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elastischen Verteidigung eine leichte Rückverlegung unlerer ) Linien vorgenommen worden. Hierdurch war der Ein bruch bei Thiepval gewissermaßen abgeriegelt und ein Versuch des Gegners, ihn südlich Thiepval durch Massen stürme aus Albert gegen die Mitte unserer Kampflinie zu erbreitern, schlug fehl. Der Ancre-Übergang der Briten veranlaßte uns ferner, von Pys über Thiepval unsere Truppen auf eine gerade Front zu nehmen; nördlich Pys, bei Miraumont—Achiet le Grand, also zwischen der Ancre und der Straße Bapaume—Arras, sind die Anstürme nach ^geringem Bodenverlust gebrochen worden. Unsere neue Linie unmittelbar hinter Courcelette—Pozieres hielt bei , Martinpuich dem Anprall stand. Es ist das jener Winkel, der in den Juli- und Augusttagen des Jahres 1916 bereits den starken Anprall der Engländer auszuhalten hatte. Auch der direkt beiderseits der Straße nach dem Trümmerhaufen Bapaume zwischen Behaguies, Waclencourt und Mori angesetzte Stoß, um die vier Kilometer bis Bapaume zu erzwingen, zerbrach in dem hügeligen und unwegsamen Trichtergelände, schließlich genau so wie bei Croisilles—St. Leger—Neuville, wo eine stärke Abwehrstellung den aus dem Raume von Arras her geführten Stößen trotzt. So war die Lage bis zum-Sonntag, 25. August, als Haig abermals beiderseits Bapaume zum Angriff und Durchbruch ansetzte, nachdem die Unternehmung an den Angelpunkten unserer Stellung, bei Arras und Soissons die deutsche Linie auszuheben, als mißlungen gelten konnte. Auch diese Operation gegen das Zentrum blieb ohne den erstrebten strategischen Erfolg. ^^elbst in diesen Kämpfen um die erste Zone unserer tief gegliedert angelegten Verteidigung ist den Briten nicht einmal ein bemerkenswerter taktischer Er folg beschieden gewesen, zumal der Ancre-Übergang bei Hamel durch unsere Frontbegradigung in diesem kleinen Abschnitt nicht vom Gegner trotz aller Anstrengungen ausgeweitet werden konnte. 2^- . Des Vielverbanäs Hoffnungen unä Enttäuschungen. Der schweizerische Oberst k. Egli, -essen militärische Aufsätze in -cn Baseler Nachrichten in -en weitesten Kreisen lebhafte Beachtung gefunden haben, äußert sich zum Beginn -es fünften Kriegsjahres be-eutungsvoll über -ie Aussichten -er beiden kämpfenden Völkergruppen. Mit voller Berechtigung sieht er den Hochstand der Kriegslage für die Entente vor zwei Jahren im Sommer jys6. Damals, als der Angriff vor Verdun und der öster reich-ungarische Ausfall aus Süd-Tirol aufgegeben werden mußten, damals, als zp Ende des Sommers Rumänien in den Krieg trat, als sich in Mazedonien und in Mesopo tamien neue Offensiven -er Alliierten vorbereiteten und die Türken bereits Armenien hatten aufgeben müssen. , Bezeichnen- für di« Auffassung des Obersten Egli ist, daß der die Wendung unserer damals nicht sehr günstigen Lage in der Befehisübernahme durch di< beiden Männer erblickt, die nicht nur das Vertrauen ihres obersten Kriegs herrn, sondern auch -es ganzen deutschen Volkes besaßen, Hindenburg und Ludendorff. Als den wichtigsten ihrer Entschlüsse sieht der schweizerische Militärschriftsteller die Zusammenfassung aller Kräfte an, sowohl -er heimat lichen wie -er an -er Front: Nach Ansicht des Obersten Egli erkannten Hindenburg und Ludendorff, daß Rußland zuerst erledigt werden müsse, und sie führten das in mustergültiger Weise durch. Eine andere Gefahr, nämlich die, -aß -ie Alliierten von Serbien her -ie Donau überschreiten würden, um dann den Italienern bei Wien die Hand zu reichen, wurde gleichfalls erfolgreich beschworen. Auch die Bedeutung de- italienischen Kriegsschauplatzes könne heute nicht mehr im Sinne einer Verlängerung der Westfront be trachtet werden. Italien ist ein Nebenkciegsschauplatz ge worden, und zu einer wirklich großen Offensive konnte sich das italienische Heer bisher nicht mehr aufraffen. Dies wiegt für die Beurteilung der Grsamtlage schwerer, als der österreichisch-ungarische Rückzug über die j)iave. Oberst Egli wendet sich nun -er Besprechung -es west lichen Kriegsschauplatzes zu und — von den verlustreichen Kämpfen am Damenweg und bei Arras 191? ausgehend — weist er die Behauptung des Marschalls Haig zurück, daß die schließliche Zerstörung der deutschen Streitkräfte sichtlich nähergerückt worden sei. Lr ist im Gegenteil der Ansicht, daß gerade Englands Heer durch die Frühjahrsschlachten dieses Jahres so stark mitgenommen worden sei, -aß es sich bis jetzt nur zu verhältnismäßig kleinen Unter nehmungen habe aufräffen können. Freilich scheint es ihm nicht ausgeschlossen, daß England wiederum eine große Offensiv« unternehmen werde. Aber es sei -och nicht im stande, etwaige Anfangserfolge in großem Maßstabe aus zunützen. Auch, in Frankreich setze man keine großen Hoff nungen mehr auf die englische Hilfe, und, nachdem auch Italien und Rumänien versagt haben, erwarte man alles von Amerika. Immerhin seien 75 v. H. -er bei Soissons und Reims stehenden Truppen Franzosen und diese hätten stark« Verluste gehabt. Auch die letzten Angriffe Fochs be urteilt er als sehr verlustreich und betrachtet die Gegen offensive des französischen Marschalls als gescheitert. Be zeichnend für die Auffaffung des schweizerischen Obersten ist auch die Antwort, die er auf Herves Frage erteilt: „welchem Grunde muß die Vorsicht zugeschrieben werden, mit der unsere Verfolgung durchgeführt wird?" Oberst Egli antwortet einfach: „Es ist gar keine Verfolgung; denn die Deutschen sind nicht geschlagen. Sie haben den Rückzug nicht angetreten, gedrängt von ihren Gegnern, sondern erst, nachdem sie am 25. Juli alle Angriff« abgewehrt hatten, so daß diese am 26. nicht erneuert wurden. Und als die Deutschen in ihren jetzigen Stellungen nahe der Marne l wieder Front machten, 'rannten die Franzosen und Engländer I wiederum vergeblich und mit großen Verlusten an. Dieses Verhalten entspricht ganz der sparsamen kampfweist der deutschen Obersten Heeresleitung, die so viel Raum hinter sich hat, daß sie sich in ihren Entschlüssen nicht durch Rück sichten auf Geländebesitz beeinflussen lassen muß. Es wäre fehlerhaft, diese Freiheit nicht auszunützen, um Mannschaften zu sparen. Foch wibd dagegen wohl oder übel seine Offen sive fortsetzen müssen; denn er muß Frankreich von der Besetzung du^ch den Feind befreien." Oberst Egli sicht in der Zurücknahme unserer Front keine Aenderung zu un- gunsten unserer Lage. „Foch ist mit seinen Massen an die Gegend Soissons—Lompiegne gefesselt/' Seine gesamte Gegenoffensive sei nur Zwischenakt. Die streng objektive Beurteilung der gesamten Kriegs lage durch den angesehenen Schweizer Milstärschriftsteller, der mit wissenschaftlicher Schärfe Vorteil und Nachteil der beiden Parteien richtig einschätzt, ist ein sicheres Zeichen dafür, daß in den neutralen Ländern die Ueberzeugung von unserer militärischen Unüberwindlichkeit sich mehr und mehr durchsetzt. Das Gnve -er Zigarre. Bon einem Fachmann. . Obwohl schon feit längerer Zett von Fachleuten für Ende des Jahres das „Ende der Zigarre" angekündigt worden ist, wird die Nachricht der Mindener Zentrale für Kriegslieferung von Tabakfabrikaten, daß mit Ende des Jahres alle Fabriken geschlossen und die Arbeiter entlassen werden müssen, die meisten Rancher doch stark überrascht haben. Sie werden vor allen Dingen nicht begreifen können, wie denn die Mindener Zentrale, die' doch nur zur Versorgung des Heeres mit Tabakfabri katen berufen ist, die Schließung von Zigarrenfabriken und die Entlassung von Arbeitern verfügen kann. Indessen ist die Zentrale vom Reichskanzler mit sehr weitgehenden Befugnissen ausgestattet worden. So heißt es z. B. in der Bekanntmachung vom 24. Januar 1918: „Tabak, dessen Erwerb einem Hersteller von Tabakerzeug- nifsen gestattet wird, darf nur entsprechend den Weisungen der Deutschen Zentrale für Kriegslieferungen von Tabak- erzeugmffen verarbeitet werden." Infolge dieser Bekannt machung vom24. Januar, durch die eine außerordentliche Be schränkung des Rohtabakverbrauchs verfügt wurde, erfolgten schon in den ersten Monaten dieses Jahres große Arbester- entlasfungen. Die Regierung wollte es aber in Rüosicht auf den „Schutz der berufsständi'gen Arbeiter" nicht den einzelnen Fabrikanten überlassen, nach Gutdünken zu ver fahren. Die Mindener Zentrale hat demgemäß im Auf trage des Reichskanzlers eine Verfügung erlassen, durch welche u. a. bestimmt wurde, daß sämtliche vor den, 1. August 1914 in der Zigarrenherstellung nicht beschäftigt gewesenen Arbeiter ausnahmslos zu entlassen sind. Das war im Februar dieses Jahres. Es wird einleuchten, daß durch Erfüllung dieser Bestimmung manchen Fabriken so wenig Arbeiter übrigblieben, daß sie ihren Betrieb nicht fortzusetzen vermochten. Das war auch der Zweck der uvung; Me Negierung bezeichnete es als unwirtschaftlich, geringe Tabakmengen auf viele Betriebsstätten zu ver zetteln — und im übrigen wurden die Arbeiter an anderer Stelle gebraucht. Nun war die Fabrikation infolge des Tabakmangels und der bezüglichen Maßnahmen der Regierung Anfang dieses Jahres auf 40°/ der Friedensproduktion zurück gegangen; von den im Jahre 1916 in 6000 Fabrikations betrieben tätigen Zigarrenarbeitern konnten nur noch etwa 90 000 beschäftigt werden. Diese letzten „berufsständigen Arbeiter", die man bis jetzt geschont hatte, werden nun infolge der Erschöpfung der Rohtabakoorräte gegen Schluß des Jahres entlasten werden und in anderen Betrieben ein Unterkommen suchen müssen. Wo ist denn nur der Tabak geblieben? Man hat doch während des Krieges soviel Tabak in Deutschland angebaut. Vor allen Dingen vermag unsere heimische Ernte nur einen kleinen Bruchteil unseres großen Bedarfs zu decken. In den ersten Monaten des Jahres 1916 glaubte die Regierung die deutsche Fabrikation hinlänglich durch Vorräte gesichert, und im Vertrauen auf diese Vor räte wollte sie der wüsten Spekulation auf dem holländi schen Tabakmarkt einen Schlag versetzen. Sie unter sagte im August 1916 die Rohtabakeinfuhr, und dieses > Verbot wurde acht Monate hindurch aufrecht- erhalten. Nun dauerte der Krieg weit länger als man im August 1916 ooraussehen konnte. Der erwartete Erfolg blieb ans, dafür gingen aber die Vorräte an ausländischem Tabak zu Ende, so daß die Zigarrenfabrikation ausschließ lich auf die Erträge der heimischen Ernte und einige Er satzstoffe oder Streckungsmittel angewiesen blieb. Das Fehlen der ausländischen Tabake machte sich mehr und mehr geltend, und nachdem auch Amerika, der Haupt- tabaklieferant, in den Krieg eingetretsn war, konnte uns schließlich auch die Aufhebung der Sperre gegen Holland nichts mehr nützen. Nun erschöpfen sich die Erträge unserer heimischen Ernte, trotz aller Beschränkungen des Verbrauchs, ehe die aus der neuen Ernte gewonnenen Tabake verarbeitungs fähig werden. Es tritt aber, ähnlich wie bei der Kartoffel lieferung, ein Interregnum ein. Da aber die Zigarren arbeiter nicht die Hände in Len Schoß legest und warten können, bis der Tabak verarbeitungsfähig ist, so ist die Entlastung der Arbeiter und die Schließung der Zigarren fabriken unvermeidlich. Aus Ersatzstoffen allein kann man keine rauchbaren Zigarren fertigen. Es hat sich gezeigt, daß bestimmte, gefetzlich zugelassene Streckungsmittel, wenn sie in geringem Prozentsatz dem Tabak zugesetzt werden, die Qualität zwar verringern, aber das Fabrikat nicht völlig verderben. Wo es aber an Tabak fehlt, kann vor; bescheidenen Zusätzen nicht mehr die Rede sein. Die Herstellung völlig ungenieß barer Schundsabrikate, wie sie in den letzten Monaten mehr und mehr von Winkelfabrikanten in den.Handel ge bracht wurden, wird Man den großen und namhaften deutschen Fabriken nicht zumuten. Im übrigen könnten derartige Erzeugnisse ja auch nur dem Zwecke dienen, dem Zigarrenraucher auch für die Zukunft das Rauchen ab- zugewöbnen. Dir Zigarre wird vielleicht nicht sofort völlig vom Markte verschwinden,. da sich noch große Vorräte in den Händen von Spekulanten, Schiebern und Ketrenhändlern befinden. Doch diese Fabrikate werden für gewöhnliche Sterbliche nicht erreichbar fein. So werden die Zigarren- räucher, die sich nicht dafür erwärmen können, Kräuter aus Ler Pfeife zu rauchen, zu der sehr kostspieligen Zigarette übergehen, die wenigstens noch aus 80 echtem Tabak besteht — bis dann wieder die Zigarre eine späte aber fröhliche Auferstehung feiert. politische Rundschau. Deutsches Reich. * Das Gerücht von einem bevorstehenden Zusammen tritt des Reichstages bestätigt sich nicht. Nach der Unterredung des Vizekanzlers v. Payer mit dem Staats sekretär des Auswärtigen Amtes v. Hintze wurde bereits festgestellt, daß die maßgebenden Stellen nicht eine vor zeitige Einberufung des Parlaments. beabsichtigen. Wenn jetzt das Gerücht erneut auftaucht, so kann es sich nur um die Wünsche gewisser parlamentarischer Persönlichkeiten handeln, deren Zahl nur klein und daher ohne Einfluß auf den Gang der Geschäfte ist. Damit erledigt sich auch die hier und da aufgetauchte Meldung, der Reichstag solle zu einem neuen deutschen Friedensangebot Stellung nehmen. Angesichts der Haltung unserer Feinde kann von einem solchen Angebot gegenwärtig nicht die Rede sein. Role Roten. Roman von H. Courths-Mahler. Iostas Tagebuch. 6«! , Als Graf Rainer sich entfernt hatte, um die Braui zu holen, trat Graf Henning unbemerkt in eine Fenster nische hinter einen Vorhang, so daß er den Blicken bei Anwesenden entzogen war. Das Blut wallte ihni jäk zum Herzen, als die Tür sich öffnete und Josta in Brautschmuck an Rainers Arm erschien. Seine Auger hefteten sich brennend und in stummer Qual auf das süße, blasse Gesicht der jungen Braut, die ernst uni still an der Seite ihres Verlobten schritt. Er biß du Zähne aufeinander und umkrampfte den Knauf seine» Degens, als müsse er ihn zerbrechen. Und nicht weit von ihm stand Gräfin Gerlinde nicht minder bleich als Henning. Sie allein-hatte ihr - in seinem Versteck gesehen, hatte in sein qimlentstellte- Gesicht geblickt. Aber jetzt, als sie Josta im Braut, schmuck neben Rainer sah, hatte sie nicht Ruhe genug Henning weiter zu beobachten. Sie mußte einen Mo ment die Augen schließen, als wollte sie nicht sehen was. nun geschah. Tiefes Schweigen herrschte in dem Festsaal wüh rend des feierlichen Aktes der gesetzlichen Eheschließung Weder Graf Henning noch Gräfin Gerlinde Ware: imstande, der feierlichen Handlung zu folgen. Sie hat ten beide alle Kraft nötig, sich nicht zu verraten. Sü schaute einige Male mit brennenden Blicken in Gra Hennings verstörtes Gesicht. Und dann flammte es jedesmal glühend auf in ihren Augen, wie in wilden Triumph. War sie jetzt auch machtlos — die Zukunf. würde ihr Waffen in die Hand geben, um ihr Ziel zu erreichen. , Und dann war es geschehen — vor dem Ge setz war Josta Gräfin Ramberg geworden. Am Arme ihres Gatten schritt sie durch die Reiher der Gäste. Die Fahrt nach der Schtoßkirche begann gleich daraus, und eine Stunde spater war auch die nrap liche Trauung zu Ende. Josta stand bleich und still ani Arme ihres Gatter und nahm an seiner Seite die Glückwünsche entgegen Auch Graf Henning mußte nun zu den Neu- vermählten treten. Aber er war nicht imstande, eir Wort zu sprechen. Stumm* mit krampfhaftem Druck umarmte er den Bruder, und dann beugte er sich mit blassem, zuckendem Gesicht über Iostas Hand und drückte sie an seine Lippen. Das junge Paar war zu sehr mit sich selbst beschäf tigt, um Hennings Wesen zu beobachten, und den an dern siel seine Ergriffenheit nicht auf. Nur Gräfin Gerlinde sah, daß er gleich daraus bleich wie ein'Sterbender wieder in die Fensternische wankte. Sie hatte freilich ihre Selbstbeherrschung nötig genug. Mit großen starren Augen sah sie Henninc einen Augenblick nach. Und dann richtete fie sich mit einem Ruck empor und trat ebenfalls an das Braut paar heran. Mit einem krampfhaften Druck zog sie Josta in ihre Arme, und ihre Lippen formten klang los einen Glückwunsch. Aber in ihrem Herzen brannte ein anderer Wunsch, und weil sie fürchtete, ihre Augen könnten sie verraten, sah sie an Josta vorbei. Als sie dann Rainer die Hand reichte, und dieser die Hand an die Lippen führte, gewann sie es über sich, einige Worte zu reden. „Lieber Vetter, du weißt, welche Wünsche für dich mein Herz bewegen. Ich werde beten, daß sie in Er, füllung gehen, "sagte sie Mit seltsam dunkler Stimme, Und noch einmal schloß sie dann Josta heftig in ihre Arme. „Auch für dich, Josta," stieß sie hervor. Dabei hätte sie fast mit dem Schleier den Kranz der Braut herabgerissen, und sie tat Josta so weh, daß diese instinktiv wie schutzsuchend nach Rainers Hand griff. Die Baronin Rittberg stand dicht neben der Brauj und bemerkte das. Sorglich und liebevoll, wie eine Mutter, rückte sie der Braut den Kranz wieder zyrecht und sagte einige Scherzworte. Aber später sagte sie zu ihrem Gatten: „Weißt du, Dieti, dis Gräfin Gerlinde hat ein Gesicht zum Fürchten gemacht, als sie die junge Frau in ihre Arme schloß." Und zum ersten Mal war ihr ein Zweifel ge kommen, ob ihr Gatte mit seiner Aversion gegen dis Gräfin nicht doch recht haben könnte. Der Baron brummte nur etwas in den Bart, und seine Gattin fuhr nachdenklich fort: „Am Ende ist sie doch böse auf die junge Grä fin Josta, weil diese nun ihren Platz in Ramberg einnehmen wird." Die Hochzsitsfeier nahm den üblichen Verlauf. E» fand eine große Tafel statt. Die Gemüter hatten sich etwas beruhigt, und es herrschte eine sehr heitere, animierte Stimmung. Gräfin Gerlinde hatte sich wieder in der Gewalt Sie sprühte förmlich vor Geist und guter Laune, und Niemand merkte ihr an, daß ihr Wesen unnatürlich und ihre Heiterkeit forciert war. Auch Graf Henning hatte sich mühsam in eine scheinbar lustige Stimmung hineiugcsteigert. Er hatte schnell einige Glas Wein getrunken und vermied es Josta anzusehen. Diese war still und in sich gekehrt. Auch Graf Rainer lüstete es große Ueberwindung, sich an der Unterhaltung zu beteiligen. Das Herz, war ihm so voll und schwer, wenn er auf seine blasse, junge Frau blickte, und eine große Unruhe war in ihm, ob es ihm gelingen würde, sie glücklich zu machen. Gräfin Gerlinde hgtte in diesen Wochen ihre Zeit gut genützt und hatte ihm wieder und wieder Zweifel und Sorgen ins Herz gestreut, immer unter der Maske sorgender, treuer Freundschaft. Als Graf Rainer heute seine Braut vor der Trauung in ihrem Zimmer abgeholt hatte, war er einen Moment fa»- iunaslos an der Tür stehen aebliebsn, von ihrem hol den Liebreiz bis ins Herz getroffen. (Fortsetzung folgt.)