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Hierin hätte etwa das „W,s" der Verhandlungen bestanden, das „Wie" streht freilich auf einem andern Blatt. Auf alle Fälle aber ist jede Beunruhigung über eine etwa nicht erfolgte Einigung ausgeschlossen. Und da in letzter Zeit und noch in den letzten Tagen sich so Manches in der äußeren Politik von selbst geklärt hat (Umschwung der öffent lichen Meinung in England und Frankreich zu unserem Gunsten), so kann man die Varziner Conferenz als einen der wichtigsten Denksteine in unserem politischer Leben seit 1871 ansehen. In Berliner politischen Kreisen wird angenommen, daß es noch im Laufe dieses Herbstes zu einem europäischen Congreß in Ber lin kommen werde. Allem Anschein nach würde nicht nur die Congo frage, sondern auch die ägyptische Angelegenheit und zwar in einem Weiteren Sinne, so daß nicht nur die finanziellen Punkte zur Erör terung ständen, den Gegenstand der Verhandlungen bilden. Der „Kreuz-Zeitung" und der „Post" zufolge würde die Zusam menkunft des deutschen Kaisers mit dem Kaiser von Ruhland in den ersten Tagen des September stattfinden. Betreffs des Ortes verlautet noch nichts Bestimmtes. Der Kr.-Ztg. wird Stettin als Zusammen- kunftsort genannt. Der Kronprinz von Deutschland hat Schloß Osborne wieder ver lassen, um sich über Antwerpen, Ostende Metz, Straßburg und Basel nach der Insel Mainau zu begeben. Die als Spione in Koblenz verhafteten französischen Offiziere wurden wieder freigelassen, da die bei ihnen vorgefundenen Skizzen ganz harmlos sind. Im österreichischen Kaiserstaate fanden in letzter Woche zwei nationale Feste von grundverschievenem Charakter statt. Zu Krakau feierten Czechen und Polen ein großes Verbrüderungsfest, dessen Ten denz sich offenbar gegen das Demschthum richtete und in Hermann stadt begingen die siebeubürger Sachsen die Feier ihrer 700jährigen Existenz in Siebenbürgen, ein Fest von grunddeutschem Charakter und Wesen. Während aber zu Hcrmannstadt unverbrüchliche Zuge hörigkeit des siebenbürger Sachsenlandes zum Gesammtreiche Oester reich betont wurde, verherrlichte man zu Krakau in kaum verhüllter Weise das czechisch-polnische Zukunftsreich und dieser Unterschied ist für den Geist beider Feste hinlänglich kennzeichnend. In England ist ein plötzlicher Umschwung zu Gunsten Deutschlands eingetreten. Die bedeutendsten Blätter betonen, eine der Hauptgrundlagen der englischen Politik müsse das gute Einverneh men mit dem deutschen Reiche sein. So die St. James Gazette und die Pall Mall Gazette, die sich bei dieser Gelegenheit entschieden miß billigend über die von Gladstone befolgte Politik aussprechen. Auch die Times schließt sich diesen Auffassungen an und bemerkt speziell hinsichtlich der deutschen Kolonialpolitik, Afrika sei groß genug, um den Deutschen neben den Engländern Spielraum zu Unternehmungen zu bieten. Den Bestrebungen Deutschlands, an der Südwestküste Afrikas Märkte für sich zu eröffnen oder Kolonien zu gründen, könnte England ohne Eifersucht gegenüberstehen. Auch der Standard hat abgeschwenkt und thut ganz unschuldig, als wenn er die Deutschland beleidigende Aeußerung hinsichtlich Elsaß-Lothringens gar nicht gethan hätte. Eine neue deutsche Kolonie in Westafrika in Sicht. Die Nachrichten darüber lauten zwar noch abweichend von einander, da nach der Rheinisch-Westsälischen Z. das erworbene Gebiet südlich Vom Congo, nach Hamburger Blättern nördlich davon und zwar im Came- run-Gebiet, an der Bai von Biafra und gegenüber der Jnfet Fernando- Po liegen soll. In beiden Fällen aber ist von der Besitznahme mit Aufhissen der deutschen Flagge durch den Generalkonsul Nachtigal auf Woermann'schem Gebiet die Rede. Woermann in Hamburg ist Be sitzer einer Dampferlinie, die bis Ambriz im Loanda-Gebiet südlich vom Congo die westafrikanische Küste befährt. Es sollen sich überdies im Camerun-Gebiet mehrere Negerhäuptlmge unter den Schutz des Kaisers Wilhelm gestellt haben. Wie das Franks. Journ. mittheilt, hat auch der verstorbene Dr. von Brüning in Gemeinschaft mit dem bedeutendsten Farbwaarenfabrikaten Süddeutschlands schon im vergange nen Jahr sich eine Landerwerbung von ziemlich bedeutendem Umiang am Congo gesichert, sodaß man also eigentlich von zwei neuen Kolo nien „in Sicht" sprechen könnte. Paris. Die „Agence Hovas" veröffemlicht folgende Note, welche den Abbruch der diplomatischen Beziehungen Frankreichs zu China meldet: Trotz des der chinesischen Regierung fortdauernd bewilligten Aufschubes und trotz der Mäßigung der französischen Unterhändler hat das Kabinet von Peking definitiv jede Genugthuung für den Ver- rath von Langson verweigert und seine Bevöllmächtigten von Shanghai zurückberufen. Die französische Regierung mußte deshalb der chinesi schen Regierung einen letzten Aufschub Vorschlägen. Der Gesandte Patenotre erhielt den Befehl, dem Tsung-li-Iamen das Votum des französischen Parlements zu notifiziren und gleichzeitig zu erklären, daß die Entschädigungssumme definitiv auf 80 Millionen festgesetzt und in 10 Jahren zahlbar sei und daß, wenn innerhalb 48 Stunden der Tsung-li-Aamen sich nicht endgiltig entschieden habe, der Admiral Courbet beauftragt werden würde, die erforderlichen Maßregeln zu ergreifen, um Frankreich die ihm zukommende Entschädigung zu sichern. Der letzte Aufschub lief am 22. d. um 1 Uhr Nachmittags ab. Der Botschaftssekretär Semallee mußte deshalb sofort Peking verlassen, um sich Patenotre in Shanghai anzuschließen. Im Laufe des Tages suchte der chinesische Gesandte eine Audienz bei dem Ministerpräsidenten Ferry nach und erklärte, er habe von dem Tsung-li-Aamen Befehl erhalten, auf seinen Posten nach Berlin zurückzukehren. Li-Fong-Pao verabschie dete sich von Ferry, welcher ihm sofort seine Pässe zustellen ließ. — Ein Telegramm der „Times" aus Fu-Tscheu meldet: Die Feindselig keiten haben begonnen. Aus Paris wird berichtet, das vorigen Montag beim Kanalbau zwischen Oise und Aisne siebzehn Arbeiter, darunter 14 Italiener, erstickt sind. Petersburg. Vor drei Wochen drohten die Nihilisten in Kasan, daß sie die dortige Schießpulverfabrik und mehrere ärarische Gebäude in die Luft sprengen würden. Die Behörden beachteten diese gewohn ten anonymen Drohungen nicht, als am 14. d. die ganze Stadt durch eine schreckliche Detonation in Angst und Schrecken versetzt wurde. Die Schießpulverfabrik und fünf andere ärarische Gebäude flogen an diesem Tage fast gleichzeitig in die Luft. Ueber 100 Menschen fanden dabei den Tod. Bis zum nächsten Tage zog man unter den Trüm mern mehr als 40 Leichen hervor. Unter dem Fenster des Kasaner Polizeigebäudes fand man eine Dynamitbombe. Man befürchtet wei tere Attentate und herrscht dabei in der Stadt allgemeine Bestürzung. Tausende von Soldaten arbeiten Tag und Nacht an der Wegräumung des Schuttes, da man unter demselben Jammerrufe hört und noch Menschen zu retten hofft. Vaterländisches Wilsdruff. Bei der in den nächsten Tagen stattfindenden Ein quartierung wird unsere Stadt mit Rittergut belegt mit 23 Offizieren, 435 Mann und 14 Pferden am 29. August vom Königlichen Schützen regiment No. 108, mit 14 Offizieren, 340 Mann und 12 Pferden vom Königl. 3. Infanterie-Regiment No. 102 am 31. August und 1. September und mit 21 Offizieren, 218 Mann und 164 Pferden vom Königl. 1. Feld-Artillerie-Regimeut No. 12 am 3. September. — Da die Zeit der Obstreife herannaht, sei darauf aufmerksam gemacht, kein Obst mit schwarzen oder abwischbaren Flecken zu essen, sondern es erst zu schälen, oder wenigstens die Schalen abzureiben. Durch wissenschaftliche Untersuchung ist festgestellt worden, daß die Flecken eine Art Pilze sind, die in der Luftröhre sich vermehren und leicht Keuchhusten veranlassen. — Die Zeit der Anmeldung von Ausstellungs-Gegenständen für die vom Dresdner Gewerbeverein unternommene Ausstellung für Handwerks-Technik ist nun vorüber. Nur ausnahmsweise dürften noch einzelne Objekte Berücksichtigung finden. Es ist jetzt kein Zweifel mehr, daß nach einer Seite hin das Komitee der Ausstellung sein Versprechen erfüllen wird, nämlich eine große Anzahl von für den Kleinbetrieb geeigneten Motoren, von Werkzeugen, Kleinmaschinen, sowie von literarischen und graphischen Hilfsmitteln der Handwerks- Technik, als Handwerks-Literatur, Lehrmittel rc. rc. vorzuführen und daß mithin des Interessanten, Wffsenswerthen und Fördersamen gewiß die reichste Fülle geboten werde. Voraussichtlich werden alle Vorar beiten so weit gefördert sein, daß der Eröffnung der Ausstellung am 1b. September nichts im Wege steht. Hoffentlich werden auch die Beschicker früh genug zur Stelle sein, damit das leidige Mißgeschick der meisten Expositionen, zu spät fertig zu werden, nicht auch die Dresdner Ausstellung treffe. Nun aber tritt an die gewerblichen Vereine Dresdens, Sachsens und der Nachbarländer die Frage heran, ob sie, wie wir nicht zweifeln, die richtige Stellung zu der Ausstellung zu nehmen wissen, ob sie deren Werth zn würdigen und die gebotenen Vorthcile im allgemeinen Interesse anszunützen verstehen. Wir wollen nicht versäumen, einige Winke zu geben, wie dies wohl geschehen könne. Wiederholt wurde schon angedeutet, daß die Ausstellung weniger der Schaulust, als ernstem Studium gewidmet ist. Nicht die Menge der Besucher dürfte bei derselbe» das entscheidende Moment bieten. Werth- voller als hundert Beschauer ist ein Benützer der Ausstellung, einer der die Werkzeuge für seinen Handwerksbetrieb prüft, die Neuerungen gründlich untersucht und aus dem Gutbefundenen für sich und Andere Nutzen zieht. Daher ist es wünschenswerth, daß die gewerblichen Vereine schon jetzt gemeinschaftliche Exkursionen zur Ausstellung vor bereiten. Dresden bietet ja jederzeit neben derselben des Interesses ge nug, dazu wird der Dresdner Gewerbeverein gewiß das Seine thun, um seinen Gästen Annehmlichkeiten zu schaffen, bietet doch schon der herrliche, Abends elektrisch beleuchtete Park des Max-Palais genug Raum für Festlichkeiten und heiteres Beisammensein. Aber diese Ex kursionen allein dürsten keineswegs genügen. Denn im Treiben der Ausstellung kann man wohl viel sehen, manches lernen — aber nicht prüfen. Und hierin liegt der Schwerpunkt. Vor Allem die Kleinmeister sollten nicht mit der Zeit geizen, um wirkliche Vortheile für ihre Werk stätten zn sammeln. Daß ein etwas längerer Aufenthalt in der Aus stellung selbst den nach Dresden Reisenden bei den gemeinschaftlichen Exkursionen ermöglicht werde, ist den Vorständen der gewerblichen Vereine dringend an's Herz zu legen. — Wir wollen nicht versäumen, noch einmal darauf aufmerksam zu machen, daß der letzte Termin zur Anmeldung der UnfaUversiche- rungspflichtigen am 1. September abläuft. Betriebsunternehmer, welche die vorgeschriebenen Anmeldungen nicht bis zu jenem Tage bewirkt haben, fallen in eine Geldstrafe bis zu 100 M. Die Anmeldungs pflicht erstreckt sich, wie abermals hervorgehoben sei, auf alle in Berg werken, Salinen, Aufbereitungsanstalten, Steinbrüchen, Gräbereien (Gruben), auf Werften und Bauhöfen, sowie in Fabriken und Hütten werken beschäftigten Arbeiter und Betriebsbeamten, letztere, sofern ihr Jahresarbeitsverdienst 2000 M. nicht übersteigt, sowie auf alle Arbeiter und Betriebsbeamten, welche von einem Gewerblreibenden, dessen Ge werbebetrieb sich auf die Ausführung von Maurer-, Zimmer-, Dach decker-, Steinhauer- und Brunnenarbeiten erstreckt, in diesem Betriebe beschäftigt werden, und alle im Schornsteinfegergewerbe beschäftigten Arbeiter, außerdem auf alle Diejenigen, welche in einem Betriebe ar beiten, in dem Dampfkessel oder durch elementare Kraft (Wind, Wasser, Dampf, Gas, heiße Luft rc.) bewegte Triebwerke zur Verwendung kommen, mit Ausnahme der land- und forstwirthschaftlichen Nebenbe- triebe, sowie derjenigen Betriebe, für welche nur vorübergehend eine nicht zur Betriebsanlage gehörende Kraftmaschine benutzt wird. — Aus Meißen wird als große Seltenhcit berichtet, daß in den dortigen Weinbergen bereits jetzt einzelne reife Trauben geschnitten werden konnten. Die bisherige warme Witterung des laufenden Mo nats hat an besonders sonnigen Stellen die Beeren bereits durchsichtig gemacht. — Der vor einigen Tagen aus Johanngeorgenstadt mit 3600 M. flüchtig gewordene Postgehilfe Kanis ist inhalts eines bei der königl. Polizeidirektion zu Dresden eingelangten amtlichen Telegramms in Wien verhaftet worden. Von dem unterschlagenen Gelbe wurden noch 2900 M. bei ihm vorgefunden. — Nachdem in Polenz in kurzer Zeit bereits 3 Kinder an Diphtheritis gestorben sind und noch etwa 15 andere an dieser mör derischen und ansteckenden Krankheit darniederliegen, so ist am Mitt woch auf Anordnung des Bezirksarztes Dr. Eras in Pirna die Schule bis auf Weiteres geschlossen worden. — Am 21. d. M. Nachmittags Uhr langte auf Bahnhof Mügeln die erste längst ersehnte Lokomotive der neuen Bahn an. Dieselbe führte 2 Hainsberger Lowries mit sich, die eine größere An zahl Herren, welche in Großbauchlitz, Gadewitz und anderen Orten der Eisenbahnlinien Döbeln-Mügeln eingestiegen waren, ausgenommen hatten. Nach Ankunft des Zugs ergriff der Landtagsabgeordnete Uhlemann das Wort, wies darauf hin, daß das seit 18 Jahren ersehnte Verkehrsmittel einer Eisenbahn endlich erreicht worden fei, und schloß seine Rede mit einem Hoch auf Se. Majestät den König und die hohe Staalsregierung. Hierauf sprach der Rechtsanwalt Hering aus Döbeln, welcher der Verdienste des Herrn Uhlemann um das Zustandekommen der Eisenbahn gedachte und mit einem Hoch auf den Landtagsabge ordneten Uhlemann schloß. — Der betrübenden Nachricht von der Tödtung des Gutsbesitzers Meyer in Reinsdorf durch einen losgeriffenen Stier ist leider eine zweite hinzuzufügen. Der 69 Jahre alte Schuhmacher Meyer wollte das Begräbniß des Verunglückten mit ansehen und sprang zu diesem Behuf über den Bach. Er kam aber zum Fallen und fiel auf einen dort stehenden Pfahl so unglücklich, daß der Tod nach etwa 10 Mi nuten eintrat. — In Berthelsdorf ist vor mehreren Tagen von ruchlosen Händen ein dem Gastwirth Thum gehöriger, unmittelbar an daS Wohnhaus anstoßender Bretterschuppen mit Solaröl begossen und in