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Blatt weiter, besondere Andeutungen nicht zu machen. So thör'cht wird l kein politisch ernsthaft Denkender sein, die Reise des Königs Albert von Sachsen und der Königin nach Stockholm und Kopenhagen blos für eine ! zufällige Sommererholung unseres Königspaares zu halten, sodaß es zu- ' fällig wäre, wenn der König von Sachsen und der Kaiser vou Deutsch land sich in Skandinavien begegnen. In Stockholm hat König Albert keine Schwierigkeiten gefunden, nachdem ihm die Umstimmung des dänischen Hofes gelungen war. — Daß die Königin Carola an der politischen Mission ihres hohen Gemahls in den nordischen Ländern theilgenommen hat, hat sich unschwer damit in Zusammenhang bringen, daß die sächsische Königin, bekanntlich das letzte Glied des schwedischen Geschlechtes der Wasa, das Heimathland ihrer Vorfahren noch nickt gesehen hatte, sodaß die jetzige Reise ihres hohen Gemahls willkommene Veranlassung bot, diesen sicher längst gehegten Wunsch zu erfüllen. — Die Ernteaussichten in unserem Erzgebirge sind in diesem Jahre recht erfreuliche. Im Verhältniß zur Ebene ist zwar Alles noch um einige Wochen zuriück, sodaß die Getreideernte vielleicht erst in 4 Wochen wird beginnen können, aber das Getreide steht prächtig. Die Aehren sind lang und voll, das Stroh infolge der anhaltend kühlen und feuchten Wit terung der letzten Wochen ziemlich lang Der Hafer schoßte und stebt üppig. Der Flachs blüht und erreicht an manchen Stellen eine Länge von 1 Meter. Kartoffeln und Rüben stehen ebenfalls gut, wie man dies in den steinigen und bergigen Neckern kaum erwarten sollte. Die Heuernte hat leider Heuer infolge des fast täglich herniederströmenden Regens seit den letzten vier Wochen eine recht bedeutende Verzögerung erfahren, so daß dieselbe jetzt erst recht eigentlich beginnt. Das früher gemähte Gras ist stark gebleicht. Die Waldbeeren, besonders die Heidelbeeren, sind reichlich und groß. — Dresden, 18. Juni. Nach dem soeben veröffentlichten 12. Rechenschaftsbericht des Sächsischen Militär-Lebens Versicherungs- Vereins ist das verflossene Geschäftsjahr wiederum recht günstig verlaufen, sowohl hinsichtlich der Sterblichkeit als auch des Zuganges an neuen Ver sicherungen. Es traten insgesammt 2618 Mitglieder mit 493 430 Mk. Ver sicherungssumme neu bei, so daß am 31. Januar 1888 ein Bestand von 12 370 Mitgliedern mit 2 487 113 Mk. 50 Pf. Versicherungs-Kapital vorhanden war. Die Prämien- und Zmseneinnahme betrug 85 296 Mk. 25 Pf., die Gesammtausgabe 49 185 Mk. 96 Pf.; daraus ergiebt sich ein Ueberschuß von 36 110 Mk. 29 Pf. Die Todesfälle sind gegen das Vor jahr um 22 zurückgeblieben, da nur 122 Mitglieder starben, für welche 21 915 Mk. 63 Pf. ausgezahlt worden sind. Die Bilanz schließt mit einem Ueberschuß von 9571 Mk. 90 Pf. ab. Hieraus ergiebt sich die stetige Ausdehnung und Weiterentwickelung des kameradschaftlichen Instituts, dem bekanntlich auck Se. Majestät der König reges Interesse widmet. Auch der Kriegsversicherung hat man gedacht; in dem Bericht heißt es hierüber: „Schon seit längerer Zeit, aber ganz besonders im abgelaufenen Geschäfts jahr haben sich die Lebensversicherungs-Gesellschaften mit der Uebernahme der Kriegsversicherung beschäftigt, aber bis heute sind sie im großen Ganzen noch zu keinem bestimmten Erfolge gelangt. Man verhält sich allgemein noch abwartend. Auch unser Verein hat sich im Interesse seiner Mitglieder eingehend mit der Frage der Kriegsversicherung beschäftigt und es kann hier schon ausgesprochen werden, daß er bei eintretendem Kriegsfall seinen wehr pflichtigen Versicherten die denkbar leichtesten Bedingungen für die Ueber nahme des Kriegsrisicos stellen wird, soweit dies ohne Gefährdung derGe- sammtinteressen des Instituts möglich sein kann. Vor der Hand sind von dem reinen Ueberschusse von 9571 Mk. 90 Pf. 4500 Mk. als ein be sonderer Reservefond zur Erleichterung der eventuellen Uebernahme des Kriegs risicos eingestellt worden. Bemerkt sei nock, daß dem Vereine jüngst durch Verleihung des Albrechtskreuzes an den i. Vorsitzenden, Herrn Hauptsteuer- amts-Asststent Richter, eine hohe Ehre zu Theil geworden ist. Die Direc- tion sagt hierzu: „Durch diesen Act königlicher Huld und Gnade fühlt sich der gesammte Verein überaus geehrt: die Augen unseres edlen Königs und , höchster Behörden ruhen auf unserer Arbeit". In dem kameradschaftlichen Institut kann jeder ehemalige Militär als auch dessen Angehörige ein Ka pital (schon von 100 Mk. an) für den Todesfall, Erlebenstermin, wie auch in der Kinderaussteuerung, durch Erwerbung der Mitgliedschaft, gegen vierteljährige mäßige Beiträge versichern. Als Obmann für Wilsdruff u. Umgegend wird Kamerad Hugo Hörig gern bereit sein, Aufschluß über Alles zu geben, wie auch Mitglieder aufzunehmen. — Die in VvunAoUois beauftragten Herren Staatsminister haben die Veranstaltung einer allgemeinen Landeskollekte zum Besten des Kirchenbaues in Hammerbrücke für Sonntag, den 19. August d. I. be willigt, nachdem dieselbe am Sonntage vorher, sowie am Sammeltage selbst von ven Kanzeln abgekündiflt worden ist. Das Landeskonsistorium bemerkt hierbei, daß der Ort Hammerbrücke nebst Friedrichsgrün zur Parochie Falken stein im Voigtlande gehöre und bei einer Bevölkerung von etwa 1500 Seelen weit entfernt von der Pfarrkirche im oberen Muldenthale liege, sowie daß die Verbindung mit Falkenstein schwierig, zur Winterszeit aber fast unmöglich sei. Wenn auch seither in der Schule zu Hammerbrücke allmonatlich Gottesdienste abgehalten worden seien, so habe sich diese Ein richtung doch als unzureichend erwiesen, und es solle dem Bedürfniß durch den Bau einer kleinen Kirche abgeholfen werden. Der Bau würde etwa 25 000 Mk. kosten, wozu bis jetzt nur 10 000 Mk. vorhanden seien, und da die Gemeinden Hammerbrücke und Friedrichsgrün arm und bereits mit Abgaben reichlich belastet seien, so könne der Bau ohne die kräftige Mit hilfe der Landeskirche nicht zu Ende geführt werden, weshalb die Hoffnung der beiden armen Gemeinden darauf gerichtet sei, daß ihnen der Fehlbedarf von der christlichen Mildthätigkeit werde gewährt werden. — Zwölf Leipziger Taubstumme, die mit zehn Loosen in der Braunschweiger Lotterie spielten, haben bei der letzten Ziehung zusammen 200 000 Mk. gewonnen. — Frankenberg, 26. Juli. Dreizehn zum Theil ganz unbe mittelte Familien sind durch ein heute Vormittag ausgebrochenes Schaden feuer obdachlos geworden. — In Moritzburg findet am 3. August Roß-, Vieh- und Kram markt statt. — Das Recht der Innungen, Geldstrafen zu verhängen, ist von einem Jnnungsmeister der Saganer Schneider-Innung bestritten und die gerichtliche Entscheidung darüber beantragt. Die Saganer Innung hatte eine Geldstrafe von 5 Mk. über den Meister verhängt, weil er einem seiner Lehrlinge den Gesellenbrief ausgefertigt hatte, ohne von ihm ein den Jnnungsvorstande zur Begutachtung vorgelegtes Gesellenstück anfertigen zu lassen, wie das vom Jnnungsstatut vorgeschrieben ist. Der Meister stützt seine Weigerung zu zahlen darauf, daß das Gesetz den Innungs- Vorständen das Recht, Geldbußen zu verhängen, nicht verliehen habe. — Aus Deutscheinsiedel schreibt man den „Dr. Nachr.": Ein Begräbniß war es, wie es unser Ort wohl noch nicht gesehen hat, und, will's Gott, auch nicht gleich wieder sehen wird. Am Donnerstag Nach mittag wurden die drei Geschwister Bräuer aus Brüderwiese, welche am Montag Abend vom Blitze erschlagen wurden, auf dem Gottesacker zu Deutsch-Einsiedel zur letzten Ruhe bestattet. Wohl an 12—1500 Personen waren als theilnehmende Grabeleute aus der ganzen Umgegend von nah und fern herbeigeströmt, um den plötzlich aus dem Leben Gerissenen die letzte Ehre zu erweisen. Ein unabsehbarer Leichenzug bewegte sich unter Vorantritt eines Musikkorps nach dem Friedhose. Herr Pastor Tietze aus Neuhausen hielt eine tief ergreifende Grabrede. Die alten Eltern, welche so Plötzlich drei ihrer hoffnungsvollen Kinder beraubt sind, waren ganz untröstlich. — Eine ganz interessante Wette wurde dieser Tage in einer Meißner Werkstätte zum Austrag gebracht. Ein Gehilfe rühmte sich, die verschiedenen Biere dortiger und auswärtiger Brauereien sofort durch den Geschmack er kennen und bezeichnen zu können und ging eine Wette ein, mit verbundenen Augen die ihm vorgesetzten aus drei Sorten bestehenden Biere nach mehr maligem Trinken immer noch richtiger bezeichnen zu wollen. Bei dem erstmaligen Trinken traf auch seine Bezeichnung richtig zu, beim zweiten Male nur theilweise und beim dritten Male war die Zuverlässigkeit ganz geschwunden denn das „Einfach" wurde als „Bayrisch", das „Lager" als „Einfach" und das „Bayrisch" als „Lager" bezeichnet. Wer glaubt, seines Geschmackes sicher zu sein, der möge dieselbe Probe machen, vielleicht ge lingt es ihm besser. Hauptsache ist natürlich, daß die Augen vollständig verbunden sind und daß nicht „geguckt" werden kann, denn das gilt nicht! Den Meisten dürfte es ebenso ergehen, trotzdem wohl Keiner es vor dem Ver such wird zugeben wollen. — Als ein warnendes Beispiel für alle Arbeitgeber mag folgendes Vorkommniß dienen. Ein Landwirth in Sulzbach hatte kürzlich zwei durchreisende Handwerksburschen behufs Stcinebrechms auf einem seiner Grundstücke in Arbeit genommen, ohne der ihm als Arbeitgeber obliegenden Pflicht der sofortigen Anmeldung zur Unfallsversicherungskaffe nachzukommen. Ein böser Zufall wollte nun, daß einer dieser Handwerksburschen, von Profession ein Bäcker, bei der Arbeit verunglückte und von Steingeröll fast gänzlich verschüttet wurde, so daß derselbe schwerverletzt vom Platze gefahren werden mußte. Durch die Versäumniß der Anmeldung zur Un fallkasse ist der Landwirth um eine bittere Erfahrung reicher geworden, denn der Verunglückte, dessen Verpflegungskosten zu tragen ersterer als Arbeitgeber verpflichtet, ist noch nicht wieder geheilt. — In den letzten Tagen dieses und der ersten Hälfte des nächsten Monats wird wieder eine besonders große Anzahl von Sternschnuppen fällen zu beobachten sein. Der Ausgangspunkt der Meteore liegt im Sterbebild des Perseus (daher der Name „Perseidenschwarm"). Am günstigsten zum Beobachten sind die Stunden nach Mitternacht. — In einem unbewackten Augenblicke entlief in Cämmerswalde das ^jährige Kind des Bretschneiders Preißler der Obhut seiner 5jährigen Schwester — die Eltern waren im Heu beschäftigt — und fiel in den Mühlgraben, der das unglückliche kleine Wesen mit sich bis zur Mühle führtej wo es in der Radstubc ertrunken aufgefundcn wurde. — Beim Herannahen der militärischen Herbstübungen empfiehlt es sich, Postsendungen für die an den Uebungen teilnehmenden Truppen zur Vermeidung von Verzögerung nicht nach den in kurzen Zwischen räumen wechselnden Marschquartieren, sondern stets nur nach dem ständigen Garnisonsorte zu richten. Für die richtige Leitung dieser Briefe wird dem nächst postseitig besondere Sorge getragen. Ferner ist es dringend noth wendig, in den Briesaufschriften und Familiennamen (unter Umständen auch Vornamen oder Ordnungsnummer), den Dienstgrad und den Trup pentheil — Regiment, Bataillon, Compagnie, Schwadron, Batterie, Co lonne u. — genau anzugeben. — Zn der Niederlausitz sind durch daselbst eingefallene Wander heuschrecken ansehnliche Verheerungen angkrichtet worden, indem große Strecken Land kahl abgefressen worden sind. In den Schwärmen sind mehrere Acter von Heuschrecken erkannt worden, von welchen die Zugheuschrecke (Zcriäium migrutorium I,.), welche bereits in der Bibel als Arbeth als gefürchtetes Insekt beschrieben wird, am zahlreichsten ver treten ist. Mehrere an den Museumdirektor Schaufuß in Meißen behufs wissenschaftlicher Untersuchung gesandte Exemplare hatten nicht nur den ! mitgegebenen Futtervorrath, sondern theilweise einander sich selbst aufge fressen. Dies aus der Tartarei stammende gefräßige Thier wird hoffentlich nicht weiter Vordringen. Ein hoher Gast. Humoristische Erzählung. (Nachdruck verboten) Am Rande des Wäldchens weit draußen an der Landstraße saß, in trübes Sinnen versunken, ein junger Mann von einnehmendem Aeußeren, offenbar den besseren Ständen angehörig. Abwechselnd warf er einen Blick auf einen halbzerknitterten Brief, den er in der Hand hielt und dann wieder auf das Städtchen in der Ferne und eben jetzt murmelte er ingrimmig die Worte: „Wenn nur ein Erdbeben in dieses vermaledeite Spießbürgernest fahren und die ganze Krähwinkelgesellschaft durcheinanderrütteln wollte! Das ist nicht zu ertragen! Jetzt ist alles verloren und diese Krämer seelen lachen noch aus Hohn dazu. Wenn jetzt kein Retter vom Himmel kommt, so kann ich einpacken und Luise auf ewig Lebewohl sagen." In dumpfen Sinnen blickte er dann wieder in die Ferne die Land straße entlang, deren schnurgerade Linie von freundlich grünenden Bäumen eingefaßt war. Plötzlich horchte er auf. Aus der Ferne klangen Töne an sein Ohr. Bald unterschied er deutlicher die Worte eines Studenten liedes, das mit seinem munteren Refrain ihn aber nur noch verdrießlicher stimmte, so daß er sich zuletzt ärgerlich in's Gras streckte und dem nahenden Wanderer den Rücken wandte. Indessen war der Sänger näher gekommen, war stehen geblieben und plötzlich vernahm der Daliegende den fröhlichen lachenden Ruf: „Aber, Max, was machst Du denn hier im Straßengraben? Das hätte ick ja gar nicht schöner treffen können! Ich bin eben auf dem Wege, ! Dich zu besuchen, um zu sehen, wie weit Du es in der Giftmischerei schon gebracht hast und da liegst Du hier draußen und machst ein Gesicht als hättest Du ein schreckliches Unglück erlebt." Des Angcredeten Züge erhellten sich bei dieser Anrede und rasch : sprang er auf und drückte dem Freunde die Hand, der noch fortfuhr: : »Sieh', ich hatte in der Nähe Deiner Residenz ein Geschäft und : komme eigens Deinetwegen einen Tag früher, denn nach meiner Berchnung i muß ja nach Deiner Etablirung als vermögender Fabrikbesitzer und der- i einstiger Rath der Stadt, auch die Hochzeit mit Deiner so reizend ge- t schilderten Luise nahe sein und da dachte ich denn, ich könne einen Tag c hier bei Dir zubringen, um mich Deinen wackern Schwiegereltern als ein Brautführer zu empfehlen, den für die Solidität des jungen Gatten jede erdenkliche Garantie übernehmen kann. Aber wo hast Du denn Deine l Zukünftige? Du wirst doch nicht hier ganz allein die Zeit vergeuden, , die ihr gebührt?" - Seufzend entgegnete der also Aufgemunterte, der junge Fabrikant i Schirmer: t »Ja, ja, Du weißt aber nicht, wie es hier steht, lieber Curt. Mit r Luise ist ja alles gut, aber die Eltern wollen einmal nicht, der Vater ist s so hochstrebend und unverständig und hat sich eingeredet, Luise müsse den e Hauptmann von Waldow heirathen, da komme sie in den Adel und er