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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 25.04.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-04-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080425019
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908042501
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908042501
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-04
- Tag 1908-04-25
-
Monat
1908-04
-
Jahr
1908
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Morgen-Ausgabe 8. UriMgerTagMü Handelszeitung. Ämlsblatt -es Rates und -es Rokizeiamtes der Lla-t Leipzig. vezupS Drei» itr L«iv»iß and < evrr, durch unser« trlg« und Sv»dlt«ur« in« Hau» gebracht: Lusaad, t tnur Margen«) vmrrenatzrltch S a an-tkich s M.. Ausgabe v (morgen« und abend«) viertel» lidrlich 4.S0 M„ monatlich I.oO M. Durch dt» Voll ,u dehteden: (2 mal ltglich) innerdald Lrurichlands und der deut'chen Aolonien merreljLbrlich >,2d M., monatlich l.7d M aullchü Poft- beltcllgew, ür Oesterreich t.ii6 st, Ungarn dl K »ienelitbrlich. lierner in Bel gien. Läneinarl, den Donauiiaoien, Italien, Luxemdurg Nckdrrlano« stlorrvegen, Nub- land Schweden, schwer» und Lvamen. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« »rrped. » öl erbüllltch Adonnemeni-Annadme: August»«platz 8, de> anleren irtaern, >>ilia.«n, Lvediieuren und Annahmestellen, sowie Aostimtern und Briefträgern. Dt« einzeln« stummer lostet >0 stsfg. Redaktion and Ervedittaur Iouanalsgaste ». T-levbon Nr. I4VUL Str. )4M^, Nr. I46S4. Nr M. Anzeigen-PreiS für Jmerau au» ^«ta»>g un» Umgedun« di,Saelpaltin« Dattt^il« S V>., staannell' »nzilgen 2t)PI., Reklame» ID».; am, mltwärr« Sv DI.. Niklamea K.2V M . o»m«u«IandLVPI., stnanz. il»,eigen 7b D» Rellamen Ubv M. Inserat« o. Behörde» i> amtlichen T«il 40 2' Beilage,ebüdr 5 M. p. Danlenh «xkl. Post gebühr. »elchtstsawgeigen an bevorzugter Stelle im Preise erhöht. Rabatt nach Lari Hestert eilte Aufträge können nicht zurück, ««zogen werden. Hstr da« Erscheinen an bestimmten Lugen und Plagen wird kein« Oaraati« übernommen. Dnzrigen. Annahme: Augusta «»lag S, >«i sämtlichen Filialen u. allen Annonemi- Exveditiorten de« In» und Auslandes Hauvt-Siltalr Berlta: Carl Duncker, Herzogs. Baur. Hofkuch- banblung, Lügowstrag« Iv. (Televdon VI, Nr. 4M3). Haupt-Fiktale Dresden: Eaestrage 4,1 (Lelephon 4821,. 102. Jahrgang. Das wichtigste vom Tage. * Der Wortlaut der Abkommen über Nordsee und Ost see ist veröffentlicht worden. sS. d. bes. Art.) * Der „Staatsanzeiger" veröffentlicht das Gesetz über eine Eisen bahn d a m p f f ä h r e n v e rb i n d u n g zwischen Trellebvrg undSabnitz. sS. Dtschs. R.) * Die fürstliche Regierung in Gera genehmigte «ine Waren haus st e u e r für die Stadt Gera. sS. Dtschs. R.) * Abgeordneter Schrader erläßt eine Erklärung zur Spaltung in der Freisinnigen Vereinigung. lS. Dtschs. R.) * Harden hat sich des längeren über den jüngsten Münchner Prozeß und seine Behauptungen gegen Eulenburg ausge sprochen lS. Letzte Dep.) Nrone und Reichshariptstadt. Die Kämpfe und Meinungsverschiedenheiten zwischen dem König von Preußen und den Bürgern der Reichshauptstadt sind ein gutes politisches Lehrmittel. An ihnen kann man Juristerei, Staats» und Stadtklughcit und einiges andere studieren. Auf Grund deS preußischen Baufluchtliniengesetzes von 1878 unter liegen Festsetzungen und Veränderungen mit Bezug auf die Bauflucht, linicn in Berlin, Potsdam, Charlottenburg „und deren nächster Um gebung" der Genehmigung des Königs von Preußen. Dieses Gesetz ist von der Mehrheit des preußischen Abgeordnetenhauses seinerzeit ange» nommcn worden. Zur Aenderung der Baufluchtlinien gehört auch die Aufstellung eines Denkmals oder Kunstwerks, ja man glaubt, jede Ueber- bauung über der Erde und auch jede „Unterwühlung" unter das Gesetz und mithin unter die Genehmigungspflicht stellen zu sollen. Danach würden Litfaß- und Uraniasäulen, unter, oder oberirdische Bedürfnis anstalten, Zeitungskioske usw. auf Plätzen oder Straßen der Reichs hauptstadt dar Genehmigung deS preußischen Königs bedürfe». Will der König in all diesen Fällen sein Recht nicht ausüben, so ist das seine Sache; dadurch wird sein Recht nicht gemindert, sobald eS ihm bebngt, eS aüSzuüben. Bei dem vom Bildhauer Klinisch gefertigten Virchow "! "'k- mal hat er sein Recht auSgcübt und die Genehmigung versagt. Das Denkmal sollte auf den KarlSplatz kommen. Da ein Denkmal mit seiner manchmal sehr festen Fundamentierung einer Bebauung gleich zu achten ist, kann, wenn man sich im übrigen vorstehende Rechtsauffassung zu eigen macht, ein Zweifel an der formalen Gültigkeit des Einspruchs des Kaisers nicht bestehen. Ob auch gärtnerische Anlagen oder gärtnerische Veränderungen, wie sie beim Virchow-Denkmal vorgesehen waren, unter das Genehmigungs recht deS Kaisers fallen, ist eine andere Frage. Wenn der Berliner Stadtmagistrat irgendwo eine Linde hinsctzt, wo bisher keine stand, ist daS «ine „Bebauung" und eine „Aenderung der Baufluchtlinien"? Oder wenn'S nun nicht ein Baum mit festem, d cker.r Stamme, sondern ein lieblicher Rosenstock, eine z erliche Fuchsie, ein süßduftender Jasmin strauch oder ein Veilchen- oder Stiefmütterck^nbeet ist. — fällt das auch unter das königliche Genehmigungsrecht? Wir wollen durch Aufwerfung dieser Frage nickst das preußische Baufluchtliniengesetz aä absurdum führen. Aus einem verständigen Ge setz können mit der Kraft der Logik Folgerungen gezogen werden, die so inS kleine gehen, daß schließlich die Ausübung des Rechts in jedem einzelnen Falle nicht mehr verlockend ist. Ein leiser Zweifel, ob eS sich bei gärtnerischen Anlagen wirklich um Baufluchtlinien im Sinne deS Gesetzgebers handelt, ist allerdings doch wohl noch erlaubt. Es wäre wünschenswert, daß dieser Zweifel durch literarische Erörterung unserer ersten Juristen oder, wenn diese nicht zur Einigung führt, durch Ver- waltungSstreitverfahren oder endlich durch die Gesetzgebung beseitigt würde. Sollten die preußischen Minister neben der „Denkmalshoheit" auch eine „Blumenhoheit" des Königs für Berlin amtlich als vorhanden ansehcn, was wir nicht wissen, so wäre das noch nicht ein triftiger Be- weiSgrund für diese Auffassung, denn — angenommen, daß sie gute Juristen sind — so mögen sie doch ihre Aufgabe al» preußische Minister mehr in der Ausführung der königlichen WillenSmeinung, als in der Ver tretung einer Rechtsmeinung gegen den König sehen. Soweit es sich um wirkliche Bauten handelt, wird man sich auf den Standpunkt stellen müssen, daß der König von Preußen durch ein von der Volksvertretung angenommenes Gesetz das Recht erhalten hat, seine Zustimmung zu geben oder zu versagen. Ist dies richtig, so ist eS be fremdend, daß der Ausschuß für das Virchow-Denkmal — dergleichen Tinge Pflegen ja einem „Ausschüsse" in die Hande gegeben zu werden — nicht in irgendeinem Vorstadium der Angelcge. heit beim Kaiser die Ge nehmigung nackigesucht hat. Das ist entschieden ein Versäumnis ge wesen, das von Mangel an Umsicht zeugt. Gewiß kann man eS verstehen, wenn eS nicht jedem lieb ist, über eine Sache, zu der man Anregung, Plan und das Geld gegeben hat, von einem Dritten entscheiden zu lassen. Man hat doch schließlich auch seinen eigenen Willen. Ader gerade um seinen Willen zu erreichen und die Aufstellung auf einem öffentlichen Platze durchzusetzen, hätte man zunächst an den König gehen müssen. Wenn er nicht wollte, blieb ja immer die Möglichkeit, von der öffentlichen Aufstellung abzusehen und da» Denkmal irgendwo zu placieren, wo niemand dreinzureden hatte; denn daß einfach jedem Wunsche de» König» in bezug auf da» Kunst- Werk und die ganze Anlage willfahrt würde, konnte man weder vom politischen, noch vom menschlichen, noch vom künstlerischen Standpunkte wünschen. Wir wollen vom Kaiser nicht verlangen, daß er ein Denkmal genehmigt, do» ihm zuwider ist. Ein solche» Verlangen wäre ja unter Sonnabend 25. April 1908. Umständen ein Gewissenszwang, ausgeübt gegen den König. Es wäre nicht gut, wenn der König von Preußen sich gewöhnte, Dinge, von denen er sich auf Grund innerster Ueberzeugung sagt, sie seien nicht gut und führten nicht zum Guten, au» Willfährigkeit gegen eine augenblickliche Dolkömeinung oder Strömung in der Öffentlichkeit zu sanktionieren. Zähigkeit in der Verfechtung der Ueberzeugung ist sicherlich auch für den Preußischen König eine Tugend. Aber für andere Leute auch. Man wird cS dem Denkmalsausschusse nicht verargen können, wenn seine Mit glieder ebenfalls einen eigenen Kopf haben und von der ihnen schön und recht erscheinenden Gestalt des Denkmals nicht abweichen. Praktisch ließe sich ja ein Ergebnis überhaupt nur denken, wenn durch persönliche Fühlung zwischen beiden Teilen eine Verständi gung erzielt würde. ES könnte und müßte das dahin führen, daß, ehe einem Künstler der Auftrag zur Ausführung gegeben wird, der König gefragt wird. Wenn man Grund hat, anzunehmen, daß die Be fragung zu einem Nein des Königs führen würde, und wenn man ferner glaubt, daß eine befriedigende Verständigung über eine Aenderung nicht zu erzielen ist, so liegt es nahe, die Aufstellung eines Kunstwerks künftig nicht an einem solchen Orte ins Auge zu fassen, wo daS Bau» fluchtliniengesetz gilt. ES dürfte an der Zeit sein, zuzugestehen, daß dies Gesetz doch Wohl nicht richtig formuliert ist. Man kann Gründe dafür geltend machen, daß dem Könige von Preußen eine Art Aufsichtsrecht über die Gestaltung der Hauptstadt verbleibt, aber es dürfte zu weit gehen, wenn ihm die Vollmacht gewährt wird, auf andere einen Zwang auszuüben, Denkmäler und Kunstwerke genau in der von ihm gewünschten Art, nicht mit seinetn, sondern mit ihrem Gelbe, zu errichten oder aber auf ihre öffent- liche Aufstellung zu verzichten. Die „Denkmalshohcit" müßte sich auf gewisse Aeußerlichkeiten und vielleichr auch bis zu einem gewissen Grade auf die Gestalt beziehen, aber nicht zu einer vollen „Kunsthoheit" über Straßen und Plätze sich ausgestalten. Das war wahrscheinlich auch nicht die Absicht des Abgeordnetenhauses, aber es hat eben die Konsequenzen der von ihm gewählten Fassung nicht vorauSgesehcn. Wie jetzt eine Aenderung herbeigeführt werden könnte, ist schwer zu sagen. Sinte malen das Prophezeien immer undankbarer wird. Amerikanische Ktadte» nnö Aultrrrbilver. vm. sVon unserem amerikanischen Spezialkorrespondenten.) New Aorl, Anfang Apdrl. Man hat ost behauptet, daß alle amerikanischen Städte gleich aus- sehen und daß, wenn man eine kenne, man wüßte, wie alle andern wären. Für mich trifft dieser Satz nicht zu; für mich hat löve Stadt auch hier in Amerika einen andern Charakter. Sind es nicht die Häuser, der allgemeine Baustil, so sind es die Leute, welche die Straßen be völkern, und sind es nicht die Leute, so ist es die Atmosphäre, welche der Stadt ihre Besonderheit verleiht. Natürlich fehlt es nicht an einer großen Reihe von gemeinsamen Eigentümlichkeiten, die dem deutschen Besucher überall autfallen. Da ist zunächst derselbe Schmutz, der nur im Winter bei Frost durch Glitscherigkeit obgelöst wird. Der Ameri kaner, welcher mit stoischer Ruhe alle Uebelstände — außer den aller krassesten — binnimmt, in der Ueberzeugung, daß die Zustände in seinem Lande doch in jeder Beziehung die bestmöglichen seien, schützt sich dagegen durch hohe, bis beinahe an die Knie reichende Gummi stiefel, so daß zum mindesten die Gummischudsabrikanten von der jämmerlichen Straßcnreinigung profitieren. Allen Städten gemein sam ist auch die Korruption. Wann und wo man hinkommt, überall spielt ein Skandal in der Verwaltung oder es findet ein Verfahren wegen eines vergangenen Skandals statt. Die Korruption der städti schen Behörden ist ichon beinahe sprichwörtlich, und selbst wenn man einen ehrlichen Mann zum Bürgermeister gewählt hat, so ist das ganze System so verdorben, oaß er allein auch nichts dagegen machen kann. Eine Erklärung für diese Korruption ist nicht schwer. Das System, die wichtigsten städtischen Beamtenstellen durch in kurzen Zeiträumen wiederkehrende direkte Wahlen zu besetzen und die Träger dieser Aem- ter ihre eigenen Unterbeamten ernennen zu lassen, wie es last überall herrscht, macht die Loge der Beamten so unsicher, daß sie beinahe ge- zwungen sind, sich nach Kräften während ihrer kurzen Ämtsperiode zu bereichern. Derselbe Umstand ist auch mit die Ursache, warum sich in Amerika gerade die Besten von der Politik fernhalten. Es kommen noch eine Reihe von anderen Faktoren hinzu, wie z. B. der, daß die Wahlen meistens nicht ein Ausdruck der gesunden öffentlichen Meinung sind, sondern nach dem Willen und Wunsch der korrupten, aber vorzüglich disziplinierten Parteiorganisationen erfolgen, und daß der Beamte in Amerika nicht für schlechte Bezahlung durch eine hohe soziale Stel- lunc entschädigt wird. Haben doch sogar von den Präsidenten der Ver einigten Staaten nur wenige zur „Gesellschaft" gehört, ein Faktum, auf das die „Gesellschaft" nicht wenig stolz ist. Von New Park, der Königin amerikanischer Städte, der wir in unserem letzten Briese Tribut zollten, geht die Reise nach Boston, das sich bescheiden die „Nabe der Welt" nennt — es klinat sehr L ls Reich der Mitte — und das als Zentrum der amerikanischen Kultur gilt, ein Urteil, das selbstverständlich von allen Bostoniern gehegt und ge pflegt und beinahe als Axiom hingenommen wird, während alle übrigen Amerikaner behaupten, das wäre so einmal gewesen usw. Tat sache ist. daß sich in Boston einige der vornehmsten Unterrichts- und Kunstinstitute des Landes befinden, wie die Harvard-Unlversität, die Technische Hochschule, das Boston Symphonie Orchester u. a. m., und daß es in der Bostoner „Gesellschaft" eine literarische Lotterie gibt, welche eine außerordentlich hohe Kultur repräsentieren. Neben großem Willen, weltmännischem Schliff, äußerer als selbstverständlich be trachteter Eleganz, findet man in diesen Kreisen einen stark vuritani- schen Grundzug, und damit verbunden eine intensive Beschäftigung mit ethischen Franc« und einen an Schwärmerei grenzenden Sinn für das Mystische. Wer diese Kreise einmal kennen zu lernen das Glück ge habt, weiß, daß es in Amerika einen Strahlungspunkt einer hoben und infolge seiner Richtung auf das Ethische fruchtbaren Kultur gibt, deren Verbreitung allerdings die große gesellschaftliche Reserve ihrer Träger cntgerensteht. Von den Sehenswürdigkeiten der Stadt erscheinen mir zwei kul turell besonders interessant. Die erste ist die öffentliche Bibliothek, wenn ich nicht irre, die älteste und jedenfalls die größte Volksdibliothek Amerikas und der Welt. Am Herzen der Stadt, in einem prachtvollen Gebäude unteraebracht, ist sie ein Wahrzeichen und «ine Bestätigung des Satzes, welcher als Definition des Begriffes „amerikanische Demo kratie und Freiheit" gilt, nämlich: gleiche Gelegenheit kür alle. Wen» auch der Satz naturgemäß hier nur mit Einschränkung zutrifft, io muß dock jeder anerkennen, daß ;ur Bewahrheitung des Satzes in Amerika mehr geschieht, als in irgend einem andern Lande, und darin liegt sicherlich eine der größten sozialen Errungenschaften der Neuen Welt. Das Bestreben, auch dem Aermsten gleiche Gelegenheit zur- Fortkommen zu geben, wie dem Reichsten, drückt sich in nichts anderem bester aus, als in dem weiten Umfang, in dem unentgeltliche Lern yelegenheiten geboten werden. Nicht nur sind sämtliche Elementar-' und Mittelschulen unenrgeltlich, sondern auch die vom Llaate ^udoen- tioruerten Universitäten des mittleren Westens find so gut wje frei große Zahl von Abendschulen und akademischen Abendkursen er mozlicht am Tage beschäftigten Leuten nicht nur, sich weiter zu bilder, sondern auch nach Absolvierung der Kurse Examina abzulegcn und sich alademüchen Berufen zuzuwenben. Diese Idee der Notwendigkeit, allen eine unentgeltliche und bequeme Lerngelegenheit zu geben, Kat auch zu der großen Verbreitung von Volksbibliotheken in Amerika geführt Erne zweite kulturell wichtige Sehenswürdigkeit Bnstens ist die grotzartme, mit einem Aufwand von 8 Millionen Mark gebaute Kirch«' der — Gesundbeter sChristian Scientisis), welche vor mehreren Jahren auch in Deutschland festen Fuß zu fassen suchte, aber nach dem energi schen allgemeinen Widerspruch, den sie fand — auch der Kaiser 'oll sich damals gegen sie ausgesprochen haben — nur noch kümmerlich im stillen weiterlebt, steht in Amerika in hoher Blüte und b-at Hundert tausende, von Anhängern. Ihre Bedeutung ist so groß, daß ihr Mark -2wain lein neuestes Buch gewidmet Hai, welches eine kritische Be sprechung der ganzen Bewegung enthält. In diesem Buche weissag' er der Gemeinde eine glänzende Zukunft und eine ähnliche Herrschaft uder die Menschheit, wie sic im Mittelalter die katholische Kirche be'aß ^.atiache ist es, daß die Kirche im Gegensatz zu allen anderen Selten, welche zunächst in der breiten Masse des Volkes Anhänger gesunden und dann vielleicht von unten noch oben weitcrgcarbeitet haben, gerade in den Kreisen des begüterten und gebildeten besseren Mittelstände- Konvertiten gemacht Hot. Dieser Umstand erklärt den großen Reichtum der Gemeinde und die große Achtung, die sie allgemein in Amerika, auch bei denen, die sie nicht anerkennen genießt. Um das ganz zu verstehen, muß man bedenken, daß der Amerikaner eine große Toleranz für alle religiösen Anschauungen besitzt. Nur glauben soll man, woran man glaubt, ist gleich. Nur nicht Atheist, denen es sogar in manchen Staaten gesetzlich verboten ist, Aemter zu bekleiden. Diese Toleranz erstreckt sich auch auf die Gesundbeter und gestattet ihnen auch, von Gesetz und Polizei unbehelligt, ihrer Lehre sChristian Science) gemä^ zu praktizieren, akute und chronische Krankheiten durch Gebete z>. heilen und dafür Professorenpreisc zu rechnen. Man sieht daher 'N amerikanischen Städten — besonders in Boston — häufig Schilder von Doktoren der Gesundbeterei in genau derselben Form, wie die Schilder der wirklichen Aerzte, also etwa James Smith G. S. T. «Christian Science Doktor) entsprechend: James Smich M. D. sMedicinae Tottori Von Boston geht es westwärts nach Buffalo und den dicht ber Buffalo gelegenen Niagarafällen. Die Kunst der Fremdenausbeutung und Belästigung wird hier im weitesten Maße ausgeübt, eine Kunst, welche der Amerikaner im allgemeinen nickt praktiziert, und deren Mangel das Reisen im Londe so angenehm macht. Das widerwärtig-- ^',-«^^5^^ksen, welches einem in Europa immer das unangenehme Gefühl gibt, als ob man zwischen Szylla und Ckarybdis schwebe - nämlich: Gibt man zu viel oder zu wenig — existiert hier nur in bc- schcrdenem Umfange; d. h. Trinkgelder werden nur selten'.gegeben, .dann allerdings bedeutende. Dafür wird man vielleicht 'etwas weiziger bc- dienert, aber das'kann ich nicht als Uebelstond empfinden. Tie "ganze Frage hängt mit der bekannten Großzügigkeit des Amerikaners zu- sammen, welcher verschmäht, sich in kleinlicher Weise-Vorteile zu ver- schassen und stinen Blick stets ans das große Ziel richtet. Ihr ver- danken wir auch viele an sich geringfügige Annehmlichkeiten des all täglichen Lebens, die aber in ihrer Gesamtheit zum Lebcnslomfort viel beitragen. Unbehelligt und ungefragt geht man in Hotels und Restau rants ein und aus, Adreßbücher und dergleichen find richt nur für .Kunden da, sondern für das Publikum, Waren sind nickt nur znm Ver- kaufen da, sondern auch zum Ansehen usw. Für Chicago, unserer nächsten Station, welche von vielen für die zukünftige Metropole der Vereinigten Staaten erklärt wird, ist charak teristisch. daß alles neu ist, so neu, daß mir folgende Geschichte passierte: Mein Gastgeber zeigte mir die Sehenswürdigkeiten der Stadt und machte mich auch unter anderem auf ein Bankgebäude aufmerksam, das ganz stillos, obwohl es dem Aegyptergott Mammon geweiht ist, nach ionischer Art gebaut worden war. Meinem liebenswürdigen Führer zu Gefallen geriet ich in Ekstase: Wahrhaftig, ein wunderbar schönes Gebäude! ES scheint ein ganz neuer Bau zu sein! Nein, sagte mein Freund, e« ist ein ganz, ganz altes Haus, es ist schon 18V gebaut worden. San Francisco ersteht langsam aus den Ruinen und kämpft um die Hegemonie im Stillen Ozean mit seinem nördlichen Konkurrenten Seattle. Hie Union Pacific Railway, hie Northern Pacific! Oder auch: Hie Harriman? Hie Hill! ist das Kampsgeschrei. Ter arme Harriman — die böse Regierung hat ihn verklagt und will ihn um seine mühsam ehrlich erschwindelten Millionen brinaen. Hoffentlich gelingt es ihr. Es ist ein anderes Volk, das hier lebt, wie dos im Osten. — lebens- froher, zugänglickier, liberaler, sanguinischer — aber gleiche Ideale und gleiche Ziele verfolgend, von demselben felsenfesten Vertrauen auf eine glänzende Zukunft des Landes beseelt und derselben Ritterlichkeit den Frauen gegenüber: dies gibt ihrem gesellschaftlichen Leben das Gc- präge. So sehr sie in ihrer mehr sinnlichen Lebensauffassung und Lebenshaltung verschieden sein mögen, in ihrem Streben sind sie ein großes Volk, die Amerikaner. Zurück noch Osten geht's im Fluge; — durch das besonders stark mit deutschen Elementen versetzte St. Louis, hinein in die Rauchwolke, welche stets um die Eisenmetropole Pittsbnrg lagert, noch der auch noch europäischen Begriffen sehr schönen Houvt- und Residenzstadt Washington. Von dort zurück nach New Pork über Bhlknbesphia. da? sich mit Boston nm die Palme der Woblanlländiakeit, Mangel an Nachtleben und tödliche Langeweile streitet. Als ich meinen Freuno Ji-m in New Bork nach langer Zeit wiedersah, erkundigte ich mich auch nach seinen beiden Brüdern . Beide tot, gab er nur zur Antwort. Jack hatte Tyvhns und Sam lebt in Philadelphia. Die Abkommen über» die Nordsee und Ostsee. Da» in Berlin unterzeichnete Nordseeabkommen (Della- ration nebst Memorandum) lautet in deutscher Uebersetzung wie folgt: 1) Deklaration. Die Regierungen von Deutsch land, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden vnd Schweden sind von dem Wunsche geleitet, die zwi'cheu ihren Staaten bestehenden Bande nachbarlicher Freundschaft zu stäiken und dadurch zur Erkaltung de» allgemeinen Frieden» beizutragen und stimmen in der Ueberzeugung überein, daß ihre Politik mit Bezug auf die an die Nordsee greinenden Gebiete die Aufrechterhaltung des jetzigen territorialen btutu» guo zum Gegenstände bat. Sie erklären deshalb, daß sie fest entschlossen sind, die irirzeit bestehenden Hoheit-rechte ibrer Staaten an ihren Gebieten in jenen G'aenden unverletzt zu erkalten und gegenseitig zu achten. Sollten irgendwelche Umstände eintreten, wekck>e nach Ansicht einer der vorgenannten Negierungen den geaen- wärtigen territorialen ststnd -zu» in den an die Nordsee grenzende» Gebieten bedrohen, so werden die Sigoatarmächte der gegenwärtigen
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