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hin. Inmitten einer Schaar ländlicher Schönen und frischer Bursche steht ein bildschöner Geiger, der ihnen zum Tanz aufspielt. Sein Blick ist aufwärts gerichtet, zum Garten eines Klosters, wo eine junge Nonne in tiefem Weh am Boden kniet und weint. Darunter stand mit ihrer Perlenhandschrift: Heini von Steier. „Ich weiß das Gedicht nicht mehr genau, — sprich' es mir dock, liebste Tante", bat Käthchen und legte ihre Hand liebkosend auf die ihrer Freundin. Irene ließ sich nickt lange bitten, sie begann sogleich zu recitiren, beifällig nickte Käthchen, indem sie jede Gestalt des Gedichts auf der Zeichnung erkannte. Flickschuster im Gaden, Hirten, Knechte, Wirth und Voigt, selbst Großmutter in Runzeln zwischen den holden Kindern in Blumen geschmückt. Nun kam der letzte Vers: „Im Gärtlein der Nonnen, auf lustiger Höh', Kniet Eine am Bronnen, weint leis' in den Klee. O Gürtel, o Schleier, o schwarzes Gewand, Der Heini von Steier ist wieder im Land." — „Du weinst, Irene, Du weinst?" rief Käthchen, — sie sagt nicht mehr „Tante", die Thränen wuschen jeden Altersunterschied weg, es waren nur zwei Mädchen, welche um unglückliche Liebe nun ihre Zähren mit einander fließen ließen, sie verstanden sich ohne Worte, — sie hatten beide geliebt und entzogt." Käthchen zeigte auf den Geiger. „Er?" frug sie leise. Irene nickte. „Der Heini vom Steier ist wieder im Land, — nach achtzehn Jahren, — er hat mich vergessen, er hat Paul nicht einmal nack mir gefragt, — vergessen, während kein Tag verging, wo ich sein vergaß." Käthchen nickte schwermüthig: „Männer überwinden alles, — nur wir sind die Leidenden, — aber daß Benno Alvers nicht nach Dir fragte, beweist doch nichl, daß er Dein vergaß, — eher das Gegeütheil." Irene stutzte, sie war so wenig eitel, daß sie an diesen Grund noch gar nicht gedacht hatte. „Es war eine so ideale Liebe, wir waren so jung, zwei Kinder, als wir uns kennen lernten. Ich war, als spät geborenes Kind stütz verwaist, bei einem kinderlosen Paar, Freunden meiner Familie, erzogen. Im Sommer bewohnten wir in Tegel eine Sommerwohnung, die Beletage hatte Frau Bankier Alvers mit ihrem Sohn Benno inne. Wir wurden bald befreundet, er zählte sechzehn, ich fünfzehn Jahre, — wir fuhren auf dem See, besuchten den Park, das Grabmal des großen Todten. Benno war Cadett und hatte sechswöchentliche Ferien. Das wiederholte sich alljährlich, er wurde Fähnrich, er wurde Seecondelieutenant — fünf Jahre dauerte sein Svmmerglück. Dann starb Frau Alvers, — wir schrieben uns, wie schwuren uns briefliche ewige Freundschaft, —ein Wort, das Liebe meinte. Und dann kamen über Benno Gerückte, die mein Herz zerrisfen, denn seine Briefe hörten zu gleicher Zeit auf, er trat aus dem Militärdienst, plötzlich hieß es, er sei ausgewandert, — er war und blieb verschwunden, — achtzehn Jahre, achtzehn Jahre, Käthchen, die ich an ihn geglaubt habe in Schmerzen in Qualen, aber nie in Zweifel! Und nun ist er zurückgekehrt, — nicht mir. Er hat Erfolge gehabt, — nicht für mich! Ich nahm unsere Liebe für den Inhalt meines Lebens, er für die Stunde der Jugendlust. Genug, genug, — ich habe Dir mein Herz geöffnet, weil es zu brechen drohte, — und Du verstehst mich, denn auch Du gehörst zu denen: „Die nur einmal lieben." — Aber Du wie ich, haben die Gottesgnade künstlerischen Schaffens, — wir wollen nicht müßig trauern, Du und ich, mein Kind, wir wollen an die Arbeit gehen." — Sie legte die Skizze in die Mappe zurück und reichte Käthchen die Hand. „Störe ich?" frug in demselben Augenblick Paul Tiefenbach, — „ich höre, daß Sie hier sind, Fräulein Liebermann", er nannte sie nie mehr wie früher vertraulich Kätbchen, „für unsere Lita ist eine Wendung ein- getreten. Benares Möllendorf, ihr Vater, ist gestorben, er hat testamen tarisch mich zum Vormund der Kleinen ernannt, — es ist mir räthsel- haft, daß er Weib und Kind fast verhungern ließ, denn er hinterläßt ein sckönes Baarvermögen. — Dieser Mensch ist mir, wie gesagt, ein Räthsel. Gleichviel, — halten Sie es nicht auch für besser, dem Kind nichts von der Todesnachricht zu sagen, — sie ist gar zu zart und wozu ihr Herz belasten, nun, da sie sick kaum von dem Schlimmsten erholt hat, was meinen Sie, was Du, Tante?" „Schweigen ist das Beste", sagte Irene, und Käthchen bestätigte den Rath durch ein stilles Kopfncigen. Er sprach noch von einigen Details der Hinterlassenschaft, dann zeigte Irene ihm die Skizze, welche Lita als Engel darstellte. „Ach, das ist reizend gemacht, — das müßte Mama sehen, — wir haben gestern eine große Controverse gehabte, Mama behauptet, weil der wahre Glaube heut zu Tage fehlt, können auch keine Heiligenbilder gemalt werden, ich mochte ihr beweisen, daß der Glaube in unserer Zeit nur andere Form angenommen hat, daß aber jedes echtes Künstlerherz auch in seiner Weise fromm sein muß, um Großes zu schaffen, die Tech nik allein thut es auch nicht." (Fortsetzung folgt.) * Wie Kaiser Friedrich als Kronprinz einem Fähnrich die Officiers- equipirung beschaffte, davon erzählt ein früherer Regimentskamerad des letzteren Folgendes: Im Jahr 1877 wohnte der damalige Kronprinz — unser Fritz — dem Kaisermanöver des ersten Armeecorps in der Um gegend von Königsberg in Ostpreußen bei. Am 2. September fand auf dem großen Exercirplatz daselbst die Parade vor weiland Kaiser Wilhelm statt. Die weit.zerstreut liegenden Truppen waren mit Tagesgraun aus gerückt und kehrten erst mit Sonnenuntergang in die Cantonnements zurück. Die höchsten Herrschatten logirten im Stadtschloß der altehrwürdigen Krönungsstadt. Der Degenfähnrich vom ^ten Regiment hatte neben einem älteren Officier die Ehrenwache im Schloß. Während Letzterer die An- und Abfahrten regelte und der andrängenden Menschenmenge wehrte, lag dem Fähnrich der Dienst der Wache selbst ob. Es war bereits spat Abends, als der Kronprinz in Begleitung seines Adjutanten am Wachlocal vorüber kam. Er winkte dem Posten zu, das Honneur zu unterlassen und trat an das Fenster des Wachttzauses, um zu sehen was im Inneren vorginge, Der dienstthuende Fähnrich war im Ofsicicrzimmer am Tische und war, vorschriftsmäßg gekleidet, eingenickt; die Anstrengungen des Tages forderten von dem jungen Krieger ihre Recht. Der Kronprinz trat leise ein und sah auf dem Tische, an welchem der Fähnrich saß, ein beschriebenes Papier, auf welckem stand: „Liebe Mutter! Heute nach der Parade erfahren, daß ich in den nächsten Tagen zum Officier befördert werde. Freue Dick mit mir! Doch wie wird's mit der Beschaffung der Officierequipirung? Du hast alles für mich gethan, bist arm, und ich muß mir anderweitig Nath verschaffen. Schulden, ein herbes Wort, und wer wird sie bezahlen?" So weit war der Brief an die Mutter gediehen, worauf der Fähnrich, wohl in der Sorge um die Antwort auf diese schwermüthige Frage und in der Ermüdung von der Anstrengung des Tages, mit der Feder in der Hand eingeschlummert war. Der Kronprinz nahm ihm behutsam die Feder aus der Hand und schrieb unter die Frage seinen Namen: „Fried rich Wilhelm, Kronprinz." Dann entfernte er sich, ohne den Fähnrich zu wecken und auf jedes Honneur verzichtend. Man denke sich nun beim Erwachen des jungen Helden sein Erstaunen, als er die Beantwortung seiner Frage den Namen des Kronprinzen las und von dem Posten und der übrigen Wachmannschaft hörte, wer ihm einen Besuch abgestattet hatte. Als der Fähnrich wieder in seine Garnison einrückte, fand er eine An weisung des Hofmarschallamts vor, nach Beschaffung seiner Equipirung die Rechnung einzureichen, auf daß der Kronprinz sein Versprechen ein lösen könne. Dies geschah denn auch. " Eine grauenvolle Unthat wurde am letzten Freitag Abend in Mün chen in einem Hause am Pechwinkel verübt. Ein dortselbst wohnender Holzhändler kam in angetrunkenem Zustande nach Hause. Als ihm seine Frau über das späte Nackhausekommen Vorwürfe machte, da das Abend essen nunmehr verdorben sei, gerieth er in Wuth, die sich noch steigerte, als er ein neues Dienstmädchen bemerkte. Das frühere Dienstmädchen hatte die Frau, die Grund zu Eifersuckt zu haben glaubte, am selben Tage entlassen. Nach kurzem Wortwechsel drohte der Wüthende mit Schlägen, weshalb die Frau sich aus dem Zimmer flüchtete. Der Mann ergriff nun ein Waschgeschirr aus Steingut und warf es der Flücktenden nach, welche so unglücklich an den Kopf getroffen wurde, daß sie blutüberströmt zusammenstürzte. Angesichts der Folgen seiner Unthat plötzlich ernüchtert, suchte er die Spuren dadurch zu verwischen, daß er die Scherben des zer brochenes Gefäßes zusammensuchte und auf dem Speicher versteckte, worauf er sich in sein Bett begab, als ob nichts vorgcfallen wäre. Die Frau wurde kurze Zeit darauf bewußtlos und in ihrem Blute schwimmend von mehreren Gästen, die zufällig aus dem im nämlichen Hause befindlichen Wirthszimmer traten, gefunden und in ihre Wohnung gebracht. Der Mann ließ seine Frau bis zum Morgen ohne jede ärztliche Hilfe liegen. Am Morgen endlich wurde von den Hausleuten ein Arzt geholt, der die Frau, deren Zustand hoffnungslos ist, ins Krankenhaus bringen ließ. Die Frau, welche ihre Niederkunft binnen Kurzem erwartet und Mutter von vier Kindern ist, wird als eine brave, tüchtige Frau geschildert und allgemein bedauert. * Ein Dorf ohne Bewohner. Das kärntnerische Alpendorf Teuchel wird nächstens unbewohnt sein, denn die gesammte Bevölkerung des Dorfes gedenkt bis auf den letzten Mann auszuwandern; sie bot ihre Güter an siloo der Staatsforstverwaltung für 100 000 fl. zum Kaufe an. * Grund zur Befreiung vom Militär. Bei der letzten Aushebung zum Militärdienst wurde in Magdeburg ein Braugehülfe aus dem Grunde für dienstunbrauchbar erklärt, weil er zu groß, zu stark und zu schwer war. " Ein Buch aus Seide, dessen Text nicht gedruckt, sondern gewebt ist, wird jetzt vom Buchhändler Rour zu Lvon in 25 Lieferungen zu je 10 Franks herausgegeben, und 15 sind davon bereits erschienen. Jede derselben enthält aber nur 2 Blatt, so daß das ganze Buch aus nur 50 Blättern bestehen wird, welche den Gottesdienst der h. Messe, sowie Gebete enthalten. Jedes Blatt ist mit einer eigens entworfenen Einfassung im mitteralterlichen Stile eingerahmt und die Textschrift ist gothisch. Alles aber, Schrift wie Einfassungen, ist in schwarzer Seidenweberei auf weißer Seide ausgeführt. Die Deutsche Jllustrirte Gewerbezeitung in Stuttgart enthält in Nr. 23 Juni 1887 den nachstehenden für weite Kreise Interesse bietenden Aufsatz: Beitrag zur Frage der Koherkattung. „Gegenüber den eifrigen Bestrebungen auf den verschiedensten Ge bieten der Industrie, sich die neuen Errungenschaften der Chemie für die Praxis nutzbar zu machen, muß es auffallend erscheinen, daß die Frage „wie schützen wir in rationeller Weise das bearbeitete Holz vor den schäd lichen Einflüssen der Atmosphärilien?" noch nicht diejenige allgemeine Be achtung gefunden hat, welche ihr zweifelsohne bei der Wichtigkeit des Ge genstandes gebührt. Der Grund für diese eigentümliche Erscheinung ist ein zweifacher: Auf der einen Seite hält eine gewisse Gleichgültigkeit und die Scheu, von dem Althergebrachten abzugehen, von der Prüfung einer dargebotenen Neuerung ab; auf der andern Seite gilt es, ein gewisses Vorurteil zu überwinden, welches die Mißerfolge so mancher, im großen Stil angepriesener „Universalmittel", und vielfach mit Recht, im Publikum hervorgerufen haben. Um der oben aufgeworfenen Frage näherzutreten, gilt es zunächst, den seit Jahrhunderten allgemein bestehenden Glauben auszurotten, daß das bearbeitete Holz naturgemäß nach so und so vielen Jahren verfaulen und durch anderes ersetzt werden müsse und dem Gedanken Verbreitung zu ver schaffen, daß der menschliche Erfindungsgeist auch hier Mittel ersonnen hat, um dem Zerstörungstrieb in wirksamer Weise entgegenzutreten. Wenn Jeder in seinem Kreis dazu beiträgt, die diesbezüglichen Fortschritte nutz bar zu machen und deren Verwertung auf die Allgemeinheit zu übertragen, so wird damit ein großer volkswirtschaftlicher Gewinn erzielt werden. Dann wird sich auch sehr bald die Erkenntnis Bahn brechen, welcher von den vielfach empfohlenen Fäulnishinderern den Anforderungen voll und ganz entspricht und damit kommen wir zu dem eigentlichen Zweck dieser Zeilen, nämlich die Aufmerksamkeit unserer Leser auf ein seit Jahren bewährtes Holzkonservierungsmittel, das Carbolineum Avenarius, zu lenken. Bei transportfähigen Hölzern hat man in großen Betrieben mit guten Erfolgen eine Konservierung dadurch erzielt, daß in den sogenannten Jm- prägnieranstalten antiseptische Stoffe in die Gänge und Poren des Holzes mittels Hochdruck hineingepreßt werden. In der Privatindustrie suchte man bisher dieselbe Wirkung durch Oelfarbe und Leeranstriche zu erreichen. Das erstere Verfahren ist mit großen Vorbereitungen und teuren Anlagen verknüpft, so daß dadurch eine allgemeine Nutzbarmackung sich von selbst verbietet. Dagegen gewähren Anstriche mit Oelfarben und Teer wohl einen Schutz nach außen, sie haben aber den großen Nackteil, die Poren und Gänge des Holzes mit dem darin befindlichen Wassergehalt zu ver stopfen und so der Zerstörung von innen nach außen freien Lauf zu lassen. Es galt also ein Präparat zu erfinden, welches durch billigen Preis und leichte Anwendung eine allgemeine Einführung gestattet und neben dem Abhalten der Witterungseinflüsse auch im Innern des Holzes seine Wirkung ausübt. Mit vollem Recht dürfen wir auf Grund kompetenter Zeugnisse aus den verschiedensten Gebieten der Industrie dem Carbolineum Avenarius diese doppelte Wirkungsfähigkeit zuschreiben. Wir müssen vorausschicken, daß es sich dabei nicht etwa um eine neue, sondern vielmehr um eine schon vor 10 Jahren gemachte Erfindung handelt. Nachdem aber in dieser langen Zeit das Präparat die Erwartungen in vollem Maße nicht nur erfüllt, sondern übertroffen hat, darf es jetzt den Anspruch machen, als bestes Anstrichsöl zur Holzkonservirung allgemeine Verwendung zu finden. Für Eisenbahnen, Schiffahrt, Fabriken aller Art, für landwirtschaftliche Betriebe, ganz besonders aber für das gesamte Baufach ist das Carbolineum Avenarius von unschätzbarem Wert. Es steht fest, daß damit behandeltes Holz eine bedeutend gesteigerte Haltbarkeit, gegenüber nicht imprägniertem oder mit Oelfarben-, Theer- rc. Anstrichen behandeltem Holz erhält. Das Carbolineum Avenarius ist dünnflüssig, daher sehr ausgiebig, und wird einfach mit einem Pinsel aufgetragen. Ein vorhergehendes Erwärmen des Carbolineum Avenarius ist zu enipfehlen. Die damit angestrichenen Hölzer erhalten einen geschmackvoll braunen Ton, der die Holzmasern durchscheinen läßt und überall da als billigster und zweckmäßigster Ersatz fürlOelfarben- Anstriche gilt, wo die Erzielung einer bestimmten Farbennüance nicht er«