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Gotteshause der Trauung seines Sohnes mit der Auserwählten seines Herzens wird anwöhncn können. Es ist das ja das schönste Hochzeitsgeschenk, das dem hohen Paare gereicht werden kann. — Die Aerzte sprechen laut ihre Bewunderung darüber aus, daß der Kaiser die Fährlichkeitcn des letzten akuten Krankheitsanfalles so leicht und gut überwunden hat. Wenn nicht unvorhergesehene Zwischenfälle eintreten, wird der Kaiser der kirchlichen Vermählungsfeier seines Sohnes, des Prinzen Heinrich, morgen beiwohnen. Seine Theilnahme an der Hoftafel ist noch ungewiß, die Möglichkeit einer solchen aber nicht ausgeschlossen. Der Kaiser bat in den letzten Tagen die Ausführung des Festprogramms bis in die kleinsten Einzelheiten entworfen und überwacht. Das Wohlbefinden des Kaisers hielt den ganzen Tag über an. Die geringe Eitcrabsonderung verursacht jetzt verhältnißmäßig wenig Beschwerde. — Die Uebersiedelung des Kaisers nach Potsdam soll nach dem „Kl. Journal" am 26. d. M. erfolgen. Der ärztliche Dienst dürfte dann eine besondere Neuregelung schwerlich erfahren; Or. Mackenzie, l)r. Hovell und Generalarzt v. Wegner bleiben nach wie vor ständig um den Kaiser und werden im Schloß Friedrichskron wohnen; die Professoren Krause und Leyden werden, wie jetzt, täglich zwei Mal, dann täglich wohl nur ein Mal an der Aerztekonferenz sich betheiligen und zu diesem Zwecke jedes Mal nach Potsdam hinüberfahren; die Herren Senator und Bardeleben aber jeder wöchentlich ein Mal an den Tagen der Bulletinausgabe in Schloß Friedrichskron erscheinen. Der Berliner Corrcspondent des „Daily Telegr." kündigt die Ver lobung des Prinzen Alexander von Battenberg mit der Prin zessin Victoria anläßlich der Hochzeitsfeierlichkeiten in Berlin an. Zu den Fragen, welche der Reichstag in seiner nächsten Session regeln, bezw. lösen soll, gehört auch bie Beseitigung der Mißstände, welcke sich bei dem Betrieb der sogenannten Abzahlungsgeschäfte gezeigt haben. Diese Angelegenheit ist seit Jahren in verschiedenen Petitionen und Han delskammerberichten besprochen worden, ohne daß bis jetzt ein irgendwie Aussicht auf Erfolg versprechender Vorschlag gemacht worden wäre. Denn den von einigen Seiten gegebenen Rath, alle Abzahlungsgeschäfte ganz zu verbieten, wird man, wie die „Volkszeitung" schreibt, trotz der Ein fachheit, mit welcher er die Frage löst, doch wohl kaum für annehmbar halten. Man darf bei der Behandlung dieser Angelegenheit nicht vergessen, daß die Abzahlungsgeschäfte neben dem unleugbaren Nachtheil, daß sie viele Personen zu Ankäufen verleiten, welche weit über ihre Kräfte hinaus gehen, den Arbeitern die Anschaffung vieler Gegenstände, und ganz beson ders von Arbeitsgeräth erleichtern, und so ihre Erwerbsfähigkeit steigern. Ganz besonders hart würde ein Verbot der Abzahlungsgeschäfte die weib lichen Arbeiter treffen, denn nach einer in Rheinland und Westfalen an gestellten Enquete sind fast zwei Drittel aller dort fabrizirten Nähma schinen auf Abzahlung gekauft worden. Im Hinblick auf die Nützlichkeit des Erwerbes auf Abzahlung ist also zu hoffen, daß sich ein Weg finden wird, die Auswüchse, welche sich gebildet haben, die aber auch, wie die Enqueten verschiedener Handelskammern zeigen, vielfach übertrieben worden sind, zu beseitigen, und dadurch, daß dann dem Abzahlungsgeschäft das ihm augenblicklich anhaftende Odium genommen wird, demselben ein neuer Aufschwung auf dem ihm so recht eigentlich zukommenden Gebiete der Lieferung von Arbeitsmaschinen gegeben wird. Kladderadatsch und Eugen Richter müssen nicht ganz gut zusammen fein, oder neckt sich nur, was sich liebt? Kladderadatsch läßt seinen Freund Richter Nachts an schwerem Alpdruck leiden. Er sitzt dann im Redactions zimmer der Freisinnigen Zeitung und schreibt Leitartikel. Plötzlich stutzt er: er kann die nöthigen kräftigen Ausdrücke nicht mehr finden. Während er noch sinnt und grübelt, dringt von der Treppe ein verdächtiges Geräusch herein, ein Schleichen und Tappen, vermischt mit Zischen und Klappern. Krachend springt die Thür auf und ein endloser Zug von Reptilien be wegt sich herein: Krokodille, Schlangen, Salamander und Rieseneidechsen. Erschreckt will er die Beine auf den Drehsessel Heraufziehen, aber es geht nicht mehr, zwei Riesenschlangen haben sich schon um sie geringelt und halten sie wie in Schraubstöcken fest. Jetzt richtet sich ein gewaltiges, ur altes Krokodil auf, legt dem Gepeinigten seine Vorderfüße auf die Schultern und zischt ihm zu: „Bring'ein Hoch auf Bismarck aus!" Der alte Streiter für Recht und Wahrheit sträubt sich lange, bald aber fühlt er am ganzen Körper ein unerträgliches Zwicken und Beißen, grinsend öffnet dasRicsen- krokodil den scheußlichen Rachen, um ihn zu verschlingen. Da ringt es sich dumpf aus seiner gepreßten Brust: „Fürst Bismarck lebe hoch, hoch, hoch!" Kaum ist das letzte Hoch verklungen, so erwacht der Gefolterte und findet sich, von oben bis unten in Schweiß gebadet, in seinem Bett. Wie aus Halle berichtet wird, ist am ersten Pfingstfeiertage Abends bei Teutschenthal, Zscherben und Schlettau ein Wolkenbruch niederge gangen, weite Strecken Ackerfluren wurden verwüstet. Das Wasser stand stellenweise zwei Meter hoch. Die dortigen Kohlengruben haben besonders stark gelitten, auch wurden einige Häuser weggerissen, Ein Waldbrand, der eine sehr große Ausdehnung annahm, wird aus Straußberg a. d. Ostbahn signalisirt. Derselbe entstand am Pfingstheilig- abend in der dortigen städtischen Forst durch Funken aus der Lokomotive eines vorüberfahrenden Eisenbahnzuges, und dürfte daher der Elsenbahn- fiskus den gewaltigen Schaden zu tragen haben. Nach ungefährer Schätz ung hat sich das Feuer über mindestens 500 Morgen Hock- und Nieder wald erstreckt, wovon ungefähr 300 Morgen dem Dorfe Rehfelde und etwa 200 Morgen der genannten Stadt angehören sollen. Bei der überaus großen Dürre, die seit einiger Zeit herrschte, und dem Winde an jenem Tage hätte sich das Feuer sehr leicht noch weiter ausbrciten können, wenn nicht schnell von allen Seiten thatkräftig eingeschritten worden wäre. Die Straußberger Feuerwehr war bald zur Stelle, traf schnell Vorkehrungen aller Art und leistete wackere Hilfe. Die Polizei forderte sämmtliche Bürger der Stadt vom 18. bis 50. Lebensjahre bei Androhung einer Strafe von dreißig Mk. auf, mit Spaten versehen sich unverzüglich an die Brandstelle zu begeben. Auch von anderen nahegelegenen Ortschaften, Rehfelde, Hennickendorf u. a. kam Hilfe herbei, so daß es schließlich gelang, dem Feuer Einhalt zu thun. In aller Stille hat England foeben ein über hunderttausend Qua dratmeilen großes Territorium in Afrika, ebenso reich und entwicklungsfähig wie Indien, unter seinen Schutz gestellt, indem cs eine neue ostafrikanische Compagnie gründete. Die Grenzen dieses neuen Staates dehnen sich vom Norden der Deutschen Schutzcolonie bis zum Somali-Gebiet einerseits und dem Albert Nyanza-See andrerseits aus. Die Befugnisse der neuen Ge sellschaft umfassen sämmtliche Regierungshandlungen im weitesten Sinne und erinnern deutlich an den Ursprung des ostindischen Reiches selbst in Details wie die Erbauung von Forts, Befestigung einiger Inseln u. s. w. England sucht in Afrika Ersatz für das schwindende Monopol der Herr schaft seines Welthandels in Asien und anderwärts. An der Spitze des Unternehmens steht derselbe Mann, welcher Stanley's letzte Expedition or- ganisirte. Es ist nicht unmöglich, daß beide Pläne in Zusammenhang mit einander stehen. Paris. Im Ministerrath theilte der Minister des Innern eine Depesche des Gouverneurs von Algerien über die Heuschreckenplage mit. Die Verheerungen sind auf mehrere Millionen veranschlagt. Die Re gierung verlangt von den Kammern einen Kredit von 500,000 Francs zur Unterstütznng der nothleidenden Landwirthe. In Bulgarien herrscht vollkommene Ruhe. Prinz Ferdinand hat seine Rundreise ohne größere Störungen vollenden können, selbst in Tir- nowa, dem Sitze des russenfreundlichen Metropoliten Clement hat sich das Volk begeistert für seinen Fürsten erklärt, und bezeichnend ist es jedenfalls auch, was der „Magd. Ztg." über die Vereinigungsvorschläge Zankow's an Karawelow berichtet wird. Der letztere erklärte, daß er auf Zankow's Programmpunkt: „Unbedingte Unterwerfung unter Rußland" nic eingehen werde. Einer Candidatur des Oldenburgers könnte er zu stimmen, nie aber derjenigen des unbeliebten Mingreliers. Also kann sich Bulgarien vielleicht einmal gegen den Prinzen Ferdinand erklären, nie mehr wird es zu Rußlands Fahne stehen. In der anläßlich der Abschaffung der Sclaverei in Brasilien an den brasilianischen Episcopat gerichteten päpstlichen Encyklika sagt der Papst, daß ihm keins der Geschenke, welche er zu seinem Jubiläum erhalten, an genehmer gewesen sei, als die Abschaffung der Sclaverei in Brasilien, wie er dies bereits im vergangenen Januar dem brasilianischen Gesandten er klärt habe. Der Papst erkennt die in dieser Beziehung von dem Kaiser und der Regentin an den Tag gelegte Fürsorge an, verbreitet sich sodann über die ganze christliche Lehre von der Sclaverei und der Freiheit und hebt hervor, wie in Folge der Erbsünde das Menschengeschlecht sich ernied rigte, und wie bei allen, selbst den civilisirtesten Völkern, so bei den Griechen und Römern, es eine Gesetzgebung gegeben habe, kraft deren ein Theil der Menschheit eine dem Eigenthum und der Laune seiner Herren unterworfene Sache war. Von den ersten Zeiten seines Bestehens an habe das Christen thum die Gleichheit aller Menschen erklärt, indem es gleichzeitig die Unter werfung predigte, um nicht den allgemeinen Umsturz hervorzurufen. Der Papst erinnert sodann an Alles, was seine Vorgänger zu Gunsten der Sclaven gelhan — von Hadrian I., der ihnen das Recht verlieh, sich zu verheirathen, Pius II. und Leo X., welche auf Spanien und Portugal wegen Abschaffung des Negerhandels einwirkten, Pius VII., der den Wiener Congreß mit dieser Frage beschäftigte, bis auf Gregor XVI., der die Negerhändler verurthcilte. Der Papst empfiehlt schließlich den brasilianischen Bischöfen, die Regierung des Kaisers zu unterstützen. Vaterländisches. Wilsdruff. Mit dem ersten Juni tritt der neue Sommerfahrplan der König!. Sächs. Staatsbahnen in Kraft. Auf derLinie Wilsdruff- Potschappel ist, wie voriges Jahr, wieder ein 4ter Zug in jeder Rich tung zur Einlegung gekommen. Aus Wilsdruff gehen die Züge ab: 6.15 früh, 11.20 Vorm., 3 Uhr Nachm. und 7.50 Abends. Anschluß- Verbindung von Dresden Böhm. Bahnhof 6.15 früh, 12.5 Mitt., 3.55 Nachm., 9.10 Abends. — Die Mitglieder des „konservativen Vereins für Wilsdruff und Umgegend" macken wir heute nochmals auf die nächsten Sonntag Nach mittags im Adlersaale allhier stattfindendc Generalversammlung aufmerk sam und bemerken dabei besonders, daß im Anschluß hieran Herr Rilter- gutspackter Horst-Rothschönberg seinen Wählern Bericht über die letzte Landtagssessivn erstatten wird. — Die Königliche Altersrentenbank zu Dresden-Altstadt, Landhaus und König-Johannstr. im Landhaus, zeigt auch in dem Ergebnisse des abgelaufenen Monats April eine weitere Steigerung der ihr zugehenden Einzahlungen; dieselben stellen sich auf 330 198 M. in 641 Einlagen, gegen 246 233 M. in 634 Einlagen im gleichen Monat des Vorjahres. Der Zuwachs von 83 965 M. ist aber auf die beiden Erwerbsarten für Renten nicht gleichmäßig vertheilt, vielmehr beträgt die Zunahme der Vcr- zichtseinzahlungen 20 Proz., diejenige der Vorbehaltseinzahlungen dagegen 72 Proz. Letzterer Umstand erscheint sehr bedeutsam, weil bei der Ren tenversicherung mit Kapitalvorbehalr die gemachten Einlagen unter allen Verhältnissen unverkürzt wieder ausgezahlt werden, so daß mit dieser Ver sicherungsart zugleich eine Kapitalversicherung für die hinterlassenen Ange hörigen der Rentner verbunden ist. Die Einlagen unter Vorbehalt werden fast ausschließlich zur Erwerbung aufgeschobener, das ist von einem im Voraus zu bestimmenden späteren Lebensjahre ablaufcnder Altersrenten geleistet; vor Beginn des NentcnlaufS ist bei ihnen die jederzeitige ganz oder theilweise erfolgende Zurückziehung, wie auch zur Erhöhung der Rente der nachträgliche Verzicht gestattet. — Der Verkehr auf den Dresdner Bahnhöfen war am Pfingst sonnabend und Pfingstsonntagvormittag ein außergewöhnlich lebhafter. Der Verkehr setzte sich auch in ungeschwächter Weise bei den Mittags-, Nachmittags- und Abendzügen fort, schier endlos waren die Wagenrcihen, welche die Reiselustigen ihren Zielen entgegenführten. Auf dem Böhmi schen Babnhofe wurde am Sonnabend neben den 117 fahrplanmäßigen Personcnzügen, welche dort ein- und ausgehen, die Einlegung von 24 Personenextrazügcn nothwcndig, von denen 5 auf der Bodenbacher Linie, 16 auf der Chemnitzer Linie, 1 auf der Verbindungsbahn Dresden-Altst.- Friedrichstadt und 2 nach Berlin über Röderau verkehrten. In den zu sammen 141 Zügen wurden 1709 Personenwagen befördert. Am Pfingst- fonntag wurden aus dem Böhmischen Bahnhofe neben den fahrplanmäßigen Personenzügen 68 Personenextrazüge nöthig, und zwar 32 auf der Boden bacher Linie, 29 auf der Chemnitzer Linie, 2 nach bez. von Friedrichstadt und 5 auf der Verbindungsbahn nach und von Dresden-Neustadt. Am Pfingstsonntag wurden in den, den Böhmischen Bahnhof im Aus- und Eingang passirenden Personenzügen und Extrazügen 2447 Personenwagen bewegt. — Auch auf den Bahnhöfen zu Leipzig war die Frequenz während der verflossenen Feiertage eine ganz bedeutende. So reisten auf dem bayerischen Bahnhof 34 400 Personen einschließlich 1500 Mann Militär, ab und 29 200 Personen kamen daselbst an. Auf der Magdeburger Bahn wurden 29 328 Personen nach Leipzig und 27 191 Personen nach aus wärts befördert. Ueberdies wurde am Sonnabend Vormittag auf gedachter Linie ein Extrazug mit 251 Passagieren nach Hamburg abgelassen. Auf der Berliner Bahn faßten die ankommenden Züge 10 120 Personen, die abgehenden 10 530 Personen. Die Zahl der auf dem Dresdner Bahn hofe abfahrenden Personen betrug 33 150, die der dort ankommenden 34 650 Personen. Auf der Thüringer Bahn kamen 30 800 Personen in Leipzig an und 31 620 fuhren daselbst ab. Chemnitz. Der Pfingstvcrkehr erreichte auf dem hiesigen Bahnhof Heuer einen Umfang, wie er in den früheren Jahren noch nie gezeigt hat. Schon am Freitag war der Verkehr in Folge der Militärbeurlaubungcn und des Ferienbeginnes ein außerordentlich lebhafter und nahm am Sonnabend und 1. Feiertag früh einen solchen Anlauf, daß selbst die Einstellung von 129 ausgerüsteten Packwagen nicht mehr genügte und am 1. Feiertag in der 10. Stunde alle verfügbaren Transportmittel aufgebracht waren. Zur Bewältigung des Verkehrs mußten zahlreiche Extrazüge bis zu 60 Achsen Länge eingelegt werden und verkehrten neben 105 fahrplanmäßigen Zügen am Sonnabend 31, am 1. Feiertag 50, am 2. Feiertag 18 und am 3. Feiertag 27 Extrazüge, im Ganzen also an den 4 Haupttagen 126 Extrazüge, 5 mehr als im Vorjahr. 80 500 Personen kamen an, 75 000 fuhren ab, über 10 000 mehr als im Vorjahr, und dabei hat man das Coupee nur zu 8 Personen besetzt gerechnet, während sich namentlich bei den Abendzügen oft 10 bis 12 Insassen darin befanden. An Billet»