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RchMM fiir Ml'Hrufs Beilage zu Nr. 102. Donnerstag, den 30. August 1900. 1. der eheliche Vater; . . , 2. die bei der Niederkunft zugegen gewesene Hebamme; 3- der dabei zugegen gewesene Arzt; 4- jede andere dabei zugegen gewesene Person; 5. die Mutier, sobald sie dazu im Stande ist. Jedoch tritt die Verpflichtung der in der vorstehenden Reihenfolge später genannten Personen nur dann ein, wenn ein früher genannter Verpflichteter nicht vorhanden oder derselbe an der Erstattung der Anzeige verhindert ist. Zur Anzeige eines Sterbefalls, ^die spätestens am nächstfolgenden Wochentage bei dem Standesbeamten er folgen muß, ist der Familienvater verpflichtet und event. derjenige, in dessen Wohnung oder Behausung derSterbe- sall sich ereignet hat. In derselben Zeit mnß jeder, der cin neugeborenes Kind findet, Anzeige — und zwar bei oer Polizei — machen. Die Strafe für die unterlassene Anzeige beträgt 150 Mark oder Haft bis zu 6 Wochen. Im Vorstehenden konnten nur die hauptsächlichsten auf Strafgesetzen beruhenden Anzeigepflichteu berücksichtigt werden. Daneben verpflichten noch zahlreiche Polizei verordnungen zur Anzeige. Diese Verordnungen find jedoch nicht gleichmäßig, sondern den Verhältnissen der einzelnen Bezirke angepaßt. Kommt man den Anzeigevorschriften des Bürgerlichen Rechts nicht nach, so können keine Strafen, wohl aber andere Nachtheile eintreten. So geht nach 8 971 des neuen Bürgerlichen Gesetzbuchs der Finder seines Finder lohns verlustig, falls er nicht unverzüglich, d. h. ohne schuldhaftes Zögern dem Eigenthümer oder bei Sachen, die mehr als drei Mark Werth sind, der Polizeibehörde Anzeige gemacht hat. Die Nichterstattung der Anzeige ist straflos, wohl aber kann Bestrafung eintreten, falls aus der Unterlassung hervorgeht, daß man die fremde Sache sich hat rechtswidrig zueignen wollen. gewinnt, ist derselbe verlotterte und schnudelige, wie in der Chinesen- und Tatarenstadt. In dieser kaiserlichen Stadt nun wieder liegt die „Verbotene Stadt," auch die „Purpurne" genannt, um geben von einem 60 Fuß breiten Graben und einer 22 Fuß hohen mit Zinnen versehenen Mauer, auf deren vier Ecken sich je ein Pavillon erhebt; vier streng bewachte Thore, eins in jeder Himmelsrichtung, führen hinein, den l Haupteingang bildet das südliche, das „Thor der hohen halten. Durch dieses gelangt man auf einen Vorplatz und durch cin zweites hohes Thor auf einen weiten, ge pflasterten Hof, der durch das große Palais T'-as-ho-tien abgeschlossen wird, das den Thron- und Audienzsaal enthält, in welchem die Empfänge der fremden Gesandten rc. stattfinden und der Kaiser an seinem Geburts- und am Neujahrstage die Huldigungen der Prinzen und Großen entgegen nimmt. Es öffnet sich hinter diesem Palais — man darf bei dein Wort nicht an seine Bedeutung im europäischen Sinne denken — ein neuer Hof, der wiederum durch einen Palast seinen Abschluß hat; in diesem werden die religiösen Feierlichkeiten abgehalten. Es folgen dann in gerader Lrnie noch sechs Höfe mit verschiedenen Pa lästen, darunter der Privatpalast des Kaisers, ein Palast für die Ministerempfänge, ein Palast für die Hochzeits feierlichkeiten in der kaiserlichen Faniilie rc. Diese Reihe von Palästen und Höfen (etwa in der Anlage des Pa riser Louvre) sind auf der westlichen und östlichen Seite von hohen, von verschiedenen Thoren durchbrochenen Mauern eingeschlossen; jenseits der letzteren befinden sich viele andere Paläste, ss für die Kaiseriu-Wittwe und die Im Kaiserlich m Wing. Von Paul Lindenberg. (Nachdruck verboten.; Die schwerwiegenden Ereignisse in China lenken von Neuem die allgemeinste Aufmerksamkeit auf Peking und besonders auf jenen streng abgeschlossenen Theil der Stadt, in welchem sich das tragische Schicksal des bedauerns- werthesten aller Monarchen, des Kaisers Kwang-sü, ab spielt. Kaum bisher ist so eingehend und fesselnd jene engere „Kaiserstadt" im ungeheuren Peking geschildert worden, wie von Paul Lindenberg in seinem glänzend illustrirten Reisewerk „Um die Erde in Wort und Bild"*), das jetzt im Vordergründe des Interesses steht und unseren Lesern dringend zur Anschaffung empfohlen werden kann. Wir entnehmen mit Erlaubniß der Verlagsbuchhandlung dem anziehenden Buche nachstehenden Abschnitt. Wenn man von der Chinesenstadt durch das wuchtige Himmelsthor in die Tatarenstadt gelangt, steht^nau fast unnnttelbar vor dem Eingänge zur kaiserlichen Stadt, die nach der Farbe der Tempel- und Palastdächer die „gelbe" genannt wird. Ein recht wüster, sandiger Vorplatz wird von einem schwerfällig gebauten, niederen, mit drei Ein gängen versehenen Thor abgeschlossen, dessen Bedachung aus gelbglafirten Ziegeln besteht — durch dieses Thor, das südliche, nimmt nur der Kaiser seinen Weg, es ist sonst stets streng verschlossen, während die anderen drei Thore (das nördliche, östliche und westliche) tagsüber ge öffnet sind und man durch sie ungehindert einzelne Theile dieser kaiserlichen Stadt betreten kann. Letztere wurde, gleichzeitig mit der Tatarenstadt (die erst später diesen ihren Namen und ihre Bedeutung erhielt), vom Kaiser Jouug-lo (1406-1437) aus der Ming-Dynastie angelegt;' ihre 16 Fuß hohen und 6 Fuß starken Mauern um schließen .sie in einer Ausdehnung von über zehn Kilo metern, und sie birgt neben zwei Pagoden und vielen Palästen hoher Beamter noch Tempel, Klöster, Ministerial gebäude, den künstlich aufgeschütteten „Kohlenhügel" (der aus Kvhleu gebildet worden sein soll, damit der Stadt bei einer Belagerung nicht die Feuerung fehle!) und einen von Gärten umrahmten See, über den eine Marmorbrücke führt. Früher mag diese Stadt nur den kaiserlichen Be amten rc. zum Aufenthalt gedient haben, heute ergießt sich durch verschiedene ihrer bewohnten Theile (der Kohlen hügel und die ihn umgebenden Park-Anlagen sind streng abgesperrl) rastloser Verkehr, und der Eindruck, den man Auf den Monat September werden Bestellungen auf das .KOMM für Möniff eil.' mit,,landwirthschaftl. und illnftrirter, 8seitiger Ssnntagsbeilage mit rNo-cnbeikage", sowie „ZiehungLlistenderAgl.Sächs Landerlstterie" für die Stadt Wilsdruff bei unterzeichneter Geschäftsstelle zu 44 pfg-, für auswärts bei allen Kaiser!. Postämtern und Landbriefträgern zu 34 pfg angenommen. Geschäftsstelle des Amis- und Wochenblattes für Wilsdruff. Was muß man den Behörden beiZtrafe anzeigen ? Muß man insbesondere begangene Verbrechen anzeigen? Von Dr. jur. Ketschendorf. Nachdruck verboten. Eine Anzeigepflicht für begangene Verbrechen besteht nach geltendem Rechte nicht mehr. Selbstverständlich gilt dieser Satz nicht für Beamte, die kraft ihres Amtes die Pflicht haben, strafbaren Handlungen nachzuforschen und zu ihrer gerichtlichen Ahndung milznwirken. Dagegen besteht eine gesetzliche Pflicht, gewisse, be sonders schwere Verbrechen anzuzeigen, wenn man von ihrem Vorhaben zu einer Zeit, in welcher die Verhütung des Verbrechens möglich ist, glaubhafte Kenntniß erhält und es unterläßt, hiervon der Behörde oder der durch das Verbrechen bedrohten Person zur rechten Zeit Anzeige zu machen. Wird das Verbrechen oderein strafbarer Versuch desselben begangen, so wird man mit Gefängniß von einem Tage bis zu fünf Jahren bestraft. Diese Verbrechen sind nach 8 139 unseres Reichs-Strafgesetzbuches: Hochverrats Landesverrath, Münzverbrechen, Mord, Raub, Menschen raub oder ein gemeingefährliches Verbrechen, wie Brand stiftung, Ueberschwemmung, Gefährdung eines Eisenbahn transportes u. s. w. Die gleiche Bestrafung tritt nach § 13 des Neichs- gesetzes vom 9. Juni 1884 gegen den verbrecherischen und gemeingefährlich n Gebrauch von Sprengstoffen (Spreug- stoffgesetz) ein, wenn man unter den gleichen Voraussetzungen gewisse Sprengstoffverbrecheu nicht anzeigt. Ferner besteht die Anzeiaepflicht nach dem Reichsgesetz vom 3. Juli 1893 auch hinsichtlich gewisser Spionageverbrechen. Während man bei Unterlassung dieser Anzeigen in das Gefängniß wandert, giebt es noch eine Reihe von Fällen, die mehr in das Gebiet des Polizeistrafrechtes fallen, wo also regelmäßig nnr eine Geldstrafe angedroht wird. So besteht eine Anzeigepflicht bei Ausbruch von Thierseuweu für den Besitzer von Hausthieren oder dessen Vertreter, sür Thierärzte und Abdecker nach 8 9 des Ge setzes, betreffend die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen vom 23. Juni 1880, ebenso ist beim Auf treten der Reblaus der Eigeuthümcr oder Nutzungsberechtigte des Grundstücks, auf dem sich die Reblaus zeigt, zur An zeige verpflichtet gemäß 8 8 des Reichsgesetzes vom 3. Juli 1883 betreffend die Abwehr und Unterdrückung der Reb- *) Berlin. Ferd. Dümmlers Verlag. 2 eleg. gebund. Bände mit 542 Illustrationen, 16 Mk. Jederzeit auch in Lieferungen zu beziehen, ä Lieferung 30 Pf. lauskrankheit. Diese Pflichten werden nur für die speziell davon berührten Kreise Interesse haben, wie die Vorschriften der Gewerbeordnung über Anzeigepflicht bei Beginn eines Ge werbes oder bei Beschäftigung jugendlicher Arbeiter oder der Anzeigepflichteu sür Brauende in Gemäßheit des Ge setzes vom 31. Mai 1872 wegen Erhebung der Braufteuer, n. s. w. Dagegen kann Jedermann in die Lage kommen,! Lauterkeit," vor welchem zwei granitne Löwen die Wache zur Anzeige der Geburt eiues Kindes bei dem Standes- ----- -- --- -- ---- beamten gesetzlich verpflichtet zu sein. Nach 8 18 des Personeustandgesetzes vom 6. Februar 1875 sind nämlich folgende Personen innerhalb einer Woche — bei Todt- geborenen spätestens am folgenden Tage — hierzu ver pflichtet: Gemahlin des Kaisers, für die Nebenfrauen des letzteren, dann die Wohnstätten der Eunuchen, der Diener, der Garden, ferner Theater, Lazarette, die Aufbewahrungs hallen der Seiden- und Pelzsachen, der Kleider- und Thee- wie Medizin-Vorräthe, das kaiserliche Schatzamt, schließlich Gärten, in denen sich der den Ahnen des Kaisers geweihte sowie der für die Anbetung der Erd- und Himmelsgeister bestimmte Tempel erhebt. Die eigentlichen Parkanlagen und Lustgärten liegen hinter der verbotenen Stadt, und zwar stößt man, wenn man letztere durch das nördliche Thor verläßt, zunächst auf den obenerwähnten „Kohlenhügel," der etwa 70 Meter hoch ist und einen Umfang von nahe 1200 Metern hat; an seinem Fuße liegt ein kleinerer Palast und auf seinem Gipfel erheben sich fünf Pavillons, die theils mit gelben, theils mit grünen und blauen Ziegeln bedeckt sind und in deren jedem eine Buddha-Figur steht, denen der Kaiser zu bestimmten Jahreszeiten seine Verehrung erweist. An der nordöstlichen Seite des Hügels bemerkt man den Baum, an welchem sich Kaiser Tsung-chang 1644 erhängte, als die Empörer in Peking eindrangen; dieser Baum, eine Akazie, ist noch heute in Ketten gelegt! Nahe dem Kohlenhügel erstrecken sich sehr hübsche Gartenanlagen, seit Jahrhunderten schon bestehend; hier ragt ein zweiter künstlicher Hügel empor, von einem aus weißen Marmor errichteten, nischenartigen Bau gekrönt, der e ne kunstvolle Buddha-Figur aus glasirtem Thon birgt; der Hügel ist bedeckt mit zierlichen Pavillons, die zum Theil durch Brücken miteinander verbunden sind. In den ausgedehnten Parkanlagen finden wir drei künstliche Teiche, die an 3700 Meter lang sind; der mittelste wird überspannt von einer weißen Marmorbrücke, an deren Zugängen sich drei- theilige Ehrenpforten erheben. Tempel, Pagoden, Pa villons und verschiedene Palais liegen in diesen Gürten zerstreut, einer der Paläste, der noch aus der Zeit der Ming-Kaiser stammt, dient der Kaiserin Regentin zum Wohnsitz, in einem anderen werden die Prinzen und die Gesandten der tributpflichtigen Völker empfangen, dort werden auch beim Besuche Pekings die mongolischen Fürsten bewirthet. Der Kaiser bewohnt den gleichen Palast (Nang-Hsten- tien), der schon von seinen Vorfahren seit Gründung der Dynastie benutzt wurde. Die Mitte des Palais nimmt der Sprechsaal ein, in den man von dem Hofe aus wie von den beiden Seitenflügeln durch hohe, holzgeschnitzte Thüren gelangt, die im Winter durch gestickte Damast- Teppiche, im Sommer durch seitene Portieren verhängt sind. Der Thronsessel ist mit gelber Seite überzogen, reiche Stickereien weisen den fünfklauigen Drachen und den Phönix — die Sinnbilder der kaiserlichen Gewalt — auf; europäische Teppiche bedecken den Fußboden, an den Wänden ziehen sich zwei Fuß hohe gemauerte Bänke hin, die mit weichen Decken versehen sind. Nahe dem Thronsaal liegen die Zimmer des Kaisers, mit allerhand Werkendes chinesischen Kunstgewerbes und werthvollen europäischen Erzeugnissen an gefüllt, holzaeschnitzte Möbel, seidene Vorhänge, Damast teppiche rc. bilden die weitere Ausschmückung; die Wände sind gefirnist, die Decken mit bunten Einlagen versehen. In dem Schlafgemach steht die große, geschnitzte, mitGold- und Elsenbeineinlagen verzierte Bettstelle, in der Tigerfelle die Matratze ersetzen; die Decken weisen reichste Drachen stickereien auf. Der Eintritt in den Palast ist auf das Strengste verboten; wer in und nahe demselben gefunden wird, ohne Erlaubniß dazu zu haben, wird erdrosselt, die Diener, welche nicht Obacht gegeben, werden schwer bestraft. Selbst die hohen Beamten dürfen nicht das Innere be treten, falls sie nicht Dienst dazu befugt; wer ohne Ge nehmigung in den kaiserlichen Gärten angetroffen wird, erhält' hundert Stockhiebe und wird auf längere oder kürzere Zeit verbannt. In dieser Palaststadt nun verlebt der Kaiser von China seine Tage in geheimnißvoller Abgeschlossenheit, hier führt er seine goldene Gefangenschaft bis zum Ende seiner Tage, eingeengt durch tausende von Vorschriften, seine Stunden, Tage, Monate, Jahre ausfüllend durch die genaue Befolgung zahlloser Ceremonieen, abgeschlossen von seinem Volke, nichts sehend und hörend von dem wirklichen Leben da draußen, nicht theilnehmend an den Freuden und Leiden seiner Unterthanen — armer Kaiser von China! „Dem Sohn des Himmels gehört alles, was unter dem Himmel ist!" heißt es in einen; chinesischen Sprichwort, ach, und der edelsten und befriedigendsten Lebensgenüsse ermangelt er, dieser beklageuswerthe Herrscher, der, als er versuchte, selbstständig zu herrschen und sein Volk nach seiner Ansicht glücklich zu machen, sofort noch strenger als bisher eingeengt und eingeschlossen wurde, — in seinen Gärten kann er umherspazieren, den Gottheiten darf er opfern, aber den wahren Pulsschlag des Lebens wird er kaum noch spüren, bis er eines Tages still verschwunden ist, eingegangen zu seinen Ahnen! — Der tägliche Lebenslauf des Kaisers ist streng geregelt; er erhebt sich zu frühester Stunde, wohnt von 3—4 Uhr morgens den Sitzungen des Geheimen Rathes bei (sie werden wohl nicht täglich stattfinden!), vollbringt seine Gebete und Opferungen, nimmt um 9 Uhr sein Frühstück und um 5 Uhr Abends seine Hauptmahlzeit ein, letzterer wie dem Frühstück wohnen stets zwei Aerzte, (der unglück liche Mann soll 15 Leibärzte, die unter einem besonderen