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02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 20.03.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-03-20
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080320022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908032002
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908032002
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-03
- Tag 1908-03-20
-
Monat
1908-03
-
Jahr
1908
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Ministerium» stand da» haitianische Papiergeld, der „Gourde" (Dollar) so hoch im Kur», daß er zeitweise eine Prämie bi» zu 8 vom Hundert aber dem amerikanischen Silbcrdollar hatte. Das Budget hat er damals um fair die Hälfte reduziert. Darum schon wird or kaum je Präsident werden, denn von einem so gewissenhaften Manne hat sein Anhang wenig zu erwarten. Firmin ist dazu selbst kein Kämpfer, sondern überläßt die aktive Führung seines PrätendententumS einer Anzahl alter Haudegen, von denen jetzt ein Teil ihre Treue für ihn mit dem Leben hat bezahlen müssen." Deutsche» Reich. Leipzig, 20. März. * Rüger und Hohcnthal. Bon Dresden wird über Berlin die Nachricht verbreitet, Finanzminister von Rüger werde während des Urlaubs Les Grafen Hohentbal diesen vertreten und die Wahlreform turcbjühren. Das ist natürlich völlig unglaublich, namentlich wenn man an die potitische Stellung der beide» Minister denkt. Die Bertretung eines Ressortministers pflegt doch auch nicht durch einen anderen zu erfolgen, selbst wenn er der im Dienst älteste ist, sondern durch seinen ersten Mimsterialbeamten. O * Tie in Afrika gefallenen Lssiziere. Ueber die Personalien der beide» am l6. Mär; im Kampf gegen Simon Copper gefallenen Ossi- üeic ist folgendes zu berichten: Hauptmann von Erckert ist am 2. November l901 in die Schutztruppe einartreten; vorher hatte «r beim 92. Infanterie-Regiment in Braunschweig als Kompagniechef gestanden. Am 20 Juli 1902 war er Hauptmann geworden, nachdem er 1897 zum Oberleutnant befördert worven war und am 22. März l889 die Offiziers. Cpauletten erhalten hatte. Haupt mann Eicken, der jetzt dem 2. Feldregiment (beritten) an gel orte, war schon in frühere» Jahren zur iüdwestafrikanischen Schuvlruppe loiiimandiert gewesen. Bor dem Burenfeldzug hatte er Urlaub erhalten und mit Erlaubnis der englischen Regierung eine Studienreise durch eie Kapkolonie unternommen, üver die er später einen aufsehenerregenden Artikel veröffentlichte. Hauptmann v. Erckert war ter Sohn des Kommandeurs de- Gardefüsilier-RegimentS, Obersten v. Erckert, der an der Spitze seines Regiments 1870 bei St. Privat den Heldentod sand. — Leutnant Ebinger gehörte zu den jüngsten Leutnants der Sämtztruppe. Erst am 18. August 1902 war er Leutnant geworden. Am 3. Februar 1906 war er in die Schutztruppe eingetreten; vorher batte er beim 2. oberrheinischen Infanterie-Regiment Nr. 9V «Zaber» und Pfalzbnrg) gestanden. Er gehört« hier zur S. Kompagnie. Ja Süvwestafrika stand er bei der dritten (Proviant-) Kolonnen- Abteiluna. — Auch in Kamerun ist, wie im Reichstage mitgeteilt wurde, ein Offizier gefallen. Es handelt sich um Hauptmann Glau- »ing. Er gehörte bis Ende 1894 dezu sächs,scheu Pionier- Bataillon Nr. 12 an und trat dann zur Schutztruppe von Deutsch- Ostasrika über. 1900 zur Schutztruppe von Kamerun versetzt, gehörte Hauptmann Glauning zu jenen „AK,kauern", welche sich durch Ber- itändnis in der Behandlung der Eingeborenen sowie durch riesige Arbeitskraft auSzeichnetru. Auch galt er als im allgemeinen immun gegen die Einflüsse des tropischen Klimas. Sein Tod bedeutet für die Kolonie eine» sehr großen Verlust. Da- Gefecht, in dem Glauning fiel, halte die Grenzexpedition des Majors Häring zu bestehen, der sich außer Major Tucor auch Hauptmann Glauning angeschlossen hatte, um die Verhältnisse des Innern kennen zu lernen. Hierbei stieß man auf feind liche Eingeborene, die zwar besiegt wurden, aber in dem Gefecht mit ihnen erhielt Hauptmann Glauning einen löblichen Kopfschuß. * Tie Emdener RctchStagSersatzwahl, die gestern stattfand, hat zu keiner Entscheidung geführt. Es muß eine Stichwahl stattfinden zwischen k-m Kandidaten der Freisinnigen Vereiniaung Fegter, der 8816 Srimmen erhielt, und dem ber Wirtschaftlichen Bereinigung Grüne- veld, der es auf 6579 Stimmen brachte. Die Entscheidung liegt bei re» Nationalliberaleu und den Sozialdemokraten, die 4905 bzw. 3115 Stimmen aufbrachten. Wir nehmen als selbstverständlich an, daß die Nationalliberaleu sich zugunsten der Freisinnigen Bereinigung entscheiden werden und daß dies auch die Sozial demokraten tun. Es war überaus bedauernswert, daß es nicht schon für die Hauptwahl gelang, eine Einigung zwischen Na'ionalliberalen und Freisinnigen herbeizusühren. Die National liberalen beriefen sich darauf, daß sie noch 1898 und zwar ununter brochen seit 1871 den Wahlkreis besaßen und ihn erst 1899 nach dem Tode des Abg. FranziuS an ben im Wahlkreis beliebten und sehr mächtigen Fürsten zu Innhausen und Knyphausen verloren hatten, gegen den sie sich bei der Wahl von 1907 mit den Freisinnigen auf eine» freisinnigen Kandidaten einigten, ohne einen Erfolg zu haben. De Freisinnigen wiederum hoben hervor, daß sie eben der der letzten Wahl die Kandidatur aus ihren Reihen gestellt haben und daß im Kreis mehr Sympathie für eine linkSliberale als für eine rechtS- librrale Kandidatur sei. Der Ausgang der Hauptwahl, der dem freisinnigen Kandidaten über 2000 Stimmen mehr brachte als rem weit rechts stehenden nationalliberalen Kandidaten, hat ihnen anscheinend recht gegeben. Bei der Stichwahl indes kann doch nur das gemeinsame Interesse des Liberalismus in Betracht kommen, das es erfordert, einen Wahlkreis unter allen Umständen vor der Besitzergreifung durch die politisch reaktionäre Wirtschaftliche Ver »anden viel Beifall, der in erster Linie wohl dem Minister galt, und ein wenig auch den Leistungen der kleinen Bühne, die sich sehr viel Mühe gab. Aber man wird erst dann über sie urteilen können, wenn sie Nichtexzcllenzcn zur Aufführung bringt. v * * Eduard Teller ist nun auch dahingraanaen. Seinen Tod Laben wir bereits im hentlaem Morgenblatt gemeldet. Auch er hat, wie so viele Große des Lebens, Lannen an sich erfahren. Al» Eduard Zeller im Anfang seiner Mlehrtenlaufbahn stand, wurde ihm insbesondere au» den Kreisen der schwäbi schen Frömmler rin gerütteltes und geschüttelte» Maß von Mißtrauen und per- 'öulicher Anfeindung entgegengebracht. Man befehdete in ihm nicht nur den vertrauten Freund eine» David Friedrich Strauß und den Schwiegersohn Baur-, ces Begründers der Tübinger Schule, sondern auch den freisinnigen Gelehrten, ressen Anschauungen nicht in di« herkömmliche Form einer engen, von jerem frischen Lustzug ängstlich behüteten Weltanschauung hineinvaßtrn. Aber bald hat sich auch hier manche» geändert. Al- Zeller am 22. Januar 1904 seinen neunzigsten Geburtstag feierte, stellte sich unter den vielen Glück- wün'chen, die sich mit Blumenjpenden, Dankadressen und wohlvorbereiteten Nedcn in seinem Hause rinfandrn, lauch rin Vertreter der Stuttgarter Geistlich- lest, ler sich im allgemeinen zu den „ Positiven" rechnet, ein, der Stadtdrkan und Obcrkonsistorialrat Dr. v. Braun, um der „altehrwürdigen Gestalt drS Jubilars und seinem reichen Leben»werk" die gebührend« Huldigung darzu bringen. Gin bemerkenswertes Vorkommnis au- jenen bewegten Tage», die der greise Meister der philosophischen Wissenschaften erleben durfte. Trotz seiner neunzig Jabre war Zeller damal» noch körperlich und geistig rüstig, bloß mit den Augen wollt« e» nicht recht mehr gehen, und so wägt auch ein herzlicher Brief Zeller» au» jener Zett, in dem er mich kn feiner sreundlichen Art einladet, ihn doch einmal in Stuttgart zu besuchen, von seiner Hand nur die Unterschrift, während der Brief selbst den Vermerk „Diktat" trägt. Aber am hundertsten Geburt»tag MSricke» erschien er noch selbst mit einer grei'en Gattin bei dem Fest, La» im Saal« der großen Liederhalle in Stuttgart stattfand. Unter Len zahlreichen Ehrungen, die ihm au- Anlaß seiner neunzigsten Geburtstag« zu teil wurden, befand llch auch rin Handschreiben LeS Kaiser-, dem ein Bild d«S Kaiser», rin« Radierung nach einem Lrnbachschen Gemälde, mit eigenhändiger Unterschrift beigrfügt war. Bemerkenswert für Zeller selbst ist da», was er auf die Ansprachen der Vertreter Tübingens erwiderte. Er sagte, daß gerade tn Tübingen Theologie und Philosophie ihm gleich sehr am Herzen gelegen haben und er kaum z« saaen wußte, ob er von der Theologie zur Philosophie gekommen sei oder umgekehrt. Später habe er sich bei seinen Bemühungen, da» Geschichtliche im Christentum u verstehen, überzeugt, daß e» unmöglich sei, diese» Ziel zu erreichen, wenn man nicht seinen beiden Wurzeln, der alttestameutlichen Religion und der griechischen Phitosopie nachgehe. Schließlich sei er tn Marburg zur Philosophie gedrängt worden, ohne sein Zutun, obwohl nicht im Widerspruch mit seiner Neigung. Sein Interesse habe aber immer der Theologie nicht weniger gebärt, und er hab« eS immer beklagt, daß e» ihm nicht möglich gewesen sei, rin Buch in schreiben, da» den Nachweis der Wechselwirkung beider Disziplinen führe. Wie viele Tage ihm noch beschieden sein mvgrn, da» liege in einer höheren Hand. Bis jetzt habe er immer au» Gutem und Urblem da» Beste für sich, sür seinen inneren Menschen zu gewinnen verfocht und so wolle er «S auch tm Rest seiner Tag« halt«. Hartin Stein. einigung zu bewahren und ihn dem Liberalismus zurückzugebe«, dem er von 1871 bis 1898 ununterbrochen gehörte. * Deutsch - schweizerische Handelsdtsserenzen. Der Bundesrat hat von der autonomen Erhöhung des Zolle» auf deutsche« Mehl Abstand genommen in der Besorgnis, daß daraus ein Zollkrieg mit Deutschland entstehen könnte. Er sucht die Lösung auf dem Wege diplomatischer Verhandlungen zu erreichen. Die Schweizer Müllerei befürchtet aber, daß inzwischen große Mengen deutschen Mehls noch nach der Schweiz eiugesüyrt werden. * Ter anhaltische Landtag hat in seiner gestrigen (Donnerstag) Sitzung die Vorlage betreffs Gewährung eine- DarlehnS an die Gern- rode-Harzgeroder Eisenbahngesellschaft in dritter Lesung endgültig ange nommen. Danach wird der genannten Gesellschaft aus den Mitteln der StaatSschuldenverwaltungskasse ein Darlehn von 180 000 -T gegen 4t/, Proz. Verzinsung und mindestens 1^/, Proz. Tilgung unter Vor behalt eines beiden Teilen zustehenden halbjährigen KüiidigungsrcchteS gewährt. Bei der Fortsetzung der zweiten Etatölesung kam eS bei dem Titel „Bergwerke* zu einer längeren Debatte, in deren Verlause der Abg. Voigt (Soz.) einen Ordnungsruf erhielt. Der Referent über diesen Titel wie» auch den von sozialdemokratischer Seite im vorigen Jahre gemachten Vorwurf als vollständig unberechtigt zurück, daß der Schacht 6 bei Güsten mangelhaft ausgemauert sei. Der Titzel selbst wurde in Ein nahme (3 506 605 -4) und Ausgabe (1 926 085 ^l) angenommen. * Folgen -er Märzseier. Der Arbeitgeberverband im Schreiner gewerbe hat seine Mitglieder gezwungen, diejenigen Arbeiter, die an den Märzfeier-Versammluugen teilnahmen, wegen Kontraktbruches auf drei Tage auszusperren. Der Beschluß wurde unter starker Opposition durch gedrückt. Wie die „Franks. Ztg.* erfährt, bat die Zeniralleituug der Schreiner in Berlin diese Maßregel gefordert. * Arbeitskämpfe. Aus Bochum wird gemeldet: Auf Schacht II der Zeche „Präsident* legte eine Anzahl Schlepper und Pserdetreiber die Arbeit nieder. Die Veranlassung hierzu ist Unzufriedenheit über eine von der Zechenverwaltung verhängte Strafe. Auf der Zeche „Fried licher Nachbar* traten wegen Lohnermäßigung die Koksarbeiter in den Streik. * Harden und Ternburg. Harden kommt jetzt in einem dritten Artikel auf seinen zweiten Prozeß zu sprechen und wendet sich dabei scharf gegen den Staatssekretär Dernburg, weil dieser der Nachricht wider sprochen habe, er habe an den AuSgleichsversuchen während des Prozesse« mitgewirkt. Harden behauptet, daß diese Erklärung in „anmaßendem Ton* erfolgt sei und sucht dann seinerseits Dernburg möglichst herabzuletzen, indem er sich über seine bisherige Amtsführung im Kolonialamt lustig macht und davon spricht, nicht er habe Dernburg notwendig gehabt, wohl aber habe er sich sür ihn eine Weile interessiert, weil er gemeint habe, Dernburg verdiene nicht die Mißachtung, in der er als Bankdirektor bei seinen Kollegen stand. Der Artikel strotzt von Ironie und bissiger Satire. Ausland. * Kaiser Franz Josefs Befinde«. Bo-m 20. März wird gemeldet: Im Befinden des Kaisers ist insofern ein« Veränderung zu verzeichnen, als die Katarrherjchcinungen etwas zurückgegangcu sind, dagegen ist jedoch der Schnupfen in verstärkter Weise hervorgetreten- Die Nacht von gestern zu heute hat der Kaiser ziemlich ruhig verbracht. Di« Ruhe wurde durch Husten nur wenig gestört. Da die schlecht« Witterung an hält, haben die Äerzte größte Vorsicht angeordnet. * Die Prinzenehen ber Amerikanerinnen beMnen neuerdings grundsätzlichen Anfechtungen im Dollarlande. Dieses Mal handelt es sich um ein leibhaftiges Glied eines regierenden Hauses, noch dazu um einen sehr berühmten, verdienten und liebenswürdigen Freier, und trotzdem will ihn ein spröder Republikaner als Schwiegersohn ver schmähen. Aus New Pork wird vom 20. d. M. telegraphiert: Es heißt allgemein, daß der Senator Elkins, Vater der Miß Catharina, sich weipert, seine Einwilligung zur Hochzeit seiner Tochter mit dem Her zog der Abruzzen zu erteilen. Er beruft sich dabei auf daS Beispiel der Gye des Grasen Boni Castellon« und anderer, die zwischen Amerikanerinnen und Ausländern geschlossen wurden und «in sehr un günstiges Ergebnis hatten. Trotzdem die Persönlichkeit des Herzogs einen lehr günstigen Eindruck auf ihn gemacht hat, straudt er sich gegen die Vermählung seiner Tochter mit ihm. — Aber auch in Italien ist «ine rechtliche Schwierigkeit entstanden. Das „Giornale d'Jtalia" schreibt: Die Trauung des Herzogs der Abruzzen mit der Miß Elkins kann nur auf italienischem Boden und nicht in Amerika vollzogen werden, da saut Gesetz bei Pnnzen aus königlichem .Hause der Senatspräsident als Standesbeamter fungieren muß. — Von König Victor Emanuel scheint kein Wider spruch gegen das Eheprojekt des Prinzen geschehen zu sein. Wenigstens geht das aus einer Depesche des „Echo de Paris' hervor, welche die Eheschließung als nabe bevorstehend behandelt: Der Herzog der Abruzzen, dessen Vermählung mit der Tochter des amerikanischen Multimillionärs Elkins in der nächsten Zeit bevorsteht, soll demnächst zum Vizeadmiral der italienischen Flotte ernannt wer den. DaS junge Paar wird nach der Hochzeit in einem der königlichen Paläste in Neapel oder Venedig Residenz nchmen. Der Herzog hat ich vom Könitz für seine New Dorker Reise urlaub erbeten. Es »kr autet, Fräulein Elkins werde vom protestantischen zum katholi schen Glauben übertreten, um die Heirat zu erleichtern. * Das Jubiläum de« Papste«. Aus Rom wird vom 20. März tele- graphiert: Die gestrige Jubiläumsfeier des Papstes ist in der glän zendsten Weise verlaufen. Zahlreiche Delegierte waren nach Rom ge kommen, nm dem Papste persöwstch di« Glückwünsche zu überbringen. Um 6 Uhr begab sich dieser nach der Sixtinischen Kapelle, wo 2000 französische und belgische Delegierte versammelt waren. Aus dem Aus- lande lvaren zahlreiche Glückwunschtelegramm« »ingetroffen, darunter solche von Staatsoberhäuptern. . * Der Nuntius. AuS Wie» wird gemeldet: Da in der Angelegen heit des Nuntius Belmonte sestgestellt ist, daß seine Intervention bei dem Minister des Aeußeren nicht im Auftrage der Kurie errolgt ist, sondern daß er diesen Schritt auf eigene Faust unternommen hat, ist die Abberufung des Nuntius in nächster Zeit zu erwarten. * Sine neue jkroateudemonstratio» wird aus Pest vom 20. d. M. telegraphiert: Der Banns von Kroatien, Baron Rauch, wurde gestern in Begleitung eines Sektionschefs in Agram auf offener Straße von einer großen Menschenmenge, größtenteils Studenten, attackiert. Ein großes Polizeiaufgebot konnte nur mit großer Mühe und blanker Warfe den Banus und dessen Begleiter vor groben In sultationen bewahren, wobei mehrere Personen verletzt wurden. Tie Polizei nahm einige Verhaftungen vor. * Ein Attentat ans einen Abgeordneten hat auch in Oesterreich stattgefunden. Aus Wien wird vom 19. d. M. telegraphiert: Heute nachmittag gab im Hausflur der Arbeiterzeitung «in Mann gegen den Abg. Dr. Pernerstorfer zwei Revolverschüsse ab, ohne den Abgeordneten zu verletzen. Der Attentäter schoß sich dann selbst eine Kugel in die L>chläfe und verletzte sich schwer. Es ist der 35iäkrige Edelsteinhändler Ignaz Pollak, ein alter Querulant, der an Verfolgungswahn leidet und sich auch von Pernerstorfer verfolgt glaubte, wiewohl dieser ihn gar nicht kennt. . * Ein Nachtrag zur jüngsten Marinedebatte im englischen Oberhause wird vom 19. März aus London mitgeteilt: Der erste Lord der Admiralität Tweedmouth hat im Verfolg der gestern im Ober hause stattgehabten Debatte über di« Marineangelegenheiten an Lord Cawdor ein Schreiben gerichtet, in welchem er emlärt, daß sein« gestri gen Worte: „er ziehe eine Definition deS Siveimächte-StandardS dahin vor. daß irgendeine denkbare, wahrscheinliche Kombination von AuZ- landsmächten damit gemeint sei", im Sinne einer Ausdehnung, nicht einer Beschränkung deS Zweimächte-Standards von ihm gesprochen seien. Er schließe sich den vom Premierminister und dem Schatzkanzler abgegebenen Erklärungen in vollem Umfange an, gehe vielleicht noch weiter. * Französische Chauvinisten. Bei der Beratung deS ZolakreditS sprach der A^eordnete BarrSS sich dagegen auS, erzielte aber lm ganzen nur geringe Wirkung. Nur bei der Stell« seiner Rede: „Einem Schrift steller, welcher -ugab, daß man von seinem Roman „Debäcle" eine deutsche Ausgabe veranstaltet, dürfe die Armee nicht daS Geleit geben", erzielte er Beifall bei der Rechten und den Nationalisten. — Ist es auch Wahnsinn, hat es doch Methode! * Der sozialistische Terrorismus lastet immer schwerer auf Frank reich. Bei einem Bankett der Textilindustriellen hcelt der Präsident des Baugewerbes, Souls, eine Rede, in der er den anwesenden Handels minister Cruppi um Schutz gegen den allgemeinen Arbeiterverband ersuchte, durch dessen zügellose Streikhetzerete» die Bautätigkeit seit Jahresfrist fast ununterbrochen gestört sei. Wenn di« Unternehmer von den Arbeitern, welche bedauerlicherweise blind- linkS den Weisungen deS revolutionären ArbeiterverbandeS gehorchten, nicht entsprechende Zugeständnisse erhalten sollten, so würden sie zu Beginn des nächsten MonatS sämtliche Arbeiter aussperren. Der Handelsminister antwortete, er halt« eS in der Tat für notwen dig, einem so maßlosen demagogischen Treiben entgegenzu treten. — Dem „Echo de Paris" zufolge wurden, falls die Unternehmer ihre Drohung verwirklichen sollten, in Paris und Umgegend über 200 000 Arbeiter beschäftigungslos. — Lin Wunder beinoche, daß cs auch dem Herrn Minister (Cruppi gilt als sehr radikal) zu toll wird! * Aus englischen Kolonie«. Earl Dudley ist zum Generalgonver- neur des Commonwealth of Äustrakia ernannt worden. — Eine bedenk liche Nachricht kommt auS Bloemfontein: Premierminister Fisher kün digte die in kurzem bevorstehende Veröffentlichung eines Gesetzes an, daS jedem Bürger daS Recht gibt, ein Gewehr zu besitzen, und sprach die Hoffnung ans, daß eines Tages sür irden Mann der Besitz eines Gewehres obligatorisch fein möge. —. Diese Redewendung bedeutet doch geradezu eine Aufforderung zur Em- pörnng, ist also offener Hochverrat! * Islands Abfall von Dänemark scheint nahe bevorzustehen. Die isländischen Mitglieder der gegenwärtig in Kopenhagen unter dem Vor sitz des Ministerpräsidenten I. C. Christensen tagenden „isländischen Kommission" haben den Antrag «ingebracht, daß im Wege einer islän dischen Volksabstimmung entschieden werde, ob Island künftig noch mit Dänemark vereinigt bleiben oder sich von diesem Lande trennen und einen selbständigen Staat bilden solle. Falls sich eine Mehrheit für die Trennung ergibt, solle dies« bäld möglichst durchgrführt werden. — Das wäre die Nemesis für die Begünstigung der norwegischen Separation durch Annahme des dortigen Thrones! * Ein türkischer Nebergriff? AuS Konstantinopel wird vom 19. März gemeldet: Gestern ist von dem Marineoberst Sami Bey der Intendant des russischen Hospitals mit seiner Fra« verhaftet worden, ohne daß das Konsulat zur Mitwirkung aufgefordert worden wäre. Die Verhafteten wurden erst auf den energischen Protest der russischen Bot- schäft hin freigelafsen. * Terroristische Brandstifter. AuS Warschau wird vom 20. ds. aomeldct: Infolge einer durch verbrecherische Hand berbeiaeführten Explosion brach in der Vorstadt Novo-Praga in der Arsenalwerk- statt Feuer auS, welches n«r mit Mühe gelöscht werden konnte. Der angerichtete Schaden ist bedeutend. Wäre eS nicht gelungen, das Munitionslager rechtzeitig zu retten, so war« eine furchtbar« Katastrophe eingetreten. * Münchener Theater. An« München schreibt man an« vom 19. d.: Da» Gärtnerplatztheater brachte gestern als Opereitennovität R udolfDellinger» „Jadwiga" mit starkem, ehrlichem, und wie hinzogefetzt werden muß, mit wohlverdientem Erfolg heran». Wie wohl tut e» doch, nach der ewigen Wiener Tanzweisen-Schablone, die einem wirklich zum Hals heranSwächst, endlich auch in der Operette wieder einer Musik mit künstlerischen Qualitäten und einem Komponisten mit ernsten Ambitionen zu begegnen. Da- Publikum hatte wohl die gleiche Empfindung und deshalb rief «» Dillinger schon nach dem 1. Akt stürmisch hervor. Natürlich erhält die Operette dadurch, daß man die Musik ernsthafter behandelt und da- Orchester nicht bloß zum Begleltinstrument der mehr oder minder geistreichen Walzerlieder herabgedrückt, einen anderen Stil, sie nähert sich dann der Spirloper, von der st«, wie schon ihr Name sagt, eine leichtere Abart sein soll, und damit dem Niveau, La» ihr zukommt. DellingerS „Jad- wiaa" ist nun ganz in diesem Stil gehalten, und da« Publikum saß erstaunt und gebannt, in einer Zett der seichtesten Operettenmusik solche Lieder und Duette zu hören, wie sie vor allem der erst« Akt bietet. Schon nach dem stark von Neßler berinflaßten Auftrittslied Michael» löste sich da- Erstaunen tn lebhafte« Beifall ans. Mit besonderer Liebe sind musikalisch die beiden Hauptrollen der Jadwiga und de» Michael au-gestaltet, zwei richtige Opern- vartlen, die von Frl. Linda und Herrn Grube überraschend gut bewältigt wurden. Ein sehr hübscher Walzer, der dann sehr gelungen als Choral gesungen wird, und ein musikalisch sehr wirksames Terzett „Eta Drittel — drattel — drottell" bilden den lustigen Teil der Partitur. Daß bei einem solchen Werk auch Nummern mit unterlaufen, die versagen, wer wollte darüber rechten angesichts de» vielen Guten und gegenüber der Tatsache, daß Delltnger zu den nicht allzu vielen Komponisten gehört, denen wirklich noch etwa» elnsällt. Die beiden Librettisten P. Htrfchberg und Robert Pohl haben ein sehr romantische» Buch gefertigt, da» mit Ausnahme einiger allzu derber Szenen dramatisch wirksam ist und der Eigenart de» Komponisten in jeder Beziehung entsprach. Delltnger dirigiert« sein ziemlich schwierige» Werk selbst. dl. K. * Der« Hamburger Heine-Denkmal. Am Montag fand eine SIHnng de» Au-schusse» der Literarischen Gesellschaft in Hamburg für da» Heine-Deokmal statt, zu der auch di« Unterzeichner de» Aufruf» geladen waren. Der erste Vor- stdrnde der Literarische« Gesellschaft berichtete über die seitherigen Ergebnisse der Sammlung. E» sind in Hamburg insgesamt etwa 21000 ein gegangen. Hierzu kommt da» Ergebnis der Sammlung de» Berliner Ausschüsse» für Heinrich Heine» deutsche» Denkmal. Der Hamburger und Berliner An-schuß haben sich verbündet, so daß auch di« in Berlin rtngelaufenen Gelder in der Höh« von 21000 ^l dem Hamburger Denkmal zufließen. Mit 42 000 ist da» Denkmal zwar gesichert, doch wird die erreichte Summe für ein künstlerisch bedeu tungsvoll«» Monument, wie e» Heinrich Heine» deutsche» Denkmal doch wohl sein muß, al» nicht zureichend angesehen. E» sollen d«»halb noch weitere Schritte znr Erlangung größerer Summen unternommen werden. * Ein msderntfierter PlautuS. Au» Pari» wird berichtet: Ein inter essante» Erverimrnt ist im ThöLtre Femlna gemacht worden: Tristan Bernard hat den Versuch, Plantu» dem modernen Theater wiederzuerobern, unter nommen, und damit «inen durchschlagenden Erfolg errungen. Es handelt sich um eine modernisiert« Bearbeitung der „Meuächini" des Plautus, dir schon Shakespeare zu seiner „Komödie der Irrungen" anrraten und die jevt als „Zwillinge von Brighton" aus der französischen Bühne im modern sranzösischen Gewand« ihr« Wiederauferstehung feiern. Au» den plautiuischeu Zwilling»söhuen eine« sizilianischen Kaufmann« sind di« Zwillingssvhne eine» französischen Kaufmann- geworden, der tn Brighton sein Geschäft betreibt und Len rin reicher amerikanischer Onkel zum Erben einsetzt mit der einzigen Bedingung, daß er nur an einem Sohn Vatersreudeu erlebe. Allein die Natur be schenkt das französische Ehepaar mit Zwillingen. Um die Millionen nicht zu verlieren, verheimlicht er die doppelte Baterfixnd«; den einen der beiden jungen Erden bürger übergibt er einem Freund« in Havre, ter ihn als eigenen Sodn aus- zieht. Der Kaufmann stirbt vor dem Tode d«S Erbonkel», das Geheimnis bleibt unenthüllt, und al» einziges Ausklkrungsmtttel bestimmt der Vater, Laß sein Sohn sofort nach dem Tode des Erbonkels den Freund aofsucht. DaS geschieht, der glückliche Erbe eilt nach Havre, trifft sein zweite- Ich, den Zwillings bruder, der ihm anfS Haar gleicht, und nach einer bunten Kette von Verwechse lungen sinken sich die Brüder in dir Arme. Auch die Nebenfiguren sind dem PlautuS entnommen und so geschickt auf die neuen Zeitverhältnisie umgeslimmt, daß die Bearbeitung den Eindruck eine» völlig neuen Werke» hinterließ. Nur einige Einzelheiten wurden umgewandrlt. Die modernen Menächmi z. B. wissen nicht» voneinander, während bei Plautn» sie sich suchen. * Hochschulnachrichtea. Professor Harry Breßlau, der mittelalterliche Historiker der Untvrrsttät Straßburg, vollendet am 2L März sei» 60. Lebens- fahr. Professor Brrßlan gehört zu den hervorragendsten Forschern auf dem Gebiete der mittelalterlichen Geschichte und insbesondere ist e» die Wissenschaft der Diplomatik. Für die von der Historischen Kommission in München heraus- gegebenen Jahrbücher de» Deutschen Reiche» hat er zunächst die Jahrbücher Heinrichs II„ di« Hirsch unvollendet hinterlassen hatte, zu Ende geführt und die Jahrbücher Konrads II. bearbeitet, ein Werk, da» al» eine» der besten aus der ganzen Reihe der Jahrbücher gilt. Auch sür die „Llonnment» Svrmanias kietorioa" ist Breßlau tätig gewesen. Er gehört der Zentraldirektiou als Mitglied an und bearbeitet für sie die Abteilung der Diplomatie. — Der SanSkritsorscher Professor Kielhorn ist in Güttingen gestorben. Gr gehörte zu den hervor- ragendsten Vertretern seiner Sonderwissenschaft. Sein« Hauptwerke, darunter .FanÄcrit xrammar", wurden tn Bombay verlegt. Seit dem Tod Bühlers gab er den „Grundriß der indo-arischen Philologie" heran», den jener begonnen hatte. * Kleine Ehrnntk. Au» Stuttgart wird nn» telegraphiert: Geheimrat Zeller wird Sonntag vormittag '/,11 Ubr auf dem hiesigen Hauptfrlebhof, wo auch seine Frau seft 16. Mai 1904 ruht, beerdigt. Seit fünf Tagen war der Gelehrte bettlägerig, gestern nachmittag trat Herzschwäche ein, um '/.3 Uhr der sauste Todesschlummer. Au» der ganzen Welt treffen BeiletdSkundgebungen ein. — Au» Dresden wird «n» mitgeteilt: Ibsen hatte eine besondere Vor- lieb« für Dresden. Er lebte fast 6'/, Jahre in der sächsische« Hauptstadt. Heute, am 80. Geburtstage de» Dichter», wird am Hanse Wettiner Straße 22, in dem Ibsen wohnte und „Kaiser und Galiläer" vollendete, eine Ibsen-Gedenktafel mit folgender Inschrift angebracht: „In diesem Hause vollendete Henrik Ibsen 1878 „Kaiser und Galiläer*. 20. 3. 08. Literarischer Verein." — Eine Biographie Tolstoi» von seiner Frau wird, der „Revue" zufolge, in kurzem unter dem Titel: „Meine Beziehungen zu Tolstoi und seine Tätigkeit als Schriftsteller" erscheinen. Tie Gräfin ist immer die Sekretärin ihres Mannes gewesen, bat sein literarische- Schassen beobachtet und ihm ratend zur Seite gestanden, und sie hat die Veröffentlichung betrieben. DaS Buch wird gleichzeitig in russischer, englischer, französischer, deutscher und italienischer Sprache erscheinen. Gräfin Tolstoi ist auch kürzlich mit einigen mit Manuskripten gefüllten Koffern nach Mo-kau gekommen, um da» „Tolstoi- Museum" einzurichtru.
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