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ibtik > -bemn>f iöO. 30. druff. Hin »er. WMMtcklff Beilage zu No. 50. ' Freitag, den 24. Juni 1887. Zirm Tage St. Johannis. rkv t) steh-» rstraße. ofortizk» ^MiLa' rmmer», chlocalil beziehet rmstr. - an ei» '. 50 A druff. uff I' de» >en so5 eder B lei. n sr«. n, iao ,g«» Iiol eeledk 4)60«» vlose» Laß nicht umsonst der Gärten Blumen blühen. Sie pflücken und sie winden sich so leicht, Und all' die Pracht, die ihre Farben glühen, Eh' wir es ahnen, ist sie hingebleicht. Pflück' sie der Mutter für die frohe Stunde, Die einst zu diesem Leben sie gebar; Pflück' sie der Lust in deiner Freunde Rund--, Pflück' sie der Seligkeit am Traualtar. Doch pflücke sie den Wunden auch zur Labe, Die kalt und rauh die Hand des Schicksals schlug; Pflück' sie zu Dank den Lieben auch im Grabe, Die man hinaus dir auf der Bahre trug. Der Tag hat seinen Gruß uns neu geboten, Den frommer Sinn und stille Traurigkeit Zum heil'gen Blumenseste unsrer Todten Und ihrer Schlummerstätten längst geweiht. Die Geister schauen nieder aus den Höhen, Sie schau'n die Kränze, die die Liebe flicht. So laß in deinen Blumen auch es sehen: Den ich begrub, du bist vergessen nicht! Zum Johanmsfest. Es ist Sitte geworden, am Johannistag die Gräber zu schmücken und dabei derer zu gedenken, die in den Gräbern ruhen. Eigentlich ist iu das Todtenfest am Schluß des Kirchenjahres der Tag, an welchem man U der Abgeschiedenen erinnert. Es könnte also scheinen, als ob das Todtenfest durch die neuere Sitte etwas in den Schatten gestellt würde. Min dem ist nicht so. Das Todtenfest behält seine volle hohe Bedeutung, M an das Ende aller Dinge, an den Tod und das Gericht zu erinnern. Daß man in der schönsten Zeit des Jahres, wo der Blüthenflor im Garten Auge und das Herz des Menschen erquickt, hin an das Grab tritt, fUn einen Blumenkranz auf den Rasenhügel zu legen, das entspricht einem »Wersten Bedürfniß des Menschenherzens. Es fühlt sich gedrungen, der ^»be, welche nimmer aufhört, einen Ausdruck zu geben. Es hält den swmal geschloffenen Bund der Liebe aufrecht, auch über Grab und Tod Maus und zum Zeichen dieser Treue legt die Hand ein Zeichen der Liebe auf das Grab. Warum hat man aber gerade den Johannistag ge höhlt, dieser Liebe zu den Todten Ausdruck zu geben? Wir glauben W zu irren, wenn wir sagen, daß sich in dieser Wahl die innige tiefe Liebe unsers Volkes zum Christsnthum kundgiebt. Johannes der Täufer »»es hin auf Christum mit den Worten: Siehe, das ist Gottes Lamm, der Welt Sünde trägt. Er wies also hin auf die ewige Liebe, die A am Kreuz zu Tode bluten wollte, um die Welt vom Tod zu erlösen. Mch ein Trost am Grabe, wenn der weinende trauernde Christ diese ^>ge Gottesliebe vor Augen hat! Wie fühlt sich das zerschlagene ver wundete Herz so erquickt, wenn es auf den sieht, der dem Tode die Macht ^Wommen und das Leben und unvergängliches Wesen ans Licht gebracht M, der von sich gesagt: Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer M mich glaubt, der wird leben, ob er gleich stürbe, ja wer da lebt und klaubt an m ch, der wird nimmermehr sterben! Wie erscheint bei solchem Aufblick auf Ihn, den Todesüberwinder, das kalte dunkle Grab in einem !° ganz andern Lichte, als wenn man glaubens- und hoffnungslos nur w die Leere starrt! Wie erscheint uns beim Blick auf den, von dem 3,»Hannes der Täufer redet, das Grab so lieblich und traulich, als ein Mes Ruhekämmerlein, aus welchem am großen Tag des Herrn hervor- kchen soll ein verklärter geistlicher Leib, wie der Apostel sagt: es wird gesäet verweslich und wird auferstehen unverweslich, cs wird gesäet in Un- Hre und wird auferstehen in Herrlichkeit, es wird gesäet in Schwachheit Md wird auserstehen in Kraft, es wird gesäet ein natürlicher Leib und Wird austrstehen ein geistlicher Leib. Unser christliches Volk hat das Be- ^ürsniß gefühlt, in der Blüthezeit des Jahres die Gräber mit Blumen )»schmücken, und in dem Bedürfniß, zugleich auch einen Trost am Grabe j» findens hat es den Tag ausgewählt, der in dieser Zeit wirklich von Trostgedanken überfließt, den Tag Johannis des Täufers. Daneben frei- »ch dürfen wir nicht übersehen, daß dieser Tag uns auch neben dem Trost Me recht ernste herzerschütternde Mahnung giebt. Johannes der Täufer M auch, und das vor Allem, zur inneren Herzensumkehr ermahnt, denn ward nicht müde zu rufen: Thut Buße, denn das Himmelreich ist »ahe herbeigekommen. Diese Mahnung paßt so recht ans Grab, an dem wir trauernd stehen. Denn das Grab erinnert uns mit gewaltiger Stimme M unser eignes Ende. Das Grab erinnert uns an das inhaltsschwere ^ort: es ist dem Menschen gesetzt, einmal zu sterben, darnach das Ge- Mt. Das Grab erinnert uns auch an die Ungewißheit der Stunde un- sires Sterbens, denn in den meisten Fällen sind wohl diejenigen, welche wir betrauern, uns selbst unerwartet entrissen worden. Gehen wir diesen "Mm Mahnungen, die der Johannistag und das an diesem Tag ^schmückte Grab uns in die Seele Hineinrufen, ja nicht etwa gleichgültig M leichtsinnig aus dem Wege. Wir würden es sonst nach dem Tode chwer bereuen. Denn nach dem Tode ists zu spät, umzukehren auf den Ichmalen Wege der Buße und des Glaubens. Was der Mensch säet, das Wird er ernten. Wer auf sein Fleisch säet, der wird vom Fleisch das °wige Verderben ernten, wer aber auf den Geist säet, der wird vom Geist ewige Leben ernten. In diesem Sinne wollen wir Johannesfest feiern, !» diesem Sinne möge die Sitte, die Gräber zu schmücken, eine christliche Mlkssitte sein und bleiben! Entdeckt. Eine Kriminalgeschichte von Ludwig Habicht. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung und Schluß.) Der Bankier war überzeugt, daß sein treuer Diener beraubt und er werbet worden sei, obwohl man aller Nachforschungen ungeachtet, seine Reiche nicht finden konnte. Die Nummern der Hundertthaler-Banknoten wurden in allen öffentlichen Blättern bekannt gemacht und vor dem An kauf derselben gewarnt; aber es vergingen zwei Jahre und niemals war wieder eine dieser Banknoten im öffentlichen Verkehr aufgetaucht. Trotzdem hatte die Polizei und besonders Lieutenant Heinrich, dem dieser Fall anvertraut worden, den Verdacht geschöpft, daß die ganze Er ¬ mordungsgeschichte des Pätz nur eine künstlich inszenirte Spiegelfechterei sei, und daß derselbe sich vielmehr wohl und munter mit seiner Beute ir gendwo versteckt halte und nur den günstigen Augenblick abwarte, um die Banknoten wieder in Kurs zu setzen. — Und jetzt hatte der schlaue Pa tron dasselbe Kunststück wiederholt, um jede Spur von sich abzulenken, nachdem er endlich gewagt, einen Theil seiner damaligen Beute wieder aus zugeben. Deshalb hatte Pätz es vorgezogen, an ein und demselben Tage nur in seinen unterschlagenen Banknoten auszuzahlen, um eine beträcht liche Summe in anderem Gelde zurückzuerhalten. Er konnte darauf rechnen, daß in der kleinen Stadt die Nummern der Banknoten n'cht bekannt waren, und ehe dies Geld in andere Kreise drang, war er längst verschwunden. Er hatte die Anzeichen eines Einbruchs und Mordes in seinem Hause künstlich hervorzurufen versucht und trug noch eine unbedeutende, nicht ganz geheilte Wunde am Bein, mittelst derselben er die verschiedenen Blutflecken hergestellt hatte. Auch den Schlüssel vom Geldkasten trug er noch bei sich, da er im Gefühle vollster Sicherheit denselben zu entfernen vergessen hatte. Er war dann Wohlgemuth nach Köln gereist, vielleicht um dort den Rest seiner Beute in Kurs zu setzen und dann sofort Deutschland zu verlassen. Der Diebstahl Förster's machte dem ehemaligen Kassendiener einen Strich durch die Rechnung und führte zu seiner eigenen Entdeckung, und so hatte ein Schurke den anderen in die Grube gebracht. Die beiden sauberm Gesellen wurden zu mehrjähriger Zuchthausstrafe verurtheilt. Wie aber war College Heinrich so rasch dahinter gekommen, daß die ganze Mordaffaire nur auf einer schändlichen Täuschung beruhe? Das blieb dem Polizei-Inspektor noch lange ein Gehcimniß; da wurde ihm plötzlich eine bessere Stellung in der Hauptstadt angeboten, er nahm sie mit Freuden an und erfuhr zu seiner großen Verwunderung, daß eben sein schweigsamer College Heinrich ihn als eifrigen und brauchbaren Beamten empfohlen habe. Kaum nach der Hauptstadt übergesiedelt, hielt es Schulze für seine Pflicht, dem kleinen Manne seinen Dank abzustatten, der sich also liebens würdiger erwiesen, als er sich damals gezeigt hatte. Die beiden Kollegen wurden im Laufe der Zeit gute Freunde, und nun erfuhr der Polizei- Inspektor auch gelegentlich, warum sich der Andere an jenem Tage so wunderlich benommen habe. „Ich bemerkte zuerst," berichtete Heinrich, „daß die von Förster ver ausgabten Banknoten in dem Verzeichnisse der seiner Zeit von Pätz ge stohlenen figurirten, was ich ja noch aufbewahrte und in ähnlichen Fällen stets nochmals durchsah. Das erregte zuerst meinen Verdacht, und als ich nun mit meinem Gefangenen in Ihre damalige Heimath kam und von dem Morde hörte, gewann ich die Ueberzeugung, daß hier Niemand anders als jener Pätz die Hand im Spiele gehabt haben könne, und ich begriff bald, daß der schlaue Patron sein damaliges Manöver wiederholt habe und unter den gleichen Umständen mit dem Rest seines Geldes verschwunden sei. Alles, was ich an dem Orte der That sah, bestätigte meine Vermuthung. Die Stühle waren mir zu sorgfältig umgeworfen, das Bett, ich möchte sagen, zu künstlich mit Blut besudelt und gerade die Innenseite der Bett decke war rein. Wenn aber der Mann wirklich im Schlafe ermordet worden war, dann hätte gerade das Innere des Bettes die meisten Blutflecke er halten müssen. Der Geldkasten war nicht erbrochen und doch steckte kein schlüssel darin und dann — die Abdrücke der Stiefel! Ich erinnerte mich noch ganz genau der Stiefel des Kassendicners, die damals in dessen Woh nung besichtigt wurden, und wenn ich mich nicht sehr täuschte, mußten dieselben weit eher in die Stiefelabdrücke passen, die Sie mir im Garten zeigten, als die Försters, der einen viel größeren, plumperen Fuß hatte. Das Alles zusammen ließ mich keinen Augenblick im Zweifel, daß der Krämer die Wahrheit gesagt und die Banknoten nur gestohlen, aber keinen Mord begangen habe, und daß der Herr v. Pätzoldt kein Anderer sei, als der ehemalige Kassenbote Pätz." Der Polizei-Inspektor schlug sich vor die Stime. „Und ich Thor ließ mich so gröblich täuschen!" „Ich würde an Ihrer Stelle vielleicht nicht anders gedacht und ge handelt haben," entgegnete Heinrich. „Sie kannten ja nicht die Vorgeschichte." „Und da Sie den Schwindel durchschauten, fuhren Sie sogleich auf die nächste Station, um den Schurken zu ermitteln?!" fragte Schulze lebhaft. „Sie haben es errathen. Ich konnte voraussetzen, daß der geriebene Bursche nicht den Bahnhof Ihrer Stadt benutzen würde. Auf der nächsten Station erfuhr ich wirklich, daß der Mensch, den ich beschrieb, ein Billet nach Köln gelöst habe. Nun war es leicht, den Patton zu verfolgen und verhaften zu lassen." „Ich bewundere Ihren Scharfsinn und ich sehe schon, daß ich von Ihnen noch Vieles zu erlernen habe," erklärte Schulze offenherzig, indem er seinem Collegen die Hand schüttelte. Er suchte diesem nach Möglichkeit nachzueifern und bald gehörte der ehemalige Polizei-Inspektor des kleinen Ortes zu den tüchtigsten Beamten der Hauptstadt. Die beiden Männer blieben seitdem eng befreundet und durch ihr gemeinsames Wirken wurde noch mancher verschmitzte Verbrecher entdeckt und der gerechten Strafe überliefert.