Volltext Seite (XML)
52 etikette nicht kennen oder sich so stellen. Jüngst machte sie einem hochadligen Kloster einen Besuch, um die Predigt zu hören. Alle die Frommen, Frauen und Mädchen grüßten sie ehrerbietig und machten ihr Platz, Isabella war aber nicht zufrieden und fragte zum Abschied, warum man nicht vor ihr das Knie gebeugt habe. In Frankreich, antwortete die Oberin, beugt man nur vor Gott das Knie. Von den Mördern des Gouverneurs in Burgos (Spanien) haben 5 Geständnisse abgelegt und betheuert, sic seien Werkzeuge der Geist lichen gewesen. Die öffentliche Meinung ist so aufgeregt, daß die Negierung gegen die Mörder wahrscheinlich mit voller Strenge vor gehen und sie hinrichten lassen wird. Cm verfehltes Leben. Erzählung von Ludwig Habicht. Wenn wir ein altes runzelvolles Gesicht sehen, dann denken wir unwillkürlich, was muß das Alles erlebt und erfahren haben, ehe das Schicksal alle diese vielen Linien auf die Stirn und das Antlitz zog, sie vertiefte und verdickte und zu einem völligen Sorgenspiegel verkörperte? Was für Sorge Noth und Kummer muß einen stillen Einzug in das klopfende Herz halten, ehe es ans dem blühenden fri schen Antlitz alle die Eindrücke sympathetisch wiedergiebt, die sich dort festgraben und dort ihre stumme und doch beredte Geschichte schrei ben? Wir können auf manchem sorgendurchfurchten Antlitz zurücklesen — die ganze Vergangenheit, das ganze schicksalsschwere Dasein, das nichts als eine Kette von Täuschungen, bittern Erfahrungen und dunklen Schmerzen war, — oft aber genügt auch schon ein einziger fürchterlicher Schlag des Schicksals, um diese düstre Chiffreschrift her vorzurufen. Und auf all diesen Gesichtern ruhte einst der Glanz der Jugend, vielleicht der Schönheit, und jetzt liegt das Alles vor uns so tief verschleiert, daß kaum unser schärfster Blick noch eine Spur davon entdeckt! Ich kannte ein solches altes, runzelnbedccktcs Gesicht — das ei ner alten Jungfer. Sie lebte in tiefster Zurückgezogenheit von der Welt, fast dürftig, obwohl sie ein bedeutendes Vermögen besitzen sollte. Aber man suchte sie auch nicht auf, man scheute vor dein alten Frauenzimmer zurück, die immer in schwarzen Kleidern über die Straße schritt und so finster aussah, als trage sie eine rechte alt jüngferliche Verbissen- und Verdrossenheit mA sich herum. Ihre Mä ßigkeit legte man als Geiz, ihren häufigen Kirchenbesuch als Fröm melei aus; man hatte sie nirgends gern. Niemand sprach ein freund lich entschuldigendes Wort von ihr, die so hartherzig fei, daß sie je den Bettler von der Thür weise, sich von ihrer alten Dienstmagd von jedem Unglück gewissenhaft berichten lasse, um sich darüber freuen zu können. So sagten wenigstens die Leute! Sic hatte nicht, wie andere alte Jungfern, eine Katze, einen Hund, oder einen Kanarienvogel zu ihrem Umgänge, ihrer Unterhal- tuiig, sondern etwas weit Absonderlicheres, das sie vollends in Verruf bringen mußte, eine Eule, für die sie die zärtlichste Sorge trug, die sie selbst fütterte und mit der sie sich oft wie mit einem Menschen unterhalten sollte. Daß dieser sonderbare Geschmack sie in den Au gen der Menge noch verhaßter machte, verstand sich in der kleinen klatschsüchtigen Stadt von selbst; man nannte sie auch nach ihrer Gesellschafterin „die Eule" und erschöpfte sich in Gehässigkeit gegen die Aermste, suchte sie absichtlich zu beleidigen und zu kranken, und je ruhiger sie die Pöbelhaftigkcitcn hinnahm, desto mehr häuften sich dieselben. Ich hatte die alte Frau schon mehrfach gesehen, von ihren Wun derlichkeiten genug gehört, als das ich nicht hätte ein Interesse für sie fassen sollen, und besonders war mir das Halten einer Eule doch etwas sehr Ungewöhnliches, das gewiß mit dem Schicksal der alten Frau in Beziehung stand; und das Glück oder vielmehr das Unglück war mir günstig, hierüber Aufschluß zu erhalten. Es war an einem Wintertage, als ich durch die Straßen schritt und durch einen Zusammenlauf von Menschen aufgehalten, näher trat, um zu sehen, was es gäbe. Die unglückliche Frau lag an der Erde, man umstand sie spottend und lachend, ohne daß ihr Jemand hülfreich die Hand gereicht hätte. Ich stieß einige rohe Gaffer bei Seite, näherte mich der Gefallenen, und sie vermochte wenigstens mit meiner Hülfe aufzustehen, und auf meinem Arm gestützt, langsam fort zuhinken. Ein paar Gassenjungen hatten die arme Frau mit ihren Schlitten rücksichtslos umgefahren, und anstatt die Buben zu züchti gen, freuete man sich des gelungenen Witzes, der alten Eule einen Schabernack gespielt zu haben. Ich begleitete sie bis an ihre Woh nung, wollte ihr einen Arzt besorgen, sie lehnte es aber ab und bat mich nur, sie recht bald zu besuchen, um mir danken zu können. Alle ihre einfachen, kurzen Aeußerungcn verriethen eine Bildung, wie ich sie unter dieser schrullenhaften Hülle nicht erwartet hatte, und ich ging schon nach einigen Tagen hin, mich nach ihnm Befinden zu er kundigen. Man hatte mir die wunderlichsten Geschichten von ihrer Wohnung erzählt! Es sollte ein finsterer Malepartus sein, schmutzig und ärm lich, und fand das freundlichste, behaglichste Stübchen. Zwar waren die Möbel alle einfach, nirgends eine Prunk, eine Zier, wie sie Frauen lieben, aber dennoch konnten diese ärmlich einfachen Räume anmu- then, weil Alles sauber und geschickt geordnet an feinem Platze stand und die Sonne durch Helle Scheiben ihre wärmsten Strahlen in das Zimmer schickte. Die arme Frau hatte geglaubt, daß ihr Unfall keine nachthcili- aen Folgen haben würde, sie lag aber doch bei meinem Besuche zu i Bett, und wie sie dort mit dem abgemagerten, blassen Gesicht in dem blüthenweißen Kiffen ruhte, kam sie mir durchaus nicht eulenhaft vor, I und ich begriff nicht, wie sich auf dies wahrhaft schöne Matronen antlitz ein solcher Haß werfen konnte. Freilich war sie heute von der großen schwarzen Haube befreit, die sie so schrecklich alt machte; sie trug ein sauberes Nachthäubchen, das eine hohe, wenn auch tief durchfurchte Stirn sehen ließ. Diese dunklen, jetzt so matten Augen mußten einst geglänzt und um diese fein geschnittenen Lippen die Grazien gespielt haben. Die Nase war noch jetzt untadclhaft, nur um den eingefallenen Mund lag ein Zug, mehr des Grames als des Schmerzes. Das etwas zu sehr vorstehende Kinn mußte dem Gesicht einst in seinen Blüthentagen einen entschiedenen, vielleicht mit Welt uud Leben spielenden Ausdruck gegeben haben. Nach Allem also war sie einst eine Schönheit gewesen und heute — ein verachtetes und von allem Volk gering geschätztes Weib. Sie klagte über nichts, nur über eine allgemeine Schwäche, die sie am Aufstehen hindere, und war nur darüber unglücklich, morgen noch nicht das Zimmer verlas sen zu können, da sie einige nothwendige Einkäufe zu machen habe, aber sich allzu schwach fühle, um dies wagen zu können. Meine vorgefaßte gute Meinung über die Alte schwand bei ih ren peinlichen Klagen, daß sie an das Zimmer gefesselt sei, da diese Sorge jedenfalls nur aus ihrem Geize entsprang; ich sagte daher auch etwas trocken, daß es nichts helfe und sie sich schon eine Frau dafür würde miethen müssen, weil ich gehört hatte, daß sie aus Geiz noch ihr Dienstmädchen entlassen habe und sich nur von einer Frau die Aufwartung machen ließe. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. In der preußischen Provinz Posen fuhr am Abend des 26. Jan. aus dem kleinen polnischen Städtchen Wielun ein Bräutigum mit ei nem Begleiter nach dem Nachbarstädtchen Barannow, um daselbst Tags darauf seine Hochzeit zu feiern. Er fuhr ruhig durch die schnee bedeckte Landschaft, als plötzlich die beiden Pferde unruhig wurden, ängstlich zu schnauben anfingen und vor jedem Baum an der Straße scheuten. Sehr bald zeigten sich in geringer Entfernung 2 Wölfe, die heulend dem Fuhrwerk nachkamcn. Es war eine furchtbare Lage. Die beiden Reisenden waren nicht im Besitze von Waffen und die Wölfe in unabwcislichcr Nähe. Da fuhr dein Bräutigam blitzschnell ein rettender Gedanke durch den Kopf. Nasch sprang er vom Wagen und schnitt die Stränge des «inen Pferdes durch, das er den Wölfen preisgab; mit dem zweiten jagte der Schlitten davon. Bald war das freigelaffene Pferd, das in seiner Angst gar nicht die Flucht er griffen hatte, sondern zitternd stehen geblieben war, von den Wölfen erreicht, die sich mit einem Freudengeheul auf die Bellte warfen. Der Bräuiigam langte unversehrt in dem Grenzstädtchen Boleslawice an. Für ein Pferd hatte er sein Leben eingetauscht, und mit dop pelter Freude trat er am anderen Tage vor den Altar. Jin Ge dächtnisse aber wird ihm dieser schauerliche Polterabend wohl sein ganzes Leben hindurch verbleiben. Die Karls. Ztg. erzählt: „In dem Dorfe R. hatte ein hübsche- Mädchen mit einem stattlichen Schäfer ein zärtliches Vcrhältniß, aber die Eltern zogen die Bewerbung eines reichen Müllers vor, und die Tochter war gehorsam. Da begegnet der Schäfer einmal dem neuen Brautpaare und schießt in toller Eifersucht Jedem eine, übrigens nur blind geladene Pistole in das Gesicht. Dafür erhält er zwar wegen Körperverletzung eine zehnwöchentliche Kreisgefängnißstrafe, hatte sich aber das Herz der Geliebten zurückerobert, denn sie fand nach jener That, daß sie eben nur mit dein Schäfer glücklich werden könne, löste die Verlobung auf und will nun den Schäfer heirathen. Das ist eine Dorfgeschichte, die den Vorzug hat, daß sie eine wahre ist. Bericht über die Sitzung des Stadtverordneten - Collegiums zu Wilsdruff, vom 2. Januar 1869. Nach Einführung der ncugewähltcn Mitglieder durch Herrn Bürgermeister Kretzschmar, erfolgte die Wahl des Vorsitzenden und des Protokollanten, sowie deren Stellvertreter. Zum Vorsitzenden wurde wieder Herr Adv. Sommer, zu dessen Stellvertreter - Kaden, zum Protokollanten der Unterzeichnete, zu dessen Stellvertreter Herr Güldner gewählt. Sodann wurde zur Wahl der Deputationen verschritten und besteht für dieß Jahr u) die Abschätzungsdeputation aus Herrn Güldner, - Kaden, - Busch; b) die Sparkassendeputation aus Herrn Sommer, - Kaden; e) die Schuldeputation aus Herrn Güldner, - Kaden, - Bretschneider; ä) die Marktdeputation aus Herrn Güldner, - Loßner, - Vogel; o) die Armendeputation aus Herrn Springsklcc, - Loßner. U orvi»L, Protok.