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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Dtadtrath daselbst. j Ri^teljührlicher Prämimerationspreir 10 Ngr. — Jnserti»nSgebühr«n für den Raum einer gespaltenen Cvrpusmle 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Montag resp. Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz des Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. 85. Dienstag, den 15. Decemßer 1868. Tagesgeschichte. Wilsdruff, 15. Deccmber 1868. Am 12. Decembcr früh Uhr erinnerte die Bewohner unserer Stadt eine solenne Reveille des Stadtmusikchors an die Bedeutung des Tages, an den h»hen Geburtstag unseres allverehrten Königs. In den Abendstunden vereinigten sich die Mitglieder des Militärver- üns in der Fritzsche'schen Schankwirthschaft zu einer einfachen Feier. 2» warmen Worten gedachte ein Mitglied der Bedeutung dieses Tages und brachte ein Hoch auf Sr. Majestät den König, worauf noch von allen Anwesenden „Den König segne Gott" und „Gott sei mit dir, mein Sachsenland" gesungen wurde, womit die einsache Feier schloß. — Ein für uns Wilsdruffer gewiß seltener Kunstgenuß steht uns beute Abend zum 2. Abonnementconccrt bevor, unsern, Günther ists gelungen, dell Pianist Herrn Georg Leitcrt, welcher uns schon vor 4 Jahren als ILjährigcr Knabe durch sein herzliches Clavicrspiel ent zückte, auch für heute zu gewinnen. Herr Georg Leitert Hal bereits iin Hotel de Saxe zu Dresden Unter Direction des Herrn Kapellmeister Niez und Mitwirkung der königlichen musikalischen Kapelle concentrirt, Beweis genug, für das «niücnte Talent des jungen Mannes. Es versäume ja Niemand diesen Kunstgenuß, auch die Nicht- abonnenten wollen recht zahlreich kommen und das 5groschenstück nicht ansehcn, dainit Günthers Opserwilligkeit einigermaßen Rech nung getragen wiro. Dresden, 12. Dec. Graf Bismark ist vorige Nacht halb 12 Uhr von Berlin eingetrvffen. Heute Mittag wurde derselbe von Ih rer Maj. der Königin und bald darauf von Sr. Maj. dem Könige 'n einer längeren Audienz empfangen, dem der Bundeskanzler seine Glückwünsche zum heutigen Geburtsfeste perföntich darzubringen hier her gekommen ist. Graf Bismark ist voin geh. Legationsrath von lleudell begleitet. — 13. Dec. Graf Bismarck dinirte heute bei den König!. Ma jestäten. Die Rückreise ist noch unbestimmt. Wie das „Sächs. Wchbl." meldet, hat das königl. Ministerium des Cultus es unbedenklich gefunden, daß nach dem Anträge der königl. ^reisdircctivn bei Veranstaltungen von Shlvestergottesdicnsten, sowie von Gottesdiensten bei den Jahresversammlungen der Gustav-Adolf- ^ereine, bei den Missionsfesten der mit dein evang.-luth. Hauptver- Nne in Verbindung stehenden Zweigvereine oder des evangelischen Missionsvercines allhier, ungleichen bei den Festfeiern der sächs. Bi belgesellschaft es der Einholung der besonder» Genehmigung der Con- Morialbehörde nicht weiter bedürfe, es vielmehr genügen solle, wenn bie betreffenden Ephoren von der beabsichtigten Abhaltung derartiger Gottesdienste in Kenntniß gesetzt und letztere von deren zustimmenden Vvrwiffen abhängig gemacht werden. Ein 16^2 Pfund wiegender, in der Elbe bei Niederwartha ge fangener großer Karpfen ward am 10. Dec. in Meißen von den Fischern zu Markte gebracht. Freiberg, 11. December. Wie den „F. A." von mehreren Testen mitgethcilt wird, erschoß sich heute in den Nachmittagsstunden der Jäger B. Waldheim. In Folge von Unvorsichtigkeit stürzte am Sonn ig Abeno ein Dienstknecht in Reichenbach beim Heuholen durch die Bodenöffnung auf die ebene Erde herab, und fiel dabei so unglück- »ch, daß er sofort seinen Tod fand. Der böswillige Anstifter jenes in der Nacht vom 24.—25. Oc- >ober in Zwickau entstandenen Schadenfeuers, (das 3 Scheunen zer- üörte) als welcher der Maurergeselle K. L. Illing aus Zwickau er mittelt und verhaftet wurde, ist am 5. Dec. von dem Bezirksgericht öu Zwickau zu 15 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden. Eibenstock. Die Weihe unseres aus Schutt und Asche hervor- Hegangenen, in edleren Formen entstandenen Gotteshauses hat am Montag den 30. November unter den entsprechenden Feierlichkeiten Kattgefunden. Auf dem Bahnhofe in Roßwein ist vor Kurzem ein Postwerth- dacket mit 1 Dutzend goldenen Ringen gestohlen worden, nämlich 1 mit Diamant (Rose), 1 mit Diamantbrillanten, 1 mit Diamant (Rose), 1 mit 4 kleinen Diamanten, 2 mit echten Perlen, 1 mit lichtem Amethyst (Siegelring), 2 Piere de Shasse, 1 mit Onix (Herzform), 1 mit Türkis, 1 mit Almantin. Graf Bismark giebt das gute Beispiel, im Nordd. Blinde auf zugehen. Er erklärt im Landtage, er sei damit einverstanden, daß vom Jahre 1870 an die Kosten des auswärtigen Ministeriums vom Nordd. Bunde übernommen würden, und die Bundesregierungen seien auch einverstanden. Aus das Beispiel von Oestreich hingcwiescn sagt er, Oestreich schaffe jetzt Freiheiten, die Preußen schon lange besitze. Das ist richtig, aber woher kommt die tragikomische Erscheinung, daß viele Preußen die östreichischen Freiheiten als etwas Begehrenswer- thes anstaunen, also kaum wissen, daß sie sic haben? Es wäre recht schön von dem Grasen, wenn er sich bei seinen College» Eulenburg und Mühler Aufschluß holte. Ei» Pfund Freiheit soll manchen Leu ten lieber sein als 100 Pfund Freiheiten, die sie sich nicht heraus nehmen dürfen. AuS Mecklenburg-Schwerin schreibt die „Volkszeitung": „Keine größern und leidenschaftlicher.! Verehrerinnen des Norddeutschen Bun des als die alten Bräute, welche sich hier Jahre lang abgehärmt haben, ohne zum erwünschten Ziele kommen zu können! In Helle» Haufe» ziehen sie jetzt, den Norddeutschen Bund mit seiner Ehefrei heit segnend, zum Traualtar. Neulich wurden in einem Dorfe zwei Paare getraut, welche beide etwa 25 Jahr im fchönen Brautstande gelebt hatten und beide schon zwischen 55 und 60 Jahr alt waren." Das Herz mächtiger Fürsten hängt an den Soldaten. Der Kai ser von Oestreich spricht seine Freude über die Annahme des Wehr- gesetzes (800,000 Soldaten) von Seiten der Ungarn und Deutschen und über die Aussöhnung mit Ungarn offen aus und feiert sie 1) mit Erhebung seines Kanzlers in den Grafenstand und 2) mit einem Armeebefehl mitten im Frieden. In diesem Armeebefehl sagt er: „Oestreich bedarf des Friedens, wir müssen ihn zu erhalten wissen," er sagt aber auch, daß Oestreich jetzt neu gestärkt und in eine Zeit zurückversetzt fei, in welcher es die schwersten Kämpfe erfolgreich be standen und glänzende Siege errungen hat. — Die Armee soll ihre glorreichen Erinnerungen in die Gegenwart hinübertragem Der Ar meebefehl hebt friedlich an, läßt aber überall kriegerische Gedanken durchschimmern; er giebt zu denken. Es droht ein Krieg zwischen den Türken und Griechen zunächst um und in Kreta. Die Türke» vergleichen die Grieche» mit einem bissigen Kläffer, der ihnen immer zwischen die (halbmondförmigen) Beine fährt. Der Sultan hat ein Ultimatum erlassen und den Grie che» 8 Tage Zeit zur Verständigung gegeben. Die Großmächte ver mitteln eifrig. Seitens des Königs von Dänemark und des Prinzen von Wales sind Telegramme an den König von Griechenland gerichtet worden, um denselben zu bewegen, den gerechten tür kische» Forderungen zu entsprechen und ihn auf die Gefahren auf merksam zu machen, welche die Situation für die junge Dynastie herbcisühreu könnte. Es giebt in Spanien nicht 12 Leute, die wissen, wer König werden soll, und einen König braucht man doch zum Königthum. Will die provisorische Regierung ihn im letzten Augenblicke aus der Pistole schießen? Diese Geheimnißthuerei oder Verlegenheit gibt den Republikanern augenblicklich ein großes Uebergewicht, in 20 bis 30 kleinen und großen Städte» wurde» republikanische Demonstrationen gemacht und die Geistlichen demonstriren munter mit und zwar mit dem Hintergedanken: durch die Republik zur Isabella! Die spanische Börse ist bei dem Cours angekommen, de» sie am Tage vor der Verjagung Isabellas notirt halte — und der war sehr schlecht. General Prim hat dem Kaiser Napoleon mitgethcilt, daß er den Sohn der Herzogin von Genua in Florenz für de» spanische» Thron im Auge habe, Napoleon soll weder Nein noch Ja gesagt haben. Der italienische Prinz ist kaum 15 Jahr alt, Prim will aber so freundlich sein, für ihn die Regentschaft zu übernehmen. Es solle» per Telegraph 14 spanische Gouverneure abgcsetzt worden sein.