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ZV" Zweites Blatt. -MD HlliM, Wn, ÄbkiW Ni> die UmWildl« Nr. 52 Freitag, den 29. Juni 1888 (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) und der als wenn der mit Benares identisch Ihren Jrrthum völlig bestätigen. ist, mein liebes Fräulein, so kann ich Möllendorf's Nachlaß ist gestern von Bankier Alvers, Firma Alvers und Zedwitz, Harms starrte-ihn an, solche Aehnlichkeit ist wirklich wahr, Sie sind nicht Benares?" Das Urtheil -er Welt Original-Roman von Emmy Rossi. Amerika hierher gesandt worden, er hatte sich eine ganz hübsche Summe zusammengeturnt, er ist vor ungefähr zwei Wochen in New-Jork gestorben." ,,Benares todt!" Juli brach in lautes Weinen aus, — Alvers war inzwischen gegangen, Benda stand unschlüssig zwischen Thür und Angel, ob er dem Freunde weiter folgen oder das weinende Mädchen trösten sollte. Er that das letztere, denn es schien als warte Alvers auf kein weiteres Wort, so rasch eilte er zur Etagenthür hinaus. Benda aber ging in die Stube der schönen Nachbarin zurück und tröstete sie mit warmen Worten, und sie sah halb getröstet schon zu ihm Äugen war kein Glanz, als ob die sanften, braunen Augensterne vor Thränen überströmt worden wären. „Tante Irene, wie schön Du bist!" rief Käthchen, sie mit Bewunder ung ansehend, „weißt Du, daß Du aussiehst wie ein junges Mädchen, wie eine^Zwanzigerin", rief sie und die bleichen Wangen der berühmten Malerin glühten in Purpur auf und machten Käthchen's Behauptung noch wahrer. „Das hast Du vortrefflich gemacht", lobte Irene die Zeichnung, Du wolltest mir ja das Kind immer schon herbringen, — Du mußt den ersten Sonnenstrahl benutzen, um sie zu zeigen, — wenn sie zu schwach ist, die hohen Treppen zu ersteigen, so kann Paul sie herauftragen — der ist stark wie ein Gott." „War Frau von Zedwitz bei Dir wegen Beisteuerung einer Arbeit?" frug Käthchen schnell, um das Gespräch von Paul abzulenken, dessen Name ihr jetzt jedesmal wie Eifen durchs Herz fuhr. „Ja, und ich habe ihr einige Skizzen gegeben, die ich in letzter Zeit entworfen habe, — Du weißt zu Scheffel'schen Gedichten." „Ich habe ihr die Skizze unseres Engels versprochen, in den sie ganz verliebt ist", sagte Käthchen, „besonders seit sie durch einen Zufall das Original selbst gesehen hat, — sie besucht mich nämlich jetzt öfter, es scheint, sie will wieder gut machen, was sie mir Unrecht gethan, — sie hat doch mehr Gemüth, als wir glaubten", Käthchen seufzte, man mochte sich drehen und wenden , wie man wollte, immer gab es Rückblicke auf die fatale Klatscherei. Um ihre Belegenheit zu verdecken blätterte sie in Irenens Skizzenmappe. „Ah, das ist hübsch", rief sie und hielt entzückt ein Blatt vor sich „Also Herr Benda, Fräulein Juli Harms. — Willst Du nicht die Güte haben, mich nun auch vorzustellen?" lächelte Benno. . „Herr Alvers, — Fräulein." — Benda verbeugte sich und schielte nach dem Knaben. — Juli war nun überzeugt von ihrem Jrrthum, gab aber ihrer Verwunderung Worte, während Benno leichthin sagte: „Ich muß wohl so ein Allerweltsgesicht haben, denn überall soll ich Jemand ähnlich sehen." „O nein," ^meinte Juli, „Sie haben im Gegentheil ein sehr seltenes Gesicht, daß ist es ja eben, Benares war auch dafür bekannt." — Sie unterbrach sich, denn bald hätte sie herausgeplatzt: „ein selten schöner Mann zu sein." Er verstand aber doch und fragte, als ob er neugierig geworden wäre : »Wer und was ist denn dieser Herr Benares?" »Bitte, wollen die Herren sich nickt setzen?" frug Juli nun, dann gewahrte sie ibren Vater, der sich zurückziehen wollte. „Bleib'dock Papa, dies ist mein Vater, meine Herren, dies mein kleiner Sohn Fedor: Fedor gleb den Herren die Hand." Der Kleine that zutraulick und lehnte sich dann an des Großvaters Kniee. — Harms glaubte in Benda's Gesicht etwas wie Ironie zucken zu sehen und sagte berichtigend: „Meine Tochter ist Wittwe, — sie führt nur ihren Mädchennamen wieder, weil sie doch unmöglich als Gräfin auf treten kann." Von diesem Augenblick an gewann Juli erst Interesse für den Künst ler, und er fand sie und ihr Kind allerliebst, „nur zu klein, zu klein, schade," seufzte er für sick hin. „Benares ist ein in der Artistenwelt sehr bekannter Reckturner, der mit mir in Rußland engagirt war und als Zeuge auf meiner Hochzeit mit einem russischen Grafen zugegen war, er und seine Frau, die schöne Marion, eine Sängerin. So glaubte ich damals wenigstens, hier aber Käthchen Liebermann hatte die Skizze zu ihrem Engel, dem Lita Modell diente, vollendet und fuhr zu ihrer Meisterin Irene Tiefen bach, um ihr die Arbeit zu zeigen, ehe sie an die Ausarbeitung ging. Irene schien noch bleicher wie sie sonst war, in ihren mandelförmigen Der Künstler war nicht geldgierig, aber er kannte den Werth des Geldes zu gut, um das Anerbieten von der Hand zu weisen. Zögernd nannte er eine größere Summe. „Aber das ist entschieden zu wenig," rief Benno; er war noch zu neu als Millionär, um irgend etwas theuer zu finden, „ich gebe Dir mit Vergnügen das Doppelte." Benda war besiegt. „Nun, meinetwegen, da, sie sind Dein, aber mein Name bleibt aus dem Spiel." „Larolo ä'bonnsur". — Alvers sah sich seine Einkäufe noch ein mal an, „sie sind wirklich ausgezeichnet, ich danke Dir für Deine Freund lichkeit, sie mir zu überlassen." Er schickte sich zum Weggeben an. Du willst schon gehen, Benno?" „Ja, verzeih', man bört hier die Entröeklingel zu deutlich, und das Geläute hört ja gar nicht auf, — wie kannst Du eine so unruhige Wohnung nur vertragen." „O, das ist nur seit ein vaar Tagen so laut hier, — es ist näm lich eine Dame mit ihrem Papa und Söhnchen eingezogen, die sich für ihr Auftreten an einer großen Bühne als Tänzerin equipirt, und die rast nun in der ganzen Stadt umher, macht Einkäufe und Bestellungen bei allem, was irgendwie Damentoilette fabricirt und verkauft, und die Boten, welche die Commissionen bringen, sind es, die immerfort klingeln, und unsere arme Marie, das Dienstmädchen, zur Verzweiflung bringen würden, wenn die kleine Tänzerin nicht ebenso freigebig wie niedlich wäre." — „Wie heißt sie denn?" Benno ahnte, wer das sei. „Da fragst Du mich zu viel, ihren noin äo -morra kenne ich nicht, der Papa, ein lächerlich kleiner Zwerg," — B^rda vergaß, daß er kaum zehn Zoll größer war, — „kommt mir sehr bekannt vor, kann ich nicht hinbringen, sie wäre auch reizend, wenn sie nicht gar zu klein und zierlich wäre, ich liebe die großen, vollen Gestalten," sagte er in höchster Naivität. Benno lachte inwendig über den Freund, — da er Harms nicht kannte, wußte er nicht, ob die Personalbeschreibung auf Juli paßte, doch nahm er es für gewiß an. Er verabschiedete sich, Benda gab ihm auf den Corridor hinaus das Geleite. Da öffnete sich eine andere Thür gradüber und eine kleine Dame in dunkelfarbigem Costüm kam heraus. In dem von beiden Seiten einfallen den Licht durch die offene Thür sah sie deutlich die hohe Gestalt Benno's, und freudig erschrocken stürzte sie aus ihn zu. „Ah, mein Gott, Sie sind's, mein lieber, guter Benares, kommen Sie, kommen Sie doch hinein," und sie faßte ihn bei der Hand und zog ihn über die Schwelle. „Aber, mein schönes Fräulein," sagte Benno, ohne sich zu sträuben, „es scheint, Sie verwechseln mich mit irgend einem guten Freund, während hinauf. — Dabei machte er die Bemerkung, daß sie gar nicht so klein war, — denn ihr hübsches Köpfchen reichte bis zu seinem eigenen Kopf ' Herr Max Benda hielt sich für durchaus normal in den Grenzen Schöpfung. 22. Capitel. Unter den Linden." „Unmöglich." Juli kaum glaublich, — ist es Benno rief: „Du, ich nicht die Ehre habe, — gestatten Sie, mich vorzustellen, mein Name ist Alvers, Bruder des Max, komm' doch einen Augenblick herein, — Sie gestatten mein Fräulein, — Fräulein " »Juli Harms," ergänzte sie, während ihr Vater, den Enkel an der Hand, verwundert näher trat. hörte ich schlimme Dinge von ihm, sie war nicht seine Frau, die hatte er hier in Berlin mit der Tochter unversorgt zurückgelassen, Baker wohnte bei den Leuten, wo sie gestorben, in großer Noth gestorben ist. Ein präch tiger Mann, der Doktor Tiefenbach, hat sich des Kindes angenommen, das Kind ist ein Engel, nicht Vater, aber sie wird auch wohl bald sterben, sie hat wie die Mutter die Schwindsucht." „Nun, da ist es ja gerade kein Compliment, mit diesem Herrn Be nares verwechselt zn werden," sagte Benda, „und Sie freuten sich doch so sehr, als Sie Herrn Alvers sahen, weil Sie glaubten, es sei der dunkle Ehrenmann." Es klang wie ein eifersüchtiger Vorwurf durch. „O, für mich ist Benares der beste Freund gewesen, er hat himm lisch an mir gehandelt, ich würde für ihn durchs Feuer gehen, um ihm zu helfen, denn seiner Fürsprache danke ich es, daß es uns nun gut geht," sagte sie in reizender Offenheit. „Nun, da wird er doch am jüngsten Tage eine Seele haben, die für ihn spricht, wenn Alle klagen," sagte Benda, der sich lebhaft für die freie Art und Weise Juli's interessirte, Benno hatte sich dem Knaben zuge wandt und richtete einige Worte an den kleinen Greis, jetzt wandte er sich zu der Tochter zurück. „Jedenfalls danke ich der zweifelhaften Aehnlichkeit Ihre angenehme Bekanntschatft, — vielleicht übertragen Sie ein bischen der Freundschaft, welche Sie für diesen Herrn Be, — Be" — „Benares," half sie ein. „Benares fühlen auch auf seinen Doppelgänger und gestatten mir, wenn ich meinen alten Freund, Herm Benda, wieder besuche, daß ich mich auch nach Ihrem werthen Befinden erkundigen darf." Er küßte ihre Hand galant oberhalb des Handschuhs und verbeugte sich. „Und darf ich als Nachbar ebenfalls meinen Besuch wiederholen?" Juli sah ihn fragend an. „Sind Sie der Herr, der so schön Cla vier spielt?" Er verbeugte sich. „O bitte, kommen Sie so oft^Sie wollen, und wenn es Ihnen angenehm ist," fügte sie naiv hinzu, „be suchen wir Sie auch, wir hören Alle so gem Clavier spielen, Vater, Fedor und ich." „Es wird mir ein Vergnügen sein." „Adieu, Herr Alvers," sie fügte neckend hinzu: „Im Geiste nenne ich Sie doch immer Benares, also, adieu Herr Benares Möllendorf." Benda, der schon auf der Schwelle stand, drehte sich plötzlich um, „Möllendorf, — der Vater der kleinen, schönen Lita Möllendorf, ja, für die Kgl. KmlshauptmannlchafL zu Weißen, das Kgl. Wmlsgeücht und den Siadtrath zu Wilsdruff. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg. — Inserate werden Montag» und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen.