Volltext Seite (XML)
Amtsblatt für die Kgl. KmtshauplmannschafL zu Weißen, das Kgl. Amtsgericht und den Stadtratb zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnemcntpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden MontagS und Donnerstags bis Mittags 12 Ubr angenommen. Nr. 69. Dienstag, den 28. August 1888. Komuieudttt Donnerstag, ven 30. os. Mts., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Stadtgemeinderathssitzung. Wilsdruff, am 27. August 1888. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Generalversammlung des Krankenkaffenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff. Zu der Sonnabend, den 1. September Vs. Js., Nachmittags 4 Ubr, im Saale des Hotels zum weißen Adler hier abzuhaltenden Generalversammlung werden die sämmtlichen Herren Ausschußmitglieder andurch ergebenst eingeladen. Tagesordnung. 1 ., Beschlußfassung über Abnahme der 1887er Rechnungen; 2 ., Dergleichen über Abänderung der Verbandsstatuten wegen der nach Punkt III der Verordnung vom 23. Mai ds. Js. in Kraft tretenden Bestimmungen über die Krankenversicherung der in der Land- oder Forstwirthschaft beschäftigten Personen; 3 ., Allgemeine Verbandsangelegenheiten. Wilsdruff, am 20. August 1888. Der Vorstand des Krankenkaffenverbandes im Amtsgerichtsbezirke Wilsdruff. Ficker, Brgmstr., Vors. TageSgefchichtc. Berlin, 24. August. Der König von Dänemark und Prinz Johann trafen auf dem Anhalter Bahnhof heute Abend 9 Uhr ein. Die Ehren compagnie stellte das zweite Garderegiment mit Fahne. Die Musik intonirte bei dem Einlaufen des Zuges die dänische Nationalhymne. Se. Mas. der Kaiser erwartete den König, den er mehrmals herzlichst küßte. Der Kaiser begrüßte ebenso herzlich den Prinzen Johann. Nach Vorstellung des beider seitigen Gefolges schritten die Allerhöchsten Herrschaften die Ehrenkompagnie ab. Der Kaiser geleitete den König und der Prinz Heinrich den Prinzen Johann zu Wagen nach dem königlichen Schlosse, von einem zahlreichen Publikum enthusiastisch begrüßt. Berlin. Der Besuch, welchen der König von Dänemark unserem Kaiser abgcstattet, darf als ein vollgiltiger Beweis dafür be trachtet werden, daß König Christian Frieden und Freundschaft mit Deutsch land halten will und daß ihm alle Bestrebungen fern liegen, in Gemein schaft mit Rußland und Frankreich im gegebenen Moment Deutschland seine Errungenschaft streitig zu machen. Der König von Dänemark, der nicht ermangeln wird, unserem Kaiser gegenüber die wiederholte Ver sicherung zu ertheilen, daß Dänemark für den Fall eines Krieges die strengste.Neutralität bewahren werde, handelt nur in vollster Ueberein stimmung mit der ungeheueren Mehrheit seines Volkes, das jeden Gedanken eines Anschlusses an Frankreich und Rußland, um an Deutschland für die Verluste, die es in dem letzten deutsch-dänischen Kriege erlitten, Rache zu nehmen, mit Entrüstung 'zurückweist! Wie gemeldet wird, wurden die Kaiserin Elisabeth und der Erz herzog Carl L udwig von Oesterreich von Sr. Majestät dem deutschen Kaiser zu Pathen bei der Taufe des jüngstgeborenen Sohnes des deutschen Kaiscrpaares gebeten. Ueber die Reisepläne Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm vernimmt die „Nat.-Ztg.", daß für den Tag der Abreise Ende September, vermuth- lich der 30., in Aussicht genommen ist. Der Kaiser wird sich zuerst nach Stuttgart, von da nach München begeben und sodann in Wien eintreffen. Von dort geht die Fahrt nach Rom mit einem Ausflug nach Neapel, wo u. A. ein großes Panzerschiff vom Stapel gelassen wird. Am 22. Oktober, als dem Geburtstag der Kaiserin, würde KaiserWilhelm in Potsdam zurück sein. In hochpolitischer Beziehung erhielt die letzte Woche ihr Gepräge durch den Besuch des italienisckenMinisterpräsidentenCrispi beim Fürsten Bismarck in Friedrichsruh. Von Dienstag Abend bis Donnerstag Mittag weilte Herr Crispi auf dem lauenburgischen Landsitze des Kanzlers, um sich dann nach Karlsbad zu begeben und die weitgrei fende Bedeutung dieses abermaligen Besuches dcS leitenden italienischen Staatsmannes beim Reichskanzler erhellt schon aus den hierbei entfalteten großen diplomatischen Apparate. Denn den Besprechungen zwischen beiden Staatsmännern wohnten italienischerseits der Botschafter Graf Launay in Berlin, sowie ein Stationschef des römischen auswärtigen Amtes und ein Sekretär des Ministerraths-Präsidiums und deutscherseits mehrere Beamte des Auswärdigcn Amtes bei. Daß den italienischen Cabinetspräsidenten keinerlei kriegerische Neigungen nach Friedrichsruh geführt haben. kann bei dem Character der italienischen Politik als selbstverständlich gelten; seine jüngste Reise nach Deutschland bekundet denn auch vor Allem, daß der mitteleuropäische Friedensbund fest und kräftig weiterbesteht. Darüber, kann man vorläufig nur Vermuthungen hegen. Indessen dürfte angesichts der europäischen Täqessituation die Annahme nicht unbegründet erscheinen, daß Crispi in Friedrichsruh persönlich Aufklärungen über die weitere Behandlung der Massauah-Angelegenheit und über die Bedeutung seiner auswärtigen Action geben wollte und daß demnach von den Friedrichsruher Conferenzen eine genauere, präzisere Formulirung der auswärtigen Politik Italiens zu erwarten stünde. Seitens der ausländischeu Presse erfährt die Reise CriSpi's nach Friedrichsruh im Allgemeinen eine der Aufrecht erhaltung des Friedens günstige Auslegung und meint z. B. die „Times", daß die Begegnung zwischen Crispi und Bismarck die Weiterexistenz der Allianz der Centralmächte und hiermit den Frieden verbürge. Der Zustand des Königs Otto vonBayern hat sich seit einigen Tagen bedenklich verschlimmert. Der Polizeidirector Müller ist plötzlich von seinem Urlaube zurückberufen worden und hat sich nach Fürstenried begeben. Eger, 25. August. Von zwei Secretären begleitet, traf der italie nische Minister-Präsident Crispi um 10 Uhr 15 Min. hier ein. Auf dem Bahnhof erwartete Graf Kalnoky seinen italienischen Collegen. Die Minister begrüßten einander aufs herzlichste durch Händedruck. Ein überaus zahlreiches Publikum hatte sich am Bahnhof angesammelt, um Zeuge der Empfangs-Scene zu sein. Die Minister gingen zu Fuß nach dem Hotel, wo eine Flucht von sechs Zimmer bereit gehalten wurde. Die Confercnz zwischen den beiden Diplomaten währte eine volle Stunde. Um 3 Uhr fand ein gemeinschaftliches Diner der Minister und ihres Gefolges statt. — Crispi reist morgen durch die Schweiz nach Italien zurück. Seine Gemahlin begleitet ihn, wiewohl ihre Cur noch nicht beendet ist. Graf Kalnoky ist sofort wieder nach Wien zurückgereist. Er wird demnächst eine Zusammenkunft mit dem Fürsten Bismarck haben, doch ist der Tag seiner Reise nach Friedrichsruh noch nicht bestimmt. Die Kundgebungen, welche bei der Feier des einjährigen Regierungsjubiläums des Fürsten Ferdinand von Bulgarien in Sofia wie in einem großen Theil des übrigen Landes stattgefunden, haben gezeigt, daß die Hoffnungen der Gegner des Fürsten wie der Unab hängigkeit Bulgariens noch weit davon entfernt sind in Erfüllung zu gehen. Die Haltung der Presse wie der Bevölkerung in ihrer großen Mehrheit gegenüber der beregten Feier hat durchaus keinen Anlaß gegeben, an der Fortdauer der soliden Zustände zu zweifeln, die sich im Laufe des letzten Jahres herausgebildet haben. Es mag vielleicht die Behauptung der bul garischen Regierungsblätter übertrieben sein, die ganze Nation schaare sich um den Fürsten, der vor einem Jahre in der Stunde der größten Gefahr in ihre Mitte getreten und sie gerettet, her wahrhaft den Titel eines Rege nerators von Bulgarien verdient habe und acclamiren ihn von Neuem zum Souverän und Herrscher des Landes, denn es giebt noch viele unzufriedene Elemente im Lande, aber es läßt sich nicht leugnen, daß die herrschende Partei in Bulgarien dem Fürsten Ferdinand ein großes Vertrauen entgegen bringt und daß Letzterer vor Allem auf die Armee, auf ihr Pflichtgefühl, ihre Stärke und Entschlossenheit zur Vertheidigung seines Thrones und der Unabhängigkeit des Landes zählen kann. Nicht minder günstig als nach Innen, haben sich die Verhältnisse Bulgariens nach Außen während des letzten Jahres entwickelt. Wer kann heute noch an die Intervention einer fremden Macht in Bulgarien glauben? Rußlands Blicke sind mehr nach dem Westen als nach dem Südosten Europas gerichtet. Es denkt nicht entfernt daran, seine Kräfte durch ein Engagement bezüglich der bulgarischen Affaire zu zersplittern, es hat längst Bulgarien sich selbst überlassen, bis zu der Wiederaufwallung der gesammten Orientfrage, die Türkei ferner hat andere Sorgen, als die Paragraphen des Berliner Vertrages bezüglich Bul gariens zur Anwendung zu bringen, sie fürchtet die Selbstständigkeit Bul gariens nicht und wird derselben keinerlei Hindernisse entgegensetzen. Eben so wenig werden Oesterreich-Ungarn und Italien, die ein Interesse ander Kräftigung Bulgariens haben, die Bulgaren in ihrer friedlichen Arbeit stören. Die gejammte europäische Konstellation ist demnach der gegenwärtigen Ent wickelung der bulgarischen Zustände durchaus günstig und wird dies so lange bleiben, als der Friede keine Störung erleidet. Fürst Ferdinand wird deshalb wohl noch manches Jahr den Tag seines Regierungsantrittes feiern, bis endlich die bulgarische Frage ganz von der Tagesordnung verschwunden sein wird. Wie verlautet, soll Prinzessin Clementine von Coburg in Petersburg sondirt haben, was der Zar sagen würde, falls der Fürst Ferdinand von Bulgarien, zur orthodoxen Kirche übertretend, um die Hand einer dem Zarenhofe verwandten Prinzessin anhalten würde. Die vermeinte Prinzessin soll eine griechische Königstochter sein. Die ertheilte Antwort ist, wie es heißt, nur ein Achselzucken gewesen, doch soll die Zarin von diesem Plane eingenommen sein.