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des in der Nacht zum 15. Januar in Westewitz in der Fa milie Beyer verübten Doppelmordes mit der Bestimmung aus gesetzt, daß es sich, falls der Anspruch auf die Belohnung von mehreren Personen erhoben werden könnte, die Bemessung der einzelnen Aniheile Vorbehalten hat. Einiger Verdacht lenkt sich auf einen unbetonten Landstreicher, mit schlotterigem Gang, etwa 1,60 bis 1,65 Meter groß, etwa 35 Jahre alt, von hagerer Gestalt, mit eingefallenem Gesicht, fahler Gesichtsfarbe, Falten an den Backen und braunem, etwas langem Schnurrbart, bekleidet u. A. mit braungrünem, schon etwas gelblichem, zerlumptem Zacket, zerlumpter grauer Hose und altem weichen Hut. Der Unbekannte könnte möglicherweise jetzt andere Sachen tragen. Nach den genauen Feststellungen hat der Mörder gestohlen: einen älteren schwarzen Schirm mit kirschbraunem runden Griff, ein grauwollenes Shawltuch mit Lorbeer-Blumenrande, von lichtsilberner Farbe, eine kastanien braune, mit Verschluß versehene Nähschatulle, eine Flasche Cog nac, eine Flasche Haftmanns Magenbitter, eine Flasche Kümmel, eine Sparbüchse in Form eines Häuschens von grauer Farbe, mit einem silbernen Fünfmarkstück, drei gebrauchte Rastrmefser mit schwarzer Hornschale, (auf einem ist auf der Hornschale der Name .Beyer* eingekritzelt, auf einem anderen die Fabrik marke .Bengal* eingeschlagcn), zwei Scatkortenspiele unv ein Doppelschafkopfkartenspiel aus der Fabrik von Schneider L Co. in Altenburg, 700 bi« 800 Eigarren (einige Cigarren in einem 50 Stück-Kistchen »F>fi* mit der Etikette .Gran Fabrica de Cigarroö* und mit dem Bildniß einer rauchenden Dame; 2 Einhundert Packete mit der runden Etikette .Monte Bello Fa- bricado En Havanna, Vor. Los. H. M. P. de. M. Superiores. Dep. 5380 Habanna*), eine gute schwarze Stoffhose mitMe- tallknöpfen, eine Weste von gleichem Stoff mit Hornknöpfen, bläulich gekästelt, zwei Barchenthemden (das eine dunkelblau, mit rothen Streifen, dasanderehellblau, mit schwarzen Streifen, durchquert und rothgestreift), ein großes schwarzl-derneS Porte- monnai, aus einem Stück gearbeitet, mit Metallschlißchen an der Seite, ein amerikanisches Schnitzmeffer mit kirschsarbenem Handgriffe, ca. 35 Centimeter lang, mit Federdruck, eine Schaff nerlaterne mit weißem Beschlage und ein grauer Sack, in welchem der Mörder die gestohlenen Gegenstände sortgeschofft hoben dürfte. (Nach dieser Kundgebung des Justizministeriums scheint eS, als ob man an maßgebender Stelle von der Schuld des des Mordes verdächtigen Beyer jun., der noch in Haft sich befindet, noch nicht überzeugt ist.) — Zwickau, 14. Febr. lieber den Ausstand berichtet das ,Zw. Wocherbl.*: Nach amtlicher Ermittelung fehlten von der 6922 Arbeiter betragenden Frühschicht heute Mittwoch ins- gesammt 1046 Mann, das sind 15,1 Prozent der Belegschaft. Wie wir privatim erfahren, ist von den Belegschaften der Werke Zwickauer Steinkohlendauverein (Vereinsglück), Altgemeinde Bockwa, v. Arnimsche Steinkohlenwerke zu Planitz, C. G. Kästner in Bockwa und Karl G. Falk in Bockwa Alles zur Frühschicht eingefahren. In der Zwickauer Bürgergewerkschaft sind von der in der Grube und über Tage arbeitenden Belegschaft 709 Mann erschienen und 107 ausgeblieben. Auf dem Zwickau- Ob erhohndorfer Steinkohlenbauverein waren rund 300 Mann nicht erschienen. Aehnlich war das Verhältniß auf dem Brücken- berg- und Echaderschachte. Aus dem Lugau-Oelsnitzer Revier erfahren wir, daß außer den gestern angeführten Gruben noch die Belegschaften des Plutoschachtes gestern Nachmittag und die von Vrreinsglück gestern Abend in Ausstand getreten sind. Voll arbeiten noch die Werke Lugauer Steinkohienbauverein, Gottes Segen, Karlschacht und Deutschland. Vom Stein- kohlenbauoerein Höhndorf (Helene und Jdaschacht) wird uns mitgetheilt: .In der Nachtschicht vom 12. fuhren an 37 Mann, ausständig 112 Mann; am 13. zur Früh schicht fuhren an 43 Mann, ausständig 112 Mann, zur Mlttags- schicht fuhren an 35 Maun, ausständig 111 Mann. — Hohn dorf bei Lichtenstein, 13. Februar. In dem hiesigen Kohlen reviere — Helene- und Jdaschacht und Vereinigtfeld — sind von co, 1730 Bergarbeitern seit gestern 940 in den Streik einge treten. — Das Central-Streikcomitee theilte dagegen Folgendes mit: Auf Schader-Schacht, oberer und niederer, sind 15 Mann eingefahren. Auf dem 1. Brückenberg sind 30 Mann einge fahren, auf dem 2. Brückenberg 40—50, auf dem 3. Brücken- berg sind 5 Monn eingefahren, auf dem 4. Brückenberg unbe kannt. Auf dem Tiefbauschacht sind 40 Mann eingefahren. Auf dem Bürgerschacht sind sämmtliche Förderleute im Ausstand. Auf dem W'lhelmschacht sind 20 Mann eingefahren. — Oelsnitz i. Erzgeb., 14. Februar. Im Ganzen sind im Revier Oelsnitz- Lugau von etwa 8400 Bergleuten 2100 ausständig, und zwar hauptsächlich in Oelsnitz und Gersdorf. In Lugou sind heute noch alle Bergleute angefahren. Morgen finden in Oelsnitz Versammlungen statt. — Chemnitz, 15. Febr. Ein schwerer Unglücksfall hat sich Nachts auf der Bahnstrecke zwischen Leubsdorf und Grün hainichen ereignet. Die Holzschleifer Erler und Günzel ave Leubsdorf hatten, um von ihrer Arbeitsstätte Grünhainichen den Weg nach Leubsdorf abzukürzen, die Bahnstrecke benutzt. Auf einer Brücke waren sie sodann von einer Lokomotive, deren Herankommen sie jedenfalls in Folge des Rauschens des Flöho- flusses überhört hatten, überfahren worden. Erler war nament lich am Kopfe schwer verletzt und verstarb auf dem Transport nach dem hiesigen Krankenhause. Günzel waren beide Beine oberhalb der Knie abgefahren; er befindet sich in hoffnungslosem Zustande ebenfalls im hiesigen Krankenhause. Eingesandt. Betreffend die höhere Fortbildungsschule in Wilsdruff ist es unbedingt wünschenswerth, daß dieselbe Wilsdruff erhalten bleibt. Am einfachsten ist es, wenn die jetzige erste Bürgerschule durch Hinzufügung vorläufig einer Klaffe nach und nach erweitert wird, dis neun Jahreskurse erreicht sind, das ist gleichbedeutend mit einer öffentlichen Knabenmittelschule. Die jungen Leute, welche bei ihrer Konfirmation (in der 7. oder 8. Klasse) abgehen, müssen dann einfach die gewöhnliche Fortbildungsschule während ihrer Lehrzeit besuchen. Diejenigen jedoch, welche die 9. Klosse besuchten und da« Reifezeugmß er hielten, find von der gewöhnlichen Fortbildungsschule befreit und sie können auch von der Post- und Telegraphenverwaltung aus genommen werden. Will man noch weltergehen, nun so erweitere man die jetzige höhere Fortbildungsschule durch Hinzufügung von 3 Klaffen, jedes Jahr eine angeschoben, und dann steht natürlich den jungen Leuten mit der Berechtigung zum einjährig-freiwilligen Miliär- dienst ein weiteres Feld offen, weil damit eine Realschule 2. Klasse erreicht wird. Wähle man dos eine oder andere, so ist es nöthig, in auswärtigen Blättern zu inseriren, damit fremde Schüler kommen, welche der Stadt durch Pensionen rc. Nutzen bringen. Hegt man durch die Nähe von Dresden, Meißen, Tharandt, welche gleiche Schulen besitzen, Bedenken, so gebe man der höheren Fortbildungsschule einen andern Name- und wandle sie in eine Fachschule um. Auch kann man Räume gratis zur Verfügung stellen, wo die jungen Leute praktisch ausgebildet werden. Elektrische Kraft zu eventuellen HilfSmaschinen, Be leuchtung ist die Stadt durch ihre städtischen ElektricitätSwerke in der Lage, gratis obzugeben und ein Meister, sogenannter Fach lehrer ist schon zu Haden. Unterstützung werden gern die Regier ung und die betreffenden auswärtigen Innungen gewähren und ist auch dadurch ein Zuzug von auswärtigen fremden Schülern bedingt. Theoretischen Unterricht geben die hiesigen Herren Lehrer und ist es auch nicht gerade Bedingung, daß Lehrer de« höheren Schulamtes angestellt werden müßten. Glashütte hat seine Uhr macherschule, Dippoldiswalde Müllerschule, Freiberg Gerberschulc, Leipzig Drechslerschule, Grünhainichen Gewerbeschule für die Spielwoarenindustric, Aue Klempnerschule, Meißen landwirlh- schastliche Schule, Schandau Sch'fferfchuk und so fort. Wie wäre es denn mit emer Fachschule der Holzin dustrie sür Tischler, Holzbildhauer, Drechsler, Stuhlbauer, do ja Wilsdruff sowieso die größte Möbelindustrie, die meisten Tischlerwerkstätten besitzt. Man nehme dos alte Elektricitätswerk als Arbeitsraum, die Schulzimmer der höheren Fortbildungsschule zum theoretischen Unterricht, benutze die hiesigen H.rren Lehrer durch einen ent sprechenden Zuschuß dafür und stelle eunn Fachlehrer für praktischen Unterricht und für Zeichnen an. — Gehe den Staat und die auswärtigen Innungen um Geldmittel und Zuweisung von Schülern au, und inserire in auswärtigen Zeitungen, und diese Fachschule muß zum Segen und Wohl der Stadt Wilsdruff blühen. Die Herren Tischlermeister, der Wilsdruffer Gewrrbe- oerein, gemeinnützige Verein, die geehrte Stadtverwaltung und der Schulvorstand mögen nach Kräften die Sache unterstützen, pekuniäre ist vorläufig ja gar nicht schlimm, die Gebäude stehen ja da, und dann giebt es im Deutschen Reiche noch keine deutsche Fachschule gerade speziell sür Möbel-und Stuhlbauerei, einzelne kleine Fachschulen, von den Gewerbetreibenden selbst geleitet, diese zählen jedoch gegen diese Null, diese sind nur für lokale Ver hältnisse gerechnet und eine weitere theoretische Ausbildung ist auch dieser Industrie zu wünschen. Einsender giebt gern weitere Auf klärung hierüber, wünscht jedoch auch, daß Wilsdruff dieses erfaßt.