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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 17.04.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-04-17
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190804175
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19080417
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19080417
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-04
- Tag 1908-04-17
-
Monat
1908-04
-
Jahr
1908
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BezuqS-Preit sttt Lei»»»» »ar 8oron« durch mffer» lrtger und Spediteur« io« Hau» ,«bracht, «u«gad» t (nur morgen«) vierl-ljthrltch 3 M.. manamch l M., «u«gade v (morgen« und abend») viertel» iLhrlich «.SU M., monatlich I.SU M. Lurch die Voll ,u dr,>rdr«r (2 mal täglich) innerhalb Deutschland» und der deutschen Kolonien vierteljährlich S.2S M.. monatlich l.7S M. auSichl Post- besicllgcld. ür Oesterreich 8 k 66 h, Ungarn 8 k vierteljährlich, ferner in Bel» gnm. Dänemarl, den Donaustaaien, ffrank» r^ich. Italien. Luxemburg Niederlande, Norwegen. Nagland Schweden. Schweig und Lvanien In allen übrigen Staaten nur bireti durch dir üxped. » Äl erbäiilich. Udonnement-Ännadme: Augustusplatz 8, hei unseren Trägern, ffilia.en. Svedileuren und Annahmestellen, sowie Postämtern und Pries trägern. Di« einzelne 'Nummer koste» 10 st)fz. stiebaktivn und Ervedlttou: Johannirgalje 8. T-lesbon Nr. IE, lNr. I4SS3, Nr. 146S». Morgen-Ausgabe v. KiWgtrTagMaü Handelszeitung. Ämtsvkatt des Nates und des Nolizeianttes der Ltadt Leipzig. Anzeigen-Preis sstr Inserat« au» Leiv,,, an» Umgebung dt» Saelpalten« Pettrzeil« 2S Pt., stnaagiell» Anzeigen 3Ü PI., «ekiamen 1 M.; »o» autwän» 30 Ps., ««Namen l.A) vasAuNandSOPs., stnanz. «n^grnTLPs.. Reklamen US0 M. Inserat« v. vehorben ,m amtlichen Dell 40 Pi. P-il-gegebüdr L M. ». Dausen» exN. Post, gebühr, »elchaitranzeigen an bevorzugter Stelle im Preile erhShr. Rabatt nach lart« Festerteilte Auiträge kännen nicht zurück gezogen werden. Für da« itrscheinen an bestimmten Dagen und Plätzen wir» kem« Varanti« übernommen «neigen. Annahme: Lugustntzpla, 8, bei sämtlichen Filialen u. allen Annoncen» Exped,kionen de» In- und Luslaade». Hauvt-Filiale Verls,, larl Duncker Herzogs. Paor. Hosbuch- handlung, Lützowstratze IL (Teleobon VI. Nr. 4M3). Haupt-ziltalr Dresden! Seesliaze 4,1 (Telephon 4621). Nr 107 Freitag 17. April 1908. 102. Jahrgang. Das wichtigste voin Tirge. * Von der Staatsanwaltschaft ist gegen Rechtsanwalt Bernstein Sie Klage wegen Beleidigung des Fürsten Eulenburg er» -oben worden. (S. Dtschs. R.) * In Algier wird ein Zusammenstoß mit Marokkanern erwartet. lS. Ausl.) * In der Gegend von Ardabil sNordpersiens wurden in dieser Woche zweimal die Postkarawanen ausgeplündert. sS. Ausl.) Der gvohe und der kleine Block. Wie umwölkt die Zukunft der Bülowschcn Blockpolitik am Schluß oeS verflossenen Jahres war, ist noch in frischer Erinnerung. Auch sic Wochen brauchen wir nicht ins Gedächtnis zurückzurufen, in denen an den bedrohlichen Klippen des Reichsvereinsgesetzes wie des Börsen gesetzes der Block zu scheitern drohte. Tie Freude, daß es dennoch ge lang, die ersten Früchte dieser Politik einzuführen, war gerade darum io groß, weil jene Fährlichkeiten bestanden, und sie tröstete über die Mängel des Vereinsgesetzes wie des Börsengesetzes. Und heute scheint diese Blockpolitik mindestens bis zum Herbst gesichert, bis die Entschei dung über die Reichssinauzreform eintreten muß. Fürst Bülow hat es somit vermocht, wenigstens auf anderthalb Jahre hinaus das partei politische Werk zu sichern, das er während des Rcichstagswahlkampfes mit dem Programmwort von der konservativ-liberalen Paarung an kündigte. In eben derselben bewegten Wahlzeit ist aber noch für einen an seren Block der Grundstein gelegt worden, den wir neben jenem, dem großen, den kleinen Block nennen wollen. Die Sehnsucht nach einer' Einigung des Liberalismus zog sich mächtig durch die Wahl- kämpfe an der Jahreswende 1907/08. Ihr ist fast zuerst an dieser Stelle lebhafter Ausdruck verliehen worden. Wohl ist sie noch lange nicht zur Erfüllung gekommen. Aber darüber ist kein Zweifel, daß zwischen den verschiedenen liberalen Parteien im Reich, von der nationalliberalen bis zu den süddeutschen Tcmolraten, heute ein freundlicheres Ver- hältnis herrscht, als viele Jahre zuvor. Und die drei kleineren liberalen Parteien, die zusammen im Reichstag die Fraktionsstärke ungefähr der nationalliberalen Fraktion ausmachen, sind über dieses freundschaftliche Verhältnis hinaus zu einer Jraktionsgemeinschaft gekommen, die zwar die Parteiunterschiede nicht aushebt, aber eine parlamentarische Ein heit darstellt. Das ist der kleine Block. Er hat bei den Kämpfen um Vereinsrecht und Börsengesetz treulich ausgehalten, aber die Probe auf seine Haltbarkeit ist nicht leicht ge wesen und sie ist noch nicht beendet. Gerade die kommende Lsterze.it wird dies zeigen. In ihr wird der Wahlverein der Liberalen, die Parteiorganisation der Freisinnigen Vereinigung, in Frankfurt a. M. ieinen Parteitag abhalten. Und in dieser Partei kriselt es. Um des großen und um des kleinen Blocks willen. Die Rollen sind vertauscht. Gehörte es einst zur Eigenart der freisinnigen Volkspartei, daß sic um angeblicher liberaler Prinzipien willen eine Oppositionspartei 8sns psirsso war, die darüber Politisch einflußlos wurde, so wollen einzelne Elemente in der Freisinnigen Ver einigung, die ihre Entstehung der Abkehr von Eugen Richters Opposition dankt, jetzt einen Verrat liberaler Prinzipien darin sehen, daß der kleine Block dem großen zu den Früchten seiner Politik, dem Reichsvereins» gesetz und dem Börsengcsetz, verhalf. Man tut den ehemaligen Nationalsozialen Unrecht, wenn man sie kurzerhand als die Störenfriede im kleinen Block bezeichnet. Ter klügste, aber auch doktrinärste der Köpfe, die hier durch die Wand rennen wollen, Tr. Barth, hat nie zu ihnen gehört, mag auch neben ihm v. Ver lach heute politische Vergangenheit haben. Naumann dagegen, der nationalsoziale Führer, gilt unter diesen Radikalen als ein Abgefallcner, ein Pflaumenweicher. Gerade er ist es, der fest und treu zu dem kleinen Block hält. Er weiß Konsequenzen zu ziehen. Er ist auf die Brücke der freisinnigen Fraktionsgemeinschaft getreten, weil er glaubt, daß sie allein zu einer Kräftigung des bürgerlichen Liberalismus führen kann. Er -at es am eigenen Leibe erfahren, wie er neulich in einem treffenden Bilde in der „Hilfe" sagte, baß man auf der Gratwanderung zwischen Sozialdemokratie und liberalem Bürgertum politisch nichts erreichen kann. Er läßt darum diese Brücke nicht fortschwemmen durch die Flut einer radikalen Agitation mit starkem, demagogischem Getöse, einer Flut, in der der Schlamm persönlicher Anfeidung gerade zu ihm hoch empor- 'pritzt. Er wird darum in Frankfurt a. M. sein Schicksal mit dem der liberalen Jraktionsgemeinschaft verknüpfen. Mit dem kleinen Block fällt auch er. Und zu ihm dürfte die ganze Fraktion stehen, auch jene chrer Mitglieder, die beim Vereinsgesetz eigene Wege gingen. Liest und hört man dagegen die Reden und Artikel der Barth, Gerlach und Breitscheid, dann kann man von ihnen nur einen leidenschaftlichen Sturmlauf auf den kleinen Block beim Frankfurter Parteitag erwarten, und die Resolution, die unter ihrem Einfluß der sozialliberale Verein in Berlin für diese Tagung Vorschlägen will, ist auch nichts anderes als ein Todesurteil über die freisinnige Fraktionsgemeinschaft und eine Kriegserklärung gegen den großen Block zugleich. Noch vor zwei Wochen war anzunehmen, daß die Frankfurter Tagung mit einem Sieg der Radikalen enden werde. Blätter, wie die 'Welt am Montag", „Morgenpost", „Berliner Zeitung am Mittag", Volksversammlungen, die Land auf Land ab von den radikalen Führern ibgehaltcn wurden, hatten die Gemüter wild erregt. Jetzt bat sich das Blatt gewendet. Gerade die süddeutschen Vereine, für die das Wahl recht des Reiches eine Verschlechterung gegen das bisherige Landesrecht bringt, haben sich besonnen. Von ihnen ist zwar eine harte Kritik an der Blockpolitik, der großen wie der kleinen, zu erwarten, aber sie werden an ihr festhalten. Im Norden und in Mitteldeutschland steht es nicht viel anders. Kämpfe wird es trotzdem in Frankfurt a. M. geben. Die Frage des Tages aber wird viel weniger sein, ob man dort für den Fortbestand der Jraktionsgemeinschaft eintritt, als die, ob der Verlaus der Tagung es den Radikalen um Barth, Gerlach und Breitscheid noch ermöglichen wird, innerhalb der Organisation der Freisinnigen Vereimigung zu bleiben. Und da kann man nur wünschen, daß eine reinliche Scheidung stattfindet. Tenn es würde doch nur einen faulen Frieden geben. So lange der große Block besteht, so lange der kleine festgehalten wird, kommt man nicht um Konzessionen herum. In beiden Blöcken nicht um Konzessiv- nen nach rechts. Gerade dann, wenn man praktisch etwas für den Liberalis- mus gewinnen will. Jene radikalen Elemente aber kennen keine real politischen Gesichtspunkte. Sie sehen das Wesen der Politik darin, daß man Grundsätze „bekennt". Die praktischen Früchte der Politik kommen für sie nicht in Betracht. Wie kann man mit solchen Leuten Politik treiben! Gerade io wenig wie mit der Sozialdemokratie, wie sic immer noch ist. Es wäre darum nur zu wünschen, daß sich das Gerücht bewahrheitete, jene Radikalen dächten an die Gründung einer eigenen demokratischen Partei. Noch ist es ein bestrittenes Gerücht. Der Frankfurter Parteitag tonnte durch Abschüttelung der Radikalen ihm zur Wahrheit verhelfen. Aber man muß auch mit der anderen Möglichkeit rechnen, daß die Barth, Gerlach und Breitscheid bei der Freisinnigen Vereinigung bleiben und in ihr das Werk ständiger Opposition, maßloser Kritik fortsetzen. Dann kommt der Zeitpunkt, wo die freisinnige Volkspartei ein Ultima tum stellt, wo sie ihrerseits den Fortbestand des kleinen Blocks von dem Ausschluß jener Radikalen abhängig macht. Und dann wird der kleine Block gesprengt. Das aber ist dann nicht nur ein Schlag für den Frei- sinn, das trifft den ganzen Liberalismus mit, das rüttelt auch an den Bestand des großen Blocks. Man braucht kein begeisterter Freund der Bülowschcn Blockpolitik zu sein. Man braucht sie nur anzusehen als eine politische Notwendig keit, die die RetchSpolitik davor bewahrt, wieder in die Bahnen vor der Reichstagsauflösung von 1907 hinein gezwungen zu werden. Man wird dann doch wünschen müssen, daß nicht um einiger politischer Heißsporne und Eigenbrödler willen diese Erschütterung unserer inneren Politik er- folgt. Die Blockpolitik darf nur zugrunde gehen,, wenn wichtigere Dinge auf dem Spiel stehen. >als die Rücksicht auf jene radikalen, politisch so unfruchtbaren Elemente des Freisinns. Und deswegen ist im Interesse des großen wie des kleinen Blocks zu wünschen, daß die Entscheidung der Frackffurter Tagung so fallen möge, daß der Fortgang einer liberalen Realpolitik gesichert wird. Nnehbewilligungen. Bereits unterm 3. März d. I. hatte die Rcchenschaslsdeputation der Zweiten Kammer ihren Bericht über die Uebersicht 6 der Ausgaben und Reservate des außerordentlichen Etats auf 1904/05 erstattet und dabei mitgcteilt, daß sich diesmal Ersparnisse von 7 970041,95 .ll. hätten machen lassen. In der Sitzung der Zweiten Kammer vom 12. März kam dieser Bericht zur Verhandlung, nach dem Referat des Vorsitzen den der Deputation, Abg. G o n t a r d»Leipzig sNatl.) trat ober eine Differenz in der Auffassung der Regierung, der sich auch die Rechen- ichaftsdeputation angeschlosien hatte, und der des Vizepräsidenten Dr. Schill über die Auslegung von 8 8 Absatz 5 des Gesetzes über den Staatshaushalt zutage, und schließlich wurden der Rechenschafts deputation der Wunsch ausgesprochen, durch Formulierung eines'An- trags an die Kammer eine authentilche Interpretation der gesetzlichen Vorschrift hcrbeizuführcn. Es handelt sich um die Frage, ob bei Bewilligungen >m autzcr- vrdentlichen Etat, die sich ihrer ganzen Natur nach über mehrere Finanzperioden erstrecken, etwaige Ueberschreitungcn in den einzelnen Etatsperiodcn, wie sie der Rechenschaftsbericht aufweist, den Ständen zur nachträglichen Genehmigung vorzulegen sind, oder ob damit dis zur Erfüllung des Zwecks oes betreffenden Titels, also bis zur Schluß abrechnung nach Vollendung eines Baues oder einer Eisenbahn zu warten ist. Der Frage war die Deputation nahegetreten bei der Behandlung von Sammeltiteln, die z. B. im Bereiche des Justizministeriums eine ganze Anzahl von Neubauten von Gerichtsgebäuden und Gefängnissen oder beim Ministerium des Innern verschiedene Bauten von Amts- hmiptmannschaften, im Etat des Kultusministeriums diverse Sennnar- schulbauten in einer Bewilligungssumme umfaßten. Der Deputation erschien es praktisch, da die Erledigung eines solchen Titels sich über eine lange Zeit hinausziehen kann, die Ausgabeverrechnungen hinsichtlich einzelner Bauten, sobald sie fertiggestellt und abgerechnet sind, der Kammer zur Genehmigung vorzulegen, selbst auf die Gefahr «hin, daß bei den zuletzt erledigten Bauten Ersparnisse gemacht werden, die Ueberschreitungcn bei den früher ckbgercchneten wieder ausgleichen. So sind im vorliegenden Rechenschaftsberichte noch Titel aus der Finanz periode 1892/93- Es liegt auf der Hand, datz die Beanstandung einer Bauberechnung durch den Landtag nach so langer Zeit kaum irgendein praktisches Ergebnis würde haben können. Nachdem der Vorsitzende der Finanzdeputation H. erklärt hat, Latz die Deputation die Teckungssähizkeit bei solchen Sammeltiteln nickt mehr bewilligt, haben diese Fälle für die Zukunft auszuscheiden; aus früherer Zeit finden die meisten derartigen Titel in dem vorliegenden Rechenschaftsberichte ihre Erledigung. Nach 8 16 des Gesetzes über den Staatshaushalt soll Lie Regierung, sobald bei Bauten die in einem Titel oder einer besonderen Unter- abteilung eines Titels ausgeworfene Summe voraussichtlich mit 10 Prozent überschritten werden wird, den Ständen eine Ergänzungs- forderung unterbreiten. Die Rechenschaftsdeputation wird nie oder doch nur in seltenen Ausnahmefällen in der Lage sein, zu ermessen, ob eine Ueberschreitung von 10 Prozent der Anschlazssumme voraus- zusehen. ist. Es können also auch diese Fälle, ebenso wie die der Sammeltitel, für eine prinzipielle Entscheidung der angeregten Streit- frage außer Betracht bleiben. Anders liegt die Socke adet, wenn, wie es häufig bei Eisenbahn- bauten vorkommt, der Zweck der Bewilligung erreicht, der Bau voll- endet, die Schlußabrechnung aber nicht erfolgen kann, weil noch jahre lang Prozesse über Ansprüche von Haupt- oder Nebenberechtigten aus dem Enteignungsverfahren oder wegen Schädenvergütungen schweben. Ta scheint es doch durchaus praktisch, diese Titel zu erledigen, ohne den Ausgang der Prozesse abzuwarten, und wenn dann das Schlutz- urteil im Rechtsstreit ergangen, etwaige Prozeßkosten und als be rechtigt anerkannte Ansprüche der Prozeßgegner nachträglich zur Ge nehmigung zu beantragen. Aus einem Beschlüsse des Landtags auf Genehmigung von Etats überschreitungen ist nach Auffassung der Nechenschaftsdeputation nicht der Schluß zu ziehen, daß damit die Gesamtiumme der Herstellung ent sprechend erhöht werden soll. Um aber alle Zweifel zu beseitigen, be antragt nunmehr die Nechenschaftsdeputation, die Kammer wolle be schließen: wenn bei Ausgabebewilligungen für einmalige Herstellungen im Rechenschaftsbericht Ueberschreitungen nachgewiesen werden, so sind solche Ueberschreitungen aus Rücksicht auf die Vorschrift des 8 10 des Gesetzes, den Staatshaushalt betreffend, vom 1. Juli 1904, auch dann der ständischen Genehmigung zu unterbreiten, wenn der betr. Titel noch nicht geschlossen oder die Rechnungsprüfung noch nicht beendet ist und infolgedessen noch die Möglichkeit besteht, daß die Ueberschreitung sich durch Rückeinnahmen oder Rechnungsdefekte wieder erledigt oder abmindert. In letzterem Falle sind die lleber- ichreitungen zur ständischen Genehmigung mit dem Betrage zu stellen, mit dem sie im Rechenschaftsberichte angeführt worden sind. Für Leipzig hat diese Sache deshalb besonderes Interesse, weil es sich auch um Ueberschreitungen handelt, die in der Finanzperiove 1896/97 bei den Um- und Neubauten der Universität Leipzig vorgelommen sind. Tie Ueberschreitung bei diesem Titel s6> und dem damit in Zusammenhang stehenden Titel 4 Les außerordent lichen Etats auf 1894/95 beläuft sich bei einer Gesamtausgabe von 3 640 039,14 gegenüber einer Bewilligung von 3 492 600,— auf 147 439,14 Diese sind nachgewiesen im Rechenschaftsbericht 1898/99 mit 132 242,28 .ll im Rechenschaftsbericht 1900/01 mit 11034,45^.<l 143 276,73 Es bleiben somit noch nachträglich zu genehmigen 4162,41 .<l, deren Nachbcwilligung jetzt von der Rechenschaftsheputation beantragt wird. Rovvrrptisrr in Brasilien. Der „Urwaldsbote", das Organ der bekannten blühenden deutschen Kolonie Blumenau in Südbrasilien, bringt häufig treffliche Schilde, rungen von Land und Leuten dort im fernen Klein-Deutschland, von den Mühen und Sorgen, mit denen die Deutschen dort zu kämpfen haben. In der Nummer vom 11. März finden wir einen tragikomischen Bericht über die wenig republikanischen Zustände in dem brasilianischen Staate CearL, wo eine Familie Accioly eine unumschränkte und für sick anscheinend sehr einträgliche Herrschaft ausübt. Wir lesen darüber im „Urwaldsboten": Es verlohnt sich der Mühe, auf die geradezu empörende Gewissen losigkeit, mit welcher die Herrscherfamilie von CearL wirtschaftet, näher einzugehen. Die Familie der Accioly ist ungemein zahlreich, so daß es gar nicht so leicht ist, allen einen einträglichen Posten zu verschaffen. Aber der jetzige Präsident hat alle Schwierigkeiten glänzend über wunden, so Laß es heute keinen Regierungszweig mehr gibt, in dem nicht einer oder mehrere Mitglieder der Familie sitzen. Besonders gewissen- haft sorgt der Präsident natürlich für seine eigenen Kinder. Sein ältester Sohn, der Tr. Thomas Accioly, ist Bundesdeputierter, ferner Professor der Normalschule und der freien Rechtsfakultät in Fortaleza. Die beiden letzten Aemter, die er natürlich als Deputierter nicht aus- üben kann, bringen ihm jährlich 8400 Milreis sl Milreis — zirka 2 .<1 ein, während der Staat die eigentlichen Professoren, die vielleicht auch dem Hause Accioly angehören, extra bezahlen muß. Dazu kommt noch, daß der Sohn des Präsidenten nach der Ansicht Sachverständiger über haupt nicht befähigt ist, an der Normalschule s!) oder gar an der Rechtsfakultät zu lehren. Ebenso interessant ist das Verhältnis des zweiten Sohnes Accioln» zur Staatsregierung. Josö Accioly ist 1. Vizepräsident des Staates und hat die Regierung während des Besuchs seines Vaters in Rio geführt. Außerdem ist er Staatssekretär des Innern und endlich noch Professor am Lyzeum, hat aber bisher noch nicht eine Stunde geben können, weil der vielgesuchte Jüngling damals auch Staatsdeputierter war. Amüsant ist es auch, daß Joie Accioly, der Staatssekretär, Deputierter, Professor und sogar Vizepräsident ist, seines Zeichens eigentlich Siudent ist. In der Zeit, die ihm seine vielen hohen Staatsämter übrig lassen, widmet er sich dem Studium der Rechte, zu welchem Zwecke er auf der Rechtsfakultät immatrikuliert ist. Der Staatssekretär des Innern von CearL, dem als solcher alle staatlichen Unterrichtsanstalten unter stehen, ist also zugleich Schüler einer Anstalt, deren oberster Ebes er ist. s!) So etwas ist einfach unglaublich, und man muß sich nur einmal in die Lage hineindenken, um das Läckerliche und Empörende solcher Zustände recht zu begreifen. Wie muß es um die Professoren und Studenten der Fakultät bestellt sein, die sich so etwas bieten lasten? Es braucht wohl kaum besonders erwähnt zu werden, daß auch der Direktor der staatlichen Rechtsfakultät der Familie Accioly angehört. Derselbe ist ein Schwager des Präsidenten, folglich ein Onkel seines direkten Vorgesetzten, des Herrn Jose^der wiederum der Schüler seines Onkels und Untergebenen lst! Der Schwager des Oligarchen kann sich natürlich auch nicht allein mit dem Gehalt eines Fakultätsdirektors be- gnügcn. Es befremdet deshalb gar nicht, daß er außerdem noch pen sionierter Professor der trüberen Escola Militär do CearL und des Lyceo Estaboal ist und hierfür seine wohlverdiente Pension bezieht. Der dritte Sohn des Präsidenten scheint weniger vielseitig zu sein, als seine Brüder, er begnügt sich mit dem Amte eines Jiscal de em- prezas, das früher mit 350 Milreis pro Monat bezahlt wurve. Für den Sohn des regierenden Hauses wurde das Gobalt jedoch auf 400 und vor einiger Zeit sogar auf 500 Milreis erhöht. Das erklärt sich mit Leichtigkeit aus der kolossalen Arbeit, die der Fiskal zu bewältigen hat. Die von ihm zu beaufsichtigenden Bauten, Reparaturen usw. sind nämlich im Budget mit durchschnittlich 10 Contos sl Conto --- 1000 Milreis, 10 Contos also rund 20 000,.«?!) pro Jahr angesetzt. Herr Benjamin Accioly ist, da die Fiskalisierung der öffentlichen Bauten ihm noch einige freie Zeit läßt, nebenbei auch Deputierter. Ein vierter Sohn deS Präsidenten ist endlich der Dr. Antonio Nogucira Filho. Dieser war bis vor kurzem Direktor der Escola Normal: dann wurde er Prozessor an der Rechtssakultar und zugleich ist er noch Direktor einer Sektion des Finanzsekretariats. Sparer wurde er von dem Unterricht an der Recktsfakultät entbunden, da man seiner anderweitig bedurfte, das Gehalt aber wurde rubia weitergezaklt. Es ist gar nicht zu schätzen, wieviel der Staat CearL alljährlich an dre Familie Acciolv zu zaklcn hat, da außer den zahlreichen nahen Ver wandten des Präsidenten auch noch viele weitläufige ^rwandte in den verschiedensten Stellungen sitzen. — Wann wird unser Volk end lich einmal den Hauch wirklicher republikanischer Freiherr verspüren*
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