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234 Wilhelm in Ems, Graf Bismarck in Pommern und Herr Benedetti in Eorsica sei, so daß also in diesem Augenblicke in dem diplomatischen Verkehr keine große Thätigkeit herrschen könne. Die Rüst ungen Frankreichs anlangend, so wird der „Magdeb, Ztg." unterm 20. Juli wenig Vertrauen erweckend aus Paris geschrieben : „Je rühriger das französische Gouvernement rüstet, desto weniger möchte es seine Rüstungen eingestehen. Auch wir sind weit entfernt davon, in das Kriegsgeschrei ein- zustimmcn oder an der Möglichkeit eines dau ernden Friedens zu zweifeln, aber man muß mit Blindheit geschlagen sein oder es darauf anlegen, die öffentliche Meinung irre zu führen, wenn man behauptet, das Tuileriencabinet habe ein für alle Mal auf kriegerische Projecte verzichtet, und wenn man nicht sicht oder es verschweigt, daß mit allen Kräften darauf dingearbeitet wird, um Vinnen acht oder zehn Monaten einen großen Krieg unternehmen zu können." — Pariser Zeitungen erzählen, an die preußischen Offiziere sei eine kleine Schrift zum Studiren ver theilt worden, welche Winke über die Stärke und Schwäche ter französischen Armee enlhalie, über deren Vorzüge und Eigenthümlichkeiten, über ihre Fechtart und Gewohnheiten und die beste Weise, wie man ihr gegenüber verfahren müsse, - grade wie voriges Jahr kurz vor dem Kriege ein ähnliches Schriftchcn über die österreichische Armee aüsgetheilt worden sei. — In der hohen Pariser Gesellschaft muß viel faul sein, viele Vorgänge erinnern an Louis Philipps letztes Regicrungsjahr (1847). Ler be rüchtigte Wüstling und Klopffechter Louis v. Cas- sagnac har seinem Gegner Vcrmonel auf offener Straße zum 2lenmale in's Gesicht gespicen, „und zwar, wie er in den Zeitungen triumpyict, zwischen beide Augen mitten hinein." Vermonels Freunde und Begleiter wollten über ihn helfallen, V. hielt sie aber zurück; „nicht fünf über einen' sagte er. Dem Polizeipräfcct von Paris schrieb er: Treffen Sie Maßregeln, welche die Sicherheit und Rein lichkeit nothwendig machen. In die Zeitung ließ er setzen: „Die Injurien der Gebrüder Cassagnac schaden der Würde eines Mannes ebenso wenig wie ein Jauchefaß, das auf der Straße zerspringt und Vorübergehende beschmutzt." — Im Aachener Dome sind wunderthätige Reliquien ausgestellt, das weiße Kleid der Jungfrau Mana, das Taschentuch Johannes des Täufers ic. Dabei hat es unter den frommen Wallfahrern Prügelei gegeben; die wunderlichen Heiligen hatten sich so arg in einander verbissen, daß das Militär sie trennen mußte. Dann warfen sie sich auf die Kniee und beteten. — Die Bayern sind vorsichtige und humoristi sche Leute zugleich. Damit die wegen der Cholera in Röm heimreisenden Bischöfe ihre Heerden nicht anstcckcn, rathen sic, die bekannten Räucherbuden eiligst von der sächsischen Grenze nach der südlichen und westlichen Grenze zu bringen und die Bischöfe zu desinsiciren. — In Bayern haben mangelhaften Schul unterricht genossen in: Oberbayern 7,,, Nieder bayern 13,4, Pfalz 8„ , Oberpfalz 13 , Ober franken 5,4 Mittelfranken 4», Unterfranken 7, Schwaben 3,,. „Wie gewöhnlich siebt man, daß in den „frommen Provinzen" die Dummheit vor herrscht, setzt der „Nürnb. Anzeiger'' hinzu. — Du Kaffeewlrthin von Schwabing, ein noch junges Weib, wollte sich wieder verheirathen, ihre Kinder waren aber dem Bräutigam ein Stein des Anstoßes. Dieses Hinderniß zu beseitigen, war die Barbarin kurz entschlossen. Eines dersel ben, welches 1^ Jahre zählte, schlachtete fie ab, versteckte den Leichnam im Hause und sagte zu ihren Bekannten, es wäre zu Verwandten in Er ziehung gegeben worden. Ferner verheimliwt« fie ihre Schwangerschaft, tödtete auch ihr neugcborneS Kind, schnitt ihm Kopf und Arme ob und warf die einzelnen Theile in Lumpen gewickelt in den Abtritt. Das Scheusal hat die That kaltblütig eingestanden. — Der Reichstag in Wien hat die Aufhebung der Todesstrafe mit 79 gegen 56 Stimmen ver worfen. Er erklärte, daß bei den zur Zeit be stehenden Umständen das Wegdecreliren der Todes strafe lediglich eine Prämie für das Verbrechen sei, daß jeder andern Strafe, nur der Todesstrafe nicht, mit verhällnißmäßiger Gleichgültigkeit entgegen sehe. — Die Münzconserenz in Paris soll sich über folgende Grundsätze verständigt haben. Die Grundlage wird künftig die Goldwährung bist den und zwar wild das goldene 5-Frankenstück die kleinste Goldmünze sein; alle höheren Goldmünzen werden eine Multlpllkaiion von 5 Franks darstellen (10, 15, 20, 25 Fr. rc.) Der österreichische Du caten würde 2 Gulden -sterr. — 5 Franken sein, Preußen würde Vietthalerstücke prägen ---- 15 Frks. ober 7 Gulden rheinisch; Nordamerika würbe seine Dollars auf 5 Frks. und England seine Sovereign auf 25 Frks. reduziren. Stlbermünzen sollen nur als TheilungSmüuzen EourS haben. Die Münzen aller Staaten, welche dem Fünffran- keusystem entsprechen, haben allenthalben gleichen EourS. — In den polnischen Weichselnicderungen wüthct eine furchtbare Ueberschwcmmung. Die Umgebung von Prags gleicht einem-See, zahlreiche Städte und Hunderte von Dörfern stehen unter Wasser, selbst in Warschau sind die Fluthen in die Vorstädte getreten und haben Häuser weggerissen. In der ganzen Niederung ist die Heu- und Ge treideernte vernichtet. — Die Sängerin Löwe mußte im Theater in Aachen eine Arie unterbrechen, weil sie furchtbare Schmerzen in der Kehle bekam. Daheim siel es ihr erst ein, daß sie Tags zuvor eine Nadel ver schluckt hatte, ohne darauf zu achten. Die Nordamerikaner haben den Mexikanern die Hinrichtung Kaiser Max's sehr übel genommen. Sie, sagen sie, hätten ihren furchtbaren Gegner Davis, den Präsidenten der Südstaaten, nach einen!