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162 der Vertheidiger des Barons, Or. Mühlfeld, in der öffentlichen Verhandlung einige Worte über die Offiziere fallen und sagte unter Anderm: „Der Glanz, der früher die Armee umgab, ist seit König- grätz gewichen, man sinkt nicht mehr in die Knie vor dem österreichischen Heere." Hierin erkannte der Kriegsminister eine Beleidigung der Armee und beantragte Bestrafung, vr. Mühlfeld erkälte, den Beweis der Wahrheit antreten zu wollen, und alle Welt freute sich auf den Skandal. Der Kriegs minister wäre nun gern zurückgetrteten, verhandelte mehrmals persönlich mit vr. Mühlfeld, aber ohne Erfolg. Die Verhandlung war auf den 18. Mai festgesetzt und zahllose Menschen belagerten vom frühen Morgen an das Gerichtsgcbäude, bis es bekannt wurde, daß die Verhandlung „vertagt", d. h. aufgehoben worden sei. Hätte ein Polizist die Reden, die aus der getäuschten Menge sielen, aufschreiben und zur Anzeige bringen wollen, sämmt- liche Richter Wiens hätten Monate lang Arbeit gehabt. — Oesterreich ist das Paradies der Jäger und Forstleute. Im vorigen Jahre wurden erlegt 1037 Wölfe, 7 Luchse und 178 Bären. Bei den letzteren sind die gar nicht mitgerechnet, die der Finanz- Minister angebunden hat. Ein Forstmann hat be rechnet, daß die slavonisch-kroatischen Wälder jähr lich für 40 Mill. Gulden Holz liefern könnten. Nur einige gute Straßen oder eine Eisenbahn, dann wird's dort lichter in den Wäldern und in den Köpfen werden. — Die Hessen-Darmstädter denken: Müs sen wir doppelt so viel wie früher für das Militär aufbringen, so wollen wir an andern Dingen spa ren, die unnütz geworden sind. So hat der Land tag von den für die Gesandtschaften geforderten 64,000 sl. die Halste gestrichen und will blos in Berlin einen ständigen Gesandten gehalten wissen.— Die sonst so gehorsamen Abgeordneten in Pa ris sind Plötzlich aussätzig geworden. Der Mili tärausschuß weigerte sich, den von der Regierung ausgestellten «atz: „Die französische Armee zählt 800000 Mann" ohne Weiteres anzuerkenncn, man wollte ein Wörtchen einschreiben, das diese Ziffer als höchste bezeichnet, kurz: man wünschte im Frie den etwas weniger Soldaten. Die Regierung schickte ihre besten Kräfte, um den Ausschuß zu überreden, wandten Schmeicheleien, ja die Drohung einer Auflösung der Kammer an, Alles vergebens. Die Abgeordneten wissen, daß sie im Volke allen Credit verlieren, wenn sie zugeben, daß diese un geheure Armee ständig wird. In der zwölften Stunde sollen sie jedoch noch nachgegeben haben, aber blos sür 1 Jahr. — Das ist die Antwort aus die von England vorgeschlagene Entwaffnung. ES steht nun fest, daß der Kaiser von Ruß land und die Könige von Preußen und Italien die Pariser Ausstellung und zwar gleichzeitig be suchen werben. Der Kaiser von Oesterreich hat sich noch nicht bestimmt erklärt, er will sich erst in Ungarn krönen lasten. Eine sonderbare Sache ist es, fast zum Lachen, daß ein Fürst, der seit 19 Jahren regiert, sich nun erst krönen läßt, aber die Ungarn thuns nicht anders. — Den Türken ist es noch immer nicht gelungen, die Insel Candia zu unterwerfen; selbst ihr tüch tigster Feldherr, der ehemalige österreichische Offizier Omer Pascha, kann Nichts ausrichten. Rußland drängt die Pforte zur Abtretung der Insel an Griechenland, dessen König sich mit einer russischen Prinzessin verlobt Hal. — Locales. Ein seltenes Postgut langte im Laufe dieser Woche in Wilsdruff an. Der seit 1 Jahre hier bestehende, einige 20 Mitglieder zählende Bicncnzüch- terverein hatte beim Professor Aug. Muno in Pollego bei PiaSka (Canton Tessin, italienische Schweiz) 15 Stöcke italienische Bienen bestellt und gelangten am Montage und Dienstage 6 Stöcke auf diesiger Post an, welche bis zur Herkunft 5 Tage unterwegs gewesen waren. Die Bienen waren zum größten Theile ganz munter, sie waren unterdessen mit heimath- lichem Honig, welcher schwarz aussteht, gefüttert worden und nur 1 Stock^hattchviel Tobte zu be klagen. Jeder Stock zählte 75Ü0 Stück Bienen, sonach sind 45000 Stück dergl. angekommen und an die betreffenden Mitglieder abgegeben worden. Jeder Stock kostete 5 Thlr. 6 Ngr., wogegen das Postporto für jeden Stock 1 Thlr. 15 Ngr. be trug. Wer ein weiteres Interesse an der Bienen zucht hat, wird von Herrn Leihbibliothekar Fritzsche allhier die freundlichste Auskunft erhalten. — Der auf nächsten Sonntag festgesetzte Schützen auszug ist aus Sonntag über 8 Tage verschoben worden. — Die Ortschaften in der Nähe von Tharandt erbielten am Dienstag plötzlich preußische Einquar tierung. Es war die bisherige Chemnitzer Gar nison, die über Oederan nach Dresden abrückte, um mit nach Preußen zurückzukehren. Auch in Dresden hat der Abmarsch der Preußen begonnen und Ende des Monats werden nur noch Leipzig, Bautzen und Königstein preuß. Garnisonen haben. — Der Besuch unseres Theater- ist im Wachsen begriffen; Pech-Schulze hatte so viel Publikum an gezogen, baß der geräumige Saal gefüllt war. Die Herren Eidner und Zirkel jun. wußten das In teresse für das Stück, daS eigentlich für größere Bühnen bestimmt ist, bis zu Ende wach zu erhal ten. Wir glauben, daß Herr Director Zirkel es wagen könnte, Pechschulze noch einmal auf das Repertoir zn bringen. — In den Wolken. Wahre Begebenheit, nacherzählt von Alfred Waldemar. (Fortsetzung.) Am Nachmittage des 6. August war es für William eine schwierige Aufgabe vom Hause wcg- zukommen. Die verzweiflungsvolle Ally klammerte sich an ihn, weinte und schluchzte als öb ihr das