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Erscheint wöchentlich 3 Mal Dienstag und Freitag Abvnncmemsprci vierteljährlich l Ma k Eine einzelne Stummer kostet 1V Pf. Inseratenannahme Montags u. Donnerstag' bi» Mittag 13 Ubr. Erscheint w^chrnkilch 2 Ma! Dienstag »na Freitag. Abonnementspreit vierteljährlich 1 Mart. Tine einzelne Nummer kostet 1V Pj. Inseratenannahme Montags ».Donnerstags bi« Mittag 13 lldr. »a«dr>»,' Ldarandt, Nossen, Siebenlehn ußd die Umaeaenden A m t s b 1 a t t für die Königl. Amtshauptmcinttschaft zu Meißen, das Kömgl. Amtsgericht und den Stadtrath zu WilSdruss. Nr.42 Frcil^ dkii Mai 1884. Von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgericht sollen den 5. Juni 1884 die dem Gutsbesitzer Ernst Wilhelm Burkhar-t in RöhrSdorf zugehörigen Haus- und Feldgrundstücke Fol. 10 und Fol. 42 des Grund- und Hypothekenbuchs sür Röhrsdorf vormals Limbacher Antheils, welche Grundstücke am 26. Februar 1884 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf S865O Mark — gewürdert worden sind, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden An schlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 13. März 1884. Königliches Amtsgericht. vr. Oüllxlofk. Kommenden Freitag, den AO. Mai d. I., Vormittags 10 Uhr, gelangen im hiesigen Königl. Amtsgerichte, Stube Nr. 2, eine Anzahl Schreibhefte, Liederbücher, Geschichts- und Rechenbücher, sowie Gesang- und Bilderbücher gegen sofortige Baarzahlung zur Ver steigerung. Wilsdruff, am 19. Mai 1884. MattheS, Gerichtsvollzieher. ZkageSgeschichte. Ems, 19. Mai. Der König und die Königin von Sachsen sind heute Abend zum Knrgebranch hier eingetrvffen und haben im Hotel „Zu den vier Thürmen" Absteigequartier genommen. Auf dem Bahn hofe wurden dieselben von dem Regierungspräsidenten v. Wnrmb, dem Badckommisiar v. Lepel, dem Landrath Rolshofen, dem Bürgermeister Spangenberg, dem Badearzt Dr. Orth und dem sächsischen Landes- koiiststorialpräsidenten Berlepsch empfangen. In der letzten Woche hat sich vor dem Reichsgericht zn Leipzig der schon seit mehreren Monaten durch die Verhaftung der Angeklagten vorbereitete Landesverrathsprozeß gegen den Schriftsteller Dr. V. Kras zewski, ein hervorragender polnischer Parteigänger und Flüchtling ans dem letzten polnischen Ausstande, lebte seit dem Jahre 1863 in Dres- den, erst als Ausländer und später als sächsischer Angehöriger. Dort hat Kraszewsky entweder selbst einen geheimen Polenklub gegründet oder lst doch Mitglied eines solchen geworden, welcher Polenklub sich zum Ziele gesetzt hatte, irgend welche europäischen Verwicklungen und Kriege dazu zu benutzen, um auch die polnische Frage wieder auszu- rollen und womöglich das Polenreich nochmals wieder herznstellen. Eine polnische Legion sollte zu diesem Behnfe im geeigneten Momente auf der Seite einer kriegführenden Großmacht erscheinen und ist es hauptsächlich Frankreich gewesen, worauf diese Polen ihre Hoffnung richteten; sie scheinen aber auch versucht zu haben, Oesterreich oder Rußland bei der zeitweiligen Spannung zwischen diesen Mächten für ihre Pläne zu gewinnen. Kraszewski hat nun offenbar anch dadurch bei einigen ausländischen Regierungen sich einznsühren gesucht, daß er vorgab oder vielleicht auch den Auftrag übernommen hat, Kund schafter- und Spiondienste bezüglich der Wehrfähigkeit Deutschlands zu leisten. Kraszewski hat dies aber nicht direkt selbst gethan, sondern dazu wieder Uuteragenten benutzt. Ein solcher dunkler Ehrenmann ist ein Schriftsteller Adler, welcher leider in Deutschland nicht dingfest gemacht werden konnte, da er sich im Auslande anfhält. Dieser Adler warb nun für Kraszewski als eigentlichen Spion den preußischen Haupt man a. D. Hentsch, einen befähigten Militär und begabten Militär schriststeller. Hentsch hat darauf nur für Adler Berichte und Beschrei bungen über Einrichtungen des deutschen Heeres, Mobilmachungspläne, neue Erfindungen, Festungspläne u. s. w. geliefert und Adler hat diese Arbeiten an Kraszewski und dieser dieselben wahrscheinlich an einen Abtheilungschef des französischen Kriegsministeriums gesandt. Beide Angeklagte leugnen natürlich den letzten Entzweck ihres Thuns, Kras zewski will mit gar keiner fremden Regierung in Verbindung gestan den haben und Hentsch will einfach militär-wissenschaftliche Arbeiten für Fachblätter geliefert haben. Aus dem Briefwechsel zwischen Hentsch und dem Vermittler Adler geht aber ganz deutlich hervor, daß es sich um Berichte an fremde Regierungen über solche Gegenstände handelte, woraus dem Vaterlande bedeutender Schaden erwachsen kann und die im strafgesetzbuche unter die Paragraphen des Landesverraths fallen. Wie es nun unter Lumpen und Spitzbuben in der Regel der Fall ist, so betrugt auch einer den andern. So hat z. B. Hentsch dem Adler, resp. dem Kraszewski zuweilen ganz werthlose Berichte oder angebliche geheime Bücher für hohe Preise aufgehalst, Adler hat dafür sich wieder dadurch gerächt, daß er Hentsch später ganz miserable Honorare für die Spionage zahlte und später auch an Kraszewski eine Erpressung unter der Androhung, Kraszewskis Briefe an die preußische Regierung senden zu wollen, vornahm. Trotz dieser Betrügereien der Spione unter einander ist aber auch notorisch Landesverrath von den Ange klagten geübt worden, denn die Gutachten des Kriegsministers und und des Großen Generalstabes sagen, daß die Mittheilungen Heutschs über den neuen Kriegsbrückenbau, über die Remontirung der Armee im Kriegsfälle und über neue Pulversorten einer feindlichen Macht von großem Nutzen sein können. Der Oberreichsanwalt beantragte deshalb gegen Hentsch 10 Jahre und gegen Kraszewski 5 Jahre Zuchthaus. — Am Montag Mittag wurde über beide Landesverräthcr das Urtheil gesprochen, dasselbe lautete für Kraszewski immerhin sehr mild, näm lich auf 3>/2 Jahre Festung, während dem Professionsmäßigen Landes- verräther Hentsch 9 Jahre Zuchthaus zuerkannt wurden. Wie ver lautet, haben die Verurtheilten sofort ein Gnadengesuch eingereicht. Beide sind sofort in Haft genommen worden und zwar ist Kraszewski nach dem Festungsgefängniß Magdeburg, Hentsch in das Zuchthaus zu Halle a. S. zum Strafantritt überführt worden. Auf dem ,,Nationalliberalen Parteitag" in Berlin sagte Rudolf v. Bennigsen: Gegner und falsche Freunde meinten, uns zer schlagen und vertheilen zu können. Die Einmüthigkeit unseres Vor gehens wird zeigen, wie unbegründet diese Meinung war. Redner kritisirt sodann die einzelnen Parteien. Das Centrum beurtheilt alles nach seinen Kirchenpolitischen Grundsätzen; die Altkonservativen wurzeln in der Ueberlieferung der westlichen Provinzen Preußens; die Fort schrittspartei habe die Wurzeln ihrer Anschauungen und die Interessen j ihrer Taktik in den Verhältnissen des östlichen Preußens und in der ! Konfliktszeit. „Wenn unsere alten Freunde sich jetzt der Fortschritts- ! Partei anschlossen, ist unsere Partei gerade jetzt so nothwendig, daß, wäre sie nicht vorhanden, sie begründet werden müßte. Gegenüber den sozialpolitischen Aufgaben weichen wir vom Fortschritt besonders bezüglich der in der kaiserlichen Botschaft formulirten Aufgaben ab. Der Unterschied ist darin liegend, daß der Fortschritt nicht anerkennen will, der Staat habe das Recht und die Pflicht, Abhilfe zu schaffen. Wenn wir den Kanzler unterstützen auf einem Gebiet, wo man sich nicht scheuen soll, auch einen Zwang anzuwenden, so freue ich mich, gehört zu haben, daß mit Hilfe unserer Partei das Unfollversicherungs- gesetz zu Stande kommen wird. Der zeitweise Mißmuth des Fürsten Bismarck ist psychologisch selbstverständlich: ein Mann von so emi nenter Bedeutung ist naturgemäß in gewöhnlichen Verhältnissen kein bequemer Minister. Wir müssen das tragen im Hinblick auf die ge waltigen Leistungen des Fürsten Bismarck, müssen aber dafür sorgen, daß die Einheit Deutschlands gesichert bleibt, wenn der Kaiser Wil helm, Fürst Bismarck und Graf Moltke nicht mehr sind. Unsere Partei hat in einigen Punkten gemeinsame Aufgaben mit der deutsch freisinnigen Partei. Die Rechte der Volksvertretung, die wir geschaffen, vertheidigen auch jene Männer. Das Parlament hat große Rechte, aber gegenüber den althistorischen Mächten der Monarchie und des Beamtenthnms darf es nicht vergessen, daß es in seinen Aeußerungen und Beschlüssen das Vertrauen zum Parlamente wach erhält. Unter lebhaftem Beifall wurde folgende Erklärung einstimmig angenommen: Die nationalliberale Partei hält an der Grundlage des Programmes vom 29. Mai 1881 fest: sie steht in unverbrüchlicher Treue zu Kaiser und Reich, sowie zu der ungeschmälerten Aufrechterhaltung der durch die Reichsverfassung verbürgten Rechte der Volksvertretung. Mit den nationalliberale» Landesparteien Süddeutschlands theilt die Partei die Ueberzeugunq, daß die Aufrechterhaltung des Gesetzes gegen die ge meingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie zur Zeit noch eine Notbwendigkeit war. Um so mehr erachtet sie es aber für geboten, die Reichsregierung in ihren auf die Verbesserung der sozialen Lage der arbeitenden Klassen gerichteten Bestrebungen, vorbehältlich einer sorgfältigen Prüfung der einzelnen Maßregeln, mit allen Kräften zu unterstützen. Sie wird vor allem dafür eintreten, daß das Unfallver- sicherungsgesetz noch im Lause dieser Session zu Stande kommt rc. Wie der Reichstag ist auch Fürst Bismarck und mit ihm die hohe Politik in die Ferien gegangen. Er ist mit seinem jüngeren Sohne nach Friedrichruhe gereist. Der „Kreuzztg." wird geschrieben: Die Grundsteinlegung für das neue Reichstagsgebäude ist nunmehr, wie verlautet, auf die Tage zwi schen dem 10. und 15. Juni ins Auge gefaßt. Nach den bis jetzt ^getroffenen Dispositionen dürste die Abreise des Kaisers nach Ems etwa Mitte Juni stattfinden und unmittelbar zuvor, nachdem der Reichs tag wieder zusammengetreten ist, der Festakt vollzogen werden. Aus Naumburg wird der „Magdeb. Ztg." berichtet, daß der Sattlergeselle Rupsch aus Roßbach a. S., welcher unter dem Verdachte verhaftet worden ist, an dem sogenannten Niederwaldattentate betheiligt zn sein, ein umfassendes Geständniß abgelegt habe, welches im Wesentlichen das geplante Verbrechen so hinstelle, wie es von Eu gen Richter in der Sozialistengesetzkommission mitgetheilt wurde. Die Großjährigkeitserklärung des russischen Thronfolgers, des 1868 geborenen Großfürsten Nikolaus, ist am Sonntage am Peters burger Hofe unter großen Feierlichkeiten erfolgt. Fast sämmtliche größeren Höfe Europas hatten aus diesem Anlasse Vertreter entsendet, unter denen Prinz Wilhelm von Preußen die hervorragendste Stelle einnahm. Derselbe überreichte dem Großfürsten Thronfolger den ihm vom Kaiser Wilhelm verliehenen hohen Orde» vom Schwarzen Adler und das Großkreuz des Rothen Adler-Ordens,