Volltext Seite (XML)
dächtnißrede am Sarge, welcher der Text zu Grunde lag: „Herr, nun lassest du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben seinen Hei land gesehen." (Lucas Kap. 2, Vers 29 und 30). Die Trauerfeierlich keit im Dom begann mit einem leisen Orgelpräludium, während dessen sich die Trauervcrsammlung einfand. Hierauf verlas ein Geistlicher Stellen aus Psalm 90 und Evangelium Johannis 11, Vers 25 und 26. Der Domchor sang: „Ich weiß, daß mein Erlöser lebt". Sodann wurden Stellen aus Psalm 91, Thimotheus Kap. 4, Vers 7 und 8 verlesen mit dem Schluß: „Selig sind die Todten, die in dem Herrn sterben". Der Domchor respondirte: „Ja, der Geist spricht, daß sie ruhen von ihrer Ar beit, denn ihre Werke folgen ihnen nach". Hierauf folgte das Eingangs gebet. Die Gemeinde sang: „Was Gott thut, das ist wohlgethan". Dann folgte die Gedächtnißredc des Oberhofpredigers Dr. Kögel am Sarge, und als Schlußgebet das Vaterunser und Gesang der Gemeinde: „Wenn ich ein Mal soll scheiden". Hierauf wurde aus Graun's „Tod Jesu" von Mitgliedern der Sing-Mademie vorgetragen: „Wie herrlich ist die neue Welt". Die Segensertheilung durch Dr. Krgel erfolgte um 12^ Uhr. Draußen ertönten Jnfanteriesalven. Mit dem „Heilig, heilig ist der Herr" schloß die Feier im Dom. Der Zug begann sich zu ordnen. Bei der Feier im Dom wird der Reichskanzler, der auch vom Zuge nach dem Mau soleum fern bleibt, sowie Graf Moltke nicht anwesend sein. Die Dom kirche machte einen düsterfeierlichen, überwältigenden Eindruck. Bei Be ginn des leisen Orgelspiels traten der Oberstkämmerer und die Minister hinter die Tabourette, auf welchen die Reichsinsignien lagen. General v. Pape trat mit dem Reichspanier an das Kopfende des Sarges, neben ihm mit gezogenem Degen die Generaladsutanten Graf Lehndorff und Prinz Radziwill; am Fußende des Sarges sammelten sich General- und Flügel adjutanten. Während das Orgelspiel fortdauerte, traten die Fürstlichkeiten ein. Kurz vor 12 Uhr erschien der Kronprinz, in der Loge die allerhöchsten Damen. Auf ein Zeichen des Oberceremonienmeisters intonirte die Orgel laut, der Gottesdienst begann. Der Kronprinz stand in der Mitte des Schiffs hinter dem Reichspanier, neben ihm die Könige von Sachsen, Bel gien und Rumänien, ganz in seiner Nähe der Großherzog von Baden, die Prinzen Heinrich, Albrecht und die übrigen Prinzen des königlichen Hauses, der österreichische Kronprinz Rudolf, der Großfürst-Thronfolger und die Großfürsten Michael und Nikolaus von Rußland, der Prinz von Wales, die Kronprinzen von Italien, Dänemark und Griechenland in Uniform ihres Landes, die Prinzen von Bayern, der Großherzog von Hesfen und alle übrigen anwesenden Fürstlichkeiten. In der nächsten Reihe des Schiffs der Kirche hatten die Vertreter der fremden Mächte, darunter der franzö sische General Billot mit Begleitung Platz genommen. Die Diplomaten loge war voll besetzt. Oberhofprediger Dr. Kögel hob in seiner Gevächt- nißrede hervor, mit der Kaiserin, mit dem Kaisersohne, der trotz eigenen Leidens in unsere Mitte zurückkehrte, mit der Tochter, die von derTodten- bahre des Sohnes sich erhob, um am Krankenbette des Vaters zu stehen, mit dem ganzen Königshause trauere das ganze Volk um den Kaiser, der die deutsche Einheit gegeben, und der ein leuchtendes Vorbild aller Tugen den gewesen sei. Der bevorstehende Geburtstag des Kaisers am 22. März habe, wie immer, ein Tag allgemeiner Freude sein sollen, sei aber zu einem Tage allgemeiner Trauer geworden. Der Kaiser habe seine Jugend in Drangsal und Noth verbracht, sein Leben als glänzendstes und volksthüm- lichstes aller Herrscher geschlossen. Der Kaiser habe siegreiche Kriege ge führt, die Fahnen seines vielgeliebten Heeres gern rauschen hören, und sei doch durch und durch ein Mann des Friedens gewesen. „Wo der Heiland ist, da ist Vergebung der Sünden, da ist Frieden." Dr. Kögel hob, den zu Grunde gelegten Text ausführend, die Gottesfurcht und das Gottver trauen des Heimgegangenen hervor und verwies auf den Ruheplatz des Kaisers bei seinen theueren Eltern in Charlottenburg. Nack der Trauerfeier im Dom fuhr die Großherzogin von Baden zu der Kaiserin Augusta, welche den Zug vom Fenster aus verfolgte, bei welchem der Kronprinz, unmittel bar hinter dem Sarge, einen tiefergreifenden Eindruck machte, passirte das Brandenburger Thor gleich nach 2 Uhr und traf im Mauseleum nach 3 Uhr ein. Der Kaiser stand am Fenster des großen, nach dem Park zu gelegenen Saales in Generalsuniform mit dem Band des Schwarzen Adler ordens und verblieb dort bis nach den Geschützsalven, welche die Einsegnung des Sarges begleiteten, die Blicke nach dem Mausoleum gerichtet. Die Kaiserin Victoria nebst Familie und die sämmtlichen fremden Fürstlichkeiten wohnten der Feier im Mausoleum bei, welche 4 Uhr beendet war. Von bestunterrichteter Seite wird der „Börsen-Ztg." ein pietätvoller Hug der Kaiserin Augusta gemeldet. Wenige Stunden nach dem Ab leben des Kaisers saß die Kaiserin wieder vor der Leiche des Gemahls in tiefem Kummer. Da trat der Intendant Engel ein. Die Kaiserin wandte sich an ihn nnd gab ihm zunächst einen Handschuh ihrer rechten Hand, mit der Bitte, ihr diesen Handschuh besonders aufzubewahren, da sie den selben an der Hand hatte, als sie des Kaisers Hand bei seinen letzten Athemzügen hielt und da der Schweiß des Sterbenden an dem Handschuh hafte. — Ferner bat die Kaiserin, die beiden einzigen Ringe, die der Kaiser trug, von seinem Finger zu nehmen und ihr zu geben. Intendant Engel that dies. Es war der Trauring und ein Haarring, aus Haaren der Königin Luise angefertigt. Aus vielen deutschen Städten, ebenso aber auch aus dem Ausland liegen heute Berichte vor über die Todtenfeiern, welche am Freitag Mittag, während die Leiche Kaiser Wilhelms in Charlottenburg beigesetzt wurde, abgehalten worden sind. So aus Wien, wo der Kaiser in der evangelischen Kirche mit allen Hof- und Staatswürdenträgern erschien so aus Brüssel, wo alle Minister, alle Gesandten und Vertreter der fremden Höfe erschienen waren, so aus Rom und London, wo die höchsten Herrschaften an der Spitze ihrer Beamten zugegen waren, ja, sogar aus Paris, wo die Minister Tirard, Flourens und andere und als Vertreter des Präsidenten Carnot der Oberst Liechtenstein gekommen waren und von dem deutschen Botschafter feierlich empfangen wurden. Es ist ein Tag der Trauer für Alldeutschland, für die ganze gebildete Welt gewesen. Der bisherige Hofmarschall des Kronprinzen Graf Radolin-Rado- linski wird Ober-Hof-Marschall und der Major von Lynker Hof-Mar schall des Kaisers Friedrich werden. Sie fungiren bereits in diesen Aem- tern. Der gesammte diese Hofchargen betreffende Dienst des hochseligen Kaisers Wilhlem tritt in den Ruhestand. Die Preise, welche dieser Tage in Berlin Unter den Linden für Fenster und Zimmer gezahlt wurden, gehen ins Unglaubliche. Für die Zeit des kaiserlichen Leichenzuges sind einzelne Zimmer mit 2000 Mark bezahlt worden. Für Fenster wurden bis zu 500 Mk. bezahlt. Der Jnvalidcn- dank nahm 30 Mk. für einen Stuhl im Kaffee Bauer. Daß sich die Taschendiebe gerüstet haben, um bei den Berliner Feier lichkeiten in großem Maßstabe zu operiren, darauf weisen mancherlei An zeichen hin. Nach verläßlichen Mittheilungen, die der Kriminalbehörde zu gegangen sind, hatten sich speziell aus Ungarn eine ganze Bande von Taschen dieben nach der deutschen Reichshauptstadt aufgemacht; es waren Vorkehr ungen getroffen worden, um die saubere Gesellschaft abzufassen. Berlin. Der „Reichsanzeiger" veröffentlicht folgendes Bulletin: Charlottenburg, den 17. März 1888. Se. Maj. der Kaiser ist ungeachtet der Aufregung der letzten Tage, welche Schonung nothwendig machte, fieber frei und ohne besondere Beschwerden. Die Absonderung ist noch ziemlich reichlich, daher besteht noch Hustenreiz. Morell Mackenzie. Wegner. Krause. Mark Hovell. General Boulanger hat durch sein agitatorisches Treiben und sein wiederholtes Zuwiderhandeln gegen die Disziplin die Geduld der franzö sischen Regierung endlich erschöpft und sie zu ernstlichem Einschreiten ge- nothigt. Der vor Kurzem noch so einflußreiche General ist außer Ak tivität gesetzt. Diese Strafe wiegt insofern schwer, als ver General, den seine Anhänger bekanntlich mit aller Gewalt in die Deputirtenkammer bringen möchten, jetzt nicht wahlfähig ist und erst seinen Abschied nehmen müßte, wenn er als Kandidat auftreten wollte. Auch sonst hat die Maßregel, über welche nur die radikalen Boulangisten vor Wuth schäumen, ihre unange nehmen Folgen. Der Kriegsminister kann dem General seinen Wohnsitz anweisen, auch bezieht Boulanger von jetzt ab nur zwei Fünftel seines Gehalts. Die Sache wird jedenfalls in der Deputirtenkammer zur Sprache gebracht werden, in welcher der Regierung, bezüglich dieser Angelegenheit, eine Mehrheit gesickert sein soll. General Boulanger ist verrathen und verkauft. So behaupten seine Freunde, so behauptet sein Blatt, die „Cocarde", so behauptet er selbst. Außerdem aber ist er bereits in Paris, am Freitag früh ist er dort ein getroffen, aber weder in Paris bei der Ankunft, noch in Clermont beider Abfahrt haben Kundgebungen des Schmerzes oder der Freude stattgesunden. ! Die Presfe ist im Allgemeinen mit der Absetzung einverstanden, nur wenige radikale Blätter sind dagegen. Clemenceau und seine Freunde nehmen nickt Partei für Boulanger, verlangen aber Aufklärungen, eine kleine De monstration nach der Kammersitzung am Freitag wurde von der Polizei schnell beendigt. Durchgeschlagen für die Absetzung hat ein Artikel der Pariser Zeitung „Siccle" mit der Ueberschrift: „Schneidet ihm den Feder busch ab!" Er ist ihm abgeschnitten worden, aber vielleicht zu spät. Bulgarien. Wie die „Pol. Corresp." meldet, beginnt die Geist lichkeit gegen den Prinzen von Coburg zu agitiren. Der Erzpriester im Grenzort Tru richtete von der Kanzel herab eine Aufforderung an die Be völkerung, den für illegitim erklärten Fürsten zu vertreiben. Die Bevöl kerung verhinderte die beabsichtigte Verhaftung des Erzpriesters, der nach Serbien flüchtete. Bournemouth (England), 15. März. Heute fand die Vermähl ung des schwedischen Prinzen Oskar mit Fräulein Ebba Munck statt. Wegen des Ablebens des deutschen Kaisers unterblieb jede größere Feier. Dem Trauakte wohnten die schwedische Königin, die Herzogin von Albany, die dänische Kronprinzessin, die schwedischen Prinzen Karl und Eugen, Graf Piper, sowie der Bruder der Braut, Lieutenant Munck, bei. vaterländisches. — Am 12. d. M. fand in Sachsdorf die feierliche Verpflichtung des neuen Lehrers, Herrn Eduard Böhme, durch den Herrn Schulrath Wangemann statt. Der Ortsschulinspektor, Herr Pastor Or. pbil. Schön berg aus Weistropp, wies hierauf Herrn Böhme in sein erstes ständiges Schulamt ein. Dieser erhebenden Feier wohnten die Schulkinder der ersten Klasse, Väter der Gemeinde und Mitglieder des Schul- und Gemeindevor- standes bei. - Wie vorsichtig man sein muß bei Verabreichung von Gaben an sogenannte arme Reisende beweist folgender Fall. Vorige Woche bettelte spät Abends ein solcher Mensch in Potschappel unter dem Anführen, daß er kein Geld und den ganzen Tag noch nichts gegessen habe. Die anwesende Gendarmerie versicherte sich desselben und bei seiner Visitation wurden Fleisck, Wurst, Pöklinge, Braten, Semmel, Brod und 1 Mk. 33 Pf. vorgefunden, auch eine große Flasche Schnaps. — Eine höchst seltene Erscheinung wurde am 13. d. M. bei Schnee gestöber und 1 Grad Kälte beobachtet. Als der Chausseewärter mit noch einigen Leuten vom Gasthofe „zur grünen Tanne" in Hartha die Straße entlang nach Langenstriegis zugingen, fiel ihnen ein sich auf dieser Straße bewegender langer dunkler Streifen auf. Bei näherer Besichtigung nahm man wahr, daß derselbe aus Abertausenden von kleinen, weiß und braun gestreiften Raupen bestand nnd eine Länge von mehreren hundert Schritten einnahm. Eine Wanderung von Raupen in solchen Massen bei dieser Jrhreszeit dürfte wohl selten beobachtet worden sein. — Dem auf dem Schießplätze in Zeithain untergebrackten Regiment aus Chemnitz ist jeder Verkehr mit den anliegenden Ortschaften streng "unter sagt, um den Typhus, welcher auch schon in den Baracken seinen Einzug gehalten hat, nicht in die anliegenden Ortschaften zu verpflanzen. — Der Chef der Firma Georg Thörey in Falkenstein, Herr G. Thorey-Leipzig, hat am Begräbnißtage des Kaisers Wilhelm seinem Ge- schäftspersonal die Summe von 3000 Mk. überwiesen, die jährlich an gleichem Tage unter der Bezeichnung „Kaiser-Wilhelm-Stiftung" dem Prä- mienconto der Arbeiter gutgeschriebcn werden soll. Eine unrichtige Bezeichnung Man nennt das weibliche sehr häufig das „schwache" Geschlecht, je- dock ist diese Bezeichnung eine nicht correcte, denn das Weib bietet uns häufig Gelegenheit, seine Willensstärke zu bewundern, und das besonders, wenn es gilt, als Mutter und Gattin in Ergebenheit zu dulden und zu leiden. Die Bezeichnung, das „schwache Geschlecht", wird wohl daher kommen, weil es leider viele Frauen giebt, die ihre Gesundheit eingebüßt, nervös und kränklich sind und anstatt, daß man bei solchen Leiden die Wurzel der Krankheit hebt, behandelt man die Symptome: Nervosität, Migräne, Neu ralgie, Kopfschmerzen, Unregelmäßigkeiten und lokale Störungen. Selbst verständlich meistens ohne Erfolg, denn die Grundursache solcher Schwäche- zustände und schlechten Blutes werden unberücksichtigt gelassen. Man nehme Warner's Safe Cure, das große Heilmittel, welches auf die Nieren und Leber wirkend, reines Blut schafft, dadurch Gesundheit und neue Le benskraft. So schreibt auch Herr Chr. Koch in Carow, R.-B. Magde burg: „Die nur gesandten 2 Flaschen Warner's Safe Cure nebst dazu gehörigen Pillen haben sich bei dem Leiden meiner Frau ganz vorzüglich bewährt, wofür ich nicht unterlassen kann bestens zu danken." — Ver kauf und Versandt nur durch Apotheken. Distrikt Haupt-Niederlage: Löwen-Apotheke in Wilsdruff. Wochenmarkt zu Wilsdruff, am 1k. März Eine Kanne Butter kostete 1 Mark 90 Pf. bis 2 Mark — Pi- Ferkel wurden eingebracht 130 Stück und verkauft L Paar 15 Mork — Pf. bis 27 Mark — Ps Meißen, 17. März. 1 Ferkel 6 Mk.— Pf. bis 13 Mk. —Pf- ! Eingebracht 448 Stück. 1 Läufer 25 Mk. — Pf. bis 30 Mk. — Pp Butter 1 Kilogramm 2 Mark — Pf. bis 2 Mark 20 Pf. Hisendakn-I'rLoftrdrikke hält vorräthig ü. L.. LkrAvr'8 üueUckunvilsrsi.^ Kirchcimlichrichten ans Wilsdruff. Mittwoch, den 21. März, Vormittag 9 Uhr Wochencommunion. Anmeldung durch Zettel.