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auffallend traurig und nahm keinen Bissen Futter zu sich. Fast jeden! Tag?verschwand der Hund auf einige Zeit und endlich entdeckte man, daß er stets das Grab seines Herrn besuchte, auf dem er sich eine Lagerstätte! bereitet hatte. Der Hund, der trotz alles Zuredens sein Futter nicht mehr - annahm, ist unlängst verendet. ! — Nach Eingang sämmtlichcr im Jahre 1887 bei den Agenturen ! der Königlichen AlterSrentcnbank in Dresden gemachten Einlagen stellt sich das vorjährige Einzahlungsergebniß der Bank auf 3067354 M. in 7057 Einlagen, gegenüber einem Gesammtjahresbetrag für 1886 von 2729157 M. in 6953 Einlagen. Dieser Jahresabschluß zeigt wiederum, daß das Interesse des Publikums an unserem staatlichen Versicherungs institute auch im verflossenen Zunahme (12 Procent des Betrags) begriffen gewesen ist und daß man erfreulicherweise von den vortheilhaften Ein richtungen der Bank immer ausgedehnteren Gebrauch macht. Mit dem oben angegebenen Betrage von 3067354 M. hat das Jahr 1887 alle seine Vorgänger überflügelt. — In Furth bei Chemnitz brach am Mittwoch früh gegen 5 Uhr ein größeres Schadenfeuer aus, durch welches die Gartennahrung'der verw. Bretschneider, bestehend aus Wohnhaus und Scheune, vollständig einge äschert wurde. Leider sind auch 1 Ochse, 6 Kühe und 2 Schweine in den Flammen umgekommen. — Gegen feuchte Wände! Feuchte Wände sind von jeher für Hausbesitzer und Miether ein schwer empfundener Uebelstand gewesen, den zu beseitigen man bisher vergebens bestrebt war. Es wird daher allge mein interessiren, daß eine Erfindung durch die Firma Weiche! u. Zeeh in Dresden zugängig gemacht wird, die in dieser Beziehung Abhülfe zu schaffen geeignet erscheint. Die betreffende Patentanstrichmasse in Form eines Lackes kann direct auf nassem Untergründe Verwendung finden, trock net rasch und gebietet weiterem Ausschwitzen der Wände sofort Einhalt. Der nicht theure Anstrich empfiehlt sich übrigens auch für Holz- und Metallgegenstände, die in feuchten Räumen placirt sind. Leipzig. In diesen Tagen hat hier ein Verbrecher vor Gericht ge standen, der als Einbrecher und gefährlicher Dieb an Verwegenheit und bodenloser Frechheit alle Genossen seiner Zeit übertrifft. Dieser Mensch, Namens Rockstroh aus Hohenlohe bei Markranstädt, der Sohn eines Schnei ders, 40 Jahre alt, war von Profession bald Kellner, bald Markthelfer, die Holzbildnerei hat er in einem österreichischen Zuchthause, wo er wegen schwerer Eigenthumsvergehen 10 Jahre Kerker verbüßt hat, erlernt. Nach dieser Zeit hatte er vom März 1886 an Leipzig und dessen weitere Um gebung bis zu seiner am 2. Juli v. I. erfolgten Verhaftung zum Schau platz seiner Verbrechen auserkoren. Nachgewiesen wurden ihm bei der Ge richtsverhandlung 10 Fälle schweren und 1 Fall einfachen Diebstahls, für welche ihm 15 Jahre Zuchthausstrafe diktirt wurden. — Wegen Kindesmord ist jetzt vom Bautzner Schwurgericht die Dienstmagd Louise Schmidt aus Niederlinda bei Görlitz zu 10 Jahren Zuchthaus verurtheilt worden. Die unmenschliche Mutter hatte das kleine Wesen unter einen dichten Eichenstrauch gelegt, wo es elendiglich umkam. — Jene drei Husaren vom Grimmaer Husaren-Regiment, welche Anfang Dezember v. I. an der Neunitzerstraße ein Sittlichkeitsverbrechen verübt, sind am Freitag vom Divisionsgericht zu Leipzig abgeurtheilt wor den und schwere Strafe ist über sie verhängt. Einer der Husaren wurde zu 3 Jahren 9 Monaten, einer zu 3 Jahren 4 Mon. und der Dritte zu 3 Jahren Zuchthaus, 2 Jahre Ehrenrechtsverlust und Ausstoßung aus dem Soldatenstand verurtheilt. Der am Verbrechen mitbetheiligte Civilist, ein Schneider, kommt vor das Schwurgericht in Leipzig. Mus den Geheimnissen der HroWadL. Kriminal-Noman von R. Meißner. (Nachdruck verboten) (Fortsetzung.) Graf Hankel knirrscht vor Wuth mit den Zähnen und stampft das Steinpflaster des Hausflures, in dem sie stehen, mit dem Fuß; aber er wirft kein Wort mehr dazwischen. „Es ist eine einfache Rechnung," fährt der Krüppel fort. „Die Summe, die Du dem Alten abgenommen hast, der Wvchenlohn für 300 Arbeiter muß sich ungefähr auf 1500 Thaler belaufen. Was er sonst noch bei sich gehabt hat an Wertsachen und Schmuckgegenständen, wie Uhr und Ringe, will ich weiter nicht in Anrechnung bringen; denn mit solchen Dingen befaß ich mich nicht gern. Ich verlange 20 Prozent von diesem Geschäft, und Du wirst zugeben müssen, daß das eine billige Forderung ist. Das wären mithin in runder Summe 1000 Mark. — Nun sag', ob Du einverstanden bist." „Hund, verfluchtes Ungeheuer!" stößt der Gras zischend zwischen den zusammengebissenen Zähnen hervor. „Nun, überleg'Dir's, mein süßer Junge; ich will weiter nickt drängen, Dir bleibt die Wahl. Entweder Du zahlst mir bis morgen früh Punkt neun Uhr baare tausend Mark und bleibst der unbescholtene Graf Hankel oder ich gestehe dem Schwurgerichtspräsidenten, daß ich mich in der gestrigen Aussage geirrt habe. Es bleibt Dir dann freilich noch immer eine dritte Möglichkeit; das ist, über Nacht das Weite zu suchen und, wenn Du die paar Hundert Thaler durchgebracht hast, in Amerika Steine zu klopfen, während Dich hier eine reiche Braut erwartet. Aber mein Grundsatz ist, jeden Menschen nach seiner Facvn selig werden zu lassen, wie mein Lieute nant von ehemals immer sagte. „Ucbrigens dürfen wir uns hier nicht zu lange aufhalten, um es nicht doch auffällig zu machen, wenn auch in diesem Hundewetter kein Mensch Zeit für uns übrig hat. Eine allzu intime. Bekanntschaft zwischen uns Beiden könnte uns aber doch wohl in unseren Bekanntenkreisen kompro- mittiren, wie mein Lieutenant von ehemals immer sagte. Von halb neun bis neun Uhr werde ich morgen hier auf Dich warten, mein süßer Junge, um Dir die Sache bequemer zu machen. Ich kann danach ja immer noch meine Aussage einrichten." Damit nickt er dem Grafen grinsend zu und kriecht hinaus auf das naßglänzende Straßenpflaster. Graf Hankel schüttelt sich vor Widerwillen bei dem Anblick des Krüppels, wie er ihn nun in den Lichtkreis der nächsten Laterne kriechen sieht, ein Mensch, wie eine Kreuzspinne anzusehen. — Zugleich aber hat er Furcht; denn er hat den boshaften Blick wohl bemerkt, den der Krüppel zuletzt auf ihn geheftet. Er weiß, was er von ihm zu erwarten hat. Einen Augenblick besinnt er sich; dann denkt er an Frau Gottwalt, der er sich bereits unentbehrlich zu machen gewußt; im nächsten Moment zieht er sein Portefeuille hervor, entnimmt demselben mit zitternden Fingern eine Anzahl der Hundertmarkscheine, welche er erst kürzlich mit so vieler Befriedigung hineingelegt und tritt gleichfalls heraus. Die Pionierstraße ist düster und fast menschenleer. Der Graf sieht sich nach dem Krüvpel um, den er noch ganz nahe glaubt. Doch nein — ganz da oben steht er ihn, sich mit einer Schnelligkeit vorwärts bewegen, wie etwa eine Spinne, so daß er fast Mühe aufwenden muß, ihn wieder zu erreichen. Endlich steht er keuchend neben ihm, wirft einen scheuen Blick rings um sich und reicht dem Beinlosen dann die Scheine, da er sich unbeob achtet sieht. „Hier bringe ich Dir das verlangte Geld. Doch wagst Du jetzt noch ein Wort, giftige Kröte, so bringe ich Dich um." „Wie den Allen? — Ha, ha, ha. — Aberlaß sehen, ob die Scheine auch nicht falsch sind, denn Dir trau der Teufel!" Ein Fußtritt antwortet ihm. „Ha, ha, ha, — Du mußt doch Spaß verstehen, Aloyschen; nichts für ungut." Damit wischt sich dieses Ungeheuer von einem Menschen den Straßenkoth mit seinen breiten tatzenartigen Händen aus dem Gesicht. Ohne einen Blick oder ein weiteres Wort wendet sich Graf Hankel und geht zähneknirrschend tief unter seinen Schirm gebeugt, die Straße wieder hinab. Der Krüppel dagegen zählt verstohlen die Scheine noch; dann läßt er einen davon schnell in der Tasche seines schmierigen Rockes verschwinden. Plötzlich hört „Graf" Hankel ein sonderbar klapperndes Geräusch hinter sich. Als er stehen bleibt und sich umwendet, sieht er den Krüppel eilig auf sich zukriechen. Endlich hat ihn dieser erreicht. „Du hast mich betrogen, es sind nur neun Scheine!" zischt er von unten herauf. „Das ist nicht wahr!" erwidert der Pseudo-Gras, mit einer Stimme voll Ingrimm. „So zähle doch selbst. Wenn Du mir den zehnten nicht dazu giebst, halte ich mich an nichts gebunden." Dort unten jenseits der Straße nähern sich ein paar dunkle Gestalten. Er darf sich nicht lange mit dem Krüppel aufhalten, sagt sich Graf Hankel, unter keinen Umständen darf er gesehen werden. „Verdammte Kröte!" ruft er und wirft dem Krüppel einen Schein zu. Dann geht er seines Weges weiter, von dem höhnischen Kichern des Andern begleitet. X- Wieder ist der große Schwurgerichtssaal in dem Justizpalast lange vor Beginn der Verhandlung bis auf den letzten Platz gefüllt; denn heute soll das Zeugenverhör in dem Prozeß Voigt zu Ende geführt werden. Ein lebhaftes Gespräch hat sich im Zuhörerraum entsponnen. Sich sonst völlig fremde Menschen tauschen ihre Meinungen über die Angeklagten aus und geben ihrer Spannung aus die Plaidoyers der Vertheidiger Worte. Die verschleierte, in Schwarz gehüllte Dame, die kein Wort der ganzen Verhandlungen versäumt hat, ist natürlich wieder auf ihrem gewohnten Platze. Luc hört, ohne sich den Anschein zu geben, dem Gespräch zweier Männer hinter sich mit gespannter Aufmerksamkeit zu. „Du kannst mir glauben, es sind die Thäter, alle Beide. Der Staats anwalt wird auch sicher die Verurtheilung Beider beantragen." „Unsinn, Beide," entgegnet der Andere. „Nein, Beide sicher nicht, der Junge, glaub' ich, auf keinen Fall. Hat ihm doch Jeder das beste Zeugniß ausgestellt, und man wiro eben nicht an einem Tage aus einem rechtschaffenen, pflichttreuen, selbstlosen Menschen, als den ihn Jeder, der ihn genauer kennt, hinstellt, zu einem Schurken, einem Raubmörder." „Ich bitte Dich, wie oft hat man dergleichen erlebt, bei Leuten, von denen Niemand es geglaubt hätte." „Ja, solchen hat eben nur bis dahin die Gelegenheit gefehlt; deshalb' blieben sie ehrlich. Der aber, dächt ich, hat sich gewehrt. Sie müssen bedenken, wenn ein Mensch fünfzehn Jahre in einem Geschäft ist —" Da werden die Beiden unterbrochen durch den Eintritt des Gerichts hofes. Melanie hätte dem Manne hinter ihr, der so fest an Fritz Voigts Unschuld glaubte, so gern die Hand gedrückt; aber jetzt konnte sie keinen Blick mehr von der Thür verwenden, denn durch diese treten eben die Zeugen ein. Voran eine blinde alte Frau mit einem kummervollen Antlitz, von einem jungen, bleichen Mädchen geführt. „Die Blinde ist seine Mutter," erklärt wieder der Mann hinter Melanie. Sie blickt mit einer Rührung in das faltige, vergrämte Gesicht, der alten Frau, die sie nie vorher empfunden. „Und das Mädchen, das sie führt," fährt der Sprecher fort, „ist seine Schwester." Melanie blickt in das bleiche, abgezehrte Gesicht mit den traurigen Augen. O, wenn sie ihr eine Schwester hätte sein dürfen! Jetzt werden auch die beiden Angeklagten hereingeführt. Der Alte blickt nicht auf, der Sohn dagegen klammert sich förmlich mit den Augen an der gebrochenen Gestalt der Blinden fest, bis er endlich das Gesicht in beide Hände verbirgt. Die Verhandlung beginnt. Zuerst tritt die Blinde vor, über Gatten und Sohn Zeugniß abzulegen. Es ist ein rührendes Bild, wie die alte, blinde Frau sich zum Schwur erbietet, nachdem sie erklärt, sie wolle gern jede gewünschte Auskunft über die beiden Angeklagten geben. Auf die Frage des Präsidenten, ob sie mit ihrem Mann immer glück lich gelebt, entgegnet sie: „Die ersten Jahre nach unserer Verheirathung, ja, Herr Präsident, sehr glücklich. Mein Mann arbeitete fleißig, und wir hatten unser gutes Auskommen. Dann aber, so nach sechs bis sieben Jahren, kamen schlechte Zeiten. Für das Wenige, was es zu thun gab, kam das Geld nur spär lich ein — und bald gab es nichts mehr zu thun. Das war ohne meines Mannes Schuld so gekommen. In dieser Zeit aber gewöhnte er sich an ein müßiges Schlenderleben. Als er wieder Gelegenheit zur Arbeit fand, behagte es ihm nicht mehr, sich anzustrengen, und davon war er nicht mehr zu heilen. Er ist in recht schlechte Gesellschaft gerathen, das hab'ich lange schon gedacht. Aus dem müssigen Leben ist ein unordentliches geworden. Er hat seit langer Zeit schon kein Geld mehr verdient, dagegen aber den Gehalt meines Sohnes, soviel er nur immer davon bekommen konnte, ver schwendet — vertrunken. Daß er freilich so weit kommen könnte, das — habe ich nicht gedacht." Nach ihrem Sohn befragt, entgegnet die Blinde: „O, der, mein Fritz, der war immer mein Herzenstrost, mein Augen licht; ohne ihn wären wir Alle längst verkommen. Er war uns Ernährer und Beschützer, Nathgeber und Tröster, er war unser ein und Alles! Und bei Gott, er ist unschuldig!" Den Zuhörern sind die Augen feucht geworden, während die Blinde spricht, hier und da hört man ein halb unterdrücktes Schluchzen. Die schwarze Dame hält den Kopf tief gebeugt, und durch ihren Schleier tropfen Thränen. Jetzt wird noch die Tochter und Schwester der Angeklagten vernommen, welche die Aussagen betreffs des Zweckes des Aufenthaltes ihres Bruders in der Neuen Welt mit bleichen, bebenden Lippen bestätigt, während nur dann und wann eine Blutwelle ihr Antlitz und Nacken purpurn färbt. Mit dem Verhör dieser Beiden schließen die Vernehmungen, und der Staatsanwalt erhebt sich, die Klage zu formuliren und den Strafantrag zu stellen. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. " Brand. In Philadelphia brach am 23. Januar in der Nachbar schaft der Achten und Archstraße ein Feuer aus, welches Eigenthum im Werthc von 1500 000 Doll, zerstörte. Die meisten der von dem Unglück Betroffenen sind kleine Ladenbesitzer.