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2. Anlage zu M. 123 des Wochenblattes für Wilsdruß. Aurze Lhrsnik. „Das klatschsüchtige Koburg". Wegen Be- leidigung durch anonyme Briefe wurde ein Privatier in Koburg zu acht Tagen Gefängniß verurtheilt und sofort verhaftet. Der Staatsanwalt betonte bei seinem Straf antrage, daß Koburg wegen der dort herrschenden Klatsch- und Verleumdungssucht außerhalb nicht im besten Rufe stehe. Im Osten Londons erkrankte nach dem B. T. ein Mann an der Beulenpest. Er hatte mit aus Glasgow kommenden Packkörben zu thuu gehabt und auf Stroh, das aus ihnen entnommen war, geschlafen. In Glasgow ist der Stand der Pest unverändert. Ein Hundebad wird demnächst in München er öffnet und „mit allen Errungenschaften der Neuzeit" aus- geftattel werden. Es wird neben dem eigentlichen Bade raum auch einen Raum zum Trocknen und zum Scheeren erhalten. Auch ein besonderes Abtheil für hautleidende Hunde ist vorgesehen. Zu Proßnitz in Mähren stürzte ein großer Theil der Hauptfassade des tschechischen Gymnasiums auf die Straße hinab; 7 Personen wurden getödtet, lO verletzt. Die Verhandlungen gegen die Mitglieder der mace- donischeu Mörderbande werden Anfang nächsten Monats in Bukarest beginnen. Angeklagt sind 24 Personen, von denen sich 11 in Haft, 13 in Bulgarien befinden. Mit dem Könitzer Morde wird, wie der „B. L.-A." meldet,^ eine Verhaftung in Verbindung gebracht, die in Tilsit soeben bewirkt worden ist. Die Polizei nahm dort den Fleischergesellen Fritz Georg Falk fest, der unrichtige Legitimationspapiere führte und als seine Heimath fälsch lich Schleswig-Holstein angab. Als er während des Ver hörs gefragt wurde, ob er die Stadt Konitz kenne, erklärte er, dieser Ort sei ihm völlig unbekannt. Bei längerer Vernehmung wurde jedoch ermittelt, daß Falk zur Zeit der Winterschen Mordchat in Konitz ber dem Fleischer meister Hoffmann gearbeitet hat. Auch seine Angabe, daß er aus Schleswig-Holstein stamme, erwies sich als Lüge. Falk ist von Geburt Ostpreuße und in der Gegend von Stallupönen zu Hause. Er wurde als Untersuchungs- gefangener in das Gerichtsgefäugnjß zu Tilsit eingeliefert. Die dortige Polizei hat dann die Behörde in Konitz sofort von der Verhaftung des Falk telegraphisch in Kenntuiß gesetzt, um weitere Vernehmungen in dieser Angelegenheit herbeizuführen. — Konitz, 15. Okt. Die Staatsanwalt schaft hat von einem Revisionsantrage im Prozeß Speisiger Abstand genommen, Vaterländisches. Wilsdruff, 17. Oktober 1900. — Die letzte Gelegenheit, Weihnachtspacketemit der Feldpost nach China zu schicken, bietet der am 30. October von Bremerhaven abgehende Reichspostdampfer des Norddeutschen Lloyd, der am 17. December in Shang hai eiutrifft. Sendungen müssen baldigst zur Post ge geben werden, damit sie noch rechtzeitig die Sammelstelle für Feldpostpackete in Bremen erreichen. — Fischergasse, 16.Oktober. Durchgänger- Der 16 Jahre alte Markthelfer des hiesigen Kaufmanns M. hatte gestern Nachmittag den Auftrag, 460 Mk. nach Cölln zu besorge» und hierbei gleich verschiedene Waaren mitzu bringen. Der Bursche stellte aber nur den mitgenommenen Wagen in dem Hause, wo er die Zahlung leisten sollte, ein und verschwand mit dem Gelde. Bis heute ist er noch nicht ermittelt worden. Zu gleicher Zeit hat ein in einem hiesigen Weinrestaurant bediensteter Hausbursche sehr eilig seiue Dienstentlassung erbeten und seine Abmeldung be wirkt, so daß angenommen wird, daß die beiden Bürschchen miteinander in die Fremde gegangen sind. — Dresden, 15. Oct. Im 105. Lebensjahre ver starb gestern Vormittag hier Frau Rosa Abrahamsohn. — Der wegen Raubmords hier in der Mörderzelle ge fangen gehaltene 18jährige Otto Manus aus Lotzdorf hat dem Untersuchungsrichter die Thot eingestauden. Er er drosselte in der Nacht zum 7. October den 74 Jahre alten Gutsauszügler Geißler in Seifersdorf, bei dem er einige Jahre vorher gedient hatte und deshalb über das Ver- mögen des Geißler und die Verhältnisse in dessen Gut wohl unterrichtet war. Der Mörder wird bereits in der im November angesetzten Schwurgerichtsperiode abgeur- theilt werden. — Eine verhängnißvolle Luftballonfahrt unternahm am Sonntag der Luftschiffer Lische vou der Waldschlößchenterrasse aus. Bei stürmischem Wetter wagte dieser die Fahrt, erreichte eine Höhe vou 3000 Meter, wo er in einen Schneewirbel gerieth und bis in die Gegend von Bautzen getrieben wurde. Dort versuchte der Aöronaut beim Dorfe Semmichau zu landen. Obwohl die Bewohner von Semmichau ihm zu Hilse eilten, wurde doch der Ballon immer weiter unmittelbar über der Erde fortgetrieben, bis er endlich an einem Baumwipfel hängen blieb und in Stücke zerriß. Nur diesem Zufall verdankt Herr Lische sein Leben. Der Ballon wurde vollständig vernichtet. — Eine etwa 20 Jahre alte Frauensperson betrat gestern die Landungsbrücke an der Carlstraße, sprang in die Elbe und verschwand in den Wellen. Eine in den Sachen! vorgefundene Visitenkarte lautete auf den Namen Emma Zinke. — Wie nachstehend ersichtlich, werden die Angaben über die Entlarvung des „schlafenden Bremser Dietrich" aufrecht erhalten. Unter „Naußlitz" berichtet die „Weftd.- Ztg." Folgendes: Die Entlarvung des scheintodteu Brem sers Dietrich ist in vollem Umfange erfolgt, wie wir als Augenzeugen mit bestem Gewissen bestätigen können. Ein Jrrthnm in dieser Sache ist gänzlich ausgeschlossen. Alle anderen Nachrichten, selbst wenn sie aus angeblich ärztlicher Quelle stammen sollten, sind unrichtig. Wir heben hier bei hervor, daß diekolportirten Gerüchte, der Scheintodte habe das Weite gesucht oder sei bereits von der König!. Staatsanwaltschaft iuUutersuchungshaftgenommen worden, bestätigen sich natürlich nicht. Wie wir hören, wollen heute, Montag, Nachmittags, zwei Dresdner Aerzte dem Scheintodten einen Besuch abstatten. Die Entlarvung mag für Mauchen fatal sein, aber daran läßt sich nichts ändern. — Naußlitz, 16. Okt. Infolge einiger Zeitungs notizen, welche von intcressirter Seite stammen, sind wir gezwungen, wiederholt zu erklären, daß unsere Berichte über den „schlafenden Bremser Dietrich" voll und ganz der Wahrheit entsprechen. Vor allen Dingen müssen wir konstatireu, daß Dietrich nicht nur an der betreffenden Nähmaschine am Fenster gesessen hat, sondern auch direkt bei der Maschine stand, sich dann bückte, und sich am Weinen der Maschine zu schaffen machte. Dietrich ist auch nicht vom Fenster weggetragen worden, sondern er ist vom Stuhle selbst aufgestanden. Ja, man hat ihn sogar in der Stube umhergehen sehen. Das sind That- sachen, die nicht nur wir, sondern gleichzeitig noch vier andere glaubwürdige Personen deutlich gesehen haben! Wenn der Schwager des Dietrich in der „Sächsischen Ar beiter-Zeitung" behaupten läßt, unsere Meldung wäre unrichtig, so müssen wir uns ganz entschieden hiergegen verwahren. — Bei der kürzlich in Heynitz abgehaltenen öffent lichen Ballmusik kam es zwischen Polen und einem Mil- titzer Einwohner zu heftigem Streit. Da die entstandenen Streitigkeiten trotz aller gütlichen Versuche und allen Zu redens immer wieder fortgesetzt wurden, so mußte die Ballmusik vorzeitig beendet werden, worauf sich der Saal leerte. Eine Hochzeitsgesellschaft hatte in einer Nebenstubc des Saales Platz genommen, sich aber allen Ruhestörungen vollständig fern gehalten. Als das Publikum den Saal geräumt hatte, verließ auch diese den Gasthof, um sich nach Hause zu begeben. Kaum hatte man eine Strecke Weges zurückgelegt, so wurden die Hochzeitsgäße, wie d»S „Meißner