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32 richtliche Aufhebung eines 12V«jährigen Schulknaben statt, der sich Tags vorher strangulirt hatte. Der Tod dieses armen, unglücklichen Knaben erregt im ganzen Dorfe die größte Theilnahme. Die schlimme Behandlung Seiten der Pflege-Eltern des Knaben soll den entsetzli chen Entschluß, zu sterben, bei demselben zur That haben reifen lassen. Freiberg. Am Freitag, den 22. Jan. war der Sohn des hie sigen Geschirrbesitzers Funke beauftragt, Erz in die Hütten zu fahren. Am Hüttenberg, der sehr steil ist und in Folge dessen daselbst schon manches Unglück geschah, wurde von Funke jun., der mit den Ge fahren durch mehrjährige Praxis bekannt, des mit circa 60 Centnern Erz belasteten Wagens so scharf als möglich angezogen; doch, welch' ein Schreck, die Kette riß und der Wagen raste mit den Pferden die Höhe hinab. Unten au der Brücke, die über die Mulde führt, ge lingt es dem Gespann nicht, das Gelenk richtig zu bemessen und da her wird das eine Pferd genöthigt, über das Geländer zu springen. Hier hängt es nun am Geschirr im Freien, schlägt dermaßen um sich, daß es ein Bein bricht. Trotz aller Anstrengungen ist es nicht mög lich, das Thier herauf zu ziehen. Man zerschneidet endlich die Stränge rc. und das Pferd stürzt hinab in das Muldenbett und wird einige Stunden später todt herausgcwunden. Leipzig, 26. Jan. In vorgestriger Nacht hat am Königsplatze ein bedauerlicher Conflict zwischen mehreren Soldaten hiesiger Gar nison und zwei auf dem Heimwege begriffenen Civilpersonen stattge funden, wobei, ob mit Grund oder nicht, sei dahin gestellt, die Sol daten blank gezogen und von ihren Waffen Gebrauch gemacht haben. Ein durch den Skandal herbeigelockter Nachtwächter sand einen der Eivilisten in gefährlichster Lage, zur Erde niedergeworfen und einen Soldaten mit blankem Seitenwehr in der Faust auf seiner Brust knieend. Sein Hilfssignal führte ihn schnell Beistand herbei, und so konnten zwei der Soldaten, deren einer Blut am Bandelier und Sä bel zeigte, sestgenommen und der Militärwache im Schlöffe übergeben werden. Wir hören, daß von der Militärbehörde die strengste Unter suchung über diesen Vorfall eingeleitet ist und darüber Gewißheit er langt werden soll, ob eine Anwendung der Waffe von Seiten der Soldaten dabei gerechtfertigt war. (L. T.) Das „L. T." bringt folgende Nachricht: In den letzten Wochen haben im Bundeskanzleramt- für unsere wirthschaftlichen Verhältnisse sehr wichtige Verhandlungen stattgefunden, deren Resultat jedoch uoch nicht mit voller Sicherheit vorauszuschcn ist. Graf Bismarck, ob aus eigenem Antrieb, ob auf Anregung des Präsidenten Dellbrück, sei dahin gestellt, wünscht nämlich zur Durchführung des Artikels 4 der Verfassung des norddeutschen Bundes das gesammte Eisenbahn wesen schon jetzt auf den Bund zu übernehmen. Es kann sich hierbei natürlich nicht um die Einnahmen handeln, welche einzelne Staaten aus dem Betrieb der Staatsbahnen erzielen, diese müssen denselben als ihre eignen Einnahmen verbleiben, sondern es handelt sich vor nehmlich um die Anlage neuer Eisenbahnen, sowohl was die Rich tung derselben als auch was die Vergebung der Concession zum Bau betrifft. Am 22. Jan. ereignete sich in dem böhmischen Dorfe Niedcr- einsiedel bei Sebnitz, nahe an der sächsischen Grenze ein großes Unglück. Früh 4 Uhr brannte daselbst eine alte, saft nur aus Holz werk bestestehende Mühle ab und fanden hierin ein schon bejahrter Mann, eine Wittfrau und deren 19jährigcr Sohn in den Flammen ihren Tod. Wie die „C. Z." meldet, ist kürzlich ein gewisser Arend in Kirch- Hein bei Finsterwalde, Rendant, einer Genossenschaftsbank und Vor- schußcasse verschwunden. Man spricht mit einem Manco von 52,000 Thaler. Berlin, 26. Jan. Die „Z. C." bestätigt, daß die Regierung die Absicht hat, die Sitzungen des Landtages mit dem Ende des Feb ruar zu schließen und gleich hinterdrein den norddeutschen Reichstag zusammcntretcn zu lassen. Der Werth des gegenwärtig sich unter Preuß. Verwaltung be findlichen Vermögens des ehemaligen Königs von Hannover beläuft sich, ausschließlich des werthvollen Jnventäriums der Schlösser, auf ungefähr 13,382,000 Thaler, welche in preußischen 41/2 procentigen Staatspapiercn angelegt, ciuen Jahrescrtrag von 598,000 Thlr. ab werfen. Die Kosten der unter des Oberpräsidenten der Provinz Han nover geführten Verwaltung dieses Vermögens belaufen sich auf un gefähr 180,000 Thaler. Picht inbegriffen hierin sind die Kosten, welche durch die nöthigen Maßregeln zur Ueberwachung und Abwehr der gegen Preußen gerichteten Unternehmungen des Königs Georg und seiner Agenten erwachsenen und ebenfalls aus den Revenuen seines mit Beschlag belegten Vermögens zu bestreiten sind. Ist bei gewissen Herren in Berlin eine Schraube losgegangen, oder was soll man denken von einem Vorfall, den die Staatsbürger zeitung — nach genauer Erkundigung — erzählt. Der Prediger OCR. vr. Fournier sollte am 14. Jan. Nachmittags ein Brautpaar aus den gebildeten Ständen trauen; das Brautpaar und die Gäste und eine zahlreiche Versammlung warteten in der Kirche eine Stunde lang auf den Geistlichen, endlich erschien derselbe, ließ die Mutter der Braut in sein Ankleidezimmer rufen und erklärte ihr, er werde die Trauung nicht eher vornehmen, bis der Braut der Kranz vom Kopfe genommen sei; denn er sei durch einen anonymen Brief berichtet worden, daß sich die Braut vergangen habe. Ohne Erfolg beschwört die unglückliche Mutter und eine ältere Ehreudame den Geistlichen, von seiner Wei gerung abzustehen, er weist sie barsch aus seinem Zimmer. Um nicht ungetraut hcimzufahren, nimmt die Braut den Kranz ab und besteht darauf, daß sie nicht in der gefüllten Kirche, sondern in der Sakristei getraut werde. Der Geistliche willigt ein, tritt an den Nothaltar, sixirt lange das Brautpaar und versetzt nach den Worten: „Meine Tochter, was hast Du gethan?" der Braut einen Schlag ins Gesicht. Die Zeugen stehen wie versteinert, der Bräutigam zittert vor Wuth und geräth mit dem Geistlichen in furchtbaren Wortwech sel. Nun erst nimmt der Geistliche mit einer neuen Strafrede die Trauung vor. (H.Dztg.) Kaiser Napoleon hat die Bibel sehr unglücklich zitirt, als er von seinem persönlichen Regimente sagte, an seinen Früchten sollt ihr den Baum erkennen! — Die Früchte seiner 18jährigen Regierung sind die fast unerschwingliche Schuldenlast, welche die aller früheren Re gierungen überragt, die bodenlose Verschwendung und Vergnügungs sucht, welche vom Hofe ausgehend alle Klassen der Gesellschaft ver giftet, die Vernichtung aller Freiheiten, eine Korruption desBeamtcn- thums, welche selbst bis in die Säle der Gerechtigkeit gedrungen ist, die durch den bewaffneten Frieden geschaffene permanente Unruhe der Gcmüther, welche der Industrie, dem Verkehr, dem Nationalreichthum ganz Europas unheilbare Wunden schlägt. Und noch ist keine Aus sicht vorhanden, daß das französische Volk sich von dem Banne be freit, welches seit dem Staatsstreich auf seiner Freiheit, auf seiner sittlichen Kraftentfaltung lastet! Der kleine Thiers rechnete voriges Jahr in der Kammer dem Kaiser Napoleon die Fehler nach, die er gemacht habe, z. B. den Krieg in Mexiko. Der Kaiser hat jetzt in seiner Thronrede diese Fehler eingestanden und quält sich Tag und Nacht mit der Frage, ob Thiers auch damit Recht habe, daß er, der Kaiser, keinen einzigen Fehler mehr machen dürfe. Namentlich möchte er wissen, ob ein Krieg mit Deutschland ein Fehler sei, den er nicht machen darf. Das sagt er sich selbst, daß ein verlorner Krieg der größte Fehler ist. Kaiser Napoleon hat im Jahre 1852 seinen guten Freunden, den Orleans ihre Güter in Frankreich weggenommen, damit sie keinen schlechten Gebrauch von ihrem Gelde machen. Jetzt liegt den Kam mern ein Antrag vor, den Orleans ihr Vermögen zurückzugcben. Der Antrag wird still begraben werden. Aus Spanien wird mit größter Bestimmtheit gemeldet, daß Marschall Prim den Herzog von Aosta auf den Thron zu setzen ent schlossen sei. Dieser Prinz ist der zweite Sohn Victor Emanuels, 23 Jahr alt und etwas gescheidter und kräftiger als sein Bruder, der ital. Kronprinz. Der „Presse" wird aus Athen über Constantinopel telegraphirt, daß eine versöhnliche Antwort des griechischen Eabinets auf die Note der Conferenz, sowie eine MiniswrkrisiS in sicherer Aussicht stehe. Athen, 13. Jan. Endlich, als das letzte aller Länder Europas, kann auch Griechenland einen Schienenweg ausweisen ; einen kurzen zwar, indem er nur die Hauptstadt mit ihrem Hafenorte, dem Piräus verbindet. Die erste Locomotive ist heute, am griechischen Neujahrs tage, über diese etwas mehr als zwei Stünden lange Strecke gefah ren; sic gebrauchte dazu 13^ Minute. Vermischtes. Barmen, 22. Jan. Wie leichtsinnig und unverantwortlich manche Menschen ihr Leben auss Spiet setzen, hat wiederum ein vor wenigen Tagen vorgekommencr Fall dargethan. In einem Wirths- hause hiesiger Stadl sitzen zwei Bekannte und zechen. Im Verlause des Gesprächs prvponirt der Eine der Beiden die Wette, er wolle das vor ihm stehende Glas in Stücke zerschlagen und diese letzteren verschlucken, ohne weitern Schaden zu nehmen. Gesagt, gethan. Das Proponent der Wette schluckt einige Stücke hinunter. Einige Secun- den darauf erfolgt ein Blutsturz und der Unglückliche ist eine Leiche. In Friedrichshagen bei Berlin wurde am Montag ein gestiefelter Ochse bemerkt. Dieser, von zwei Männern geführt, trug an den Hinterfüßen ein paar Stiefel, und das Räthsel dieser auffallenden Erscheinung wurde die Angabe, daß der schwer fette Ochse sich an den Füßen beschädigt habe, nicht recht einleuchtend gelöst. Später ergab es sich, daß einem Eigenthümer bei Dahlwitz des Nachts ein fetter Ochse aus dem Stall gestohlen worden. Ohne Zweifel hatten die Diebe dem Thiere Stiefel angezogen, um die verrätherischen Fuß tapfen möglichst zu verhüten. Der Dämon des Spieles. Verstossene Woche sollte die Hoch ziel des in Wien wohnhaften Handlungsbuchhalters Eduard M ... r stattfinden. Schon war Alles versammelt, um zur Trauung zu fah ren; die Braut, den grünen Kranz im Haare, wartete festlich ge schmückt des Bräutigams. Doch Minute um Minute verrann und der sehnlichst Erwartete erschien noch immer nicht. Nachdem man mehrere Stunden vergeblich gewartet, schickte man in die Wohnung des Bräutigams; statt denselben fand man jedoch auf dem Tische ein an die Eltern der Braut adressirtes Schreiben, worin M. erklärte, daß er Tags vorher, nachdem er von seinem Schwiegervater die Mit gift im Betrage von 2000 st. erhalten, beim Nachhausegehen in ein Kaffeehaus getreten sei, um noch einen Thee zu nehmen, daß er da selbst eine Spielgesellschaft am grünen Ti;ch getroffen, und von dein Spiele angezogen, mitgespiclt und das ganze Mitgift und auch sein Pri vatvermögen im sogenannten Makao nach mehreren Stunden verloren habe. Da er die Schmach nicht ertragen könne, so habe er beschlos sen, durch einen Selbstmord seinem Leben ein Ende zu machen. Die sofort angestcllten Nachforschungen sind bis heute resultatlos geblie ben, und so dürfte der unglückliche, xrst 29jährige Mann seinen Ent schluß ausgeführt haben. Wie schlecht doch manche Aemter bezahlt werden! So hat z. V der Kaiser Napoleon einen Beamten, welcher allerhöchstihm seine Büchst auf der Jagd einhändigen muß, sobald sich eine Aussicht zum Schie ßen zeigt; diese Büchse wird natürlich von Untcrbcamtcn gcladc» und nur von diesem Oberbeamten dem Kaiser übergeben. Für diest große Mühe bekommt besagter Beamter nur 12,000 Fr. jährlich, ist