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34 macht, bei dem sie nicht wissen, ob sie lachen oder weinen sollen. Es ist das Recht der Interpellation der Minister. Dagegen find die Adreßdebatten abgeschaffl, wahrscheinlich, weil man einige bittere Wahrhellen inBezug auf Mexiko, Rom und Deutsch- land zu hören fürchtete. Die Vermehrung des Heeres wirb eine neue Anleihe und erhöhte Steuern zur Folge haben. Die Grundsteuer soll bleiben, wie sie ist, der Mehrbedarf von den Städten auf gebracht werden, weil der Lanbbau ohnehin dar niederliegt und die ländliche Bevölkerung'mehr und mehr verarmt. — Aus Spanien werden wir wohl in nächster Zeit viel zu berichten haben. Allem Anscheine nach bereitet fich dort eine Revolution vor, die mit der Vertreibung der Königl. Familie enden muß. Die Wuth der Pfaffen- und Adelspartei übersteigt alle Grenzen; eine Anzahl der bedeutendsten Männer find gegen Recht und Gesetz nach afrikanischen Jn- feln geschafft, andere erschossen worden. Sogar die eigene Schwester der Königin ist ausgewiesen. — Der berühmte Judenknabe Mortara ü Rom, der vor Jahren seinen Aeltern gewaltsam entführt wurde, ist jetzt 1S Jahre alt und tritt als Novize bei den Jesuiten ein. Die heiligen Väter versichern, es sei ein guter Griff gewesen, der ehemalige Jude werde eine Zierde Les Ordens und eine Leuchte der Kirche werben. — Meißen, 30. Januar. Des zu erwartenden hohen Wasserstandes wegen mußten schon gestern Nachmittags die Landungsdrücken zur Dampffähre abgetragen werden, die Dampffähre stellte den Dienst ein und suchte vor dem nahenden Eise Schutz in der Au-mündung der Tricbisch. Also das erste Dampfschiff in der Triebisch'. — Die an beiden Ufern noch der Ueberfahrt harrenden Personen wurden sofort mittelst Kähnen befördert. — ES entwickelte fich nun an der Elbe eine ungewöhnliche Thätigkeit; man suchte Alles zu bergen, was der Strom Möglicherweise entführen könnte, Schiffe, Fähren, Hölzer re. — Um Mitternacht kam bas böhmische Eis und geht heute noch in dichtgedrängten Massen, Schiffrihetle, Schiffsgeräthe, Masten und Holzstücken mit fich führend; ja mehrere große Kähne mit vollständigem Zeug, sowie ganze Flöße kamen hier durchgeschwommen und zerschellten zum Theil an den Brückenpfeilern. Das Wasser ist be deutend gestiegen und find bereits die unteren Theile der Stadt überschwemmt. — Der an den Elbufern angerichtete Schaden muß nach dem, was der Strom mit fich führt, beträchtlich sein. — 3l. Januar. Nach heute Mittag aus Leitmeritz eingetroffenen telegraphischen Nachrichten ist das Wasser dort im Fallen begriffen. LocaleS. (Schluß des Berichts über die Wahlversammlung in Tharandt am 18. J-nuar.) Aus der Rede des Herrn vr. Schaffrath heben wir blos hervor, was derselbe über seine Stellung zur Reichsverfassung sagte, da wir vor aussetzen, daß die persönlichen Verhältnisse des Redners unsern Lesern bekannt sind. Die Rcichs- verfassung, welche er, wie auch die Grundrechte, mit beralhen und geschaffen habe, sei gegenwärtig nicht allein für die Völker, sondern auch für die Fürsten Deutschlands der Rettungsanker, um nicht von Preußen verschlungen zu werden, und würden die Fürsten Deutschlands sich jetzt glücklich schätzen, wenn sie 1849 die Reichsverfassung, welche nicht mehr, ja in manchen Stücken, wie namentlich be- züglick der Militärfrage, weniger von ihnen ver langt hätte, als ihnen gegenwärtig von Preußen aufcrlegt werde, angenommen hätten. Deshalb werde er nach wie vor für die Wiederherstellung der Reichsverfassung und der Grundrechte, so weit beide noch den gegenwärtigen Verhältnissen ent sprächen, kämpfen und glaube mit dieser Forderung nicht zu viel zu verlangen; denn Manches, was 1849 unerreichbar geschienen, sei jetzt bereits in Folge des Krieges zur Verwirklichung gekommen. Er habe seine politische Ueberzeugung niemals ge ändert, selbst nicht unter viel schwierigeren Ver hältnissen, als die gegenwärtigen seien, er sei von jeher ein Demokrat gewesen und werde es auch fernerhin bleiben, aber dies könne ihn nicht hin dern, für die Selbstständigkeit der einzelnen von Preußen noch nicht annrclirten Staaten zu wirken und die sächsische Regierung, obwohl diese ihm manches Leid angethan, den preußischen Bestre bungen gegenüber kräftig zu unterstützen. Die Ver sammlung brach, als Vr. Echaffralh geendet, in einen so allgemeinen und so anhaltenden Beifalls sturm aus, daß das Resultat der später vorzuneh- mendcn Abstimmung fortan nicht zweifelhaft sein konnte. Nach einer Pause ergriff Herr Assessor Geißler aus Döhlen das Wort und entwickelte die Gründe, welche das Comilö des Plauenschen Grandes bestimmt hätten, sich, obwohl die Pro gramme Schaffrath's und v. Berg'S streng genom men, wenig differirten, für ersteren zu entscheiden, und führte als solche auf, daß I) Herr v. Berg der Bevölkerung des Plauenschen Grundes so gut wie unbekannt sei, 2) daß das jetzige Parlament, welches die Verfassung des norddeutschen Bundes berathen sollte, rechtskundige Männer erheische und Schaffrath ein erfahrener, bewährter und allgemein gekannter und geachteter Jurist sei, 3) daß zu Reichs tagsabgeordneten Männer von konsequentem Cha rakter gewählt werden müßten, Männer, welche ihre politische Ueberzeugung niemals geändert hätten und daß Vr. Schaffrath ein solcher sei; 4) daß ein Reichstagsdcputirter ein Mann im kräftigsten Alter sein müsse, 5) daß der Herr v. Berg zwar ein sehr liberaler Edelmann sein möge, er aber, eben weil er Edelmann sei, der vorherrschend aus Arbei tern bestehenden Bevölkerung ihres Bezirks immer fern stehen werde. Herr Adv. Sommer sprach hierauf im Namen des Wilsdruffer Comite aus, daß derselbe den vom Vorredner entwickelten An sichten vollständig beipflichte und daher nach wie vor die Candidatur des Herrn vr. Schaffrath auf recht erhalten werde. Bei der hierauf vorgenom-