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Persönlichkeit, nach langer schwerer Krankheit. — Ein hiesiger Gerichtsvollzieher, welcher wegen begangener Urkundenfälschung nach England geflüchtet war, wurde in London verhaftet und über Hamburg, dis wohin er von einem englischen Polizeibe- amten gebracht worden war, nach Dresden eingeliefert. — Im Hofe des Residenzschlosses werden etwa 700 Sänger des Julius, Otto-Bundes am Vorabende des Geburtstages des Königs eine Serenade darbringen. Es soll u. A. die Sachsenhymne »Stimmt an in hehren Weisen*, Dichtung von C. Bieber, Composition von Hugo Jüngst, gesungen werden. An die Serenode soll sich ein allgemeiner Sängercommers anschließen. — Im nahen Lausa sind in den letzten Tagen etwa 20 Zug und Lurushunde mit Strychnin vergiftet worden. — Da in der Umgebung von Dresden wiederum einige tolle Hunde an getroffen und unschädlich gemacht worden sind, hat die Behörde beschlossen, die Hundesperre bis zum 13. Juni zu verhängen. — In der Rietschelstraße ist ein 2^ Jahre alter Knabe aus der 4. Etage in den Hofraum gestürzt. Das Kind ist nach kurzer Zeit gestorben. - Dresden, 10. April. Der König-Albert-Hafen ist in Folge der Hochfluth am Eingänge unpassirbar. Die Weißeritz steigt in bedenklicher Weise. Da« Gehege, auf welchem da« Deutsche Bundesschießen abgehalten wird, ist total überfluthet. In Trachau ist der Bau des Fluthkanals völlig ersoffen, da man versäumt hatte, den Schieber an der »Post* zu schließen. Der Damm im Pieschener Hasen, in dem zahllose Schiffe unterge bracht worden sind, ist verschwunden. Da« Pionierbataillon hat das Pionierdepot »Pieschener Winkel* schleunigst abgebrochen. Der hiesige Schneiderstreik ist beendet. Dem Verlangen nach Lohnerhöhung haben die Meister nach Möglichkeit Rechnung getragen, aber auch erklärt, daß auf weitere Erhöhung oder auf weitergehende Bedingungen nicht eingegangen werden könne. — Eine Deputation de« Königlichen Stenographischen Institut« wird sich morgen zum Internationalen Stenographen-Congreß nach Rom begeben und erst am 23. April wieder hierher zurück- kehren. Die Herren Professoren Oppermann und Lehmann haben während dieser Zeit im Landtage für Stellvertretung zu sorgen. — Auf dem Trinitatisfriedhofe versuchte ein hiesiger älterer Einwohner durch Erhängen sich das Leben zu nehmen. — Am Großen Ostragehegc wurde am Montag Nachmittag der Leichnam einer unbekannten Frauensperson aus der Elbe gezogen. Die Tobte war 50 bis 60 Jahre alt und nur mit H-.md und Rock bekleidet. — Ein schwerer Schaden ist dem Baumeister Schreiber in Le üben bei Dresden durch das Hochwasser zugefügt worden Das auf seinem Lagerplätze in Zschiren aufgestapelte Lager holz im Werthe von 10000 Mark ist heute früh weggeschwemmt worden. — Cotta. In Folge eines schweren Unfalles ist am Freitag hier Herr Baumeister Karl Gottlieb Nitzsche gestorben. — Stetzsch. Einen fesselnden Anblick gewährt jetzt das Treibhaus des Herrn Kunst-und Hcndelsgärtner H. A. Boffenge hierselbst, wo die Ernte der Erdbeeren bereits seit 14 Tagen im Gange ist. Sämmtliche Pflanzen hängen voll der wohlschmeckenden rothen Früchte. Wir machen noch darauf aufmerksam, daß die Besichtigung ollen Gartenfreunden jeden Nachmittag ohne jeden Einkauf gestattet ist. Die Gärtnerei ist von Station Kemnitz in 15 Minuten zu erreichen. Die Erdbeeren sind sehr groß und dabei von gutem Geschmack. — Niederwartha. Die hiesige Bahnhaltestelle ist wegen Hochwassers, das den Zugang zu den Orten unmöglich macht, nach »Bude 7* (Wilhelmsburg) verlegt worden. Die Straße nach Wildberg ist theilweise überfluthet. — Meißen. Gestern Nachmittag gegen 5 Uhr trieb auf dem Elbstrom ein weiblicher Leichnam durch die Brücken. Der Umstand, daß der Kopf zerschmettert war, läßt der Ver- muthung auf einen Unglücksfall weiten Spielraum, wenn es auch nicht ausgeschlossen ist, daß die Zerschmetterung des Kopfes durch Anprallen des Leichnams am Brückenpfeiler oder durch sonstige harte Gegenstände herbeigeführt wurde. Am Winter hafen gelang es, den Leichnam den Fluthen zu entreißen. — Leipzig, 8. April. Großfeuer. Seit Jahren ist in Leipzig nicht ein in seinen Folgen so verhängnißvolles und entsetzliches Branounglück vorgekommen, wie das, welches sich gestern in der Celluloidsabrik von Engelmann und Richter, (Herr Georg Enaelmann ist ein Sohn unseres hochachtbaren Bürgers Privatus C. F. Engelmann hier), sowie in der Gutenberg- Druckerei von Barth, an der Glockenstroße bezw. Webergaffe belegen, ereignete. Die Katastrophe erforderte acht Menschenleben, sämmtliche der Verunglückten sind wegen des mit rasender Schnellig keit sich unter den leicht entzündbaren, explosiven Celluloidmafsen und den im Hause aufgestapelten Papiermengen verbreitenden Feuers erstickt bezw. bis zur Unkenntlichkeit verkohlt. Das Feuer brach Abends kurz nach 7 Uhr aus. Der 15jähr>ge Lehr ling Lassalle hatte im Keller, in dem Celluloid und Holzwolle lagerten, mit Kisten hantirt. Hierbei war die an einem Thür- pfvsten ausgehängte Petroleumlampe herabgerissen worden, ihr Ballon zersprang und das brennende Petroleum ergoß sich auf die Materialien. Alsbald stand nicht bloß der ganze Keller in Flammen, sondern im Nu wurde auch die hölzerne, bis ins vierte Obergeschoß führende einzige Treppe des Hauses von dem gefräßigen Element, das auf Schutt und Tritt die reichste Nahrung fand, ergriffen. Der im Obergeschoß befindliche Feuermann Däther rettete sich durch einen Sprung in den Hof, wobei er allerdings schwere Verletzungen davontrug. Die zu jener Zeit noch im Kontore anwesenden Personen, nämlich der 44jäynge Buchdruckereibesttzer Barth, dessen zwei Knaben Fritz und Werner Barth, der Werkführer Wust, die Buchhalterin Elitzsch und der 13jährige Knabe Thorau, der für seinen Vater Karten aus der Fabrik abholen wollte, sowie die Frau des Feuermanns Däther und ihr 6jähriges Pflegekind Bertha Silberregeu aus Buckau- Magdeburg wurden Opfer der Flammen. Nach zweistündiger, angestrengtester Thätigkeit der Feuerwehr, die mit drei Dampf spritzen arbeitete, war des Feuers Macht gebrochen. Der Material schaden ist sehr bedeutend. In dem Etage hoch gelegenen Lagerraum der 'Celluloidfablik von Engelmann und Richter be fanden sich Celluloidwaaren (Stäbe, Röhren, Platten) im Werthe von vielleicht 25,000 Mk. aufgestapelt, während in den im ersten Stockwerk befindlichen Arbeitssälen solch« im Werthe von 35,000 Mark lagen. Versichert sind die Vorräthe mit 42,000 Mark. Nach dem amtlichen Bericht über das Großfeuer in der Celluloid- waarensabrik von Engelmann und Richter in der Webcrgaffe traf die Feuermeldung um 7 Uhr 3 Min. auf der Feuerwache ein, um 7 Uhr 10 Min. war der erste Löschzug zur Stelle. Gegen 10 Uhr Abends war alle Gefahr beseitigt, und es konnte mit den AufräumungSarbeiten begonnen werden, die bis Sonntag Abend 6 Uhr dauerten. Ueber die Ursache de« Brandes ist noch zu berichten: Nach den Aussagen des Lehrlings Lassalle von der Firma Engelmann und Richter ist beim Aufstapeln von ca. 200 kleinen Kisten in einer direkt an der hölzernen Haustreppe liegenden Kellerabtheilung eine brennende Petroleumlampe mit Glasballon durch H-rabfallrn zertrümmert worden. DasPetrvleum ist berousgelaufen und in Brand gerathen und hat die im Keller und theilweise noch auf der Kellertreppe liegenden Kisten, Holz wolle und Celluloidabfälle in Brand gesetzt. Lassalle hatte noch die Geistesgegenwart, vom Keller noch dem 1. Obergeschoß zu lausen und dort im Kontor von dem Brande Mittheilung zu machen und dann durch den Feuermelder auf der Feuerwache Großfeuer zu melden; er Kat keine Brandwunden erlitten. Um gekommen sind acht Menschen, die jedenfalls nicht verbrannt, sondern gleich nach Ausbruch de« Feuer«, noch vor der Ankunft der Feuerwehr erstickt sind, da die Fenster nicht geöffnet waren. — Das »Leipz. Tagebl.* meldet hierzu noch, daß die Celluloid- waarenfabrik von Engelmann und Richter nach Plagwitz über siedeln und heute mit den RäumungSorbeiten beginnen wollte. — Zwickau, 10. April. Ein hiesiger kaufmännischer Agent hat sich durch Karbolsäure vergiftet. Der Tod trat sofort ein- — Verschwunden ist seit Freitag Abend die 19jährige Verkäuferin B. H. aus der Brunnenstraße. Man befürchtet, daß das sich des besten Rufes erfreuende Mädchen freiwillig aus dem Leben geschieden ist. Letzte Nachrichten. London. Die „Daily News" melden aus Pretoria unter dem 9. April. Amtlich wird hier bekannt gegeben, daß in einer neuen Schlacht südlich von Brandfort 600 Mann englische Truppen getödtet und verwundet und 800 gefangen genommen worden sind. „Daily Mail" meldet über Lourenzo Marques aus Brandfort unter dem 8. April. General Dewet schlug gestern die Engländer bei Mercatfontein, 600Mann wurden getödtet und' verwundet, 900 gefangen genommen und 12 Wagen erbeutet. Die Boeren hatten nur 5 Todte und 9 Verwundete. Unter dem gestrigen Tage wird dem „Daily Marl" aus Lourenzo Marques telegraphirt. Die hiesige nieder ländische Eisenbahngesellschaft behauptet, eine telegraphische Meldung über einen Boerensieg bei Kroonstadt erhalten zu haben, bei dem 900 Engländer gefangen genommen worden seien und die Boeren nur einen verfchwindeud kleinen Verlust gehabt hätten.