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428 minare. Daß die Volksschulen von denen in Sachsen und Thüringen überflügelt worden seien, wurde mehrfach behauptet; der Grund da von in den preußischen Schulregulativen, welche die Schule und na mentlich die Lehrerseminare in ihren Zielen niederdrücken, sowie in dem auffallenden Lehrermangel gesucht. Letzteren schiebt man auf die schlechte Besoldung sowie auf die schlechte Stellung der Lehrer im Allgemeinen. In einzelnen Distrikten mußten Schulstcllen an die jüngsten Präjuranden, an Handwerker rc. vergeben werden, ein Dorf wurde genannt, in welchem seit einem Vierteljahr wegen Mangels an einem Lehrer keine Schule gehalten wird. In Deutschland wird über den leblosen Gang der Geschäfte ge klagt, nicht einmal der WeihnachtSmarkt hat reges Leben gebracht, mit Luruswaaren wird nirgends Luxus getrieben. Das Vertrauen und die Zugkraft fehle», sei.dcm sich mehrere Großstaaten den Luxus der Freiheit versagen und nur den Luxus mit Militär gestatten. ES gibt Leute, welche jede Pickelbaubenspitze weniger für einen Blitzab leitet als einen Blitzanzichcr ansehen. ES fehl! in Europa an einem Gebieter, der befehlen kann: Stecke dein Schwert ein! Der Verkehr gedeiht besser, wenn sich die Handel treibenden Völker über'S Ohr hauen, als wenn es die Soldaten zu thun drohen. Die „Krcuzzcitung" meldet als verläßlich aus Wien: Die Schutz mächte nahmen den Consercnzvvrschlag zur Verhandlung an. Ruß land beantragt die Zurücknahme der Ausweisungsmaßregel und Ein stellung der Feind;eligkciten während der Eonferenz. Oestreichs Zu» stimmuug ist zweifellos, die Italiens und Griechenlands wahrscheinlich. Die Entscheidung der Pforte ist noch nicht bekannt. Unter der Vor aussetzung allseitiger Zustimmung wird die Confertnz vielleicht schon zu Neujahr beginnen. Die „Weserzeitung" enthält folgendes Telegramm aus Berlin: Die widersprechenden Nachrichten über die Eonferenz sind dahin zu berichten, daß die erste Anregung dazu von Frankreich ausging, welches eine Eonferenz der griechischen Schutzmächre in Aussicht nahm. Infolge dessen beantragte Rußland, unterstützt von Preußen, eine Ausdehnung der Eonferenz auf die Pariser Verlragsmachte. An einer allseitigen Annahme des Vorschlages wird nicht gezweifelt; die Con- serenz dürfte auf Einladung Frankreichs in Paris zusammentreten. Das Blatt hat sich gewendet. Bei den früheren Kämpfen zwischen Griechen und Türken stand die öffentliche Meinung auf Seile der Griechen, jetzt ists umgekehrt. Die Griechen sind die Händelmachcr, ihre Angen sind größer als ihre Magen, sie wollen sich auf kosten der Türken ausdehnen und können sich daheim selbst nicht regieren; die Türken -find im Stande der Nothwehr. Zu Kämpfen ists noch nicht gekommen, die Großmächte vermitteln und werden auf einer Eonferenz den Streit zu ordnen suchen; beide Theile sollen sich drei Wochen lang aller Feindseligkeit enthalten. E» wäre ein Leichtes den Krieg zu hindern, wenn die Großmächte einig wären, einige aber zeigen eine zweideutige Haltung. Paris, 24. Dec. Die „Patrie" veröffentlicht ein Telegramm aus Athen vom 22. d. M. nach welchem das dortige Aclisnscvmilee der Kammer eine Petition überreicht, welche fordert, daß die Regie rung, gestützt auf die öffentliche Meinung, in Betreff der Kriegser klärung an die Türkei die Initiative ergreife. Die „France" bespricht die Frage, ob Krieg oder Frieden zu erwarten sei und hebt hervor, daß Jedermann den Frieden wünsche, doch müsse man vor Allem für eine Grundlage und feste Garantie des' Friedens Sorge tragen, damit kein Conflict zwischen den euro päischen Mächten entstehe; nur dann werde die öffentliche Meinung wieder Muth fassen, wenn die Regierungen den etwa auftauchenden Fragen, wie das seit 1815 mehrfach geschehen, behufs deren sofor tiger Lösung cntgegenkommen. Constantinopel, 24. Dec. Der griechische Gesandte ist gestern abgereist. Der amerikanische Gesandte willigte ein, die griechischen Unterthanen in seinen Schutz zu nehmen. Der russische Gesandte, General Jgnatieff, beantragte die Eonferenz, die Pforte lehnte si ab. Endlich hat die provisorische Regierung in Spanien den 11. Feb. n. I. als Termin für den Zusammentritt der Cortes ausge schrieben. Sie erklärt in dem betr. Dccret, sie werde in dem Wahl kampfe neutral, aber nicht unentschieden bleiben, sie ziehe die monar chische Negierungsforni entschieden vor und werde sich freuen, diese aus der Wahlurne hervorgehen zu sehen. In Madrid rechnet Jedermann nur noch mit zwei Dingen, mit der Dictatur und mit der Republik. Den Dictator (Prinu nennt man ganz leise, bis er sich selbst laut nennen wird. Die Dictatur liegt in der Luft- Die deutschen haben die . m der Vieneuzucht überholt Auf der Ausstellung von Geräthen für die Bienenzucht, die in diesen Tagen in Mailand stattfand, wurden die Modelle deutscher Züchter, namentlich auch die Dzierzoschen GlaSkörbr, als die besten an"rkannt. Die Deutschen holen nickt einmal mehr ihre Königinnen aus Italien. In Rochester bei Newyork wurde kürzlich eine Frau wegen Grausamkeit gegen ihre 7jährigeAdoptivtochter zu einerbmonatlichen Gefängnißstrafe verurthcilt. Sie hatte die Hände des kleinen Kin des gewaltsam über einen glühenden Kohlentopf gehalten, bis die selben über und über verbrannt waren. Als Grund ihres grausa men Verfahrens gab sie an, das Kind hätte ein Stückchen Zucker gestohlen und „sie habe beabsichtigt, ihm eine Idee von der Hölle ZU geben." „Die gute Stadt Lakr hat von jeher Allerlei producirt, was seinen Weg in die weite Welt gefunden hat, z. B. ihren Schnupftabak und ihre Eichorie. Nichts aber ist Weiler hinaus in alle Lande gegangen, als der Kalender, der in ihren Mauern erscheint und ihren Namen trägt: Der Labrer Hinkende Bote. Er erreichte in diesem Jahre bereits eine Auflage von nicht weniger als einer halben Million Exemplaren. Eine solche Verbrei tung — das läßt sich ohne Weiteres annehmen — läßt auf unge wöhnliche Eigenschaften dieses Kalenders schließen, denn die geschäft liche Unternehmungslust und Thätigleil, mag sie noch so groß sein, thuts für sich allein nicht. Und so ist es indcrThat. Der Kalender hat einen Schriftsteller gefunden, der für seine Aufgabe eine eminente Befähigung besitzt. Er ist ein Erzähler von schärfster Beobachtungs gabe und LebcnSkenntniß, der mitten in das gewöhnliche Leben hin- cingreift und daraus Gestalten, Scenerien, Begebenheiten holt, die so naturwahr sind, daß Jeder sie schon gesehen oder selbst erlebt zu haben glaubt. Nirgends Ueberschwenglichkeit, sondern voller Realis mus; dabei überall ein Hauch von Poesie, wirklicher Humor und eine Sprache, die, obgleich ost bis zur landläufigen AuSdrucksweisc des gewöhnlichen Lebens berabsteigend, dock, genau die Grenze kennt, wo der populäre Ton aufhören könnte, edel zu sein. In dieser Weise wird der Kalender jetzt schon seit einer Reibe von Jahren geführt, und ihr verdankt er vor Allem seinen beispiellosen Aufschwung. Die Uebersicht über die Weltbegebeuhnten des letzten Jahreö ist so gehalten, daß man sich ebenso an dem Ton ergötzen, wie über die männlich frische Gesinnung, die hindnrchweht, e rtreuen wird. Die Illustrationen sind zahlreich uud verrathen durchweg eine geschickte Hand. lKarlsr. Zeitung.) Nach den Analysen des berühmten Chemikers m. zählt die Eacao-Pflanze zu den nahrhaftesten Productcn der Erde. Dieser Gelehrte sagt, daß eine gute Taffe Bouillon von Rindfleisch 28 Gramm Nährstoff enthalte, während sich in «Pier Tasse mit Milch zubereitcter reiner Chocolade 188 Gramm nährende Bestandthcilc vorfänden. Nach einem englischen Blatte hätte eine ärztliche Untersuchung der Chocoladcn 70 verschiedene Fabriken von London und Paris eine Verfälschung der Waare in 8!) derselben erwiesen, ein gewiß trau riges Resultat! Da auch in Deutschland eine unverfälschte Chocolade zur Seltenheit geworden ist, so verdient besonders hervorgehoben zu werden, daß sämmtliche Cacao-Vraparatc des Hauses Franz Stoll- werck in Köln als durchaus frei von jeder Beimischung garantirt sind uitd wegen dieser Eigenschaft von den Aerzten vielseitig empfoh len werden. , In den hauptsächlichsten Geschäften Deutschlands sind diese Cho- coladen vorräthig. * Eine der originellsten Zeitungen ist unbedingt die Berliner Montags-Zeitung. Dieselbe, redigirt von dem berühmten Humoristen Adolph Glasbrenner, bringt Montags, an welchem Tage keine andere große Zeitung erscheint, alles Wisscnwerthste und Neuste aus den Kreisen des Hofes, der Regierung, der Kammern, der Ge sellschaft, des Handels, der Theater, des Berliner Volkslebens rc.: Alles in prägnanter geistvoller Fassung. Neben ihren Tel. Depe schen und den neusten politischen Nachrichten hat sic einen humo ristischen Zeitspicgcl, „Die Wahrheit" betitelt, aus dem tiefe Welt anschauung uno feine Satvre in den witzigsten und burlcskesten For men refleclirt unb der für sich allein ein gediegenes, ausgezeich netes Witzblatt bietet. Ferner bringt sie Novellen und zeitaemäne Artikel von bewährten Schriftstellern, Interessantes von Nah und Fern, Börsenberichte, Komische Anzeigen u. s. w. und ist eben m dieser überaus reichen und heitern Mannigfaltigkeit eine Specialität unter den deutschen Zeitungen. Bekanntmachung. Bei der heutigen Abstimmung für die Stadtverordnetenergänzungswahl an Stelle des mit Ablauf dieses Jahres ausscheidenden Drittheils des Stadtverordnetencollegiums sind folgende hiesige Bürger gewählt worden. Herr Friedrich August Lorenz, Privatschuldirectör, - Ernst Louis Bretschneider, Fleischermeister, - Karl Gustav Vogel, Tischlermeister, als Stadtverordnete, sowie Herr Karl Friedrich Partzsch, Zimmermeister, - Heinrich Adolph Berger, Buchdruckereibesitzer, als Ersatzmänner. Wilsdruff, am 28. December 1868. Der S t a d t r a t h. Kretzschmar.