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Boulanger in erster Reihe und er bietet mit vielem Erfolge alles Mögliche auf, die Pariser zu gewinnen. Auf Banketten hält, oder richtiger, ver liest er große Reden, in denen Frankreich eine paradiesische Zukunft pro phezeit wird; in den Theatern erscheint er mit großem Pomp und wird wie ein Fürst bejubelt, und bei der in voriger Woche stattgehabten Hoch zeit seiner Tochter hat er einen wahren Triumphzug auf dem Wege zur Kirche gehalten. Mit wüthender Erbitterung schreiben die republikanischen Blätter gegen den General und konstatiren so den von Tag zu Tag wachsenden Einfluß Boulangers. Auch Minister Goblet hat eine Rede über Frankreichs Zukunft gehalten, in der er Boulanger noch zu über bieten versuchte, aber seine Worte haben wenig Eindruck gemacht. Um so mehr beachtet ist eine Rede des neuen kommandirenden Generals von Nancy, des Generals Miribel, der sofort von einem frischen, fröhlichen Marsch über die Vogesen sprach. Der tapfere General, der von Paris natürlich keine Nase erhalten hat, wird gut thuen, über seine Revanche gedanken sich das Mittagessen nicht kalt werden zu lassen. — Aus den französischen Kammern liegt nichts von größerem Interesse vor, dasselbe gilt von ganz Alt-England. Am 31. Oktober waren es 25 Jahre, daß König Georg die Regierung von Griechenland übernahm. Am 30. März des Jahres 1863 hatte die griechische Nationalversammlung ihm die Krone angeboten, die vor ihm König Otto getragen hätte. Allein erst im Juni kam er zu dem Entschluß, die Wahl anzunehmcn, und auch dann wartete er noch bis Ausgang Oktober, ehe er sich in sein neues Vaterland begab. In der That hatte damals weder König Georg selbst, noch irgend Jemand in Europa geglaubt, daß der neuen Regierung irgend welche Dauer be- schieden sei, und eine der Hauptbedingungen, welche der dänische Prinz für die Annahme stellte, war die Zusicherung einer Rente für den Fall, daß die Griechen ihm das Schicksal seines Vorgängers bereiten würden. Es ist ein Beweis für die Befähigung König Georgs, sich den Forderun gen des griechischen Parlamentarismus anzupassen, daß er unter der herz lichsten Theilnahme des Landes sein Rcgierungsjubiläum begehen konnte. Die Fortschritte, welche Griechenland während dieser Zeit gemacht hat, sind geradezu erstaunlich, und zwar sowohl in materieller, als in politischer Beziehung. In Trikupis ist dem jungen Königreich ein Staatsmann geworden, der mit sicherer Hand die Angelegenheiten des Landes lenkt, und der die Aera parlamentarischer Anarchie geschlossen hat, die so lange schwer auf Griechenland lastete Die Aufgabe, dem Königthum auf einem fo wenig vorbereiteten Boden eine Stätte zu bereiten, wurde König Georg wesentlich erleichtert durch die Persönlichkeit seiner Gemahlin, der Königin Konstantinowna, welche mit Feinsinn und klarem Verständniß in die neuen Verhältnisse eintrat und die sich die ungetheilte Liebe und Verehrung der griechischen Bevölkerung gewonnen hat. Die Verlobung des Thron folgers mit einer Prinzessin des deutschen Kaiserhauses hat der griechischen Dynastie jetzt aus's Neue Beziehungen zugefübrt, die ihrer Stellung dem eigenen Volk und Europa gegenüber nur von Vortheil sein können. Mit j hoher Befriedigung habe die griechische Dynastie und das griechische Volk . so den gestrigen Festtag begehen können, den die sympathische Theilnahme Deutschlands begleitete. Vaterländisches. Wilsdruff. Auf den Vortrag über: „Motoren für das Klein gewerbe", welcher heute Abend im „Gewerbeverein" gehalten werden wird, machen wir auch an dieser Stelle alle Gewerbevereinsmitglieder und Freunde des Vereins aufmerksam und bemerken dabei, daß das Thema von einem höchst beliebten und gewandten hiesigen Sprecher behandelt werden wird.— Auch an die nächsten Donnerstag Nachmittag kurz vor 2 Uhr am Hotel Adler hier stattfindende Controlversammlung seien die betreffenden Mannschaften aufmerksam gemacht und auf die in heutiger Nummer befindliche amtliche Bekanntmachung hingewiesen. — Meerane, 1. Novbr. Mitten in der festlichen Stimmung des Reformationstages wurden die Bewohner unserer Stadt durch die Kunde von einem furchtbaren Kindesmord und Selbstmordversuch in erklärliche Aufregung versetzt. Das Musiker Engelmann'sche Ehepaar hier, hatte kürzlich ein Kind an der Diphteritis verloren, wodurch die Frau, da sie sich die Schuld an dem Tode ihres Lieblings beimaß, in eine solche Ver zweiflung gerieth, daß sie den Plan faßte, auch ihrem eigenen Leben ein Ende zu machen. Gegen 4 Uhr gestern Nachmittag, als ihr Gatte bei einer Familienfcstlichkeit seinem Berufe oblag, schloß sie sich in ihrer Wohnung in einem Zimmer ein. Bald darauf wurden Nachbarn durch daraus hervordringendes verdächtiges Geräusch erschreckt und als sie endlich zu dem Gemach Zutritt erlangten, konnte sie eben noch sehen, wie Frau Engelmann in Folge mehrerer Beilhiebe, welche sie sich vor die Stirn versetzt hatte, bewußtlos blutüberströmt zusammenbrach. Daneben aber lag die Leiche ihres zweiten Kindes, welchem sie mit einem Wiegemesser den Hals fast vollständig durchgeschnitten. Sie wurde noch lebend in's Krankenhaus befördert, wo man, nachdem die arg verletzte Luftröhre ver näht worden, hofft, sie am Leben zu erhalten. Doch muß sie unausgesetzt scharf beobachtet werden, da sie bereits mehrere Versuche gemacht hat, ihren Selbstmord noch zu vollenden. Auch der Ehemann war, als er von dem Danze, zu welchem er eben aufspielte, nach Hause zu dem blutigen Drama geholt wurde, seelisch vollständig gebrochen, daß es nur mit Mühe gelang, ihn davon abzuhalten, sich gleichfalls ein Leids anzuthun. — Die Feier der Grundsteinlegung zum Reichsgerichtsgebäude sah in Leipzig eine ungeheuere Menschenmasse. Die Eisenbahnen allein hatten nahe an 80,000 Personen zu befördern. Aber auch zu Fuß und Wagen strömten Abertausende aus der Umgebung in die Stadt; im Ganzen werden einige Hunderttausend Menschen auf den Beinen gewesen sein. — Dresden. Für die hiesigen Getreidehändler Gebrüder Baruch und Hermann Heller ist nunmehr die Aussicht, sich das nette Sümmchen von annähernd 500000 M., zu welchen sie vor mehreren Monaten vom hiesigen Landgericht wegen Hinterziehung von Getreidesteuer verurtheilt wurden, zu erhalten, verschwunden. Beide hatten das Urtheil mit dem Rechtsmittel der Revision angefochten und letztere ist jetzt im vollen Umfange von dem Reichsgericht verworfen worden. Schwer wird den beiden Heller'», aus den der Staatsanwalt nahezu eine halbe Million Reichsmark zu schlagen verstand, das Zahlen immerhin werden, obwohl sie zu den Millionären zählen und neben einige Dutzend Häusern auch das hiesige Residenztheater besitzen. — Ein Wiedersehen, welches an die Geschichte vom verlorenen Sohn erinnert, fand dieser Tage in einer Familie in Seifhennersdorf statt. Die Tochter war vor 5 Jahren dem Manne ihrer Wahl nach Amerika gefolgt und die Eltern hatten seit dieser Zeit keine Nachrichten mehr empfangen. Da wird eines Nachmittags die Thür geöffnet und ein etwa vierjähriger zerlumpter Knabe hereingeschoben. Die Mutter will sehen, wer mit dem — wie sie annimmt — bettelnden Knaben gekommen ist, und kehrt mit dem erschreckten Rufe: „Es sind Zigeuner!"in die Stube zurück. Bald sollte ihr Schreck indessen noch größer werden, als sich ihr die draußen harrende, nothdürftig bekleidete Frau, die nach Art der Zigeuner ein etwa anderthalbjähriges Kind auf dem Rücken trug, als Tochter zu erkennen gab. Enttäuscht und verE-ssen war die Arme, gänzlich ohne Mittel, in die Heimath zurückgekehrt. — Am Sonnabend Abend wurde in Ziegenhain der Weichensteller Schneider von einem Güterzug überfahren und bis zur Unkenntlichkeit in 10 bis 12 Stücke getheilt. — Von der Wanderversammlung, welche der Meißner Thierschutz verein am 31. October 1888 nach Burkhardtswalde unternahm, erfahren wir Folgendes: Von Meißen waren 16 Mitglieder erschienen, welche vom Bahnhof Miltitz mit Geschirr, von dem Thierschutzverein in Burk hardtswalde zur Verfügung gestellt, abgeholt wurden. Im Gasthofe zu Burkhardtswalde eröffente der Herr Cantor Lehmann, Vorstand des dor tigen Zweigvereins, die Versammlung und ertheilte das Wort dem Herrn Lehrer Korb, Vorsitzender des Meißner Thierschutzvereins, welcher in einer zündenden einstündigen Rede den zahlreich erschienen Mitgliedern den Zweck die Grundsätze des Thierschutzvereins, mehrmals warm ans Herz legte. Der Vortrag wurde von der Versammlung mit großem Interesse verfolgt und sehr sympathisch ausgenommen. Nach demselben gab Herr Pastor Dr. Bürger daselbst, welcher die Versammlung durch seine Gegenwart beehrte, warme Worte der Anerkennung und Freude kund und wünscht dem Verein, welcher sich in so uneigenütziger Weise sich dem Schutze und Wohle der Thiere widme, ferneres Blühen und Gedeihen. Den zweiten Theil der Tagesordnung betraf die Prämiirung zweier Dienstboten, welche dem Verein von Seiten ihrer Dienstherrschaft vorgeschlagen waren, und zwar den Dienstknecht Grellmann zur Zeit bei Herrn Gutsbesitzer Geißler in Schmiedewalde uno den Dienstknecht Pietzsch zur Zeit bei Herrn Guts besitzer Knöfel in Seligstadt. Beide Dienstboten waren als treu bewährte Viehwärter bekannt und erhielten die übliche Prämie unter feierlicher An sprache seitens des Vorsitzenden des Meißner Thicrschutzvercins. Zum Schluß wurden noch einige Anfragen von den anwesenden Mitgliedern über Vogelschutz rc. gestellt, welche auch sofort Erledigung fanden. Schluß der Versammlung erfolgte gegen Uhr. Nachher gönnte man sich noch bei einem Glas Bier Erholungund der 9 Uhr-Zug brachte die Meißner Mit glieder in bester Stimmung wieder nach Meißen. — Unter den im Monat September bei der Königlichen Altersrenten bank zu Dresden gemachten Einlagen waren 12 Stück, deren Betrag die Höhe von 10000 M. und darüber erreichte. Zum größten Theil wurden durch diese hohe Einlagen sofort beginnende, in ihrer ersten Rate am 31. Dezember d. I. zur Auszahlung kommende Renten erworben. Darunter befand sich auch die höchste Einzahlung, welche bisher bei der Altersrenten bank gemacht worden ist, im Betrage von 43384 M.; es wurden damit eine jofort vom 22. Lebensjahre des Versicherten ab laufende Altersrente von 2000 M. erworben. WermischteS. * Dreifacher Mord. In Elberfeld hat der Landschaftsmaler und Musiker O. Kreutzer, ein Neffe des berühmten Komponisten Konradin Kreutzer, ein Wittwer im Alter von 43 Jahren, am Sonnabend, wie die „Elbs. Z." berichtet, seine beiden Söhne aus der Pension geholt und sie früh Morgens durch je zwei Schüsse getödtet. Nach dieser That richtete er die Mordwaffe auch gegen sich selbst. Kreutzer lebte in sehr gedrückten Verhältnissen, auch glauben Nachbarn in der letzten Zeit eine tiefe Schwer- muth an ihm wahrgenommen zu Habern StMsiememberaihssitzung vom 2. November 1888. 1) Wurde dem freiwillig aus dem Rathskollegium ausgeschiedenen Herrn Rechtsanwalt und Notar Ernst Sommer für seine 2 bez. 3jährige Amtirung als Stadtverordneter und unbesoldeter Stadtrath hierselbst Dank und Anerkennung ausgesprochen; 2) wählte man einstimmig den bisherigen Stadtverordneten, Herrn Amtsrichter vr. Gangloff, als unbesoldeten Stadtrath; 3) wurden Behufs Wahl eines Abgeordneten in den Bezirkstag an Stelle des ausgeschiedenen ehemaligen Herrn Bürgermeister Pilz in Lom matzsch als Wahlmänner die Herren Stadtverordneten Herrmann, Major, Busch, Galle und Partzsch sowie der unterzeichnete Bürgermeister gewählt; 4) soll die Rechnung des Herrn Civilingenieur Roscher in Dresden- Plauen für im Lause dieses Jahres gelieferte Pflastersteine passirlich ge macht werden, falls die betreffenden Herren Baudeputationsmitglieder gegen die in Ansatz gebrachte Quantität Steine Einwendungen nicht zu erheben haben; 5) faßte man Beschluß in einer Unterstützungssache. Wilsdruff, am 5. November 1888. Der Stadtgemeinderat h. — Ficker, Brgmstr. «Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Oktober. Getauft: Erwin Albert Georg, Wendelin Ervin Vogels, ans. Bürgers und Tischlermeisters hier, Sohn; Karl Albert, Johann Karl August Ballenthins, Tischlers hier, Sohn; Gustav Kurt, Gustav Moritz Däbritz, Buchbinders hier, Sohn. Getraut: Franz Paul Schremmer, Tischler hier, mit Amalie Auguste Krause hier. Beerdigt: Verwitw. Christiane Concordia Walther, Arbeiterin in Limbach, 64 I. 10 M. 18 Tg. alt, (ff im Bezirkskrankenhause); Franz Hermann Paul, Herm. Josef Adlers, Tischlermeisters hier, Sohn, 11 Tg. alt; Karl Gottlieb Dittrich, Nachtwächter in Rothschönberg, 65 I. 2 M. 3 Tg. alt, (ff starb im Bezirkskrankenhause); Anna Bertha Alma, Karl August Eidams, Tischlers hier, Tochter, 14 Tg. alt; Anna Frida, Karl Aug. Lorenz, Handarbeiters hier, Tochter, 3 M. 28 Tg. alt; Karl Gottlob Klemm, Bürg. u. Sattlermstr. hier, 70 I. 1 M. 7 Tg. alt; Wilhelm Rudolf Krippenstapcl, Leimfabrikant hier, 43 I. 9 M. 3 Tg. alt, (ff in der Heilanstalt Sonncnstein); verw. Sophie Wilhelmine gesch. Müller, geb. Müller, Strickerin hier, 51 I. 11M. 28Tg. alt; Richard Otto Schubert, Tischlergehilfe hier, 25 I. 9 M. 22 Tg. alt; Klara Alma, Ernst Julius Pentags, Handarbeiters hier, Tochter, 3 M. 9 Tg.alt. . Da in letzterer Zeit — veranlaßt durch s den großartigen Erfolg, den die Apotheker * Brandt'schen Schweizer- v pillen,wie allseitig bekannt, erzielten — wieder Präparate in den Handel gekommen sind, welche sich den Namen Schwcizerpillen beilegten, so achte man beim Ankäufe der seit 10 Jahren eingeführten von den meisten medizinischen Autori täten empfohlenen, allgemein beliebten und bewährten nur in Schachteln ü 1 Mx, erhältlichen Apotheker Richard Brandts Schweizerpillen ja darauf, daß sich auf der Etiquette jeder Schachtel ein weißes Kreuz " Rich. mu». Gasthaus zu Birkenhain. Sonntag, den 11. November 1888, Ermessest mit Tanzmusik, wozu freundlichst einladet Llreknvr.