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MM, D WSM Hkarandt, Aossen, Sieöenleßn und die Mmgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Forstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberq, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Huhndorf, Kaulbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu- tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rohrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönbera mit Perne, Iachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach b?j Kesselsdon, Steinbach b. Moborn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30 Pf., durch die Po^ bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. - Jnserüonspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. No »8. Druck und Verlag von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. Sonnabeno, den U) Februar IWO 58. Iabrg. Ium Sonntage Septnagesimae. Philipper 4, 11: Ich habe gelernet, bei welchen ich bin, mir genügen zu lassen. Kannst du, lieber Leser, diesen kleinen Satz dem Apostel Paulus von Herzen nachsprechen? Bist du ein Mensch, der was die irdischen Verhältnisse angeht, allezeit und überall sich genügen läßt? Bist du einer, dem es gleich ist, ob er heute in seidenen Betten und morgen auf einem Strohsacke schläft, ob er heute mit Potentaten und Herren und morgen mit kleinen Leuten verkehrt, ob er heute an reicher Tafel speist und morgen ein Glas Milch und ein Leib Brot genießt? Wie selten sind solche Menschen in unseren Tagen, auch unter der Christenschaar! Zu friedenheit wird als Fluch der Menschheit, als Verderben des Volkes angesehen und bekämpft, während sie ein Zeichen wahrer Seelengröße ist. Mau lacht weidlich über Diogenes und seine Tonne, aber der alte Heide könnte manchem verweichlichten Christen eine gute Lehre geben und war zehnmal weiser als unsere modernen Volksbeglücker, die die Unzufriedenheit zur sozialen Tugend erhoben haben. Heute will fast Jeder über seinen Stand hinaus, und er reicht er es nicht, so sollen doch die Kinder es erreichen. Im Hause ist vielfach die Einfachheit der Sitten abhanden gekommen: Geselligkeit, Gastfreundschaft, Erholung wird nur geschätzt, wenn sie recht viel kosten. In den höchsten Ständen herrscht theilweise raffinirter Luxus: die Toiletten, die Mahlzeiten, die abendlichen Feste, die Somnierreisen verschlingen ungeheure Summen. Das ist kein Fortschritt, sondern eine Verschlechterung und Verschlimmerung unseres Volkslebens. Unsere Väter sind auch fröhlich gewesen und haben Feste gefeiert, aber sie waren genügsamer als wir. Wie viel Sünde und Elend hat in den Jahren seit 1870 die immer wachsende Genußsucht über Deutschland gebracht! Würden unsere Sitten einfacher und schlichter, so würden auch die sozialen Gefahren geringer. Die Christen, die doch ein Salz und ein Licht sein sollen für ihr Volk, müssen mit der Genügsamkeit den Anfang machen. Wir müssen lernen, uns genügen zu lassen, bei welchen wir sind. Wer freilich keine Ewigkeit und keinen Himmel vor sich hat, der wird immer versuchen, sich die Erde zum Himmel zu machen und der jederzeit so viel Genuß abzugewinnen, als es nur irgend möglich ist. Der Atheist, wenn er zugleich arm ist und in drücken den Verhältnissen lebt, wird zum Rebellen — das ist ganz natürlich und völlig verständlich. Den Christen aber weist seine Weltanschauung aus etwas anderes hin. Ver sagt ihm sein Gott Genüsse, vie er anderen gewährt, so bescheidet sich der Christ — er hat ja millionenfachen Er satz vor sich in den himmlischen Gütern. Gewährt ihm Gott auch irdischen Lebensgenuß (nur vom erlaubten ist die Rede), so überschätzt der Christ ihn nicht und hängt sein Herz nicht daran. Nimmt ihm Gott die Güter der Erde, so verzagt er nicht. Lasset euch geuügen, ihr Christen leute, seid zufrieden mit dem Maße, das euer himmlischer Vater euch zumißt. Dev Assakenhetinan. Von E. Heinrichs. Nachdruck verboten. I. Im südwestlichen Holstein liegt an dem Flüßchen Stil die kleine Stadl Itzehoe inmitten einer leichgesegneten Landschaft. Hier wohnte IM Jahre 1807 ein Senator und reicher Rentier, der sich Dierking nannte und, mit verschiedenen Ehrenämtern der Stadt bekleidet, ein bedeutendes Ansehen in der Stadt genoß. Dierkmg war von Geburt ein Däne und auf seine Vaterstadt Kopenhagen sehr stolz, weshalb er auch in seinem Sinne auf die Bewohner der Herzogthümer Schleswig-Holstein und speziell auf die Jtzehoeer mit einer Art Verachtung herabsah. Hielten sich doch vor neunzig Jahren die Bewohner jener H-rwathüMtr all-n Ecnttcs für wirkliche Dänen, trotz ihrer deutschen Sprache, an deren Ausrottung alle Kunstgriffe des >ist gen JnseloolkeS stets scheitelten, wie überall lag auch hier das Volksschulwften recht gründlich im Argen, von deutscher Sprache wurde wenig gelehrt, und, wo von Geschichte in der Vo.kekunde die Rede war, die dänische als die „vaterländische" ipezicll berücksichtigt. Herr D erk ng war also durchaus berechtigt, auf fein Voll- blutdänenthum dosfährtig zu sein, und man konnte ihm auch sicherlich eine auß-rordernluhe Schlauheit, welche jenem Volke durchweg eigen, nicht absprechen. Ec war vor ungefähr zwölf Jahren in ziemlich desolatem Zustande in Itzehoe angekommen, wo er eine Stellung in dem Komptoir des Rathsherrn und Kaufmann Ench gefunden und nach besten plötzlichem Tode die reiche Wittwe geheirathet hatte, waö man derselben damals eigentlich recht sehr v-rdacht hoben sollte. Nun waren zehn Jahre vergangen und Herr Dierking noch angesehener geworden, als es der verstorbene Erichs, den man einen Geizhals und Wucherer gerannt, jemals gewesen sein mochte. Aus der ersten Ehe lebte ein Sohn, der j tz> 20 Jahre alt war und für einen absonderlichen Taugenichts galt, was im Grunde kein Wunder war, da der Stiefvater ihn als Knoben bereits so bezeichnet hatte und der reiche Senator doch auch recht gaben mußte. Detlev Erichs hatte dos Gymnasium besucht, wo er mit den übrigen Schülern manchen übermütigen Knabenstreich voll- üdrt, sonst aber von allen Lehrern dos Zeugmß eines sehr Hellen V-rstandeS und löblichen Fleißes erhalten hatte. Nun befand er sich bereits seit zwei Jahren als Student der Medizin auf der Kieler Universität und mochte dort nach den Angaben des Stiefvaters wohl mehr den Fechtboden und die Kneipen, als die Kollegien fnquentir-n, w'IcheS Zeugniß ihm in den Augen der Jtzehoeer Spießbürger vollends den Stab biach. Die arme Mutter, welche den thöcichten Streich dieser zweiten Heirath theuer genug schon hatte büßen müssen, litt am meisten dabei, da ihr ganzes Herz an diesem einzigen Sohne hing. Nach dem Gesetze hätte ihm das väterliche Vermögen dereinst unverkürzt zusallen müssen, wenn sich nicht seltsamer Weise nach dem Tode des alten Erichs ein Testament vorg-- funden hätte, das in unantastbarer Form die Mutter zur un beschränkten Erbin der ganzen Hinterlas enschaft ernannte und den Sohn von der Gnade derselben völlig abhängig machte. Detlev hatte als zehnjähriger Knab, dieses Unglück nicht empfunden, erst später sollte cs ihm klar werden, worin die Eltern beide an ihm gesündigt und seine Zukunft dadurch in die Hände eines Mannes gelegt hatten, der ihm vom ersten Augenblick a» nur Hoß und Verfolgung gezeigt. An einem sonnigen Septembermorgen des JahreS 1807 saß Herr Dierking in seinem Wohnzimmer, mit der Lektüre eines Briefes, den der Postbote soeben nebst der Zeitung ge- brachr, eifrig beschäftigt. Der Inhalt dieses Briefes erschien ihm ein höchst erfreulicher, seine G-sichtszüge wurden mit jeder Zeile triumphirender, und als er ihn zum zweiten Male durch- studirte, als wolle er denselben seinem Gedächtnisse vollständig einplägen, da Nickte er zufrieden und brummte: „Nun bin ich den Taugenichts endlich los!" Da trat seine Gattin ins Zimmer, bleich und sorgenvoll; dieselbe schien ihrem kränklichen Aussehen nach mindest-ns zehn Jahre älter als der Gatte zu sein, welcher sich im vollen Be hagen einer angenehmen Existenz, der besten Gesundheit und eines jugendlichen Aussehens erfreute. Man konnte nicht behaupten, daß Herr Dierking die Frau, der er diese reiche und ehrenvolle Ex kenz verdankte, geradezu schlecht behandelte, im Gegentheil befl ißigte er sich einer fast zarten Aufmerksamkeit gegen sie, die sich in Gegenwart Dritter zu einer Art bräutlicher Zärtlichkeit steigerte, weshalb man sie auch allgemein als eine höchst glückliche Gattin pries und ihre zunehmende Schwermuth und Kränklichkeit auf Rechnung des ungerathenen Sohnes setzte. „Der Postbote sagte mir eben, er habe einen Brief aus Kiel gebracht," begann sie mit leiser Stimme, „halDttlev ge schrieben?" „Nein," versetzte er in bedauerndem Tone, „das Schreiben kommt von einem der Profissoren, ich weiß wirklich nicht, liebe Frau, ob Du auch gefaßt genug bist, den Inhalt desselben zu erfahren." „Mein Gott," rief j-ne leichenblaß und zitternd, „was ist geschehen — ist Detlev krankt" „Wollte der Hammel, er wäre nur krank," seufzte Dier king mit scheinbarer B-lrübniß, „nein, ich wage es nicht, Du darfst das Schreckliche nicht erfühlen." D e Frau hielt sich an einen Stuhl, sie sah aus wie eine Sterbende. „Siehst Du, meine arme Marie!" rief ihr Gatte, sich rasch erhebend und zu ihr tretend, um die Halbohnmächr ge nach dem Sopha zu geleiten, wo sie sich ächzend mederließ. „Wie die Angst D ch schon darnieder wirkt, es ist besser, daß der Inhalt des Briefes Dir verborgen bleist." „Ich will und muß es wissen," stöhnte sie, „nur die Un gewißheit tödtet mich." Dierking zuckte die Achseln und rieb sich die Hände, als wolle er dieselben in Unschuld waschen, worauf er das Schreiben vom Tische nahm, langsam entfaltete und las: „Mein hochverehrter Herr Senator! Eme traurige Pfl.cht zwingt mich, Ihnen Mittheilung zu machen, raß Jur H-rr Sohn, der Student der Medizin Detlev Erichs, d-n Sohn eines vornehmen dänischen Beamten im Duell tödtiich ver wundet und sich seiner Verhaftung durch die Flucht entzogen hat. ES ergeht daher an Sie, neben dieser höchst betrübenden Anzeige, sonach die Mahnung, zur Flucht des Schuldigen nicht behilflich zu sein, um nicht gleicher Strafe zu verfallen, viel mehr denselben, wenn er sich nach der Heimath gewandt haben oüte, dem zuständigen Gerichte überliesern ru wollen. Ich ergreife diese Gelegenheit, Ihnen meine herzliche Theilnahme und Hochachtung zu beweisen." W'e eine Bildsäule hörte die unglückliche Mutter zu, alles Leben schien in ihr erstorben zu sein. AlS Dierking den verhängnißvollen Brief wieder sorgfältig rusammenfaltete, und die Arme lauernd beobachtete, schreckte re plötzlich wie au« einem schweren Traum empor. „Du wirst ihn nicht verrathcn, Christian!" rief st-hände ringend. „Nun, ich hoffe zu einem solchen Schritte nicht gezwungen zu werden, meine Liebe. Detlev wird klug genug sein, die Heimath nicht aufzusuchen.' „Und wenn er es dennoch thun sollte, wie eine Ahnung mir sagt, sprich, Christian, würdest Du meinen Sohn dem Ge richte überliefern?" Herr Dierking zuckte die Achseln und machte ein bedenkliches Gesicht. „Soll ich das Zuchthaus mit Detlev theilen, meine Liebe?" fragte er nach einer Pause. Di-F»au blickte ihn starr an, — er mochte in diesem Blicke wohl etwas Seltsame« siegen, da Dierkmg die Augen senken mußte. „Gut, gut," flüsterte sie mit Anstrengung, „handele, wie Du es vor Gott und Deinem Gewissen verantworten kannst. Mein Tod ist nah, ich fühle, dieser Schlag ist die letzt» Strafe, welche Gott mir auferlegt. Ich werde noch heute zu meinem Beichtiger gehen, um in Frieden zu sterben und dort oben Gnade finden zu können." Herr Dierkings Antlitz wurde weiß wie der Schnee, ein unheimlich drohender Blick traf die Frau, eS schien, als wolle er sich auf sie stürzen, um sie mit seinen Händen zu erw .rgen. Doch war es nur ein vorübergehender Moment. „Du weißt, daß ich Dir Alles zu Liebe thue, Marie," sprach er mit süßlicher Stimme, „könnte ich dasselbe nur von Dir sagen!" „Wollte Gott, ich wäre nimmer schwach und nachgiebig gegen Dich gewesen," v rsetzte sie mit einem tiefen Seufzer. „Du bist ein Kind, weine Liebe," fuhr er ruhig kort, „die Angst um den ungerathenen Sohn verbittert Dir das Leben und