen Schritten, wie sie in dem Berliner Beamten blatt empfohlen werden. Sie könnten nur dahin führen, eine ParlamentS- mehrheit zu schaffen, die eventuellen Bestrebungen einer Regierung auf Beschneidung der Solidaritätsbestrebungen der Beamten die Hand reicht. Deutsches Reich. Leipzig, 7. April. * Ein Protest der sächsischen Bergleute zur Umgestaltung des Berggesetzes. In Anwesenheit der Landtagsabgeoror.eten FaciuS (Kons.), Goldstein (So;.), Rudelt-Deuben (Kons.) und Kleinhempel-Wilkau (Kons) tagte in Dresden eine von 50 Delegierten aus sämtlichen sächsischen Bergvereinen besuchte Konferenz sächsischer Bergleute, um zu den Ent wurf des sächsischen Berggesetzes Stellung zu nehmen. Der Bezirks leiter des Bergarbeiter-Verbandes Krauße und der VerbandSvorsitzende Sachse hielten Referate und übkcu scharfe Kritik an den Regierungs entwurf und an dem Resultat der Beratungen der Ersten Stände kammer. Die Konferenz wählte eine Kommission, die eine Eingabe an die Gesetzgebungsdeputatton betr. die Forderungen der Bergarbeiter vorbereiien soll und nahm folgende Resolution an: „Die in Dresden tagende öffentliche Landeskonferenz der Bergarbeiter Sachsens, zu welcher Delegierte aus allen sächsischen Revieren zahlreich erschienen sind, spricht ihr lebhaftes Bedauern aus, Laß die Regierung den gerechten Wünschen der Berg arbeiter nicht weiter entgegengekommcn ist. Noch mehr ist zu bedauern, daß die Verhandlungen in der Ersten Kammer des sächsischen Landtages ein fast negatives Resultat in bezug auf das Alter der passiven Wählbar keit in 8 57 sogar eine Verschlechterung gegenüber dem Regierungs entwurf ergeben haben. Die Konferenz erwartet, daß der Entwurf betr. die Umgestaltung des Berggesetzes in der Zweiten Kammer noch einer gründlichen Revision zugunsten der Bergarbeiter unterzogen wird. Sie erklärt, daß die in der vorjährigen LaudeSversammiung der Bergarbeiter zu Pöhlau bei Zwickau befchlossene Abänderung das mindeste enthalten habe, was von seiten der Bergarbeiter Sachsens zu erheben ist." * * Tie Reife deS Kaiserpaares. Die Reisepläne unterliegen immer noch großen Schwankungen. Nach einer neuerlichen Meldung wird der Kaiser stall am Donnerstag erst am Freitag in Korfu eintreffen. Aus der Rückfahrt wird sich eine Landung bei Bari anschließen, wo der Kaiser die alten Bauwerke aus der Hohenstaufenzeit besichtigen wird, wie bereits früher gemeldet wurde. Der Aufenthalt der kaiserlichen Familie in Bari wird einige Tage dauern. Auch die Königin »Mutter von Italien begibt sich in den nächsten Tagen dorthin, um mit dem Kaiserpaar zusammenzutresfen. * Vercinsgesetz und freisinnige Vereinigung. Abg. Schrader veröffentlicht in der „Liberalen Korrespondenz" folgende Zuschrift: „Ta es mir und meinen Kollegen von der Freisinnigen Vereinigung nichr möglich war, allen denen persönlich zu antworten, die uns aufforderten, gegen das Vereinsgesetz Stellung zu nehmen, so danken wir allen denen, die uns ihre Meinung kundgegeben haben, und versichern, daß wir uns zwar wohl bewußt waren, zahlreiche eng mit uns verbundene Partei- genossen nicht befriedigen zu können, daß wir aber trotzdem nach bestem Wissen und Gewissen das tun mußten, was wir sowohl für das Vater- Feuilleton. Die Undankbarkeit würde gar selten sein, wenn cs nicht so viele eigennützige Wohltaten gebe. Rousseau. * Englische Aiinftlerbriefe. William Hogarth, der scharfe und mutige Satiriker und Schön- heitssucher aus der Zeit Georgs II. und feines Nachfolgers, dessen Hofmaler er noch kurz vor seinem Tode zu eigenem Schaden wurde, hat whl Bücher geschrieben, die ihm mancherlei Kämpfe brachten, doch die Zahl seiner Briefe ist sehr gering. Immerhin aber existiert das eine oder andere Schreiben von seiner Hand, die alle — und das kommt auch bei den Gebildeten Englands nicht gar zu häufig vor — ein kräf- tiges, dabei aber schönes Englisch zeigen und uns die Geradheit und sichere Klarheit seines Charakters belfer noch fühlen lassen, als alles andere, was wir von ihm wissen. Im Jahre 1700, nachdem Georg III. den englischen Thron be stiegen hatte, bildete die Begründung einer Königlichen Akademie das Hauptcrcianis des Tages. In einem Schreiben an den Earl os Bule verwirft Hogarth, der als einer der größten Kupferstecher und Maler Englands dabei auch ein Wort mitzureden hatte, den vorgeschlagcncn Plan und zeichnet einen andern nach eigenen Ideen vor. „Viel ist schon über die großen Vorteile geredet worden", heißt es zu Anfang des Briefes, „die unserem Lande aus der Begründung einer Akademie erwachsen würden; aber, da ich dies nun einmal nicht in gleichem Lichte sehe, wie viele meiner Zettgenossen, werde ich mir bic Freiheit nehmen, meine Ausstellungen daran zu machen." Hogarth skizziert dann ven Ursprung Lr Akademie in England, deren erste in der Ouecnftrcct stand und die von einigen „ehrenwerten Malern allerersten Ranges" so um l700 gegründet worden war. Ter Plan dazu kam von Frankreich her über: aber die Arbeit wurde „mit bei weitem zu wenig Eifer uno Ernsthaftigkeit" betrieben und schon nach kurzer Zeit siel das Institut der Lächerlichkeit anheim. Eine Prozession der Karikaturen des Prä sidenten, der Lehrer und anderer Vorgesetzter marschierte in Kreide ge zeichnet über die Wände der Studiensäle. Darauf legten die ärger- lichen Liebhaber ein Schloß vor die Tür, die Subskribenten sorgten für das zweite. Und so endete die erste englische Kunstakademie in Hader, Kampf, Streit und Haß. Sir James Thorndill, einer der „Sezessionisten" — Thornhill war übrigens Hogarths Schwiegervater, dem das Töchterchen von dem jungen Freunde eines Tages einfach entführt worden war, der sich aber dennoch bald zur Versöhnung bereit finden ließ, vor allem, da das Können seines ungerusencn Schwiegersohnes ihm unbeschränkte Be wunderung abnötigte — richtete dann in einem Gemach, das er an sein Haus erbaute, eine Akademie ein und gab an alle, die sich darum bemühten, Bcteiligungsscheine ohne Bezahlung aus. Da jedoch nur wenige von dieser Vergünstigung Gebrauch machten, kam auch vieles Unternehmen in Gefahr, wieder zu verschwinden, und verschwand auch nach kurzem Kampfe. „Als Sir James starb", schreibt Hogartb, „ram ich in den Besitz seines ehemaligen Akademieapparates: da ich nun solche Einrichtung nach ordentlichen und bescheidenen Prinzipien für gut und nützlich ansehc, machte ich den Vorschlag, daß eine Anzahl von Künstlern sich zusammcnschlicßen solle und einen Raum in St. Mar- tins-lanc mieten, wo dreißig oder vierzig Leute zusammeukommen und nach dem nackten Körper zeichnen könnten. Ich lieh ihnen die alte Ein richtung und, da ich das Mißgeschick der beiden früheren Akademien den leitenden Mitgliedern zuschreibe. die sich eine Oberherrschaft anmatzten, die sich ihre jungen studierenden Kameraden nicht wollten gefallen lassen, machte ich die Proposition, daß jedes Mitglied die gleiche Summe zu dem Unternehmen bcisteuern solle, was allen das gleiche Recht gebe, in allen Angelegenheiten der Sozietät mitzuredcn. Was das Erwählen von Präsidenten, Direktoren, Professoren usw. anlangt, betrachtete ich dies als eine lächerliche Nachahmung der verrückten Parade der „Fran zösischen Akademie", durch deren Begründung Ludwigs XIV. unter sehr leichten Bedingungen viel Ruhm und Schmeicheleien cinheimste. Doch konnte ich niemals erfahren, daß die Künste gefördert wurden oder day die Mitglieder irgendwelche Vorteile davon hätten, außer denen, die einigen wenigen Führern aus ihren erbärmlichen Gehältern — nicht mehr, wie mir gesagt wirrde, als 1000 .kl im Jahre — erwachsen, die, wie es ja immer der Fall sein muß, von solchen an sich gerissen werden, die den meisten Einfluß, aber auch die geringsten wahren Verdienste haben!" Hogarth führte noch Voltaires Meinung über den Untergang der Königlichen Akademie von Paris an und beklagt sich uver eine Künstlerzusammcnkunft im „Türkenkopf" in der Gerrardstreet, die be schlossen hatte, einen „lächerlichen" Brief an König, Lords und Unter haus zu senden, um sie sür eine von ihnen zu gründende Akademie zu gewinnen. Dieser Art die drei Haupttaktorcn des Königreichs", meint Hogarth wütend im Verlauf des Brieses, „wegen zwanzig oder dreißig Kunstschülern, die einen Mann oder ein Pferd zeichnen, zu belästigen, erscheint, wie zugegeben werden muß, verrückt genug. Aber der wahre Grund ist der, day einige minderwertige Charaktere, die Beziehung zu Leuten von Rang haben, denken, daß sie so ein Uebergewicht über ihre Genossen bekommen können, hohe Stellungen erreichen und Gehälter beziehen können, wie in Frankreich, dafür, baß sie einen Jungen es er zählen, wenn ein Arm oder Bein zu kurz oder zu lang geraten ist. . . . Da ich diesem Plan nicht beistimmcn konnte, widersetzte ich mich ihm; und da ich nun es ablehnte, der Vereinigung meinen Besitz beizustcucrn, den ich zuerst geliehen batte, werde ich der Härte, des Uebelwollens und des Spleens angeklayt und als ein Feind der Kunst und der Künstler ausgeschrien. Wie weit ihr großartiges Projekt gedeihen wird, weiß ich nicht, noch kümmere ich mich darum, aber eins weiß ich sicher, daß cs verdicnr, verlacht zu werden, wie es in seiner ersten Form verlacht worden ist." Weiterhin empfiehlt Hogartb ongelegentlichst, dem jungen König seiner eigenen Galerie je ein Bild von jedem der berühmtesten Maler Englands einzuverleibcn. Dies, hofft der Künstler, wird wenigstens einigen wenigen der wohlhabenden Aristokratie ein gutes Beispiel sein, obgleich er auch dann noch fürchtet, daß niemals der Kunstmarkt des Landes für all die Burschen, die Künstler werden, ausreichend sein könnte. „Frankreich hatte", fährt Hoaarth bitter fort, „in der Kunst sich einen trügerischen Glanz verschafft und zog enorme Summen Geldes ans England zu sich herüber. . . . Gegen bic französischen und italieni- scheu Tbeater auszukommcn, war unmöglich, aber in andern Zweigen der Kunst sind wir stark und energisch genug, nm dasselbe zu leisten, wie andere, und dadurch ihr Eindringen in unser Heimatland zu ver meiden oder zu Verbindern . . ." Hier folgt ein scharicr Ausfall gegen England: „In Holland ist die Eigenliebe das Hauptlastcr: in England verbindet sic sich noch mit Eitelkeit. Darum hat in diesem Lande die Porträtmalerei, und wird wohl immer, einen besseren Boden haben, als in irgend einem andern; und alles in allem mutz zugegeben werden, baß die Künstler unseres Zeitalters sämtlich einander wert sind. Wenn einmal später die Zeiten sich ändern werden, wird auch die Kunst, gleich bem Wasser, ihr Gleichgewicht finden." Hogarth schließt seinen kritisch ausfallenden, darum aber nicht weniger vornehmen Brief mit der Aufzählung der Gründe, die in Eng land die Entwicklung der Kunst zurückyielten. Vor allem trug die Re ligion die Schuld, die Heiligenbilder zur Anbetung verbot, nicht minder aber auch jedwedes andere Bild. Der zweite Grund ist der Vorzug, den die Engländer dem Handel vor Malerei und Bildhauerkunst gaben. Energisch widersetzt sich Hogarth endlich noch der Sitte, junge Leine zum Studium der Antike ins Ausland zu schicken. „Solches Studium mag der Entwicklung eines erkannten Genies nützen, nicht aber es er wecken. Alles, was zur Skulptur und Malerei nötig ist, kann in London gefunden werden." Stets aber fürchtete Hogarth, obgleich er selbst Mitglied der „Society of Arts" war, die zum erstenmal in Roth wells Cofseehousc, Henricttastreet in Covent-Garden, zusammentraf, sie möchte nur allzuviele Künstler hervorbringen, die in ihrem späteren Leben es bedauern würden, daß sie nicht lieber lernten, einen Schuh zu machen, als sich den schönen Künsten zu weihen .... Weit zahlreicher sind die Briefe Constables. Sic sind frisch und natürlich unb zeigen einen ruhigen, häuslichen, aber äußerst begeiste- rungsfähigcn Menschen, dessen idealstes Glück es war, in der Nähe einer Wassermühle von Suffolk zu sitzen und in Träumereien versunken zu malen. Ter Künstler war der Sohn eines wohlhabenden Müllers, der in East Bergholt in Suffolk seine schöne Ntühle stehen batte, einem reizenden Plätzchen am Stour, der die Grafschaft von Essex trcnnk. „Die sanften Abhänge, die üppigen, blumcnbesäten Wiesen, die wohl- bebauten Hochländer, die Wälder und Flüsse, die verstreuten Dörfer und Kirchen, die Landhäuschen und romantischen »Hütten, all dies", sagt einmal Leslin, machte Constable zum Maler und niemals entsagte er der heimatlichen Gottheit, um eine andere anzubetcn." Schon als Kino malte er gern, und als er älter wurde, lehrte ihn ein Glaser aus der Nachbarschaft Landschaften malen. Ursprünglich war er zum Pfarrer bestimmt, wurde aber als Müller erzogen, bis seine Liebe zur Kunst ihn zum Studium trieb. Constables erstes Landschaftsbild erschien im Jahre 1802 in der Royal Academy. Zwar versuchte er, Studienreisen im nördlichen England zu machen, aber die Sehnsucht zog ihn zurück zur heimatlichen Landschaft. lFrisch und klar spricht aus Constables Briefen die unendliche Freu- digkeit, die die Natur ihm gab und die Dankbarkeit, die er ihr dafür zollte. In einem dieser Schreiben schildert er entzückt eine Landscban 'Nicholas Poussins, die sich jetzt in der National-Gallcry beffndel: „Große schattige Bäume und nabe dabei ein vereinzelter Mensch an einer Quelle — ein friedlicher, tics-stiller Sommervormittag. Tn > die Lücken der Bäume schimmern Berge, und die Wolken ziehen si.o darüber zusammen in den schönsten, überhaupt möglichen Effekten. 0 - ist nicht zuviel gesagt," meint der Maler am Ende, „daß diese Landichast erfüllt ist von religiösem und moralischem Genible.") Im Jahre 1821 wurde Constable von der Kritik heftig angegriffen, die seine Behandlung des Himmels als ausdringlich bezeichnete uns dabei auf einen Ausspruch Reynolds über Tizians Land mffcn hin- wies: „Sogar seine Himmel scheinen mit den SujttS zu 'vm""t,jsffn.ii .. Ich bin okt belehrt worden, mmnen Himmel als cin weiße? Leichentuch zn betrachten, das hinter dem Objekt hingcworfen wird." Gegen dieses
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