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TO sowie für das Königliche Sonnabend den 24. Angust 19L8 ! 77. Jahrg Der amtliche Teil befindet sich aus der 4 Seite und Umgegend. Erscheint seit dem Jahre ^842. Anonyme Zuschriften bleiben unberücksichtigt. / Berliner'Nertretung: Berlin GW. 4S. für die Königliche Amishaupimannschast Meißen, für das Alle Postanffalien, Postboten sowie unsere Austräger und Geschäftsstelle nebmen jederzeit Bestellungen entgegen. / Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgendwelcher Störungen der Betriebe der Zeitungen, der Lieferanten oder der Beförderungseinrichtungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rückzahlung des Bezugspreises. 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Auf den Gebieten der Industrie und des Handwerks wird sich der Wiederaufbau — das läßt sich nicht ver kennen — außerordentlich schwierig gestalten. Während man in der Landwirtschaft einfach die staatliche Reglementierung immer weiter zurücktreten zu lassen braucht, um zur Privatwirtschaft zu gelangen, gilt es für Industrie und Handwerk «inen förmlichen Neubau oorzu- nehmen, bei dem die helfende und stützende Hand des Staates auf lange Zeit nicht wird entbehrt werden können. Beim Ausbruch des Krieges mußten die in dustriellen Werke ihre Tätigkeit nach den Bedürf nissen der Kriegführung einrichten. Zu diesem Zweck war in den meisten Fällen ein innerer Um bau, die Beschaffung anderer Maschinen und Ein richtungen erforderlich. Denn Betriebe, die im Frieden beispielsweise Blechbüchsen hergestellt hatten, mußten jetzt rrtilleristisches Material anfertigen. Schließlich kam es ioweit, daß man nur noch die größten und leistungs fähigsten Werke selbständig arbeiten ließ, di- schwächeren zusammenlegte und kriegsunwichtige Betriebe, die fchwer auf die Kriegswirtschaft umzustellen waren, überhaupt schloß. Auf diese Weise verloren zahl reiche Existenzen ihre wirtschaftliche Selbständig keit. Die wenigen Betriebe aber, die bestehen blieben, konnten infolge der Heeresaufträge ungeheure Rewinne erzielen, und von diesen wenigen Großen wird in der Übergangszeit ein Teil der Gefahren ausgehen, bie unserem gewerblichen Leben nach dem Kriege drohen. Daher wird es sich als unbedingte Notwendigkeit er weisen, daß der Staat in der Übergangszeit hier nicht als Zuschauer beiseite steht. Es ergibt sich somit die eigenartige Lage, daß während auf den übrigen Gebieten der Volkswirtschaft ein allmähliches Zurücktreten des Staates zur Friedenswirtschaft führen wird, auf dem Ge biete der Industrie und des Handwerks der Staat noch lange wird regulierend tätig sein müssen. Die großen industriellen Betriebe, die während des Krieges ungemein erstarken konnten, fordern naturgemäß beim Aufhören des Krieges auch ein sofortiges Aufhören der staatlichen Reglementierung, damit sie dann beim Hereinströmen der ausländischen Rohstoffe mit ihren reichen Mitteln sich eindecken und sich den Wettbewerb der kleineren Betriebe von vornherein fernhalten können. Da bei ihnen der Preis der Rohstoffe keine Rolle spielt, würden sie diesen so in die Höhe treiben, daß schwächere Betriebe gar nicht in der Lage wären, sich mit Rohstoffen zu ver sehen. Die Folge davon wäre auf der einen Seite ein Verschwinden des gewerblichen Mittelstandes, ruf der anderen Seite die Machterweiterung einiger weniger Großkapitalisten. Wir würden bald zu amerikanischen Zuständen gelangen, wo Kapitalismus und Proletariertum sich unvermittelt, durch eine ungeheuri Kluft voneinander getrennt, gegenüberstehen. Darum muß ruf industriellem Gebiet gefordert werden, daß der Staat sich bei Kriegsschluß nicht sofort zurückzieht, vielmehr bei der Verkeilung der Rovstoffe ausgleichend nutwirkt. Ma« wird sogar erwarten dürfen, daß gerade diejenigen Werke bei der Zuteilung der Rohstoffe in erster Linie berück sichtigt werden, die während des Ltzkieges am meisten dar- Niederlagen. Mit der Zuweisung der Rohstoffe aber ist es noch nicht getan; die meisten Kleinbetriebe und Handwerker werden gar nicht in der Lage sein, die Rohstoffe zu be zahlen, sie werden auch nur in wenigen Fällen die kost spieligen Umbauten vornehmen können, die infolge der Stillegungen und Zusammenlegungen nötig geworden sind. Da wird der Staat auch in weitgehendem Maße mit finanziellen Mitteln helfend eingreifen müssen. Wenn nun aber auch die Zuteilung der Rohstoffe ge regelt und die finanzielle Hilfe des Staates gewährleistet ist, so bleibt den gewerblichen Betrieben, die während des Krieges stark gelitten haben, doch immer noch viel saure Mühe übrig. Da ist die Wiedergewinnung des zerstörten Kundenkreises, die wohl mit am schwersten wiegen wird; denn Rohstoffe, Maschinen und Arbeitskräft« werden nach dem Kriege für Geld vielleicht wieder zu haben sein, der Abnehmerkreis aber, der Grundstein für die gewerblichen Existenzen, kann erst durch eine lang« and mühevolle Arbeit wiedergewonnen werden. Dies« Umstände beweisen zur Genüge, mit welchen Schwierig keiten der Wiederaufbau (die Übergangswirtschaft) des ge werblichen Mittelstandes verknüpft ist. Die größt« Schwierigkeit aber haben wir auch noch nicht einmal an deutungsweise gestreift, sondern gleichsam als selbstver ständlich überwunden betrachtet. Das ist die Frag« der Beschaffung der Rohstoffe. Unsere Feinde haben bekanntlich nach dem Waffenkriege den Wirtschafts- W ImWichseW krieg angekündigt, der die Zurückhaltung aller anslanoumer Rohstoffe bedeutet, die unsere Industrie vor dem Krieg« rinführte. Solange die Einfuhr dieser Rohstoffe im Kriedensvertrage nicht gesichert ist, ruhen alle Maß- nahmen zum Wiederaufbau unserer-Industrie und unseres Handels auf unsicherem Grunde. Weil wir noch nicht wissen, wie der Krieg ausgehen wird, können auf dieser Sebieten auch noch keine festen Richtlinien aufgestellt -werden. ' Alle hier gestreiften Schwierigkeiten aber müsser überwunden werden, denn eine starke Industrie ist eir Lebensbedürfnis des Deutschen Reiches, und ein selb ständiger Mittelstand gehört zu den festesten Stützen del nationalen Wirtschaft, zu den besten Trägern des Staats- zedankens. Ihre Erhaltung ist ein Gebot der Selbst- «rhaltung des Staates. Zwischen Oise und Aisne. Vergebliche Massenangriffe des Feindes. Mit jener Staffeltaktik, die Marschall Foch als Theoretiker des Krieges für den Angriff als allein erfolg versprechend pries, setzt er seine Anstürme zwischen Oise und Aisne ungeachtet seiner schweren Verluste fort. Die kurze Zeitsolge, in der General Foch einen Großkampf dem anderen folgen läßt, scheint immer mehr darauf hin zudeuten, daß der Verbands-Generalissimus ungeachtet aller Opfer die Waffenentscheidung, koste es was es wolle, herbeizuführen sucht. Nachdem die seit Tagen sich unausgesetzt wiederholenden Angriffe des Feindes beiderseits der Avre unter schweren Verlusten vor der deutschen Verteidigungsfront zurückgeprallt waren, schritt der französische Führer am 21. zu dem von uns erwarteter, neuen Angriff zwischen Oise und Aisne. Hier hatten di« starken französischen Angriffe des 18. und 19. August günstige Vorbedingungen für den neuen großangelegten Angriff schaffen sollen. Um 7 Uhr morgens begann der wiederum von allen Kampfmitteln unterstützte Angriff, der diesmal mit weitgesteckten strategischen Zielen an der Bruchstelle der deutschen Front durch energischen Flankenstoß den Durchbruch erzwingen sollte. Doch auch diesmal blieb trotz sorgsamster Vorbereitung dem feindlichen Führer der Erfolg versagt. Die jetzt bei Arras vorbrechende englische Offensive, die ebenfalls unter schweren Verlusten des Gegners scheiterte, mußte von uns erwartet werden, da Frankreich nicht in der Lage ist, fortgesetzt die schwersten Blutopfer bringen zu können. Ist man doch im ganzen Volke der Meinung, daß die Aushebung des Jahrganges 1920 das letzte ist, was das Land für die Verbandsziele zu opfern Mig Meilers noch m der Lage ist. iüer größte Teil der öffentlicher! Meinung hat gerade aus dieser Einberufung der jungeü Rekruten einen Schluß auf den Ernst der Lage gezogen^ Diese Einberufung hat es jedem klargemacht, daß die Ziffern über die amerikanische Hilfe phantastisch waren und daß Frankreich voraussichtlich bis zum End« des Krieges weiter bluten muß. Der „Homme Libres macht das Geständnis, daß die Amerikaner, die an der Marne und m Lothringen in den französischen Reihen kämpfen, dies gewissermaßen nur zu ihrer Ausbildung getan haben und zum Zwecke der moralischen Wirkung auf die übrigen Truppen des Verbandes. Unter diesen Umstanden wird es Herrn Clemenceau wenig nützen, daß er durch seine Zensur jede Friedenserörterung in der Presse und jede Kritik an der allgemeinen Politik scharf unterdrückt. Sie wird um so sicherer kommen, je mehr man in Frankreich erkennt, daß alle Blutopfer vergeblich find, daß sich die deutsche Mauer nicht durchbrechen läßt. Die Erkrankung Ser Kaiserin. Kassel, 22. August. Die Kaiserin ist auf Schloß Wilhelmshöhe erkrankt und muß das Bett hüten. Wenn nun auch glücklicher weise heute schon zu hoffen ist. daß die Krankheit ohne bleibende Folgen sein wird, so werden die Gedanken aller die Kaiserin doch um so tiefer mitfühlend suchen, wenn sie wissen, daß die hohe Frau sich ihr Leiden, eine tiefe, bis zur Erschöpfung gesteigerte Ermüdung, im Liebesdienst ihrer unermüdlichen Kriegssürsorge zuge- zogen hat. Der Kaiser hat seinen Aufenthalt im Hauptquartier, wo der Monarch seit dem Frühjahr weilt, unterbrochen, um solange, bis die Kaiserin Erholung gefunden hat, um sie zu sein, zumal die Söhne dienstlich verhindert sind, nach Wilhelmshöhe zu kommen. * Das deutsche Volk weiß, wie rastlos die Kaiserin in den vier abgelaufenen Kriegsjahren auf allen Gebieten der Kriegsfürsorge und Kriegswohlfahrl tätig gewesen ist. Es gibt in der Reichshauptstadt kauni ein Lazarett, das die hohe Frau nicht persönlich aufgesucht, kaum eine KriegswohlfahrtL- stelle, um deren Ausbau und Förderung sie sich nicht persönlich gekümmert hätte. Fürsorge für Notleidende, für Kriegs witwen und Kriegswaisen, für Verwundete und Kriegs beschädigte, alles ließ sich die Kaiserin dauernd angelegen sein. Und dabei hat sie mehr vielleicht als jede andere deutsche Frau, die Ereignisse an allen Fronten miterlebt und sich um das Wohl der Söhne gebangt. Unter dem Allzuviel ist sie nun zusammengebrochen. Das ganze deutsche Volk aber ist mit seinen Wünschen bei der hohen Kranken, die, wie die Ärzte bestimmt hoffen, in wenigen Wochen wiederhergestellt sein wird. Verfaffungsfeier in Baden. Prinz Mar über die große Menschheitsgemeinschaft. Karlsruhe, 22. August. Das hundertjährige Bestehen der Verfassung wurde im ganzen Großherzogtum heute in festlicher, wenn auch dem Ernst der Zeit angemessener Weise begangen. Überall fand in den Kirchen Gottesdienst statt, in unserer Residenz in der Schloßkirche und in der katholischen Stadtpfarrkirche. Die wichtigste Veranstaltung spielte sich in der Ersten Kammer als gemeinsame Sitzung beider Landesstände ab. Großherzog Karl und Großherzogin Luise waren zugegen und Prinz Max von Baden, der Präsident der Ersten Kammer, richtete eine längere bemerkenswerte Ansprache an den Grobherzog. Die Rede des Prinzen Max würdigte zunächst die Entwicklung, die das Land Vaden seit dem Erlaß der Verfassung von 1818 genommen hat und entwickelte dann Gedanken über den -.etzigen Krieg und er die Zukunftsaussichten des Reiches. Der Prinz sagte a.: Die Verfassung Deutschlands ermöglicht uns die Selbst besinnung; wir find nicht gezwungen, in jeder vorüber gehenden Aufwallung der Volksleidenschaft, in jedem Auf- und Niederschwanken der Stimmung eine unfriedliche Often- barung des Volkswillens zu sehen, der wir unser Gewißen zuin Opfer zu bringen haben. Mobherrschaft, Lynchjustiz, Boykott andersdenkender, Pogrome gegen Fremde und wie die despotischen Gewohnheiten der westlichen Demokratien alle beißen mögen, werden hoffentlich unserem Wesen immer so fremd bleiben wie unserer Sprache ... . In jahrhundertelangem Bruderzwist batten wir die Periode der Unduldsamkeit durchzukämvfen und zu über winden. Die Schlichtung der inneren staatlichen und religiösen Gegensätze in Deutschland ist im kleinen eine ge .ige Vorbereitung für eine Zusammenarbeit der