Volltext Seite (XML)
Wochenblatt > N-r für für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff Erscheint wschentltch 2 Mal Di-nitag und Freitag. Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Stummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme RontagS ».Donnerstags bi« Mittag 12 llhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag Abonnemenisprei vierteljährlich 1 Ma Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. DonnerSta t' bis Mittag 12 Ubr. Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Nr. 4« Freitag, den lk. Mai 1884. Bekanntmachung, die Wahl außerordentlicher Mitglieder des Landes Medizinal- Kollegiums betreffend. Da am 1. Juni dieses. Jahres Herr Apotheker Tr»zi iL in Dresden als außerordentliches Mitglied des Landes-Medizinal-Kollegiums und Vorstand des Dresdner pharmaceutischeu Kreisvereius, sowie gleichzeitig Herr Apotheker Vl^Iins in Freiberg als dessen Stellvertreter regulativmäßig ausscheiden, so ist eine Neuwahl erforderlich. Unter Hinweis auf das Regulativ vom 29. Mai 1872 werden daher alle Mitglieder des «rin« im Regierungsbezirk Dresden aufgefordert, sich an diesen Wahlen zu betheiligen nnd dabei die gesetzlich be stimmten Formalitäten genau zu beobachten. Die Stimmzettel sind von den Abstimmenden eigenhändig zu schreiben und entweder mit Vor- und Zunamen unterzeichnet, oder auf der Adresse eines geschlossenen Konverts mit der Angabe ,,Wahlzelle! des N. N. zu N. N." versehen bis spätestens Mittwoch den 11. Juni 1884 Nachmittags 2 Uhr portofrei an die «Kanzlei der «Königlichen «Kreishauptmannfchaft zu Dresden einzusenden Alle nach Ablauf dieses Termius eingehende» Stimmzettel bleiben unberücksichtigt und werden uneröffnet vernichtet. Dresden, den 4. Mai 1884. Der mit der Leitung der Wahl dennftrngte Medizinnllieisitzer der Königlichen Kreishnnptmannschnft. ' Medizinalrath vr. kirämunn. Bekanntmachung, das Aushebungsgeschäft im Aushebungsbezirk Nossen betr. Die diesjährige Aushebung im Aushebungsbezirk Nofsen wird »III «r II«I» V Finit I»Illi» von Bormittags 2*0 Uhr an im Gasthofe zum Deutschen Haus in Nossen stattfinden. Zur Vorstellung komme» die wegen häuslicher Verhältnisse zur Ersatz-Reserve II. Kl., die zur Ersatz-Reserve I. Kl., sowie sämmtliche zur Aushebung in Vorschlag gebrachten Militärpflichtigen. Den vorzustellenden Mannschaften werden von hier ans durch die Ortsbehörden besondere Ordres zugehen, es werden dieselben aber hierdurch noch besonders aufgefordert, sich bei Vermeidung der sie bei ihrem Nichterscheinen nach ß 24,7 und Z 65,3 der Wehrordnung tref fenden Strafen und Nachiheile zur bestimmte» Zeit a« dem angegebenen Orte pünktlich einzufiuden und hierbei den KoofungSschein und die Ordre mit zur Stelle zu bringen. Gleichzeitig werden die Herren Gemeindevorstände der zum Nossener Aushebungsbezirk gehörigen Ortschaften aufgefordert, zu den anberaumten Aushebungsterminen sich mit kinzufinden. Ferner werden die Herren Gemeindevorstände angewiesen, den etwa eintretenden Nb und Zugang Gestellpstichti- qer ungesäumt anher anzuzeigen. Meißen, am 12. Mai 1884. Der Civil-Vorsitzcude der König!. Ersatz-Kommission des Anshcbungsbezirks Nossen, v. Bosse. Tasttsgeschichle. Die im Reichstage am Sonnabend in zweiter Lesung erfolgte Annahme des Gesetzentwurfs über die Verlängerung der Geltungs dauer des Sozialistengesetzes bis zum Jahre 1886 hat der Spannung der inneren Lage ein Ende gemacht und statt einer Auflösung des Reichstages und eines neuen erbitterten Wahlkampfes für die nächste Zeit die Aussicht auf ein regelmäßiges weiteres Fortschreiten der legis latorischen Arbeiten auf fozialpolitischem Gebiete und in einer Anzahl anderer auf der Tagesordnung stehender Fragen eröffnet. Die Ma jorität, mit welcher die Regierungsvorlage angenommen wurde, war, wie vorauszuseheu, nicht groß: 17 Stimmen der Mehrheit im entge- gengesetzten Sinne abgegeben, würden das entgegengesetzte Ergebniß herbcigeführt haben; indessen war diese Majorität hinreichend, um für die am Montag stattgefundene dritte definitive Abstimmung das gleiche Resultat und die weitere Entwickelung unserer innerer Verhältnisse in dem angedeuteten Sinne zu verbürgen, und damit dürfte die weit über wiegende Mehrheit der Nation im Gegensätze zu den Extremen auf der rechten, wie auf der linken Seite, zunächst zufrieden gestellt sein. Die am Sonnabend noch gepflogenen Verhandlungen über das Gesetz boten nichts Bemerkenswerthes; aber unter lautloser Stille begann etwa um 4 Uhr die entscheidende namentliche Abstimmung. Im Hause, am Bundesrathstische und auf den Tribünen wurde, wie berichtet wird, mit gespannter Aufmerksamkeit das Votum eines jeden Abgeordneten verfolgt. Im Ganzen und Großen wurde so gestimmt, wie man er wartet hatte. Nur daß 2 ehemalige Fortschrittler, Fährmann u. Wan der, für das Gesetz stimmten, erregte Aufmerksamkeit. Etwas größer, als erwartet, war auch die Zahl der ehemaligen Sezessiouisten, die für das Gesetz stimmten. Unerwartet war auch, daß einer der beiden Dänen, Lassen, sich der Abstimmung enthielt, und Heiterkeit gab sich kund, als der lothringische Abgeordnete Antome aus Metz erst mit non, dann, sich korrigirend, nein antwortete. Schon vor der Abstim mung war man auf Grund der Präsenzliste von der Annahme über zeugt. Daß die Majorität aber so groß war, hat überrascht. Es erklärt sich dadurch, daß die Rechte und die Nationalliberalen weniger Lücken aufwiesen, als die Linke und das Centrum, ferner durch das Fehlen eines Theiles der Polen, sowie durch den Eifer, mit dem sich die Mehrzahl der ehemaligen Sezessiouisten zu Gunsten des Gesetzes an der Abstimmung betheiligte. Betrübte Mienen über de» Ausfall sah man bei den Freisinnigen nur wenig. Die Sieger auf der Rechten sahen aber nicht freudig drein; kein Beifall erscholl, als das Resultat verkündet wurde. — Das größte uud folgenreichste Wort in den heißen Kampftage» sprach Fürst Bismarck, als er mit großem Nachdrucke das „Recht auf Arbeit" anerkanute uud auf das preußische Landrecht und die alte Hebung der preußischen Könige gründete. Dieses Wort ist mancher Auslegung fähig, aber die beste Auslegerin muß die Praxis sein. Die Sozialdemokraten haben nicht versäumt, die Anerkennung des Rechtes auf Arbeit „festzunageln." Bedeutsame Erklärungen, Vor würfe und Anklagen, rückwärts und vorgreifend, sind so viele gefallen, namentlich in den Wechsclreden zwischen Bismarck und Richter, daß die Aehrenlese noch lange zu thuu haben wird. Bismarck sagte u. A., gegen den Letzteren gewandt: „Der Liberalismus hat keine Zukunft, das heißt der Richtersche Liberalismus, die fortschrittliche Demokratie, die Parlamentsherrschaft gegenüber dem Königthum. Ich halte es für meine Pflicht, diesen Liberalismus zu bekämpfen, bis zum letzten Athemzng, das ist meine verfl. Pflicht und Schuldigkeit als Diener des Kaisers. Die Fortschrittspartei halte ich für die Zukunft unseres Staates und Reiches für viel gefährlicher als die Sozialdemokraten. Die Partei der Sozialdemokraten ist gefährlich, aber ich glaube nicht, daß sie jemals zur Herrschaft gelangen wird. Das traue ich aber der Fortschrittspartei zu, ihr Gift ist viel wirksamer als das der Sozia listen, weil es ungefährlicher anssieht. — Für das Interesse der Land- wirthschaft trete ich allerdings entschieden ein; ein Kanzler oder Mi nister, der das nicht thun würde, müßte fortgejagt werden. 25 Mill. Leute hängen von der Landwirthschaft ab, die Landwirthschaft ist das oberste und Hauptgewerbe des Landes; hielten die Landwirthe besser zusammen, so könnten sie sich viel besser schützen, jetzt werden sie durch Gelehrte, Beamte, Schriftsteller vertreten. Ich schließe mit der wieder holten Aufforderung an Land und Wähler, keinen fortschrittlichen Ab- geordneten zu wählen. Es wird angenommen, daß der Reichstag sich mit Ende dieser Woche bis zum 10. Juni vertagen wird. Die Grundsteinlegung zum Reichspalaste in Berlin findet noch in diesem Frühjahr statt; die Dekoralionsarbeiten haben bereits begonnen. Die sozialdemokratischen Abgeordneten haben im Reichstag den Antrag eingebracht, den Bundesrach zu ersuchen, er möge einen Gesetzentwurf vorlegen, durch den das vom Reichskanzler proklamirte „Recht auf Arbeit" verwirklicht wird. Die Reichstagskommission zur Vorberathung des Antrags auf Entschädigung unschuldig Verurtheilter beschloß, einen Gesetzentwurf