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Ficker. Berlin, 25. April, Vorm. 10 Uhr 45 Min. Das heute Morgen 9 Uhr veröffentlichte ärztliche Bulletin lautet: Das Befinden Sr. Majestät des Kaisers ist nach einer guten Nacht den Umständen nach zufriedenstellend. Das Fieber ist, wie gestern, niedriger. Da der Zustand jetzt im Laufe des Tages nur geringe Veränderungen zeigt, wird bis auf Weiteres täglich nur ein Bulletin ausgegeben werden. Mackenzie. Wegner. Krause. Hovell. Leyden. Die „Nordd. Allg. Ztg." bewillkommnete die Königin von Eng land bei ihrem Eintreffen in Charlottenburg, bezw. Berlin in folgenden Sätzen: „Die Königen Victoria von England, welche heute hier eintrifft, wird von der gesummten Bevölkerung Dentschlands und in erster Linie von den Bewohnern der Hauptstadt des Reichs mit der Ehrfurcht und Sympathie begrüßt werden, welche Ihr, der langjährigen Herrscherin eines befreundeten Staates und der Mutter unserer eigenen Kaiserin, in so hohem Maße gebührt. — Mit Dankbarkeit werden es alle deutschen Herzen als ein Zeichen der innigen Theilnahme Ihrer Majestät der Königin von Eng land an den Geschicken unseres eigenen Herrscherhauses erkennen, daß die Königin Victoria an das Krankenlager unseres innigst geliebten Kaisers tritt und somit persönlich an der schweren Bekümmerniß und der großen Unruhe theilnimmt, welche uns heute erfüllt. — Möge es Ihr vergönnt sein, Trost und Hoffnung zu bringen, und möge Sie dagegen die Ver sicherung entgegennehmen, daß das Andenken Ihrer Theilnahme, wie sie sich durch Ihr Kommen kundgicbt, hier stets in dankbarer Erinnerung bleiben wird. Anläßlich der Reise der Königin von England schreibt die Lon doner „Times": Zn dieser Krisis der Besorgnisse der deutschen Nation wird der Besuch der Königin Victoria in Berlin das tiefste Interesse er wecken. Die Königin trägt die innigste Theilnahme der britischen Nation an das Schmerzenslager des Kaisers Friedrich. — Der „Standart" meint, der Begegnung der Königin und des Kaisers von Oesterreich in Innsbruck sei keine politische Bedeutung beizumessen; erfreulich lei es jedoch, den freund lichen Sinn wahrzunehmen, in welchem dieses Ereigniß, wie der Besuch der Königin in Berlin, von den Berliner und Wiener Blättern besprochen werde. England betheilige sich nicht förmlich an dem Dreibunde, aber die ganze Welt kenne die Richtung, in welcher sich seine Sympathien bewegten. Der Dreibund allein schütze den Orient vor einem sofortigen Ausbruche. Die Königin von England hat den Reichskanzler Fürsten Bis marck in Charlottenburg empfangen. Der Staatssecretär Graf Herbert Bismarck ist, dem Vernehmen nach, zum Staatsminister ernannt worden. Wie verlautet, habe die Großherzogin von Baden zu Gunsten der jüngsten kaiserlichen Töchter auf ihr Erbtheil aus Kaiser Wilhelm'- Nachlaß verzichtet. Von einer Reise des Fürsten Bismarck auf seine Besitzungen, welche längst geplant und erwartet war, ist es wieder still geworden. Es ist wohl nicht anzunehmen, daß die Abreise erfolgen werde, so lange die ernste Er krankung des Kaisers fortdaucrt. Als eine glückliche Fügung darf es bettachtet werden, daß die Königin Victoria von England, die Schwiegermutter des Kaisers Friedrich, bei ihrer Ankunft in Charlottenburg am 24. April dem hohen Kranken bei verhältnißmäßig besserem Befinden ihre schmerzliche Theilnahme aus drücken konnte. Dem Kaiser war es möglich, auf einige Zeit das Bett zu verlassen. Hatte doch der Kaiser eine recht gute Nacht gehabt, war doch das Fieber gering, das Aussehen, der Appetit und der Kräftezustand sind besser. Die „Lib. Korr." berichtet, daß die Kaiserin sich in einem Schreiben an den Justizminister vr. Friedberg gewendet habe, in welchem sie mit Bezug auf Angriffe gegen die englischen Aerzte sagt, über die Angriffe, welche gegen ihre Person gerichtet würden, wolle sie schweigend hinwcg- gehen, sie könne aber nicht dulden, daß die Männer, die sich für dm Kaiser opferten, in der Presse in schamlosester Weise verhöhnt würden. Sie er suche den Minister, in dieser Richtung einzuschreiten. Der genannten Korre spondenz muß die Vertretung dieser ihrer Mittheilung überlassen bleiben. Als beispiellos in der Geschichte bezeichnete vor einigen Wochen der Reichskanzler die Welttrauer um den dahin geschiedenen ersten deutschen (Fortsetzung in der Beilage.) No. 21. Gesetz, einen Nachtrag zu dem Gesetze über die veränderte Einrichtung der Altersrentenbank vom 2. Januar 1879 bett.; vom 9. April 1888; No. 22. Ausführungsverordnung zu dem Gesetze vom 9. April 1888, einen Nachtrag zu dem Gesetze über die veränderte Einrichtung der Alters rentenbank vom 2. Januar 1879 bett.; vom 9. April 1888; No. 23. Gesetz, das Befugniß zu Protocollaufnahmen und zu Beglaubigungen bett.; vom 9. April 1888; No. 24. Verordnung zur Ausführung des Gesetzes, das Befugniß zu Protocollaufnahmen und zu Beglaubigungen bett.; vom 9. April 1888; No. 25. Verordnung, die Auslegung des vierten Absatzes von 8 30 der Revidirten Landgemeindeordnung bett.; vom 9. April 1888; No. 26. Gesetz, die Aufbringung der Kosten bei Zusammenlegung der Grundstücke bett.; vom 9. April 1888; No. 27. Gesetz, einige Abänderungen der Verfassungsurkunde vom 4. September 1831 betr.; vom 13. April 1888; No. 28. Gesetz, einige Abänderungen des Hausgesetzes bett.; vom 13. April 1888; No. 29. Verordnung, die Expropriation von Grundeigenthum für Erweiterung der Stationsanlage des Bahnhofs Aue betr.; vom 9. April 1888. Gedachtes Stück des Gesetz- und Verordnungsblattes liegt zur Einsichtnahme auf hiesiger Rathsexpedition aus. Wilsdruff, am 23. April 1888. Der Stadtgemeinderath. Kicker, Brgmstt. Bekanntmachung. Unter Hinweis auf die Bekanntmachung der Königlichen Amtshauptmannschaft zu Meißen in No. 28 dieses Blattes machen wir die hiesigen Pferdebesitzer nochmals darauf aufmerksam, daß die diesjährige Stutenmusterung und Fohlenschau für das Zuchtgebiet Kesselsdorf, am 8 Mai ds. Js., Vormittags 9 Uhr, ohne Prämiirung daselbst stattfindet. Zugleich weisen wir darauf hin, daß auf Anordnung des Königlichen Ministeriums des Innern vom Jahre 1885 an für alle nicht im Zuchtregister eingetragene Stuten ein um drei Mark erhöhtes Deckgeld zu zahlen ist und ebenso für eingetragene Zuchtstuten, sobald ihre nachzuweisen den Produkte im ersten oder zweiten Jahre bei den Fohlenschauen nicht vorgestellt werden. Diejenigen Züchter also, deren Stuten nicht im Zucht register ausgenommen sind, die sich aber fernerweit das bisherige niedrigere Deckgeld von 6 Mark sichern wollen, müssen ihre Stuten bei der nächsten Stutenmusterung zur Eintragung ins Zuchtregister vorstellen und ihre Produkte seiner Zeit im ersten oder zweiten Jahre zur Fohlenschau bringen. Wilsdruff, am 23. April 1888. Freiwillige Versteigerung. Erbtheilungshalber soll von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgericht Sonnabend, den IS. Mai 1888, Bormittags 11 Uhr, an Amtsstelle das zum Nachlasse weil. Herrn Carl Traugott Ferdinand Winkler in Nossen gehörige, an der hiesigen unteren Bahnhofstraße gelegene Hausgrundstück, Folium 376 des Grund- und Hypothekenbuchs für Nossen, No. 81 v. des Brandkatasters, bestehend aus den Parzellen 214 f. und 215 des Flurbuchs, welches bei einem Flächeninhalte von 35 sZRuthen 6,« Ar mit 222,4-, Steuereinheiten belegt, nach 353 Beitrags einheiten mit 13,500 M. bei der Landesbrandversicherungsanstalt versichert, Hypotheken- und reallastenfrei und auf 18,000 M. geschätzt worden ist, unter den im Termine bekannt zu machenden Bedingungen freiwillig versteigert werden. Erstehungslustige werden geladen, sich zur oben angegebenen Zeit an Amtsstelle einzufinden, sich über ihre Zahlungsfähigkeit auszuweisen, ihre Gebote zu eröffnen und wegen des Zuschlags weiterer Verhandlung gewärtig zu sein. Nossen, den 19. April 1888. Königliches Amtsgericht. Weidauer. Herbe Gegensätze. Am heutigen Tage, dem 24. April, heißt es in einem Artikel der „Magdeb. Ztg.", wird die Königin von England in Berlin und Charlottenburg zum Besuche bei dem Kaiser Friedrich und der Kaiserin Victoria erscheinen. „Seit dreißig Jahren ist es der erste Besuch wieder, den Englands Herrscherin in der Hauptstadt des Deutschen Reichs abstattet. Im Sommer 1858 war sie gekommen, um sich selbst mit eigenen Augen von dem Glück zu überzeugen, daß ihre erstgeborene Tochter an der Seite eines geliebten Gemahls gefunden. Wie viele von den jetzt Lebenden mögen sich der Tage noch erinnern, an denen mit frohen Festlichkeiten die Anwesenheit der Königin des mächtigen Jnselreichs gefeiert wurde. Und welch' ein Wandel in den Geschicken und in der Gestaltung der Völker und Staaten seit jenen Jahren! Das Königreich Preußen stand damals noch unter dem Drucke der Verhältnisse, welche die unglückliche politische Gestaltung des Deutschen Reichs ausübte. In unseligem Hader und gegen fettiger Eifersucht verzehrten die beiden führenden Staaten die Kraft, die Deutschland allein die ihm gebührende Rolle unter den europäischen Staaten sichern konnte. Damals lebte der Prinz-Gemahl Albert noch, der edle deutsche Vater der Kaiserin Victoria, dessen Herzenswünsche wie die aller Patrioten stets einer festeren Einigung des Deutschen Reiches unter Führ ung Preußens gegolten haben. Damals schaute unser jetziges Kaiserpaar mit frischen Augen und freudigem Muthe seiner Zukunft entgegen, die ihm Großes, Herrliches zu verheißen schien. Und heute? Die festere Einigung Deutschlands unter der machtvollen Führung Preußens ist durchgeführt worden. Der Traum der Väter ist in Erfüllung gegangen, schöner, herr licher, als auch Prinz Albert ihn gehegt, der ein Leben voll edler Bestreb ungen schon allzu früh mit dem Tode besiegeln mußte. Und die Fülle der Macht und Herrlichkeit, die Preußen und Deutschland zugefallen, sie ist in die Hand des Paares gelegt, das damals noch heiter und ohne Sorgen die Freuden des Lebens genießen konnte. Aber welche tiefe Schatten hat das Schicksal zugleich auf das glänzende Bild, welches sich so vor unseren Augen aufrollt, gezeichnet. Das Glück hatte uns so verwöhnt in den letzten Jahren, daß wir das Unglück, welches uns unerwartet be ttoffen, jetzt doppelt schwer empfinden. Mit stolzer Zuversicht sahen wir noch zu Beginn des vorigen Jahres der Zukunft entgegen, auf dem Throne ein Herrscher, durch die Jahre schon, welche die Vorsehung ihm vergönnt, hinausragend über die gewöhnlichen Sterblichen, und ihm zur Seite ein herrlicher Sohn, ausgestattet mit all' den Gaben, die eine feste Bürgschaft der Hoffnung erschienen, welche das Volk auf ihn gesetzt! Das sind die schmerzlichen Vergleiche, zu welchem der heutige Besuch uns veranlaßt, und die er keinem wohl näher gelegt haben wird, als der selbst von einer deutschen Mutter abstammenden Mutter unserer Kaiserin. Im Schmerz und in tiefster Bekümmerniß und Sorge findet sie das Paar wieder an der Stelle, wo sie vor dreißig Jahren nur eitel Glück und Freude geschaut. Das sind herbe Gegensätze für Jedermann, vor Allem aber eine Fran, die auch als Herrscherin niemals die Regungen und Gefühle des mütterlichen Herzens verlernt hat. In der ehrfurchtsvollen Begrüßung, die ihr von allen Seiten entgegengebracht wird, wird auch dieser Thatsache mit gedacht werden müssen." LageSgefchichte. Aus dem Charlottenburger Stadtschloß verlautet andauernd verhält- nißmäßig Günstiges. Die im Befinden Sr. Maj. des Kaisers ein getretene Besserung hält an und verspricht wenigstens längere Dauer. Man darf dies daraus schließen, daß bis auf Weiteres künftig täglich nur ein ärztliches Bulletin erscheinen wird und daß Professor Krause, der sich bisher stets in der unmittelbaren Nähe des hohen Patienten aufzuhalten hatte, seine Wohnung im Schlosse Charlottenburg verlassen hat und nach Berlin zurückgekehrt ist. Wenn man befürchtet hatte, daß die durch die Ankunft und Anwesenheit der Königin von England natürliche Aufregung nachtheilig auf den Zustand wirken würde, so ist das glücklicher Weise nicht, oder wenigstens nur im geringem Grade und nur vorübergehend der Fall gewesen. Die Königin Victoria selbst soll ihre Genungthung darüber geäußert haben, daß das Aussehen und Befinden des Kaisers weit besser sei, als sie erwartet habe.