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Franzosenfreunde giebt, nicht zu verfangen, und die Ungam vollends, die in der Schrift Henneberts gewaltig lächerlich gemacht werden, sind ent schiedene Gegner der russisch-französischen Spekulationen. Sehrauffallend ist es, daß auch die englische „Times" starken Anlauf nimmt, Oesterreich gegen Deutschland mißtrauisch zu machen und zu verhetzen. Sie ver dächtigt den österreichischen Minister Kalnoky, daß er ganz von Bismarck abhänge und sagt, daß Graf Andrassy ein ganz anderer Minister sein und viel bessere Politik treibt werde. Mit Italien ist Frankreich wieder einig. Der Florentiner Zwischen fall ist beigelegt und der Prätor Tosini, der mit Gewalt in das französische Konsulat eingedrungen war, wird versetzt werden. Die Erbschaft Husseins, über die der ganze Krakehl entstanden war, soll nach den Bestimmungen des italienisch-tunesischen Vertrags vom Jahre 1868 geregelt werden, der von Frankreich niemals bestritten worden ist. Damit scheint man in Frank reich zufrieden zu sein, und die Gestalt Bismarcks, die man von Frank reich aus hinter dem Ministerpräsidenten Crispi hatte sehen wollen, wird nun Wohl auch wieder verschwinden. Louise Michel ist angeschossen worden! Ein gewisser Lucas hat in Havre in einer Anarchisten-Versammlung am Sonntag Abend von hinten her 2 Revolverschüsse auf die „bittere Louise" abgefeuert und sie schwer verwundet. Eine Kugel drang in den Hinterkopf, die andere in den Unter leib; beide Kugeln wurden jedoch von Aerzten bald wieder entfernt. Lucas ist ebenfalls schwer verwundet, er wurde von der Menge fast zerrissen und halbtodt geprügelt. Der in Brüssel erscheinende „Nord", jenes Blatt, welches im Aus land die russische Politik für russisches Geld vertritt, weift in einem offen bar aus St. Petersburg ihm zugeschickten Artikel auf das zum Neujahrs fest erlassene Schreiben des Zaren an den Generalgouverneur von Moskau und auf den Bericht des Finanzministers Wischnegradski als besonders riedliche Kundgebungen hin. Wenn man gleichwohl, so heißt es weiter, n Wien beunrnhigt sei und Rußland Anklage, es beabsichtige lediglich zu inanziellen Zwecken die Kriegsbefürchtungen einzuschläfern, um Zeit zur Vollendung seiner Rüstungen zu gewinnen, so heiße das vergessen, daß Erklärungen aus dem Mund des Zaren vollständiges Vertrauen beizulegen sei. Was die angeblichen Rüstungen Rußlands betreffe, so sei es kaum nöthig, zu wiederholen, daß nichts geschehen sei, was nicht bereits in dem bekannten Artikel des „Russischen Invaliden" für nothwendig zum Schutz Rußlands erklärt worden wäre. Die Beunruhigung, welche man in Wien zur Schau trage, sei also zum größten Theil eine künstlich gemachte. Die russische Presse gebe allerdings einem starken Mißtrauen in die Absichten der österreichischen Regierung Ausdruck und klage sie an, nach der ausschließ lichen Herrschaft auf der Balkanhalbinsel zu streben, fortgesetzt im Stillen den Coburger zu unterstützen und aus allen Kräften eine Lösung der bul garischen Frage zu erschweren. Dies zu ändern werde leicht sein, Graf Kalnoky brauche die Last solcher Anklagen nicht auf sich ruhen zu lassen; es sei zu wünschen, daß er nicht zögere, die Grundlosigkeit dieser Anklagen zu erweisen und unzweifelhafte Bürgschaften zu geben, daß er den Wunsch hege, die bulgarische Angelegenheit zu einer Lösung zu bringen. Rußland, so heißt es schließlich, höre nicht auf, seine Wünsche sür die Erhaltung des Friedens an den Tag zu legen, und Oesterreich liege es deshalb ob, seinerseits ebenso überzeugend zu beweisen, daß es entschlossen sei, die Lö sung der bulgarischen Frage nur in solchen Abmachungen zu suchen, welche den berechtigten Forderungen Rußlands Rechnung trügen. Ein wirkliches gegenseitiges Mißtrauen zwischen Oesterreich und Rußland scheine also durchaus nicht berechtigt. Soweit der „Nord". In Oesterreich antwortet man darauf, daß Rußland gewiß eine ganz andere Sprache führen würde, wenn es ihm gelungen wäre, mit Frankreich ein Bündniß abzuschließen. WalerländischeS. Wilsdruff. Sicherm Vernehmen nach wird unser Herr Stadt musikdirector Spüring Anfangs Februar ein großes Carneval-Con- cert mit einem reichhaltigen humoristischen Programm geben, wobei meh rere Nummern in Kostüm ausgeführt werden sollen. Da derartige Con- certe in Dresden sehr viel Zuspruch haben, so erwartet unser Herr Stadt musikdirector hier dasselbe. Einen genußreichen Abend stellt derselbe in Aussicht. — Kirchliche Nachrichten aus der Parochie Weistropp. Im Jahre 1887 wurden in der Kirchengemeinde zu Weistropp, die gegenwärtig etwa 1360 Seelen zählt, an Communicanten 1273 gezählt, worunter sich aller dings 27 Confirmanden befanden. Das Jahr 1886 schloß daselbst mit 1231 Communicanten ab. Vor 100 Jahren wurden 2155 Communi canten gezählt. Geboren und gelaust wurden 45 Kinder, 23 Knaben u. 22 Mädchen, darunter 4 unehel. und 1 todtgeb. Kind. 3 Kinder mehr als 1886. Vor 100 Jahren wurden 25 Kinder geboren und daselbst ge tauft. Aufgeboten wurden 18 Paare und getraut ebensoviel Paare, 3 Paare weniger als 1886. Vor 100 Jahren wurden daselbst 12 Paare getraut. Beerdigt wurden 22 Personen, 7 Personen weniger als 1886 und zwar 9 Erwachsene und 14 Kinder, 9 männlichen und 13 weibl. Geschlechts. Vor 100 Jahren wurden 19 Personen begraben. Aus dem vergangenen Jahre ist noch zu erwähnen, daß die Kirche innerlich und äußerlich erneuert worden ist. Die Leitung der Renovation lag in den Händen des Architecten Schramm in Dresden, welcher sich nach jeder Seite hin bewährt hat. Wesentlich gewonnen hat die Kirche durch drei von dem Glasmaler Urban in Dresden gemalte Fenster im Altarplatz, das mittlere den Herrn Christus, die beiden Seitenfenster die Apostel Paulus und Petrus darstellend. Das erstere hat das evangl. luther. Landescvnsistorium, die beiden anderen Fenster ein Gemeindeglied gestiftet. Die freiwilligen Beiträge und Stiftungen von einzelnen Gemeindegliedern (z. B. zu Herstellung eines eisernen Kirchhofsthores, desgleichen Stackctes auf der Kirchhofsmauel, Decoration der Kanzel und des Taufsteines, Vorbau an der Kirchthür, Altarteppich von Beck in Herrnhut, schmiede eisernes Lesepult, Vergoldung der Altarleuchter, schöne Altarbibel u. A. m. beliefen sich auf über 3000 Mark. — Innerhalb der Parochie Sora, zu welcher gegenwärtig etwa 400 Seelen gehören, wurde im Jahre 1887 gezählt an Communicanten 437, unter denen sich 8 Confirmanden befanden. Das Jahr 1886 schloß mit 453 Communicanten ab. Geboren und getauft wurden 21 Kinder, 14 Knaben und 7 Mädchen, 13 Kinder mehr als 1886. Aufgeboten wurden 5 Paar, getraut 2 Paar, 2 Paar weniger als 1886. Beerdigt wurden 13 Personen, 5 Personen mehr als 1886. Der Gesammtbetrag der im vorigen Jahre in der hiesigen Parochie eingesammelten Landes- kirchencollecten beläuft sich auf 70 Mark 62 Pf. — Die Parochie zu Röhrsdvrf, zu welcher gegenwärtig etwa 1015 Seelen gehören, zählte im Jahre 1887 an Communicanten 1241, unter denen sich allerdings 15 Confirmanden befanden. Im Jahre 1886 wa ren 1205 Communicanten. Geboren und getauft wurden 33 Kinder. Vor 100 Jahren wurden 28 Kinder geboren und getauft. Getraut wur den 10 Paare, 5 Paare mehr als 1886. Vor 100 Jahren wurden 7 Paare aufgeboten und getraut. Beerdigt wurden 19 Personen, 6 Personen weniger als 1886. Vor 100 Jahren wurden 15 Personen begraben. Der Gesammtbetrag der innerhvlb der hiesigen Parochie eingesammelten Landeskirchencollecten beläuft sich auf 177 Mark 39 Pf. Außerdem sind für äußere und innere Mission, für den evang. luth. Gustav-Adolf-Verein, für den Neubau der Orgel und für die Beleuchtung in Summa ungefähr 500 Mark freiwillig gespendet worden. — In allernächster Zeit wird in Dresden die obligatorische Fleisch beschau eingeführt werden. Nach den vom Rath der Stadt Dresden in Aussicht genommenen ortsgesetzlichen Bestimmungen soll Alles hier zum Verkauf kommende Fleisch, sowohl das hier geschlachtete, als auch das von auswärts eingebrachte, genau untersucht werden. Bisher war in Dresden die Fleischbeschau in das Belieben der Fleischer gestellt. Zur Ehre der Dresdner Fleischer mag es aber gesagt sein, daß dieselben ohne alle Aus nahme die geschlachteten Schweine gewissenhaft auf Trichinen untersuchen ließen. — Bei einer vergangene Woche in ihrer Wohnung in Dresden todt aufgefundenen hochbetagtcn Frau, einer Jüdin, welche mit ihrem geistes gestörten Sohne durch Almosen ihrer Glaubensgenossen und der Armen kasse der Stadt nothdürftig ihr Leben gefristet hatte, fand man, in Lumpen »erstickt, ein nicht unbeträchtliches Vermögen, darunter allein 26000 Mk. in baarem Gelde. — Das bekannte „Weltrestaurant Societe" in Dresden ist soeben durch Kaus von Herrn Hofmetzgermeister Gottlöber für den Preis von 750,000 Mk. erworben worden. Der Kaufvertrag erstreckt sich sowohl auf das Grundstück Waisenhausstraße 28 sowie auf das gesammte Inven tar und Mobiliar. Das Restaurant wird vom 1. Februar ab von dem bisherigen Geschäftsführer des Etablissements als Pächter für einen jähr lichen Pachtbetrag von 36,000 Mark bewirthschaftet. Der Hofmetzgermstr. Gottlöber hatte bereits bisher die belangreichen Fleischlieferungen für das „Weltrestaurant" geliefert. — Sächsische Vieh-Versicherungs-Bank in Dresden. Die größte und bestfundirte aller Deutschen Vieh-Versicherungs-Gesellschaften hat auch im verflossenen 15. Geschäftsjahre trotz der bezahlten Massen- Schäden einen glänzenden Erfolg zu verzeichnen gehabt. Der Zugang an neuen Versicherungen und Prämien war wieder bedeutend größer als im Vorjahre und wurde die vermehrte Prämien-Reserve durch beträcht lichen Ankauf von deutschen Staatspapieren mehr wie gedeckt. Sämmt- liche Schädengelder sind wie seither prompt und in voller statutarischer Höhe den Versicherten direct durch die Post ausgezahlt worden. Durch die festen, billigen Prämien (ohne jeden Nach- oder Zuschuß), welche in Raten ohne Zins-Zuschlag gezahlt werden können, durch die vorzüg liche Finanzlage der Bank, sowie durch die schnelle und loyale Erledigung aller Geschäfts-Angelegenheiten hat sich das segensreich wirkende In stitut auch der fortgesetzten Anerkennungen und Sympathien von Behör den, Großgrundbesitzern rc. zu erfreuen. Versichert waren bis ultimo 1887 Mark 132,636,787, sowie Mark 2,669,146.13 an Schäden be zahlt. (Siehe heutiges Agentengesuch.) — In Leipzig wurde in den Abendstunden des 22. d. M. in einem Juweliergeschäfte der Ritterstraße eingebrochen und hierbei etwa 300 Stück goldene Siegelringe mit verschiedenen Steinen, 10 Stück goldene Armbänder, reifenartig, breit, theils mit, theils ohne Steine, etwa 10 Stück goldene Damcnuhrketten, 14 Stück goldene Damencolliers, 30 Stück goldene Trauringe, 10 Stück Ringe mit Diamanten besetzt, 7 Stück ver schiedenartig gesormte Brechen, 12 Stück verschiedene, theils Herren-, theils Damendoubleuhrketten, und eine größere Anzahl von Bettelmünzen gestohlen worden. Außerdem wird noch eine alte schweizerische Cylinder- uhr, ohne Secundenzeiger, sowie eine silberne Patentremontoiruhr vermißt. Der Dieb scheint gestört worden zu sein, da man in dem Gewölbe selbst sowie in der Hausflur eine größere Partie Ringe fand, welche der Ein brecher anscheinend verloren hat. — Cunewalde, 23. Jan. Kaum sind zehn Tage verflossen, daß hier und in Obercunewalde nebst Umgegend die Trichinose ausgebrochen und welches Elend ist schon zu verzeichnen! Neun Todesfälle sind bereits eingetreten. Was wird uns die nächste Woche bringen! Sehr Viele liegen noch so schwer krank darnieder, daß wir sie nach menschlichem Ermessen nur noch kurze Zeit unter die Lebenden zählen werden. Es steht zu er warten, daß noch viele Kinder verwaisen werden. Zwei Hilfs-Comitee's hatten sich im Angesichte dieser Noth gebildet, eins zu Cunewalde und eins zu Obercunewalde. Nunmehr haben sich diese beiden Comitees zu einem vereinigt. Zur Seite steht ein Frauencomitee mit zwei Schwestern. Auch wurde heute noch ein Arzt hierher gesandt Die Krankenpflege ist in beste Bahnen gelenkt. Obercunewalde zählt heute 150 und Cunewalde 22 Trichinenkranke. In Cunewalde wurde eine Sammlung vorgenommen, die 719 M. 61 Pf. ergeben hat. Aber was ist das unter so Viele! Noch hat die Trichinose nicht den Höhepunkt erreicht, da immer noch täglich neue Erkrankungen eintreten. Vermischtes. * Ein 5jähriges Mädchen verbrannt. In Adlershorst, einer un mittelbar an Bromberg grenzenden Ortschaft, ist ein fünfjähriges Mädchen verbrannt. Dieselbe war von der Mutter, weeche fortgegangen war, ein- geschlosfen gewesen. Im Ofen brannte es; wahrscheinlich ist das Kind der Flamme zu nahe gekommen, sodaß das Kleidchen Feuer fing. Auf das Geschrei der Kleinen eilten Nachbarn herbei, das Schloß der Thür wurde gesprengt und die Flamme der brennenden Kleider gelöscht. Leider waren die Brandwunden so bedeutend, daß das Kind bald darauf verstarb. * Von Wölfen gefressen. Fortwährend kommen aus Ungarn neue Berichte über arge Greuelszenen, hervorgerufen durch hungerige Wölfe, welche in Folge der strengen Kälte bis in die Dörfer vordringen. Der Richter von Cseh, Vasilij Csugdar, befand sich vor einigen Tagen in Großwardein. Auf dem Heimwege wurden die Pferde von einem Rudel von Wölfen angefallen; die erschreckten Pferde gaben dem Schlitten einen solchen Ruck, daß der Richter herausgeschleudert wurde. Der Kutscher hieb aus Leibeskräften in die Pferde und fuhr davon, ohne sich nach seinem Herrn umzusehen. Sofort fielen die Wölfe rudelweise über den Richter her, den sie im Augenblick in Stücke zerrissen. Nach wenigen Minuten waren nur noch die Knochen vorhanden. * Eine gestohlene Leiche. Aus Orsova schreibt man: Ein rumänischer Bauer, der wegen seiner gestohlenen Schweine Umschau gehalten und selbe — zwar geschlachtet — in Obradina fand, fuhr, hierüber ganz glücklich, mit seinem zehnjährigen Sohne, den er im Hintertheil des Schlittens placirte, über Mehadia nach Hause. In Topletz sich nach seinem Kinde umsehend, sah er dasselbe erfroren todt liegen. In der Furcht, in Mehadi dadurch aufgehalten zu werden, steckte er das Kind in einen Sack und hüllte es außerdem in Kotzen. In Mehadia machte er vor einem Wirths- hause Halt. Nach geraumer Zeit vom Wirthshause herauskommend, be merkte er zu seinem Erstaunen, daß der Sack mit dem Kinde fehlte; während seiner Abwesenheit wurde dieser von Dieben, in der Meinung, er enthalte Fleisch, gestohlen. Bis heute hat man noch keine Spur, wo hin der Knabe gebracht wurde. Kirchenuachrichten aus Wilsdruff. Am Sonntag Septuages. Vorm. 8(2 Uhr Gottesdienst mit Predigt.