Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebelllehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Dtadtrath daselbst. Vierteljährlicher PränumerationSpreiS 10 ktgr. — Jnsertionsgebühren für den Raum einer gespaltenen Corpuszeile 8 Pf. — Annahme von Inseraten bis Alontag resp Donnerstag Mittag. — Etwaige Beiträge, welche der Tendenz dieses Blattes entsprechen, werden mit großem Danke angenommen, nach Befinden honorirt. ^5 18. IreiLag, den 5. Ieöruar 1888. Tagesgeschichte. Grumbach, 1. Febr. Heute Abend wurde uns ein schöner, rührender Genuß zu Theil, der einzig in seiner Art dasteht, nämlich ein Opfer uneigennütziger Liebe und Freundschaft. Am Vorabend des Begräbnisses des verunglückten k. Zimmerlings und Hausbesitzers Carl Richter, brachten zwei Gesangsvereine, der königl. Knappschafts- Verein zu Kcsselsdorf und unser junger Verein, der sein Bestehe» nur erst nach Wochen zählt, einige Trauergcsänge dar. Einsender enthält sich alles Urtheils, da er sich nicht musikalisch gebildet fühlt, aber als stiller Beobachter ward er doch die freudige Ueberraschung gewahr, welche sich aller Zuhörer bemächtigte, als sie wahrnahmen, was Fleiß und guter Wille in kurzer Zeit vermögen, und kann nicht umhin seinen und wohl Vieler Wunsch hiermit auszusprechen, daß Lehrer und Schüler der strebsame Geist fort und fort belebe. Bei dem bevorstehenden, am 15., 16. und 17. d. M. in Altstadt- Dresden abzuhaltendcn Jahrmärkte wird der Vormarkt der Tischler und Böttcher am 11. bis mit 13. stattfinden, und der Grossoverkauf für wollene, baumwollene und leinene Manufacturwaaren sowie für erzgebirgische Schachtel- und Spiclwaarcn am 12. d. Bi. seinen An fang nehmen. Sämmtliche Leinwandverkäufer haben auf dem An tonsplatze feil zu halten. Zwei Unglücksfälle, die sich in Dresden ereignet und beide einen tödtlichen Ausgang gehabt, sind den „Dr. N." gestern mitgetheilt worden. Der' eine betrifft den Wagenschieber Aiechholz von der Leipzig-Dresdner Bahn, der vorgestern zwischen die Puffer gekommen und in der darauf folgenden Nacht gestorben ist. Infolge des an dern Unglücksfalles, der sich auf ganz gleiche Weise ereignet, ist der Güterbodenarbeiter Thiemes auf dem Centralbahnhof fast sofort ge lobtet worden. In den „CH. N." wird berichtet, daß ein Lhargirter die ihm zum Einexerziren übergebenen Soldaten, 8—S Mann, nicht nur an den Ohren anpackte und abschüttelte, sondern dieselben auch noch mit Ohrfeigen tractirtc. Es empört, wenn man sieht, wie eine der artige Behandlung, die man in jetziger Zeit nickt gern Schuljungen zu Tbeil werden läßt, bei Ausbildung unserer Vaterlandsvertheidiger noch in Anwendung gebracht wirb. Der Pianist Herr Georg Leitert aus Dresden spielte zweimal im deutschen Landestheater in Prag mit großem Erfolge. Von der in Pirna garnisonirendcn 5. Schwadron des Garde- rciterrcgiments nahm sich am Freitag ein Fourier auf 2 Tage Ur laub. Kaum hatte er denselben angetrcten, als sich der Verdacht der etwaigen Veruntreuung gegen ihn bei feinen Vorgesetzten rege machte; dieser hat sich leider bestätigt, da der Fourier Bekteidungs- gclder in beträchtlicher Höhe mitgenommen hat. Am 29. Jan. früh gegen Vr? Uhr ging in dem bei Bautzen gele genen Dorf Quatitz ein Schadenfeuer auf. Es war dasselbe bei dem Gartcnnahrungsbesitzer Lange im Strohdache des Backofens aus gebrochen und obschon in den Anfängen bemerkt, doch nicht mehr zu unterdrücken gewesen. Nachdem zunächst das Langesche Vcsitzthum hiervon vollständig ergriffen worden, theilte sich das Feuer den an liegenden Gebäuden der Nahrungsbesitzer Abschkc und Thräne mit und sind im Ganzen 3 Wohngebäude, 3 Scheunen, 1 Seitengebäude 1 Kuhstall und 1 Schuppen abgebrannt. Bautzen, 1. Februar. Vorgestern Abend gegen '/2IO Uhr hat sich in der Nähe des sogenannten Scharfcnsteges hicrsclbst ein Soldat der 11. Compagnie des hier garnisonirendcn 4. Infanterie-Regiments, Namens Hänel aus Großröhrsdorf, erschossen. Bismarck und die preußische Kammer arbeiten mit dem großen Messer und schneiden den Dcpössedirten furchtbar ins Fleisch. Nach dem König Georg kam der Kurfürst von Hessen (in Prag) an die Reihe, auch sein Vermögen wurde durch großen Mehrheitsbeschluß mit Beschlag gelegt. Bismarck ging wiederum scharf ins Zeug. Ich muß, sagte er, dafür sorgen, daß der Frieden erhalten wird; der Kursürst hat keine Legion im Ausland gehalten, wie König Georg, aber seine Legion ist seine Denkschrift, die überall gegen uns zum Kriege aushetzt; der König und der Kurfürst arbeiten an einem Kriege gegen uns und kennen die Geheimnisse der feindlichen Kabinette besser als wir. „Es ist vieles faul und das Faule kann man nicht mit Handschuhen anfassen, wir wollen die Reptile bis in ihre Höhlen hi nein verfolgen. Das Geld soll zum Besten Kurhessens verwendet werden. Probircn Sie selbst, ob Sie auf zarte Werse mit derFänl- niß fertig werden, ob Sie Pech anfassen können, ohne sich zu be sudeln." Aus Brüssel wird berichtet, daß dort die Typhusepidemie in erschrecklicher Weise um sich greife. Alle Spitäler sind überfüllt und mehrere Schulen müssen geschlossen werden, um als Spitäler einge richtet zu werden. Die Epidemie herrscht zumeist auch in den höhern Classen, namentlich unter den jungen Mädchen von 10—20 Jahren. Mit Rücksicht auf diesen ungünstigen Gesundheitszustand der belgischen Hauptstadt rathcn die Aerzte den von dem Verluste seines Sohnes tieferschütterten Könige Leopold II. dringend eine Orts- und Luft veränderung. Lin Watt für die Schwiegermütter. Eine Aschermittwochs - Betracht» ng. Die schrecklichsten, unheimlichsten Anklagen sind seit Jahrhunder ten schon über die armen Schwiegermütter ergangen, es möchte da her an der Zeit sein, auch für sie einmal eine Lanze zu brechen. Man hat sie als Störerinnen jedes ehelichen Glückes, als die Urhe berinnen der meisten Scheidungen, als zank- und rauflustige Geschöpfe angeklagt, denen es Bedürfniß wäre, mit ihren Schwiegersöhnen fortwährend aus dem Kriegsfuße zu stehen; aber man hat ihnen mit all diesen Verleumdungen schreiendes Unrecht angethan. Sic kämp fen nur wie echte Patrioten — aus Liebe zum Frieden. Ein spa nischer Schriftsteller hat sogar ein Lustspiel geschrieben: „Recept ge gen Schwiegermütter," das der alte König Ludwig von Bayern so vortrefflich sand, und sich nicht die Mühe verdrießen ließ, es zu über setzen. Das Recept verordnet freilich eine Mediciu, die nicht Jedem zu Gebote steht: der geplagte Schwiegersohn soll nämlich versuchen, seine böse Schwiegermutter noch einmal zu vcrheirathen. Man denke, was das sagen will! In einer Zeit, wo cs schon schwer hält, das jüngste Mädchen unter die Haube zu bringen, soll noch ein Schwie gersohn im Stande sein, der eignen Schwiegermutter einen Mann zu verschaffen, das würde dem armen Schwiegersohn sehr theuer zu stehen kommen. Nein, ein gutes, heilsames Recept gegen Schwieger mütter haben uns die geschicktesten Aerzte noch nicht verschreiben können, und ist es nicht schon eine Beleidigung für die Aermsten, daß man überhaupt nach einem Recept gegen Schwiegermütter zu fragen wagt? Sie müssen sehr arg angcschwärzt worden sein, daß es dahin gekommen und es ist Zeit, daß auch für diese so schwer Verleumdeten ein Anwalt in die Schranken tritt. Um überhaupt in diese schwierige Sache einen klaren Eindruck zu erhalten und zwischen beiden Parteien die Sonne gleich zu theilen, müssen wir den Begriff „Schwiegermütter" festzustellen suchen. Es kann in einer Ehe zwei Schwiegermütter geben: die Mutter des Mannes und die der Frau, aber die letztere nur ist die eigentliche Schwiegermutter, auf deren Haupt sich so viel Haß und Groll ihres respcctivcn Schwiegersohns sammelt, denn gehatzt werden sie Alle — gleichviel ob unter der glatten Decke eiskalter Höflichkeit, oder offen und ehrlich. Eine kürzlich vcrhciraihete Freundin versicherte mir: „Glauben Sie mir, die Mutter meines Mannes ist doch nur Schwie germutter ans der andern Seite, in der Familie ihrer Tochter; dort sorgt sie, dorthin bringt sie ihr ganzes Herz, für uns kostet es Mühe, eine leidliche Freundschaft zu bewahren", und die junge Frau hatte damit eine Bemerkung gemacht, die in England z. B. allgemein gil- tig und sich in dem Spruche ausprägt: Mein Sohn ist mein Sohn bis zum Tag wo er freit; Meine Tochter ist meine Tochter ihre Lebenszeit. Nur die Mutter der Frau, nicht die des Mannes, bringt für die junge Ehe Alles mit, ihre Liebe, ihre Sorge, ihr wachsames