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56 (Eingesandt.) Rcichsiagswahl. Wie bereits durch amtliche Bekanntmachung bekannt geworden ist, hat der seitherige Reichstagsabgeordnete des hiesigen Wahlbezirks, Herr Adv. vr. Schaffrath in Dresden, und zwar wie er seinen hiesigen Freunden mitgetheilt hat, aus Rücksicht für seine große ad- vokatorische Praxis sein Mandat nicdergclegt. Da der baldige Beginn der diesjährigen Sitzungen des Reichs tags eine sofortige Neuwahl erforderlich macht, so ist als Wahltag be reits der 1. März bestimmt worden, und ist es deshalb hohe Zeit, sich über eine zu wählende geeignete Persönlichkeit zu verständigen. Von anderen Orten unseres Wahlbezirks wird der langjährige Redacteur der Constitutionellen Zeitung, Herr Adv. Ludwig Siegel in Dresden zur Wahl vorgcschlagen, und hat sich derselbe auch zur Annahme der Wahl bereits bereit erklärt. Einsender dieses kann diesen Vorschlag nur bestens empfehlen, da Herr Adv. Siegel ein würdiger Vertreter unseres Bezirks sein würde. Herr Adv. Siegel gehört seit reichlich 30 Jahren zu den hervor ragenden, sächsischen Liberalen, und bewährte sich als ein treuer Kümvfer für gemäßigten zeitgemäßen Fortschritt schon zu einer Zeit, als das sächsische Verfassungslebcn noch in den Kinderschuhen steckte, auf den sächsischen Landtagen der Jahre 1840 bis 1849. Auf dem ersten Landtage des Jahres 1849 gehörte er, da er der damaligen Um sturzpartei fernstand, zu den wenigen Abgeordneten, welche das da malige freisinnige Ministerium Braun-Georgi-Oberländer in ihrem, auf besonnenen Fortschritt gerichteten Streben, treulich unterstützten, weshalb er sich die bittere Feindschaft der Umsturzpartei damals zu- zog. Und wer die Haltung der Constitutionellen Zeitung seit Jahren unbefangen beobachtet hat, wird wissen, daß Herr Adv. Siegel dem Streben nach besonnenen Vorwärtsschreiten bis auf den heutigen Tag unvcrrückt treu geblieben ist. Was seine Stellung in der deutschen Frage betrifft, so ist Herr Adv. Siegel stets ein aufrichtiger Freund des deutschen Bundesstaats unter Preußens Führung gewesen, und betrachtet er den jetzigen norddeutschen Bundesstaat als den gesunden Kern, aus dein sich der einst, durch Hinzutritt der deutschen Südstaaten, der deutsche Bundes staat entwickeln soll. Dabei erkennt derselbe die gegenwärtig mit dein norddeutschen Bunde verknüpften Uebelstände, als da sind: zu große Militärprä senz und dadurch bedingtes zu hohes Militärbudget recht wohl, und dürfen wir uns von einem so bewahrten liberalen Manne unbedenk lich versichert halten, daß er nach Kräften bemüht sein werde, für Beseitigung dieser Uebclstände zu geeigneter Zeit besorgt zu sein, so wie überhaupt für freisinnigen Ausbau der Bundesverfassung, Ein- (Eingesandt.) Theater. Die Theatervorstellungen des Herrn Director Zirkel in hiesiger Stadt erfreuen sich fortdauernd der Gunst des Publikums, und zwar mit Recht; die Wahl der Stücke ist eine gelungene.zu nennen und den Darstellern zum großen Theile Lob zu spenden; namentlich sind Herr Bünger, sowie seine Frau so vortreffliche Schauspieler, daß man Jedem den Besuch des Theaters empfehlen kann. Im „Schulz von Altenbüren" war Herr Bünger ein Hofschulz von echtem Schrot uud Korn, der das starre Festhalten an den bestehenden Rechten und Einrichtungen, den ungebeugten Trotz des Sohnes der rothen Erde trefflich darzustellcn und ebenso trefflich den Schmerz des Vaters über den Verlust seines Kindes, den allmälig durchbrechenden Sieg der Herzensgüte über den starren Bauetntrotz zu schildern wußte; ihm würdig zur Seite stand Frau Bünger als „Martina" und es war namentlich ihr Spiel in der Scene mit der Mutter, welche das Freien des Vaters beschreibt, ein sehr gelungenes zu nennen. Anden„west- phälischen Freibauern", welche im zweiten Acte beim Freigericht er- zchicnen, wäre freilich Manches zu tadeln gewesen, doch wollen wir es bei dem Wunsche bewenden lassen, daß Herr Director Zirkel dem Ensemble etwas mehr Aufmerksamkeit zuwenden möge! Dagegen können wir nicht unterlassen Herrn Eidner, welchen wir von früheren Jahren her als einen ganz guten Schauspieler kennen, dringend ein besseres Memvriren seiner Rollen anzuempfehlen; die dankbare Rolle des „Weigand" verunglückte nicht allein gänzlich, sondern es litt darunter auch das Spiel der übrigen Darsteller, da Herrn Eidners Rolle, welche er selbst mit Hülfe des Souffleurs nur in mangelhafter Weise durchführte, jedes tiefere Verständniß, und seiner Darstellung jedes Eingehen auf die Verhältnisse mangelte. Endlich dürfte, was die Localitäten des Theaters anbelangt, eine bequemere Einrichtung des ersten Platzes, welcher offenbar zu eng und der Musik zu nahe ist, dringend wünschenswerth sein! Vermischtes. Bromberg, 9. Febr. Eine schreckliche That erfüllt hier alle Welt mit Grausen. Ein Besitzer aus dem benachbarten Klein-Bar- telsen, Namens Kopischke, unterhielt schon bei Lebzeiten seiner Frau mit seiner Stieftochter ein Liebesverhältniß, dessen Frucht ein Kind gewesen sein soll. Die Frau starb plötzlich, und das Liebespaar setzte Jahre hindurch bis in die neuste Zeit sein verbrecherisches Leben fort. Verschiedene Kinder sind aus dieser wilden Ehe hervvrgegangen; man spricht von acht, und sämmtlich sollen sie von dem würdigen Paare ! umgcbracht worden sein. Eine Heirath, welche der rc. Kopischke einzugehen beabsichtigte, reizte seine Tochter zu verdächtigen Aeuße- runger, welche schließlich zur Entdeckung und Verhaftung der Beiden führten. Es sollet! Nachgrabungen im Garten des Kopischke von Erfolg gewesen sein. Allgemein ist inan auf den Ausgang der Un tersuchung gespannt. Aus der Schweiz schreibt man der RH. Ztg.: „Im Anfänge der dreißiger Jahre hielt sich die preußische Regierung einen Spion in der Schweiz, zur Ueberwachuna der deutschen Flüchtlinge. Natürlich s, hatte auch Oestreich (Metternich) den seinigcn. Die beiden Herren, . nämlich der preußische und der östreichische Spion, waren gute Freunde und eines schönen Frühlingstages wollten sie gern eine gemeinschaftliche * Reise nach Italien machen, natürlich nicht für ihr Geld. Da mach ten sic ein Attentat nnd zwar so: der Preuße schrieb an seinen Mi nister iit Berlin, hies in der Schweiz sei ein gefährlicher Demagoge, b und er nannte den Oestreicher, der, wie er vernommen, heimliche Vorbereitungen zu einer geheimnißvollcn Reise nach Italien treffe, h und sich namentlich einen langen Dolch mit einem durchstochenen Herzen und einer zerbrochenen Fürstenkrone darauf bestellt habe; es handle sich also unzweifelhaft um einen Dcmagogenkongxeß zur Er mordung aller Fürsten; der Mensch müsse auf seiner Reise.des Streng- 2 sten überwacht werden, Seine Excelenz möge zu diesem Zwecke schleu nigst Reisegeld schicken. Ganz so schrieb der Oestreicher, indem er § als den gefährlichen Fürstenmörder den Preußen nannte, nach Wien an den Fürsten Metternich. Beide erhielten natürlich sofort Reise geld, machten eine sehr vergnügte Reise nach Italien und schickten dann haarsträubende Berichte nach Berlin und Wien, in denen, wie derum natürlich, jeder von dem andern leider zu früh entdeckt war, so daß nichts hatte ermittelt werden können. Silhouetten, aus Rumänien. Unter diesem Titel schreibt die Wiener N. fr. Presse: Rumänien ist ein schönes Land und seine Blüthe sind die Bojaren Das Betrügen ist in Rumänien längst keine Schande^ vom Stehlen aber nur ein paar Beispiele. In einer moldauischen Provinzialstadt hatte ein Kaufmann einige tausend Du caten für verkaufte Waaren gelöst. Erbrachteste nach Hause. Noch l am selben Abend kommen zwei Herren zu ihm. Beide Masken vor dem Gesichte, riegeln die Thür hinter sich zu, stürzen auf ihn los und fordern ihn mit vorgehaltenem Revolver auf, ihnen das.einge- < gangene Geld ohne Verzug heraus zu geben. Der Kaufmann, ob wohl augenblicklich überrascht, besaß Geistesgegenwart genug, seine Lage zu überdenken und sagte: „Dort in der Truhe ist das Geld, hier der Schlüssel, öffnen Sie und thun Sic nach Belieben." Wäh rend aber sich die zwei Spitzbuben über die Truhe her machen, be nützt er die Gelegenheit, sein hinter einem Möbel stehendes Doppel gewehr zu ergreifen. Es war zu seinem Glücke geladen: er zielt und . Ureckte Beide nieder. Ohne Zeit zu verlieren, eilt nun unser Kauf mann hinaus, schließt die Thür, zieht den Schlüssel ab und" bestehlt seinem eben heimkehrenden Diener, Niemand ins Haus hinein- noch herauszulassen, selbst aber begiebt er sich in aller Eile zum Polizei- Director, und da er diesem nicht zu Hause findet, rum PräfccteN, aber auch dieser ist abwesend — er eilt also zum PslW-Commissair. Nachdem er ihm den Fall erzählt hatte, nimmt dieser einige Mann schaft mit uud Alle begeben sich nach der Wohnung des Kaufmanns, vor welcher dessen Diener Wache hält und ihnen berichtet, daß wäh- , rend seiner Abwesenheit Niemand aus- noch cingegangen sei! Die Thür wird geöffnet. Vor der offenen Truhe liegen die zwei mas- kirten Diebe ohne Lebenszeichen. Rian reißt ihnen sogleich die Mas ken vom Gesichte nnd erkennt in ihnen — den Herrn Präfectcn und den Herrn Polizei-Director des Orts, die beide dem Bojarenstande angehörten. Dieses Factum hat sich vor Kurzem zugetragen. In dem Berichte folgen nun zahlreiche andre Beispiele, welche beweisen, daß in Rumänien nichts als Rohheit, Gewalt und Willkür herrscht. In einer Pußta in Ungarn pochten Freibeuter Abends an die Thür eines Schulmeisters, der im Rufe stand, gern ein Glas Wein zu trinken. Geld her! riefen sie drohend. Der Mann erhebt , sich aus seinem Bette, öffnet das Fenster und ruft gcmüthlich hinaus: „Ihr Narren, wenn ich Geld Hütte, so wäre ich jetzt nicht zu Hause, son dern süße im Wirthshaus!" — Die Nüuber lachten und entfernten sich. Die Japanesen brauchen keine Feuerversicherung, denn der Kaiser hat den Befehl gegeben, daß, wenn in einem Hause Feuer auskvmmt, allen Bewohnern des Hauses die Köpfe abgeschlagen werden sollen. Auf einem Balle (Abends 9 Uhr) bei dein Fürsten Hohenlohe in Wien, dem auch das Kaiscrpaar beiwohnte, wurde das „sitzende Sou per" Morgens 3 Uhr, das Frühstück um 6 Uhr genommen; die letz ten Gäste verschwanden um 8 Uhr. Kirchennachrichten aus Wilsdruff Am Sonntage Reminisc. predigen Vormittags: Herr Pastor Schmidt, Nachmittags Herr DiaconuS Ficker. P o st e n g a n g. Von Wilsdruff nach Dresden 6 U. — M. früh, in Dresden 7 U. 50 M. früh. - 2 - 30 - Nachm.. - - 4 - SO - NachM- Von Dresden nach Wilsdruff 12 U. 15 M. Mitt, in Wilsdruff 2 U. 15 M. Nachm- - - - - 7 - 30 - Abds. - - S - 30- - Abds- Von Wilsdruff nach Nossen 5 U. 15 M. früh, in Nossen 7 U. 25 M. früh. - - - - 1 - — - Mitt. - - 3 - 10 - Nachm. von Nossen nacb Wilsdruff 7 U. 45 M. srüh, in Wilsdruff S U. 50 M. VorM- - - - - 10 - 45 - Abds., - - 12 > 50 - früh.