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Zweites Blatt. WtllM sm NlÄW Tharandt, Aossen, Sieöentehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Rgl. Amtshauptmannschaft Aleißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrach zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Zorstrentamt zu Tharandt. Lokalblatt für Wilsdruff, Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, Burkhardtswalde, Groitzsch, Grumbach, Gruud bei Mohorn, Helbigsdorf, Herzogswalde mit Landberg, Hühndorf, Kausbach, Kesselsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Munzig, Neukirchen, Neu tanneberg, Niederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Rshrsdorf bei Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönbera mit Perne, Sachsdon Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Kesselsdorf, Steinbach b. Mohorn, Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, Weistropp, Wildberg. Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. — Bezugspreis vierteljährlich 1 Mk. 30' Pf., durch die Pog bezogen 1 Mk. 55 Pf. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens Mittags 12 Uhr angenommen. — Jnsertionspreis 10 Pfg. pro viergespaltene Corpuszeile. Druck und Vcrlaq von Martin Berger in Wilsdruff. — Verantwortlich für die Redaktion Martin Berger daselbst. No. 124. Sonnabend, den 2V. Oktober IWO. S8. Jahrg. Ium ly» Sonntage nach Trinitatis. 1. Thessalon. 5, 14: Tröstet die Kleinmiithigen. In der jungen Gemeinde zu Thessalonich gab es Leute, die angesichts einer Todtenbahre, eines Grabes leicht den Muth verloren. Ist es wirklich wahr, daß es ein Leben nach dem Tode giebt? Werden wir unsere Entschlafenen Wiedersehen? Diese und ähnliche Fragen tauchten bei jedem neuen Stcrbefalle auf und machten die Leute traurig. Da sagt nun Paulus den Mulhigen zu Thessalonich: Tröstet die Kleinmiithigen! Tröstet sie mit dem Worte, das ich euch zugerufen habe: „So wir glauben, daß Jesus ge storben und auferstanden lst, also wird Gott auch, die da entschlafen sind durch Jcsum, mit Ihm führen." Gießt ihnen neuen Muth cur, sprecht ihnen freundlich zu; sie haben es nöthig. Muthige Christen und kleinmüthige Christen wohnen auch in unseren Gemeinden neben einander. Wohlan, ihr Milchigen, die ihr fest auf dem (Ärunde der Hoffnung stehet, nehmt euch der Kleiumüthigen freundlich au! Schellet nicht ihren geringen Muth, sondern belebt und stärkl ihn, wie die Führer ' im Fclse ihre ermatteten Truppen an feuern. Nehmet Jcsum zum Borbilde, der seiner verzagten Truppenschaar freundlich zurief: O ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? und dann dedrohete Er Sturm und Wellen, da ward es gauz stille. Tröstet die Kleinmiithigen! Das Schiff der Kirche des Evangeliums steuert mühsam durch Sandbänke und Riffe. Es wird zerschellen! rufen die Kleiumüthigen und spähen bange nach Kähnen aus, auf denen sic sich rechtzeitig reiten können. Tröstet sic! Sagt Ihnen, Jesus sei noch ans dem Schiffe, und solange Er noch am Siener sitze, habe es keine Noth. Sagt ihnen, der Anker der Hoffnung sei noch nicht verrostet unv die Masten des Glaubens seien noch nicht zerbrochen. Tröstet die Kleiumüthigen! Auf dem .Krankenlager dort eine ermattete Kämpferin! Wie oft hat sie aus, tiefer Noth Leibes und der Seele gebetet, geschrieen: Jesus, hilf nur! Aber der HErr ver zieht und sie wird muthlos. Auf, ihr Starken, an das Schmerzenslager mit dcm Tröste des Evangeliums in Bibel und Gesangbuch. Lest ihr die alten Kcrnsprüche, betet ihr die alten Lieder vor. Blast die verlöschenden Kohlen ihres Glaubens von Neuem an. Tröstet die Kleinmiithigen! Ueberall, wo Menschen sich quälen, die mit uns den selben theuren Glauben überkommen haben, - welches auch immer die Ursache ihrer Muthlosigkcit sein möge — sollen die Muthigen eintreteu. Bleibt ja nicht ferne von den Stätten, wo der Kleinmuth wohnt! Euer festes Bekcnntniß zu dem Gotte eures Lebens, eure unerschütterliche Zuver sicht zu dem Heilande und Herrn Christus Jesus wird den Kleinmuth in Muth verwandeln und die Verzagenden in die erste Reihe der Kämpfer reißen. Gott mit euch bei solchem Werke! Tröstet die Kleinmüthigen! Unfälle auf den Wegen von und M Arbeit. Bou vr. für. Weyer. (Nachdruck verboten.) Während in der privaten Unfallversicherung bedingvngs- gemäß alle Unfälle entschädigt werden, welche den Ver sicherten innerhalb und außerhalb ihrer Berufsthätigkeit zustoßeu, sind in der öffentlichen Unfallversicherung nur Betriebsunfälle entschädigungspflichtig, d. h. die Thätigkeit, bei welcher der Unfall eintrat, muß entweder durch den Betrieb veranlaßt sein oder ihrer Zweckbestimmung nach dcm Betriebe dienen. Es gehört sonach zum Betriebe die Zurücklegung von Wegen, die ein Arbeiter im Auftrage eines Arbeitgebers und im Interesse des Betriebes unter- cincr die ein Arbeiter im Auftragedes Arbeitgebers von rückmleaeu"n iw einer anderen desselben Betriebes zu- f )at; nicht jedoch Rx ZmMlxgung von Wegen von der Wohnung zur Betriebsstätte und von dieser s zur Wohnung. Es handelt sich hier vielmehr um die eigenwirthschaftliche Thätigkeit des Arbeiters, und Unfälle, die ihm auf diesen Wegen zustoßeu, fallen nicht unter die Unfallversicherung. So hat das Reichs-Verstcherungsamt unter Aufhebung der eine Berufsgenossenschaft vcrurthcilen- den Schiedsgerichtsentscheidung die Ansprüche eines Töpfer meisters abgewicscn, der beim Abspringen von der Pferde bahn auf dem Nachhausewege einen Armbruch erlitt. Wenn man auch die vorherige Thätigkeit des Klägers, die Be stellung von Ofenthüren und Ersentheilen, die in dem ver sicherten Baugewerbe Verwendung finden sollten, noch als dem Betriebe zugehörig ansehe, so habe diese Betriebs- thätigkeit doch ihr Ende erreicht, als der Kläger den Weg nach seiner Wohnung antrat, wo er zunächst sein Mittag essen einnehmen wollte. Für die Zurücklegung dieses Weges waren Berufs- und Betricbsinteressen nicht von maßgebender Bedeutung, vielmehr kamen hierbei rein private Rücksichten verschiedenster Art entscheidend mit in Frage. Die übrigens nicht unter Beweis gestellte Behauptung des Klägers, daß es in seiner Absicht gelegen habe, demnächst in seiner Wohnung Kachelzeug aufzuladen, kann zu einer anderen Beurtheilung des Falles nicht führen, da es für ihn zunächst darauf ankam, in feinem Hauswesen Mittag zu essen. Die in der Rckursentscheidung 1677 dargelegten Grundsätze, nach denen die versicherten Kleinnieister, die an wechselnder Arbeitsstelle thätig sein müssen, auf den Wegen von der einen Arbeitsstätte zur anderen den Schutz der Versicherung genießen, können auf einen Fallder vorliegenden AN nicht zur Anwendung kommen, in welchem es sich lediglich um die Zurncklegung eines Weges handelte, der den Versicherten von dem Orte, an dem er im Berufsin- teresse thäng gewesen, wieder nach seiner Wohnung, dem Mittelpunkte seiner Privatwirthschaft, führte. Die Kshne des Lsstsen. Eine wahre Geschichte von E. Heinrichs. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten.) „Antworte, Mörder!" tönte es aufs Neue durch die Stille. „Hast Du Dich zum Herrn der Birk gemacht? — Ist Marie Dein Weib geworden? Wehe Dir, wenn Du lügst!" „Sie hat mich verworfen," stöhnte Hans, „lebt mit dem Vater in Flensburg." „Und die Mutter? Sprich, Mörder!" „Todt!" brach es wie ein Schrei von seinen Lippen. „Todt!" — Es klang wie ein schauerliches Echo, wie ein Rachegeschrei aus dem Munde der gespenstischen Ge stalt. Dann war es still ringsum wie im Grabe, nur das Rauschen der See vernehmbar. Plötzlich fühlte sich Hans von kräftigen Armen emporgehoben, und im nächsten Augenblick schon schwamm sein Kahn mit ihm auf der See, während sich das Schiff mit vollen Segeln entfernte. Als der Morgen graute, kauerte eine wunderliche Gestalt weit ab von der Birk auf dem sandigen Ufer. Ohne Hut, mit durchnäßten Kleidern, das Haar wild em porstarrend, hielt mau ihn anfangs für einen schiffbrüch igen Greis, bis man in ihm den Lootsen Hans Lüders erkannte. Er war alt geworden in dieser einen Nacht, wo der Geist des Erschlagenen ihm erschienen war, wie er unaufhörlich vor sich hinmurmelte. Man scheute sich, Ihn zu berühren, weil er entsetzt davor zurückwich, angst voll betheuernd, sein letztes Vaterunser noch nicht gebetet zu haben. Da der Unglückliche, welcher offenbar den Verstand verloren hatte, immer weiter auf dem durch die augenblicklich herrschende Ebbe zurückgetretenen Ufer dem Meere zurutschte, so versuchten es einige beherzte Männer, ihn durch freundlichen Zuruf heranzulocken, zumal die Fluth in jeder Minute zu erwarten war. Doch nichts half, rath- los standen die Leute, bis ein Mann den Rathschlag machte, chn rückwärts zu beschleichen und gewaltsam ans Land hinanfzuziehen, während die Anderen seine Auf merksamkeit auf sich fesselten. — Gesagt gethan; doch kaum hatte der Mann sein Vorhaben begonnen, als sich das Meer mit lautem Wellenschlag heranwälzte und den Braven nur so viel Zeit noch gönnte, sich selber in Sicherheit zu bringen. Hans Lüders aber war im nächsten Augenblick von den gierigen Armen der Meereswellen erreicht und lautlos in die Tiefe gerissen. 5. Der Friede war wieder eingezogen, das bezeugten die stattlichen Handelsschiffe, welche im Hafen zu Flens burg ankerten, bezeugte der lebhafte Verkehr, das lustige Lachen der Menge, die wieder aufathmen durfte nach langem, eisernem Druck. Ein schönes Schiff, dessen Spiegel den Namen „Marie" trug, hatte weiter draußen im Hafen Anker ge worfen, so daß es frei und frank sich präsentirte. Alles, Schiff und Mannschaft, war blank und schmuck, und das Boot, welches soeben Hinuntergelaffen und rasch mit einigen Matrosen bemannt wurde, sah aus, als ob cs erst aus der Hand des Malers gekommen sei. Von einem Fischer- Ewer aus, der Peter Jansens Eigenthum war, betrachtete sich dieser wohlgefällig das schmucke Schiff. „Wird eiu Däne sein," bemerkte sein Knecht. „Unsinn — siehst Du nicht den Wimpel? — Das ist eiu Engländer; aha, jetzt kommt die Flagge, — hab ich recht? Ein Franzose ist es nicht. Ein verdammt nettes Schiff; steh das Boot mal an, Klaas, dec Kapitän hält auf sich, da kommt er, ebenso schmuck —" Der Alle hielt inne, nahm sein kleines Fernglas znr Hand und schaute durch dasselbe unverwandt hinüber, bis er plötzlich an allen Gliedern zitterte und nach einem Stützpunkt suchte. „Klaas, mein Junge!" sprach er mit schwacher Stimme, „führ' mich über das Brett ans Laud, dahin, wo das Boot anlegt, mach' schnell!" Der Knecht gehorchte erschrocken, weil sein Herr so blaß wie eine Leiche war. Sie kamen noch vor dem Boote bei dem Landungsplatz an. Nun sprang der Kapitän, ein schöner, kräftiger Mann von vielleicht dreißig Jahren, dessen gebräuntes, glattra- sirtes Gesicht einen melancholischen Zug besaß, ans Land, rief den Matrosen noch einen kurzen Befehl zu und wandte sich nach einer in die innere Stadt führenden Straße, als sein Auge auf Peter Jansen fiel, der ihn bleich und athemlos anstarrte. Der Kapitän stutzte, trat dann auf den alten Mann zu und zog ihn plötzlich mit dem Aufschrei „Vater" an seine Brust. „Lorenz!" schluchzte dieser ganz fassungslos, „sag', bist Du's wirklich? — Giebt die See ihre Tobten zurück?" „Ich bins, Vater," sprach der Kapitän, ihn zärtlich anblickend, „beruhige Dich, - die Leute sammeln sich um uns; wo wohnst Du?" Er wartete die Antwort nicht ab, sondern brachte den Alten rasch in ein gegenüberliegendes Wirthshaus, wo dieser sich bei einem Glase Wein erholte, während sein Knecht ihnen mit offenem Munde nachstarrte und dann langsam nach seinem Ewer zurückkehrte. „Ist Marie^noch frei?" fragte Lorenz nun zuerst. „Ja, mein Sohn; der schlimme Hans wollte sie hei ratheu, aber sie verabscheute ihu und blieb Dir treu. Erzähle mir erst, was mit Dir geschehen ist nach jener schrecklichen Nacht, damit ichs auch gewiß weiß, daß Du wirklich mein Sohn Lorenz bist. Ich kann es nicht fassen." (Schluß folgt.)