Suche löschen...
02-Abendausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 29.04.1908
- Titel
- 02-Abendausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-04-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080429022
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908042902
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908042902
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-04
- Tag 1908-04-29
-
Monat
1908-04
-
Jahr
1908
- Links
- Downloads
- Einzelseite als Bild herunterladen (JPG)
-
Volltext Seite (XML)
BezuflS-PreiS Ute L«i»,ta »ad «orart« darch »»tr« Detger und S»«dtl««» in» Ha»1 gebracht: Lu«,ab« L (nur awra«-) »tertrljthrlich 8 M., wonalkich I Bt.; Lutuaix I (morgen« und abend«) »lartal. jährlich 4.L0 M., aionailub I.SO vl. Durch di« P»ft ,» dejirtzen! st mal täglich) innerhalb Leullchland« nab der deutichrn Kolonien Merreljthrlich Ü,2L M., monatlich 1,73 M. aullchl. Polt. beftellgeÜt, >ür Oeiierreich 9 u kv b, Ungarn 8 L vierteljährlich, ferner m Bel gien, Dänemark, den Donauitaalen, Italien, Luxemburg, Riederland«. Rorwegeu, Ruh land . Schweden, Schweix und Spanien. In allen übrigen Staaten nur direkt durch di« Lxped. d. Vl. erbiltlich. Abonnemenl-Annalnaet AugotioSvlitz 8, bei linieren Drägern, AUtalen, Spediteure« und Annahmesteilen, sowie Postämtern und Briefträgern. Die einzelne Rümmer kostet 10 Psg, Redaktion und «strpedttton: Johannttgaste 8 Delevdon Rr. I46SL Nr. IE, Nr. I46S4. Abend-Ausgabe 8. KiWM.TilsMM Handelszeitung. Ämtsvkatt des Nates und des Nolizeiamtes der Ltadl Leipzig. Nr. 118. Mittwoch 29. April 1908. Anzeige«. Pi eit für Inserate au» reipxlu und Umgeb»»» di« -»espalren« lveruzeUe 2d Pt., sinan«>,ü« Lnzelgea 30 Pt., Reklamen lM.; o» au«wärt« 30 Pt., Reklamen 1.20 M.; vomAullandSOPi., ftnanx Anzeigen7LPs. ' Reklame» llO kN. Inserate».Behörden>>. amtlichenTeiläOPi. Balagegebühr d M. p. Daulend extl. Poll gebühr. a>elchätt«anzeigen an berorzugler Stelle im Preije erhöht. Rabatt nach Larri Aesterierlle Lut träge könne» nicht zurück- gezogen werben Für da« lirlcheinen an oeinmmten Tagen und Plätzen wird kein« Garantie übernommen Anzeigen.Lnnahme: NugustutzplaH 8, bei sämrlichen Filialen u. allen Anno, cea- ltxpediltonen de» In- und Aallande«. Haupt-Stlt«le Berlin i Varl Duncker, tzerzogl. Baor. tzosbuch- Handlung, Lützowstrahe 10. (Telephon VI. Rr. 4M3). Haupt-Stlt«l« Dresden: Seestrahe 4,1 (Telephon 4621). 102. Iabrocma. Das wichtigste vonr Tage. * Heute findet eine Zusammenkunft zwischen Fürst Bülow und dem italienischen Ministerpräsidenten Giolitti in Venedig statt. sS. Dtschs. R.) * Der Schiedsspruch im deutschen Baugewerbe wurde vom Arbeitgeberverband angenommen. (S. Dtschs. R.) * Schwarzburg-Rudolstadt will im Bundesrat den D« r f ich e r u n g sz Wan g f ür Heimarbeiter beantragen. (S. Dtschs. R.) Neue Orgnnisationsbeftrebrrirgen in -er deutschen Industrie. Bereits seit einigen Wochen wird in der Presse ein Projekt lebhaft erörtert, welches von dem stellvertretenden Vorsitzenden des Vereins Deutscher Arbeitgeberverbände, Herrn Kommerzienrat Mcnck-Altona, auszeht und nach den Darlegungen der „Deutschen Arbeitgeber-Zeitung" und der „Post" bezweckt, einen allgomcinen Bund gewerblicher Arbeit geber (einschließlich des Handwerks) zu gründen, um nach dem Vorbild des Bundes der Landwirte einen erhöhten politischen Einfluß im Reichs- tag und in den Landtagen zur Beeinflussung der politischen Gesetz gebung unter Ausschluß aller wirtschaftlichen Fragen zu erlangen. Der Gesamtvorstand des Verbandes Sächsischer Industrieller hat sich diesem Gedanken gegenüber ablehnend verhalten. In der neuesten Nummer seines Verbandsorgans „Sächsische Industrie" be gründet er diese ablehnende Haltung in ausführlichen Darlegungen. Zunächst weist der Verband darauf hin, daß er bereits seit Jahren für einen stärkeren Einfluß der Industrie in der Gesetzgebung gewirkt habe, und zwar mit dem erfreulichen Erfolg, daß unter den 82 Mitgliedern der sächsischen Zweiten Ständekammer sich jetzt 25 Abgeordnete befinden, welche dem Verband Sächsischer Industrieller als Mitglieder angc- hören. Die Persönlichkeit dieser Abgeordneten, der enge Zusammen hang, in dem sie zum Verband ständen, gebe dem Verband Sächsischer Industrieller das Vertrauen, daß die Interessen der sächsischen In dustrie, soweit sie mit den Interessen der Allgemeinheit sich decken, auch in der Gesetzgebung des Königreichs Sachsen Berücksichtigung finden würden. Dasselbe Vertrauen hegt der Verband in bezug aus dlc sächsische Industrie nach der Richtung der Neichsgesetzgebung unter Be- zugnahme auf den Ausfall der letzten Neichstagswahlen in Sachsen. Der Verband glaubt daher, durch seine praktische Arbeit hinreichend den Beweis dafür erbracht zu haben, daß er sich der Bedeutung des politischen Einflusses der Industrie durchaus bewußt sei, hält aber trotz- dem den Weg, den der Bund gewerblicher Arbeitgeber einschlazen will, nicht für den richtigen. Wörtlich heißt cs in der Begründung der Stellungnahme des Verbandes: „Es ist unserer Meinung nach unmöglich, aus der Vielheit der jenigen Anschauungen in wirtschaftlichen, kulturellen und politischen Fragen, die sich insgesamt zu einem politischen Glaubensbekenntnis vereinigen, eine einzelne Frage, nämlich diejenige der Sozialpolitik, aus- zuscheiden und von der Stellung zu ihr die alleinige Wertung der Per sönlichkeit abhängig zu machen. Tic Auffassung, daß eine Einheit der deutschen Industrie sich herbeiführen lasse, indem man die Tätigkeit der Abgeordneten nur unter diesem Gesichtspunkt betrachte und src danach unterstütze oder bekämpfe, ist unserer Auffassung nach eine trügerische. Die Wähler eines sächsischen Wahlkreises würden sich niemals dahin beeinflussen lassen, einen Kandidaten wegen ihrer Uebcreinstimmung mit seinen politischen Anschauungen dann zu unterstützen, wenn er in den mindestens ebenso wichtigen wirtschaftlichen Fragen einen dem Interesse der sächsischen Volkswirtschaft entgegengesetzten Standpunkt einnähme. Daß aber aus diesem Gebiete sehr tiefgehende Meinungs verschiedenheiten zwischen den einzelnen politischen Parteien und den einzelnen industriellen Gruppen vorhanden sind, ist eine nicht wegzu leugnende Tatsache. Wir erinnern in dieser Beziehung nur an die Frage der gesamten Handels- und Zollpolitik, an die Frage der Verkehrspolitik lTchistahrtsabgabens, an die Frage der Stellung zu den Syndikaten, an die Frage der Besteuerung gewerblicher Unternehmungen und an die Frage der Stellung zu Finanzfragen in ihrer Beziehung zur Be lastung des Handels und Verkehrs. Können wir so die Stellung eines Kandidaten zur Sozialpolitik nicht als allein ausschlaggebend ansehen, so müssen wir anderseits auch auf die Gefahren aufmerksam machen, die selbst dann vorhanden sein würden, wenn die Industrie sich darin einig wäre, lediglich von diesem Gesichtspunkt auszugehcn. Wir stehen sclbswcrständlich auf dem Stand- punkte, daß jede sozialpolitische Gesetzgebung sich die Frage auferlegen muß, ob die Konkurrenzfähigkeit der Industrie auf dem Weltmärkte nicht durch ein allzu hastiges Fortschreiten der deutschen Gesetzgebung Schaden erleide. Wir mißbilligen mit aller Entschiedenheit jede schika nöse Beaufsichtigung der Industrie und jeden Gedanken, durch die soge nannte konstitutionelle Fabrik die Dispositionsfähigkeit des Unter nehmers in seinem Betriebe einzuschränken und ihn lediglich mit dem Risiko und der Verantwortung für sein Unternehmen zu belasten, ohne ihm die freie Initiative in dessen Leitung zu überlasten. Auf der anderen Seite betonen wir aber ebenso nachdrücklich, daß wir es als unser Ziel und unsere Aufgabe ansehen, mit unseren Arbeitern in Frieden zu leben und aus dieser Grundlage eine allmähliche Ueberwindung der Sozial- dcmokratie durch Festigung des Vertrauens der Arbeiter und der Ange- stellten zu den Arbeitgebern herbeizuführen. Die Gründung des geplan- len Arbeitgcberbundcs würde geeignet sein, dieses keimende und sich immer mehr entwickelnde Vertrauen der Arbeiter, das im Wachsen der natio nalen Arbeiterbewegung zum Ausdruck kommt, auszuhalten und an seine Stelle das alte Mißtrauen zu sehen. Die Erfolge der letzten Reichstags wahlen und das Vertrauen zur Unparteilichkeit unserer nationalen Ab geordneten in den Fragen der Vertretung berechtigter Arbeitcrinteressen würde schwinden, wenn diese Kandidaten daständen als die alleinigen Vertreter der Arbeitgeber und ihnen so derselbe Charakter der Klassen vertreter anhaften würde, wie er heute den sozialdemokratischen Kandi daten ausgeprägt ist. Die Unterstützung des Arbeitgeberbundes würde so vielleicht zu einem Danaergeschenk für diejenigen Kandidaten werden, die sich dieser Unterstützung erfreuen, und der Zweck der gedachten Unter stützung dadurch in das Gegenteil umgekehrt werden können. Durch die Stellungnahme des Bundes, gewerblicher Arbeitgeber würde aber auch die Gefahr entstehen könnn, daß durch die Forderung einzelner politischer Gruppen, welche vielleicht auf dem Gebiete der Sozialpolitik mit den Ansichten des Bundes übereinstimmen, im übrigen aber wirtschaftliche Anschauungen vertreten, welche der Industrie ver derblich werden könnten, eine Beeinflussung unserer Wirtschaftspolitik nach einer Richtung hin stattfindet, welche wir als verhängnisvoll be zeichnen müßten. Auch ans diesem Grunde können wir von der Wirk- samkeit des Bundes gewerblicher Arbeitgeber nicht in allen Fällen eine Förderung industrieller und gewerblichr Interessen erwarten. Ins- besondere wird diese Befürchtung auch in bezug auf unsere innere Gesetz gebung verstärkt durch die anscheinend bestehende Absicht, den gedachten Bund unter die Führung bestimmter Vertreter von Richtungen der Mittelstandspolitik zu stellen, deren Ansichten auf diesem Gebiete den von dem Verband Sächsischer Industrieller seither vertretenen Grundsätzen nach keiner Richtung hin entsprechen." Zum Schluß weist der Verband darauf hin, daß die Vielgestaltigkeit der Organisationen dic Industrie zu einer gewissen Organisations müdigkeit geführt habe, welche durch die geplante Neugründung nur verstärkt werden würde. Ter Gesamtvorstand des Verbandes betont seine Bereitwilligkeit, an jedem Plan, der eine Einigung der deutschen Industrie verheiße, seinerseits mitzuarbeiten, glaubt aber nicht, daß durch den in Aussicht genommenen Bund dieses Ziel erreicht werden könne, und betont vor allen Dingen, daß für das Gebiet des Königreichs Sachsen, in welchem der Verband Sächsischer Industrieller im Lause seines Bestehens eine fast lückenlose Vertretung der sächsischen Industrie auf allen Gebieten erreicht habe, ein Bedürfnis nach einem neuen Zu sammenschluß der Arbeitgeber und der Industriellen nicht bestehe. Deutscher Reich. Leipzig, 29. April. * Das Kaiserpaar auf Korfu. Die kaiserliche Familie wird am Sonntag mit der „Hohenzollern" nach Santa Maura dampfen. Professor Doerpfelc-Athen hat auf Wunsch des Kaisers nochmals sich über Santa Maura als das eigentliche Ithaka geäußert. Gestern abend war der Konteradmiral v. Ziegler, sowie die Kommandanten der hier ankernden österreichischen Kriegsschiffe ins Achilleion zum Diner geladen, zum dem auch fast alle Offiziere der Schiffe Einladungen erhalten Hanen. Zu dem sich anschließenden Bierabend mit kinematographlschen Vor führungen hatten alle Offiziere des Geschwaders Einladungen erhalten. Beim Dejeuner im Achilleion waren außer dem Konsul Spenglm nnv seinen Söhnen auch der Kommandant deS griechischen Kriegsschiffes „Spezia" geladen, der neben dem Kaiser saß. Nachmittags spielte auf der Esplanade die Kapelle der „Hohenzollern" hauptsächlich deutsche Kompositionen. Ihr wurden von den Massen lebhafte Sympathie- kundgebungen zuteil. Der Kaiser und die Kaiserin machten gestern nachmittag «inen Ausflug in Automobilen nach LakoneS, oberhalb von Palaiokastiizza und nahmen dort den Tee. Zur Abendtafel im Achilleion war auch die Kronprinzessin von Griechenland geladen. * Tie Einweihung her HohköntgSbnrg wird, wie schon gemeldet, in feierlichster Weife unter Beisein des Kaisers am 13. Mai erfolgen. Zu der Feier wird der BundeSrat eine Deputation entsenden, welche aus dem Königlich Bayrischen Gesandten Grafen von Lerchen feld, dem Königlich Sächsischen Gesandten Grafen Vitzibum von Eckstävt, dem Großherzoglich Badischen Gesandten Grasen von Berckhcirn und dem Herzoglich Braunschweigischen Bevollmächtigte» Geheimrat Boden besteht. Vom Reichstag wird sich der Präsident Gras zu Stolberg-Wernigerode, der 1. Vizepräsident Geheimrat Dr. Paasche und der 2. Vizepräsident Stadtrat Kaemps zur Ein weihung begeben. Außerdem werden die beteiligten Reichsbehörden durch Delegierte vertreten sein. * Bülow unh «tolitti. In Venedig findet beute zwischen dem Fürsten Bülow und dem italienischen Ministerpräsidenten Giolitti eine Zusammenkunft statt. Wie üblich, wird von italienischer Seite erklärt, daß die Unterredung keinerlei politischen Charakter haben Werre. — Präsident Giolitti erklärte in einem Interview, er sei nach langer anstrengender Arbeit so ruhebevürftig gewesen, daß er einen g meinsam- n Freund beauftragt hatte, ihn beim Fürsten Bülow zu enischulrigen, wc l Feuilleton. Gleichzeitig weise sein und lieben vermag kein Mensch. Shakespeare. * Die nordische Schopsnngrsage. Von Prof. Svante Arrhenius (Stockholm.) Die nordische Sage knüpft an die gewöhnliche Auffassung von der Erschaffung der Welt aus den Gliedern eines toten Körpers an. Ein Gott, Wotan (dem chaldäischen Marduk entsprechend), tötet den Riesen Urner (entspricht Tiamat) und erschafft aus dessen Körper Himmel und Erde, aus dessen Blut das Weltmeer. Aber hier hat der Nord länder eine originelle Aenderung gemacht. Urners Glieder mußten erst zu Staub zermahlen werden, eheste als Träger lebender Wesen dienen konnten. Zu diesem Zwecke wurde die Grottenmühle gebaut, vom Wasser aus der Kältequelle getrieben, das durch eine Rinne in den Ozcan ab laufen konnte. Das ist deutlich eine poetische Umschreibung der Ver- Witterung, durch welche die festen Gesteine mit Hilfe des Wassers zu Erde zerrieben werden. Die große Riesenmühle diente auch dazu, das Himmelsgewölbe mit seinen Fixsternen zu drehen. Wie in der babylonischen Sage ein Meeresungeheuer, Oannes, mit Fischkörper, aber menschlichem Kopf, Armen und Füßen, den Wellen entstieg, die Menschen alle Arten Künste und Wissenschaften lehrte und dann wieder in der Tiefe verschwand, so kam der wunder bar schöne Jeuergott Heimdall, den die Funken aus den Steinen der Riesenmühle gebaren, in Gestalt eines zarten, hellockigen Jünglings, in einem Boot zu den Menschen gefahren, um ihnen die Segnungen der Zivilisation zu bringen. In dem Boote brachte er eine Gctreidegarbe, allerlei Werkzeug und Waffen. Er wuchs heran, wurde der Menschen Häuptling, gab ihnen mit seinem Feuerbohrer das Feuer, lehrte sie die verschiedenen Runen und Künste, wie Ackerbau, Viehzucht, Schmiede- kunst und andere Handwerke, Brotbacken und Baukunst, sowie Jagd und Verteidigungskunst. Er gründete die Ehe, den Staat und den religi ösen Kultus. Als sich Heimdall nach einer langen und weisen Regierung eines Wintertags zur ewigen Ruhe niederlegte, fand man am Strand dasselbe Boot, das ihn zu den Menschen geführt hatte. Heimdalls Don Svante Arrhenius, dem berühmten schwedischen Gelehrten, von dem wir schon kürzlich einen Beitrag brachten, erscheint in den nächsten Tagen als nen« Folge seines letzten Werke« „Das Werden der Welten" bei der Akademischen l crlagSgeselkschast in Leipzig ein zweiter Band: „Die Vorstellung vom Weltgcbäiide >m Wandel der gelten". — Wir sind bereit« heute in der Lage, vorstehendes Kapitel aus dem Werke zu verSffentlichen, ans das wir gelegentlich noch zurüekkommen. Leiche wurde von den dankbaren Menschen in das mit den Blumen des 1 Rauhfrostcs geschmückte Boot gelegt, das sie mit kostbaren Schmiede- , arbeiten und Geschmeide anfülltcn. Es schoß hinaus ins Meer, von unsichtbaren Rudern gleich wie bei seiner Ankunft getrieben, und ver schwand am Horizont, wo Heimdall in die Götterwohnungen ausgenom men wurde und in Gestalt eines strahlenden Götterjünglings wieder auslebte. Als Häuptling der Menschen folgte ihm sein Sohn, Sköld- Borger. Während Sköld-Borgers Zeit hatte sich die Welt sehr verschlechtert, und gegen Ende derselben trat Balders, des Lichtgottes, Tod ein. Darauf kam der schreckliche Fimbul-Wintcr, als dic Gletscher und Eis felder das bis dahin bewohnte Land bedeckten, und die Ernten in dem eisfreien Teil immer schwächer wurden. Hungersnot herrschte und ver leitete die Menschen zu den furchtbarsten Verbrechen. Es war das Zeitalter angebrochen, welches man mit „Sturmzeit, Axt- und Messer- zeit" bezeichnete, und mit dem Schwert in der Hand verdrängten die Nordländer ihre Stammverwandten aus deren Wohnplätzen, so daß diese sich weiter südlich neue suchen mußten. Nach einer gewissen Zeit verschwand der Jimbul-Winter mit seinem Eis. Man sieht, daß diese Sage in anschaulicher Weise eine starke Klima verschlechterung mit daraus folgender Vereisung des Landes und AuS- Wanderung seiner Bewohner beschreibt. Kein Wunder daher, daß die Nordländer glaubten, ein neuer Fimbulwinter würde den Weltunter gang, Ragnarök, herbeiführen. Bei seinem Herannahen würde der un sichere Zustand der Gesetzlosigkeit zurückkehren. Die Riesen aus Frost land würden gegen die Götterwohnungen anstürmen, die Menschen vor Kälte, Hunger, Seuchen und Streit sterben. Die Sonne würde zwar denselben Dogen am Himmel beschreiben, ihr Glanz ober immer schwächer werden. Im ausbrechenden Streite zwischen den Riesen und den Göttern würden diese in Massen fallen, selbst der Feuergott Heimdall würde tödlich verwundet werden. Dann würde auch die Sonne erlöschen, das Himmelsgewölbe sich spalten, das Gebirge, das die Feuer der Tiefe gefesselt hält, bersten, und die Flammen das Schlachtfeld um zingeln. Aus dem Weltenbrand würde eine neue und bessere, mit herr lichem Grün bedeckte Erde hervorgehen. Hoddminnes Hain bei Mimes Brunn würde vom Welteubrand nicht betroffen werden, und in seinen Schutz würden sich, einige Götter und das Menschenpaar Leifthraser und Lif retten. Diese kehrten dann zur Erde zurück. Eine neue glücklichere, sorgenfreie Zeit, da die unbearbeitete Erde herrliche Ernten trägt, würde beginnen. Diese bemerkenswerte Sage, auf die wohl Erzählungen der klassi schen Antike und des Christentums eingcwirkt haben mögen, entsprich« ganz den modernen Vorstellungen vom langsamen Erlöschen der Sonne und daraus folgendem Abnehmen des Erdenlebcns. Tic Sonne idie Götter) wird dann zusammenstoßen mit der Welt der Kälte (den Riesen), dem Weltnebel und den darin eingeschlossenen erloschenen Sonnen. Beim Zusammenstoß werden die von der festen Erdrinde eingeschlossenen Flammen ausbrcchen und die Erde verheeren. Aber nach einiger Zeit wird sich eine neue Erde bilden, und daS Leben (die Götter) wird von dem unsterblichen Baum Uggdrasil im Weltraum wieder zur Erde wandern. Die wunderbar schöne und wahre Weltsagc der Edda übertrifft alles weit, was in der gleichen Richtung von andern Naturvölkern hervor- gebracht wurde. Es ist ja zweifellos, daß, wie die schöne Heimdallsagc andcutet, die erste Zivilisation und damit auch die ursprünglichen Be- standteile der Schöpfungssage aus fremdem Lande, wahrscheinlich vom Morgenlande, über bas Meer gekommen sind. Aber keine einzige Schöpsungssage zeigt auch nur annähernd eine so getreue Natur auffassung wie die nordische- O * Berliner Theater. Unser Berliner Korrespondent schreibt uns unterm 28. d. M.: Man wacht schon Sommer an unfern Bühnen: macht Platz für Gastspiele fremder Theater. So sind jetzt die Holländer im Hebbeltbeater ein gezogen und bei Kroll, der Dependance des Königl. Opernhauses, tritt Mounet- Sally auf, den man den größten Tragöden Frankreichs nennt. Aber Holländer wie Franzosen baben hier wenig Publikum, und es scheint, alS ob sie das Pech hätten, für die Presse allein zu spielen. Die „Nederlandiche Tooneelvereenigung" überraschte uns gleich am ersten Abend sehr angenehm. ES ist ein gut ein- gedrilltes Ensemble, daS seine „Heimatskunst" — sie spielten zuerst die „Hoff nung auf Segen" von HeijermanS — mit prachtvoller Echtheit beherrscht. Man könnte da wohl Vergleiche ziehen, ob Brahm diesen HeijermanS einst intelligenter gebracht hat, ob die Lehmann alS Jo drastischer und komischer war alS Minna van der Horst usw. Dies scheint uns aber in diesem Falle ein Experiment, um io mehr, als uns viel von der Sprache, in der die Leute sprechen, verloren geht. Manches freilich verstehen wir, manches. daS unser Platt herausbelchwört, manches wieder ist so herb, daß eS unS abstößt. Dafür entschädigt daS feine Mienenspiel dieser Mimen, die das Leben ihrer Heimat so darstellen, wie eS dort pulst und die ihren Dichter verdolmetschen, wie er eS wünscht. Minna van der Horst und Esther de Boer ragen aus der Truppe hervor. Bon den Männern scheinen uns Jan Muich und Adrian van der Horst alS die begabtesten. Und die Regie der Holländer arbeitet mit künstlerischem Empfinden. So haben sie ihren alten HeijermanS am ersten Abend zum Siege gesüdrt. Der zweite Abend hingegen enttäuschte. Sie gaben wiederum HeijermanS, ein Stück. daS wir nicht kannten: ,,Das siebente Gebot". Ein Studentrndrama. Der BauerSsobn Peter Todbe hat sich in Amsterdam in ein Straßenmädel verliebt Lotte weiß tbm nachzu gehen, weiß ihn zu versieben und wird durch ihn ein« andere. Darum will er, der Student, nicht von ihr lassen, obgleich die Ellern sich von ibm abwenden. Selbst sein Tod kann sie mit ihm und seiner Lotte nicht versöhnen ... D-eieS Stück zahlt zu den schwäbsten und nachempfundensten Dramen de- holländischen HeimalSkünstlerS. Aber die Kleinmalrrei, die HeijermanS auch hier glücklich an wendet. kam bei dem Gastspiel der Niederländer zu guter Wirkung ... Und während Hestermans' Freunde am dritte» Abend deS Gastspiels den klaisischslcn Klasiiker Frankreichs, Moliäre, zu spielen versuchten — »S blieb, wie veisichert wird, wirklich nur bei dem Versuch — erschien der klassische Vertreter der Comödie sr'nyaise, Mounet-Sallv, tri Kroll zum ersten Male in der MaSke deS OrdipuS. Es war rin kleiner Mißerfolg. Dena was unS der Pariser Tragösirnspieler arstein gezeigt bat, ist nicht- als die große Geste, nicht- al- da» palbetische Wort. Er zeigte nns damit allerdings den Stil der Eowödie sraneaise, den er, Mounet-Sallp, sicherlich erhabener al- jeder andere seiner Kollegen meistert, dieser Stil aber ist verstaubt, verwelkt, verdorrt, ist alle» eher al- gute hochzujchätzende
- Aktuelle Seite (TXT)
- METS Datei (XML)
- IIIF Manifest (JSON)
Erste Seite
10 Seiten zurück
Vorherige Seite