Volltext Seite (XML)
WM, W«, Mtülktz »d die WWckL AtnLsbtcrLL Hr tie Kgl. KmtshauptmannschafL zu Meißen, das Kgl. Amtsgericht und den Stadkath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg.— Inserate werden Monta,« und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Nr. 79. Dienstag, Den 2. October 1888. " Bekanntmachung. Der diesjährige hiesige Herbstmarkt wird Donnerstag, den 18. und Freitag, den 1S. Oetober, abgehalten. Wilsdruff, am 24. September 1888. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. EageSgeschichte. Der Eintritt Hamb urgs in den deutschen Zollverband steht am 15. Oktober d. I. bevor und es kommt damit ein Werk von nationaler und wirthschaftlicker Bedeutung zum Abschluß. Die Theil- nahme des Kaisers an der Feier wird diesem Ereigniß die würdige Weihe geben. Nahezu zehn Jahre sind verflossen von den ersten Versuchen, den Zollanschluß Hamburgs zu bewirken, bis zu der endlichen Vollführung des Werkes. Man wird sich noch erinnern, mit wie großem Widerstand und welchen Schwierigkeiten der Plan bei seinem ersten Auftreten zu kämpfen hatte, wie viel Aergerniß die angewandten Pressionen erregten, zu wie hef tigen Stürmen es darüber im Reichstag kam. Die Entscheidung wurde dann durch einen am 25. Mai 1881 abgeschlossenen Vertrag zwischen dem Reich und Hamburg getroffen, wonach die letztere Stadt an einem nach dem 1. Oktober 1888 vom Bundesrath festzustellenden Termin in den Zoll verband eintritt, wogegen ibr ein verkleinerter, jedoch für die Welthandels und Exportindustrieinteressen genügender Freihafenbezirk gewährt wird, der ohne Hamburgs Zustimmung weder aufgehoben, noch eingeschränkt werden kann. Das Reich verpflichtete sich zur Tragung der Hälfte der Kosten für die erforderlichen neuen Bauten und Anlagen bis zum Höchstbetrag von 40 Millionen Mark. Der Reichstag stimmte diesem Kostengesetze mit ansehnlicher Mehrheit zu, nur ein Theil des Centrums und der deutsch- freisinnigen Partei verhielt sich ablehnend. Im nationalen und wirth- schaftlichen Interesse mußte die endliche Lösung dieser Frage mit Genug- thuung begrüßt werden. Damit und mit dem bald darauf folgenden ähn lichen Vertrag mit Bremen war endlich die Bestimmung der Reichsver fassung zur Wahrheit gemacht, nach welcher Deutschland ein einheitliches Zoll- und Handelsgebiet bilden soll; nicht nur das ideelle nationale In teresse, sondern auch sehr reale materielle Gesichtspunkte sowohl auf Seiten Hamburgs, als des Reichs forderten längst den Zollanschluß. Wie der Hamburgischen Industrie jetzt erst ein genügender Markt durch ein um fangreiches Hinterland eröffnet werden wird, so wird der Gewerbefleiß Deutschlands erst durch den Zollanschluß an dem Exporthandel seines größten Seeplatzes gebührenden Antheil nehmen. Der ganzen Bedeutung des Hamburger Exports wurde man sich im Jnlande jetzt erst bewußt, während man andererseits auch in Hamburg bisher oft die Leistungsfähig keit der deutschen Industrie unterschätzt hatte. In einer Vorlage des Hamburgischen Senats an die Bürgerschaft wurde die voraussichtliche Wirkung des Zollanschlusses folgendermaßen dargestellt: „Der Besitz eines, wenn auch verkleinerten Freihafenbezirks, welcher nach wie vor die freie Beweguna von Schiffen und Waaren und die Fortexistenz der Ex- portindustriebctriebe gewährleistet, und eine Zollverwaltung, welche die Aufrechterhaltung der thunlichst erleichterten Verbindung dieses Freihafen bezirks mit dem Zollgebiet zu ihren amtlichen Pflichten zu zählen haben wird, diese beiden durch das Entgegenkommen der Reichsregierung vertrags mäßig gesicherten Zugeständnisse werden hoffentlich ausreichen, um auch den internationalen Handel Hamburgs im Großen und Ganzen auf seiner bisherigen Höhe zu erhalten, während der eintretende unbehinderte Verkehr mit dem Jnlande voraussichtlich die Wirkung haben wird, für die dennoch unvermeidlichen Verluste durch die Eröffnung mancher neuen Beziehungen zu entschädigen". Mögen sich die Hoffnungen, die man allerwärts in Deutschland an die nunmehr nahe bevorstehende Vollendung unserer Zoll- einheit knüpft, in reichem Maße erfüllen! Die abgelaufene Woche ward in Bezug auf die innerpolitischcn An gelegenheiten zumeist von den Erörterungen über das veröffentlichte Tage buch Kaiser Friedrichs beherrscht. DieEchtheit dieser Aufzeichnungen est bekanntlich von offiziöser Seite stark in Zweifel gezogen worden und auch Fürst Bismarck hat dieselben wenigstens als nicht von authentischem Herkommen bezeichnet. Dennoch ist ihre Geschichte noch nicht ganz aufge klärt, nur scheint es, daß der noch immer unbekannte Gewährsmann, dem die „Deutsche Rundschau" die von ihr zuerst veröffentlichten Fragmente aus dem angeblichen Tagebuche des hochseligen Kaisers ,.verdankt", Wahres mit Falschem vermischt und sich eine höchst bedenkliche „Redaktion" der kaiserlichen Aufzeichnungen gestattet hat; indessen läßt sich der weitere Ent wicklungsgang der Affäre durchaus noch nicht übersehen. Inwieweit der Vortrag, dm der hierzu eigens von Friedrichsruh nach Potsdam gekommene Reichskanzler dem Kaiser noch unmittelbar vor dessen Abreise gehalten hat, mit der Tagebuch-Angelegenheit zusammengehangen hat, wie verschiedentlich behauptet wird, muß ebenfalls noch dahingestellt bleiben. Die Kaiserreise. Bei dem glänzenden Galadiner, das am Don nerstag nachmittag 2 Ubr im weißen Saale des Stuttgarter Schlosses zu Ehren Kaiser Wilhelms stattfand, brachte König Karl folgenden Toast aus: „Ich trinke auf das Wohl Sr. Majestät des Deutschen Kaisers, dessen Besuch uns hoch erfreut hat. Ich wünsche, daß Gott Ihm eine lange und glückliche Regierung schenken möge, zum Heile der Kaiserlichen Familie und zum Segen für unsere Deutsche Heimath." Kaiser Wilhelm erwiderte darauf: „Ich danke Ew. Majestät herzlich für Ihre freund lichen Worte, Ich danke insbesondere für die gnädige Einladung Ew. Majestät, welche Mir Gelegenheit geboten, in diese schöne Land zu kommen, welches unter der gesegneten Führung Ew. Majestät sich einer so sicht baren Blüthe erfreut, in dieses Land, welches schon im Mittelalter Deutsch land so viele hervorragende Regenten geschenkt hat, in dieses schöne Land, welches die Wiege Meiner Väter ist. Glauben Sie Mir, auch in Meinen Adern rollt süddeutsches Blut, wie in einem Jeden von Ihnen. In diesem Sinne trinke Ich auf das Wohl Ihrer Majestäten." Nachmittags 4 Uhr, nach Schluß des Diners, begab sich der Kaiser mit dem Könige, der Königin und sämmtlichen Mitgliedern des Königliche» Hauses nach dem Bahnhofe, woselbst die Staatsminister, die Generalität und die Hof würdenträger zur Verabschiedung anwesend waren. Der Kaiser verab schiedete sich auf das Herzlichste von dem Könige und grüßte wiederholt aus dem Fenster seines Waggons. Um 4 Uhr erfolgte unter enthusiasti schen Zurufen des zahlreich anwesenden Publikums die Abfahrt Sr. Ma jestät," worauf der König nach dem Schlosse zurückkehrte. Der Kaiser setzte seine Reise nach Ulm fort, wo er Nachmittags 6 Uhr eintraf. Es fand kein offizieller Empfang statt. Se. Majestät empfing den Oberbür germeister Heim im Salonwagen und unterhielt sich einige Minuten huldvollst mit demselben. Nach dem Maschinenwechsel setzte sich der kai serliche Extrazug wieder in Bewegung. Abends KU/? Uhr traf der Kaiser mit halbstündiger Verspätung in Constanz ein und wurde am Bahnhofe von dem Großhcrzog und dem Erbgroßherzog empfangen. Nach herzlicher Begrüßung und Vorstellung der Militair- und Civil-Behörden fuhren die Allerhöchsten Herrschaften in offenem Wagen über den prachtvoll erleuch teten Bahnhofsplatz nach dem Hafen. Unterwegs bildeten Militair und Vereine Spalier und begrüßten Se. Majestät mit enthusiastischen Kund gebungen. Um 11 Uhr fuhr der Salondampfer nach der Mainau ab, von zahlreichen Booten begleitet. Der See war glänzend beleuchtet, an den Ufern wurde fortgesetzt Feuerwerk abgebrannt. Zum Besuch Sr. Maj. des Kaisers Wilhelm in München schreiben die dortigen „Reuest. Nachr.": Kaiser Wilhelm I., Kaiser Friedrich, sie sind dahingegangen; aber was sie geschaffen und was sie gewollt, es lebt kraftvoll und unerschütterlich weiter in Deutschland. Zum ersten Mal wird Kaiser Wilhelm II. in Süddeutschland weilen. Noch knüpft sich an ihn nicht jene Tradition, die mit den Gestalten seiner Vor gänger so untrennbar verbunden war. Aber der jugendliche Fürst ist uns darum kein Fremder. Er ist die Verkörperung der Idee, welche jahrhundertelang der geheime mächtige Herzenswunsch aller Deutschen war, er ist der Träger unserer Kaiserkrone — er ist der Unsere! Und wie die deutschen Fürsten in den trüben Tagen des Juni sich um den jungen Kaiser scharten, als es galt der Welt zu beweisen, wie fest und stark die Einigung Deutschlands begründet ist, so wird Kaiser Wilhelm bei seiner Reise durch Süddeutschland erfahren, daß das gesammte deutsche Volk mit gleicher Treue und Festigkeit zu seinen Fürsten und zu seinem Kaiser hält. Mit warmer herzlicher Freude, mit aufrichtiger Begeisterung sehen die Süddeutschen dem Besuche des Kaisers entgegen. Werden doch die Tage, in denen er unter uns weilt, eine stolze, erhebende Erinnerung daran sein, daß das deutsche Kaiscrthum kein Traum, kein inhaltloses Wort mehr ist, daß das deutsche Volk nach langem, schwerem Ringen die Erfüllung dessen gesehen, was es erhofft und ersehnt. Für den Beginn der neuen Reichstagssessi on ist, wie man hört, ein Tag in der zweiten Hälfte des November in Aussicht genommen. Es wird, wie man annimmt, möglich sein, bis dahin nicht nur den Reichs haushalt, sondern auch die Altersversicherungsvorlage fertig zu stellen, so daß es dem Reichstag nicht an Beschäftigung fehlen wird. Die Vorlegung des Altersversicherungsentwurfs gleich am Anfang der Session ist fast un erläßliche Vorbedingung des Zustandekommens des Gesetzes. Dasselbe wird jedenfalls in eine Kommission verwiesen werden und hier sehr langwierigen Verhandlungen unterliegen, da eine Reihe der wichtigsten Bestimmungen auf lebhafte Meinungsverschiedenheiten stoßen werden. Daß eine ander weite Regelung der Sozialistenfrage schon in der bevorstehenden Ses sion, sei cs aus der Initiative des Bundesraths oder des Reichstags, zu erwarten sei, wird, so schreibt die „Nat. Lib. Korr.", nicht für wahrschein lich gehalten. Es ist dazu auch noch Zeit in der zweitfolgenden Session. M 'Mons, 28. September. Seit gestern wüthet ein unterirdisches Feuer im Schachte „Grand Trait" des Steinkohlenbergwerkes Agrappe in Fra- meries. Die Wettermaschine ist außer Thätigkeit gesetzt, um die Zuführung von Luft zu verhindern. Bisher ist nur Material vernichtet worden.