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«MM ji, Mcks Beilage zu Nr. 93. Donnerstag, den 9. August 1900. Bericht übe -er Kömgli,4en Arntshauptmannschast Meisten ' am 27. Juli 1900. Aus den Verhandlungen in dieser Sitzung, an welcher ^er Sein Vorsitze des Herrn Kammerherrn Amtshaupt- mann v. Schroeter die Ausschnßmitglieder mit Ausnahme des entschuldigen Herrn Commerzienrathes Kurtz, iu- gleichen Herr ReMrungsassessor Dr. Müller Theil nahmen, ist Folgendes mstzutheilen. 1. Von der.Firina „Meißner Seifenfabrik Gebr. Bunge" ist nnter Hinweis darauf, daß sie nach Vollendung ihrer den Erfordernissen der Neuzeit entsprechenden Anstalt zur Verwerthuug rwu thierischer Cadavcr in der Lage sei, die Körper von an Zencheu verendeter Thiere auf die durch die Instruction vom 27. Juni 1895 zur Ausführung des vom 1. Mai 1891 vorgeschriedene vollkomnirn unschädlich zu machen, die Frage an geregt worden, ob für hiesigen Bezirk über die Beseitigung gefallener Thiere nicht ähnliche Bestimmungen, wie sic bereits für den amtshauptmannschaftlichen Bezirk Bautzen bestehen, zu erlassen sein möchten. Sowie sich die gehörten Sachverständigen (Bezirksarzt und Bezirksthierarzt) sür den Erlaß solcher Bestimmungen ausgesprochen hatten, erachtete auch der Bezirksausschuß ein solches Vorgehen in wohlfahrtspolizeilicher Hinsicht für nothwendig, indem er besonders die sichere und rasche Beseitigung der Thier- cadaver betonte und in dieser Richtung darauf hinwies, daß bei der räumlichen Ausdehnung des hiesigen Bezirks und bei der großen Entfernung vieler ländlicher Orte von Meißen und Umgebung nnd bez. von der obcngedachten Anstalt die sofortige Abholung der Cadaver durch dieselbe nicht möglich sein werde und jedenfalls darauf zuzu- kommen sein dürfte, daß sich die im hiesigen Bezirke vor handenen Abdeckereien, insoweit sie über vorschriftsmäßige Scucheneadaver-Transportlvagen zu verfügen und den sonst etwa behördlicherseits zu machenden Vorschriften zu genüget! vermöchten, an der Abholung und Verarbeitung von Seuchencadavern mit betheiligeu. Schließlich äußerte sich der Ausschuß dahin, daß zunächst in dieser Richtung mit der Bungeschen Anstalt, ingleichen mit den Abdeckereien hiesigen Bezirks verhandelt werben möge. 2. In Folge der Zergliederung zweier der Firma Otto und Schlosser in Meißen gehöriger, theils in Dobritz und theils in Korbitz gelegener Grundstücke ist eine F-lur- grenzenvcräuderung zwischen beiden Orten eingetreten. Da die betreffenden Gemeinden dieser Veränderung zu- gcstiMMt haben, die genannte Firma auch sich der von dcr Gemeinde Korbitz hinsichtlich ocr Straßenunicrhalinng ge stellten Bedingung unterworfen hat, so konnte die erwähnt? Flnrgrenzenveränverung unbedenklich genehmigt werden. 3. Genehmigung fanden hiernächst auch der Nachtrag zum Ortsstatute von Dittma nusd orf über Veränderung in den Wahlen der Gemeiudevenreter, ingleicheu die über die Errichtung einer Freibank in Cölln au der Elbe ge troffenen ortsstatmarischcn Bestimmungen. 4. Von der Gemeinde BohMch wird die Erhöhung : der Besitzveräuderungsabgabe» und die Erhebung einer - Bicrsteucr geplant. Bei Vortrag des Besitzverändcrungs- Abgabenrcgulativs fand man zwar die Abgabe zur Ge meindecaffe für etwas zu hoch gegriffen, beschloß aber doch, die Genehmigung des Regulativs bei der vorgesetzten Be hörde dann zu befürworten, wenn von dec Erhebung der Biersteuer, die voraussichtlich dcr Gemeiude einen verhält- nißmäßig nur geringen Ertrag einbriugen dürfte, abgesehen werden sollte, in welcher Richtung zunächst die Gemeinde bcschieden werden soll. 5 Die Schlachthausanlage der Gastwirthe Muller iu Coswig und Schlicke in Sörnewitz, ingleicheu die Ziegclei- aulagen Nötzolds iu Wilsdruff und Achilles in Au- gnstusberg - gegen welche auf erlassene bezügliche Be kanntmachungen Einsprüche nicht eingegangen sind — wurden vorbehältlich der von den betreffenden Sachverständigen vorgeschlagenen Bedingungen genehmigt. 6. Die anderweite örtsstalutarische Festsetzung über die Besoldung des Gemeindevorstandes zu Messa, die eure Erhöhung von 100 Mark erfahren hat, fand die Zustim mung des Ausschusses. - 7. Von der gegen die Vermehrung der Schankstätten in Weinböhla an die Königliche Amtshauptmannschaft gerichteten Petition, die von 11 dortigen Gast-und Schünk- wirthen unterzeichnet ist und in der auf Nachtheile einer das Bedürfnis; überschreitenden Zahl der Schankstätten hingewiesen wird, nahm der Ausschuß Keuntniß. - 8- Zu wiederum recht zahlreich vorliegenden Ge- Schankerlaubniß usw. übergehend, beschloß der dem anderwciteu SchankconsessionSgesuche Richard 'stwmehr staitzugebeu, cbeusv dem glei te Franz Zochers in Coswig und dem E Chocolade usw. gerichteten Gesuche s. ^anges in Weinböhla zu entsprechen, die Ge- uehnugung für Zocher jedoch noch von der Serstelluna eines Halteplatzes für Fuhrwerke abhängig zu ferner den Ausschank von Flaiwenvicr in der Schürmann' scheu Fabrik in Kötitz während des Fabritbetriebcs zu l gestatten, dem Schäukwirthe Müller in Coswig zur qe- werbsmäßen Veranstaltung von Singspielen und Jnstru- mcutalconcerteu Erlaubniß zu ertheilen und die Gesuche » Hartmanns iu Coswig, Schlickes in Sörnewitz, Jänkes in Kötitz und Güldners in Bohnitzsch um Ausdehnung bez. Uebertragung der ihnen zustehenden Schank- und Gastwirth- fchaftsbetricbe usw. auf die neuen Localitäten zu genehmigen. Weiter wurde dem Schänkwirth Sagner in Domselwitz zum Beherbergen und dem Badbesitzer Dürfe! in Wils druff zum vollen Schankbetriebe Erlaubniß ertheilt, auch der Uebertragung der Concession zum Tanzhalten und zur gewerbsmäßigen Veranstaltung der in 8 33 a derReichs- gewerbeordnuug gedachten Lustbarkeiten auf die Gasthoss besitzer Arnold in Breitenbach und Schneider in Obergruna, sowie auf den Verwalter des Gasthofes in Striegnitz p. Naumann zugestimmt, ingleichen die Fortsetzung des Schan kes im „Bergkeller" in Cölln durch Hermann Barthel und in dem Huthause Vereinigt Feld in Augustusberg durch Bruno Schumann genehmigt, die Entschließung betreffs der Ausübung des S bankes in dem „Rathskeller" in Wein böhla durch dcu neuen Pächter aber zur Zeit noch aus gesetzt. Abfällige Entschließung erfuhren die Gesuche des «chänkwirths Kirbach in Taubenheim betreffs des Branntweinschankes, des Productenhändlers Richter in Bohnitzsch betreffs Spirituosen-Kleinhandels und des Haus besitzers Rudolph in Zaschendorf hinsichtlich des vollen Schankes, da die Bedürfnißfrage bez. wie früher zu ver neinen war. Ebensowenig vermochte man den Gesuchen des Gastwirthes Huhle in Scharfenberg, sowie der Schänk- wirlhe Schweizer in Weinböhla, Prasse in Niederspaar und Curth iu Bruckwitz betreffs des Tanzhaltens stattzugeben, da auch hier ein Bedürfniß nicht anzuerkennen bez. die den Geiuchstellern bereits zustehende Befugniß für aus reichend zu erachten und von einer Ausdehnung derselben schon der Consegnenzen halber abzusehen war/ Insoweit das Curthschc Gesuch auf das Recht zum Beherbergen mit gerichtet war, entschied sich der Ausschuß ebenfalls für die Zurückweisung, da der Gemeinderath zu Brockwitz auch iu dieser Richtung die Bedürfnißfrage verneint hatte. 9. Hinsichtlich der Maßnahmen, welche nach einer zum Vortrage gelaugten Ministerialverordnung von einer Amts hauptmannschaft gegen den Coutractbruch der uichtsächsischen ländlichen Dienstboten, insbesondere aber auch der aus ländischen ländlichen Saisonarbeiter iu Betreff der Legiti mationspapiere angeregt worden sind, äußerte sich der Ausschuß gutachtlich dahin, baß, abgesehen von der Zu lässigkeit einer solchen Maßregel, der gewünschte Erfolg jedenfalls so lange nicht zu erwarten sei, als nicht eine be zügliche Vereinbarung mit den Nachbarstaaten, insbesondere Preußen, stattgefuuden habe. 10. Die nachgesuchteu Dispensationen zur Zerglieder ung der Grundstücke Moritz' iu Korbitz, Herzogs in Cölln, Herrmanns und Junghanns' in Weinböhla, Schumanns in Oberspaar und Krauspes in Gleina wurden beding ungslos ausgesprochen, hinsichtlich der Grundstücke Harz' in Blankenstein, Häbolds in Kötitz, Schwarzes * in Questenberg, Schmidtgens in Mahlitzsch und des Schneider- Fischerfchen Grundstückes iu Weinböhla aber machte man die Genehmigung von gewissen Consolidations-Bediugungen abhängig und zwar soll es hinsichtlich der Grundstücke Harz' in Helbigsdorf und Schmidtgens Mahlitzsch nicht blos bei den in den betreffenden Kaufverträgen ge stellten Anträgen bewenden, sondern die Hinzuschlagung der sämmtlicheu Treuuftücke zu oen Stammgruudstücken der Erwerber staltfiuden. 11. Von dem Dankschreiben der Anstaltsdircctionen zu Großhennersdorf usw. für aus dem Bezirksvermögen gewährte Beiträge nahm das Collegium Kenntnitz, worauf noch über einige Gegenstände der Tagesordnung in ge heimer Sitzung beratheu und Entschließung gefaßt wurde. Dev Tiger von Peking. Historischer Nomau aus der chinesischen Gegenwart. Von M. von Enzius. (Fortsetzung.) (Nachdruck verboten). V. San-lo und sein Gefangener. Bredow war der Aufforderung gefolgt, der Ruhe zu genießen, die ihm nach den Aufregungen und Erschütter ungen der letzten Nacht auch Noth that. Nachdem er aus einem erquickenden Schlaf erwacht war, meldete sich sofort ein chinesischer Diener, der, wie es schien, auf diesen Moment des Erwachens schon lange gewartet hatte. Er trat mit jener unterwürfigen Freund lichkeit, die den chinesischen Dienern eigen ist, und mit jenem stereotypen Lächeln, das auf dem Antlitz der dien enden Mongolen wie festgefroren ist, ins Zimmer und erkundigte sich bei Bredow nach dessen Begehr. Das ist ein Hotel, dachte Bredow, und kein Kerker, und sein Lebensmut!) erwachte wieder mit aller Stärke, die dem Hoffenden eigen ist. Er erbat etwas Thee und schon nach einigen Minuten präsentirte ihm der „bc>7" ein nach europäischer Art ser- virtcs Frühstück, Thee mit Eiern und gekochtem Fleisch nnd einem süßen Gebäck, das den englischen Takes ähnlich war. Nur Milch fehlte dabei, denn Milch ist bekanntlich den Chinesen verpönt, die es sich nicht vorstellen können, daß ein vernünftiger Mensch ein Getränk aus dem Euter eines Thicres entnehmen könne. Bredow ließ es sich gerade wohlschmecken, als die Thür zu seinem Zimmer sich öffnete und San-lo zu ihm eintrat. „Lassen Sie sich nicht stören," so begann er, „denn Sie sind Gast in meinem Hause und nicht mein Ge fangener. Vor meinen Bnndesbrüdern allerdings sind Sie dem Tode verfallen und, wie ich schon auszusprengen wissen werde, in einem dunklen Kerkerverließ elendiglich umgekommen. Aber Sie sollen nicht glauben, daß die Mongolen der Tugend der Dankbarkeit ganz entrathen. Sie haben mich einmal vor den weißen Teufeln dort in der Berliner Spelunke geschützt, ich, der Großmeister der Boxer, wie Ihr Europäer unsern Geheimbund nennt, habe Ihr Leben hier vor den gelben Teufeln gerettet. Nein, nein, versuchen Sie nicht zu protestiren, ich weiß, daß Ihr uns die gelben Teufel nennt, wie unser fanatisirtes Volk Euch die weißen nennt. Es muß eben immer der Teufel herhalten, wenn ein Volk das andere haßt." Bei diesen Worten entzündete er sich eine Cigarrette und blies die blauen Rauchwölkchen in die Luft, als er nun fortfuhr : „Kommen wir also zur einer vernünftigen Ausein- andersetzung der Lage! Sie sind Ingenieur, Herr Bredow, und nach China gekommen, um Geld zu verdienen. Wik alle Europäer! Um unserer schönen Augen kommt Jhl ja nicht zu den schlitzäugigen Mongolen. Ich lese diesen Ausdruck jeden Tag zehn Mal in Ihren deutschen unt englischen Zeitungen. Also Sie wollen Geld verdienen!" „Ich kann cs nicht leugnen, Meister. Viel sogar Um nur das zu verdienen, was man im Leben nöthst hat, macht man nicht die Reise bis ins gelbe Meer unt erträgt alle Schrecknisse des Teifuns, und —" „Die Schrecknisse iu den Nächten, in denen man di« Geheimnisse der Männer „Vom großen Messer" belausche» will", ergänzte San-lo, ironisch lächelnd. „Sie sinv hie: beim Bahnbau beschäftigt, Herr Bredow?" „Ja, beim Bau der elektrischen Bahn, die Pekinl mit der Bahnstation verbindet." „Nun wohl, Sie sollen bei mir das Dreifache besser verdienen, was Ihnen für diese Arbeit zugebilligt worden wenn Sie in meine Dienste treten. Sie werden Vielleich innerlich denken: Wer ist dieser San-lo, daß er dreifaö so hoch bezahlt wie andere? Darauf sage ich Ihnen San-lo kann dreifach höhere Preise zahlen, weil er dreifaä höhere Ziele verfolgt als die anderen, als die Regierum und die Europäer, die nur von heute auf morgen sehen Ich aber sehe in die Zukunft. Ich will die auseinander gesprengten Theile des Reiches wieder zu einem Ganzei zusammenschweißen, und die Millionen Chinesen, die dm Gefühl der Zusammengehörigkeit verloren hatten, Wiede zu einem Volke umbildcn. Ich, ja ich, San-lo, der Erb der großen Ming-Tradition!" Hierbei stand er, wie von seinen eigenen Worten be rauscht, auf, seine Augen funkelten Blitze, als er Bredov die Hand auf die Schulter legte und ihm zurief: „Sehen Sie in mir den zukünftigen Herrscher Chinas das Reckt ist auf meiner Seite, und auch die Kraft. Keil weichlicher Knabe mehr soll über China herrschen, und keil Eunuch, keine Halbheit mehr und keine Doppelzüngigkeit sondern der Wille eines ganzen Mannes. Ich, ein einzelne Mann, habe eine nationale Erhebung ins Leben gerufen wie sie hier in China bisher unerhört war. Millionei gehorchen jetzt schon meinen Befehlen und fpotten de schwachsinnigen Dekrete, Vie vom Tsung-li-Aamen ausgehen Der Himmel hat mich zu meinem Werke ausersehen, uni !der Geist meines großen Uhrahnen Tschu-juang-tschani umschwebt mich im Wachen und in meinen Träumen." Nur um etwas zu erwiederu und zu zeigen, daß ei eifrig zugehört, machte Bredow die Bemerkung: „Ich habe ja heute Nacht wahrgenommen, welch Macht Ihnen über die Gemüthcr der Menschen gegebe> worden." „Ja, aber mit bloßen Reden, und wenn sie noch ß packend sind, kann ich mein großes Werk nicht durchführen Hier bedarf es der That, der praktischen Vorbereitung der rationellen Belehrung meiner Landsleute. Die tech nischen Fortschritte sind das allein beachtenswerthe d» europäischen Kultur, und diese Fortschritte sichern dal Uebergewicht. Helfen sie mir dazu, diese Fortschritte meinen Volke zugängig zu machen. Ich wiederhole mein Anerbiete, — Ihre Besoldung soll eine dreifach so hohe sein, ast jeder Andere sie Ihnen bieten kann." — Eine Pause tra ein. San-lo bemerkte, daß sein Gast etwas auf dem Herzei habe, das ihn zu drücke» schien und das er in keine Wort kleiden mochte. Er erleichterte ihm dies. „Ich lese Ihre Antwort iu Ihren Gedanken. Si glauben einen Verrath an der europäischen Sache zu be gehen, wenn Sie hier die Männer aus meinem Bund instruiren? Jnstruiren die europäischen Regierungen nich auch unser Heer? Liefern die europäischen Jndustriewerk uns nicht auch Kanonen und Gewehre? Ich selber hab Huuderttauscnde der bestell Hinterlader für meinen Bun' bezogen. Ja, Sie staunen. Unser Bund verfügt übe Mittel, die denen der Regierung mindestens gleichkommel Ich erzähle Ihnen später hierüber, wenn unsere Vereinbc rung getroffen sein wird. Also, um es kurz zu sagen: I« brauche Ihre Kraft zur Unterrichtertheilung in allen tec nischen Fächern. Sie werden willige und nicht unbegab