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NchM MtMss WM, W«, AM« Md die MMcki. AmtsbtclLt M die Kgl. KmlshauptmannschafL zu Meißen, das Kgl- Amtsgericht und den Stadtrath zu WitsdM. Erscheint wöchentlich zweimal, Dienstags und Freitags. — Abonnementpreis vierteljährlich 1 Mark. Einzelne Nummern 10 Pfg.— Inserate werden Montags und Donnerstags bis Mittags 12 Uhr angenommen. Dienstag, den 30. October Nr. 87 1888. Bekanntmachung, die unabkömmlichen Lehrer betreffend. Die Schulvorstände des hiesigen Bezirkes werden hierdurch darauf aufmerksam gemacht, daß die Anzeige über die für den Fall einer Mobilmachung als unabkömmlich zu bezeichnenden Lehrer bis zum 15. November dieses Jahres anher zu erstatten und hierzu das Seite 166 des Gesetz- und Verordnungsblattes vom Zahre 1876 ersichtliche Schema zu benutzen ist. Meißen, am 22. October 1888. Königliche Bezirks-Schul - Jnspection. Bekanntmachung Stadtbezirk Wilsdruff. Alle in vorgenanntem Stadtbezirke aufhältlichen Reservisten der Jahrgänge 1881 bis 1888, sowie die zur Disposition der Ersatzbehörden und die zur Disposition der Truppentheile beurlaubten Mannschaften und die Halbinvaliden der Jahrgänge 1881—1888 erhalten hiermit Befehl, zu der Donnerstag, den 8. November 1888, Nachmittags ^2 Uhr, im Gasthof zum weißen Adler zu Wilsdruff stattfindenden Controlversammlung zu erscheinen. Sämmtliche Militärpapiere sind mitzubringen. Das Führen von Stöcken und Regenschirmen während der Controlversammlung wird bestraft. Die Nichtbefolgung der öffentlichen Aufforderung wird disciplinarisch bestraft. Königliches Bezirks-Commando Meißen. Bekanntmachung, die Einkommensdeklaration betreffend. Aus Anlaß der im Laufe des nächsten Jahres stattfindenden allgemeinen Einschätzung zur Einkommensteuer werden zur Zeit Aufforderungen zur Deklaration des steuerpflichtigen Einkommens ausgesendet. Denjenigen, welchen eine derartige Aufforderung nicht zugesendet werden wird, steht es frei, eine Deklaration über ihr Einkommen bis MM 13. November -s. Js. bei dem unterzeichneten Stadtrathe cinzureichen. Zu diesem Zwecke werden bei Letzterem Deklarationsformulare unentgeltlich verabfolgt. Gleichzeitig werden alle Vormünder, ingleichen alle Vertreter von Stiftungen, Anstalten, Personenvereinen, liegenden Erbschaften und an deren mit dem Rechte des Vermögenserwerbs ausgestatteten Vermögensmassen aufgefordert, für die von ihnen bevormundeten Personen beziehentlich für die von ihnen vertretenen Stiftungen, Anstalten u. s. w., soweit dieselben ein steuerpflichtiges Einkommen haben, Deklarationen bei dem unter zeichneten Stadtrathe auch dann einzureichen, wenn ihnen deshalb besondere Aufforderungen nicht zugehen sollten. Wilsdruff, am 29. October 1888. Der Stadtrat h. Ficker, Brgmstr. DageSgefchichte. Die Frage einer Reichscivilliste des Kaisers dient znr Zeit der Tagespresse wieder zum Gegenstand eingehender Erörterungen. Die Kosten welche dem Kaiser als ersten Repräsentanten des Reiches aus dieser seiner Stellung erwachsen, sind ganz bedeutende und haben dies erst jüngst die beträchtlichen Ausgaben, welche die großen Reisen Kaiser Wilhelms dem Monarchen verursachten, auf's Neue bekundet. Allgemein erkennt man denn an, daß es eine Ehrenpflicht des Reiches ist, dem Kaiser eine Civilliste zur Bestreitung von Nepräsentationskosten u. s. w. zu gewähren und sollen in der kommenden Reichstagssession Initiativanträge in dieser Richtung zu erwarten sein. Die hohe Politik steht ersichtlich noch unter dem Eindrücke der Kaiserbesuckc in Wien und Rom. Ein augenscheinlich inspirirter Brief der hochoffiziellen „Berl. Pol. Nachr." führt aus, daß diese Besuche auf einer so mächtigen Grundlage ruhten, daß jeder Anprall gegen dieselbe vergeblich sei. Dagegen bezeichnet der Brief die bekannten Berichte über die Begegnung und Besprechung zwischen Kaiser Wilhelm und dem Papst als unwahr und meint, dieselben gingen von Personen aus, welchen die guten Beziehungen zwischen Kaiser und Papst unangenehm seien. Eine Veränderung dieses historischen Verhältnisses sei weder beabsichtigt noch erhofft; zahlreiche Anzeichen lägen vor, daß der Papst die Aufmerksamkeit welche ihm der Kaiser durch seinen Besuch erwiesen, vollkommen würdige, während sich der Kaiser außerordentlich anerkennend über den ihm im Vatikan bereiteten glanzvollen Empfang ausgesprochen habe. — Nach dieser offiziellen Darstellung würde also die Unterredung zwischen Kaiser Wil helm und Papst Leo beide Theile befriedigt haben, eine Meldung, die mit allen anderen Nachrichten über tiefe Scene so sehr im Widerspruch stehst daß man sie nur mit Vorbehalt registriren kann. Wie verlautet, hat Kaiser Wilhelm das Auswärtige Amt damit beauftragt, den Regierungen der von ihm jüngst besuchten auswär tigen Länder seinen Dank für die ihm gewordene Aufnahme auszusprechen. Der Kaiser soll seine Befriedigung über die seiner Reise allseitig beige legte friedliche Bedeutung kundgegeben haben, die ihm zu hoher Ge- nugthuung gereiche. Die dem Kaiser Wilhelm während seines Aufenthaltes in Rom zu gesandten Bittgesuche übersteige 5000. Eine neue in schärferer Form gehaltene Kundgebung des Vatikans gegen die italienische Regierung bedeutet die Ansprache, welche Papst Leo jüngst an 1000 von ihm empfangene neapolitanische Wallfahrer rich tete. Die päpstliche Rede spitzte sich zu einem heftigen Proteste gegen die Besetzung Roms durch die Italiener und die Erhebung der ewigen Stadt zur „unantastbaren" Hauptstadt Italiens zu, indem der Papst be tonte, Rom werde die Königin und Hauptstadt der ganzen katholischen Welt sein und bleiben. Jedenfalls wird dieser päpstliche Protest der Be wegung zur Wiederherstellung der weltlichen Papstherrschaft einen neuen Anstoß geben. Aus London wird berichtet: Der Papst bewilligte dem Berichter stattet des „Daily Telegraph" eine Audienz von 20 Minuten und sagte betreffs des Kaiserbesuchs: Ich kann nicht sagen, ob wir zufrieden oder unzufrieden mit dem Kaiserbesuch sind. Daß der Kaiser nach Rom kam, geschah nicht auf unsern Wunsch, noch auch war der Zweck der Reise uns günstig, sondern unsern Feinden, welche seit zehn Jahren mich thatsächlich zur Beschränkung auf den Vatikan nöthigen, den ich nicht verlassen kann; meine Würde verbietet mir das. Dieser Jüngling hat nach seiner Thron besteigung in der Runde Besuche bei den europäischen Höfen gemacht und kam schließlich nach Rom, wo seine Gegenwart mehr unsere Feinde zu stärken als uns nützlich zu sein angethan war. Er besuchte mich; es war ein Akt der Höflichkeit, und ich freute mich, ihn zu empfangen. Ick hatte ihm viel zu sagen; aber gerade, als ich meine Rede begann, unterbracher mich, um seinen Bruder hereinzurufen und ihn mir vorzustellen. Nachher batte ich keine Gelegenheit mehr, privatim mit dem Kaiser zu sprechen. Betreffs eines umäus vivendi mit Deutschland kann ich in vielen Be ziehungen zufrieden sein. Bismarck ist ein verständiger Mann, und sein Sohn, der eine lange Audienz am Abend des 17. October bei mir hatte, scheint sehr vernünftig und ernst zu sein." Dagegen erklärte der Papst, niemals zugeben zu können, daß die deutsche Regierung ausschließlich den Unterricht der katholischen Kinder in Händen behalte. Er schloß mit den Worten: „Wenn der Papst unzufrieden ist, so sind die Katholiken miß vergnügt." (Manche Einzelheiten lassen die Echtheit dieser päpstlichen Auslassung als fraglich erscheinen.) In Frankreich hat sich Boulanger nun auch wieder einmal über di« Haupt- und Staatsfrage der Verfassungsrevision vernehmen lassen.