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bei Lebzeiten den Grund zu einer ähnlichen Anstalt in Rom legen, die jetzt in der Ausführung begriffen ist. In Genua trägt ein Krankenhaus für 300 Betten den Namen der Verstorbenen, in einer französischen Stadt errichtete sie ein Hospiz für 200 Greise, die dort ihren Lebensabend in Zufriedenheit verbringen sollen. Besondere Fürsorge wandte die Herzogin den Kindern der Armen zu; wo immer sie selbst ihren Aufenthalt nahm, da sollten auch die armen Kinder ein Asyl besitzen. In den französischen Blättern wird eine ganze Reihe von solchen Erzichungs- und Waisen häusern, welche die Herzogin von Galliera in den verschiedensten Orten stiftete, aufgezählt, zu denen auch noch Zufluchtsstätten für Lehrer hinzu treten, die den Hülfsbedürftigen dieses Standes nach dem Willen der Ver storbenen Sicherheit bieten sollen. Es begreift sich, daß diese Stiftungen und Bauten allein mehr als hundert Millionen in Anspruch nehmen konnten. Man hat es getadelt, daß die Herzogin alle diese Gebäude im größten, monumentalsten Stile ausführen ließ. Hat aber nur der Reich thum ein Recht auf schöne Gebäude? Darf es, so fragt man mit Grund, nicht auch Paläste der Armuth und des Mitleids geben? — Das ist die Frau, welche die Kaiserin Friedrich zu ihrer Testamentsvollstreckerin bestellt haben soll. Erst im Zusammenhänge mit ihrem Wirken bei Lebzeiten wird die Bedeutung dieses Aktes klar. Welche andere Frau stände inner lich diesen Werken so nahe, wie die schwer geprüfte kaiserliche Wittwe, deren Leben so reich an ähnlichen Werken der Barmherzigkeit ist, wenn ihr auch nicht die Mittel dazu in dem Maße zur Verfügung standen, wie der Herzogin von Galliera. Ueber den der Kaiserin Friedrich zugefallenen Antheil an dem hinterlassenen Vermögen der Verstorbenen ist Sicheres noch nicht bekannt; auch würde die Annahme einer solchen Erbschaft viel leicht von der Zustimmung des Kaisers abhängig sein. Immerhin wird man in Deutschland mit Interesse von einem Vorgänge Kenntniß nehmen, der zwei in dem edelsten Thun innerlich verbundene Frauen in höchster Lebensstellung in eine forterbende Verbindung setzt. Die Meldungen über das Zusammentreffen Emin Pascha's mit Stanley werden überall mit großer Vorsicht ausgenommen. Man erwartet mit Ungeduld neuere Nachrichten, um sich über die Lage Klarheit zu verschaffen. Im Allgemeinen hält man die bisherigen Meldungen für nicht völlig beglaubigt und findet sie nur dann erklärbar, wenn man an nimmt, daß Emin Pascha die Aequatorialprovinz längst verlassen hat und Stanley in der Richtung nach Süden oder nach Westen entgcgengezogen ist, so daß es auf diese Weise zu einer Vereinigung gekommen. Zn Brüssel hofft man, daß, wenn eine Vereinigung Emin's und Stanley's wirklich stattgefunden hat, Beide über den Aruwhimi durch das Kongogebiet nach Europa zurückkehren. Vaterländisches. — Burkhardswalde. Am 24. Dezember waren es 50 Zahre, daß unser Altmeister Papa Lippert in hiesige Gemeinde seinen Einzug gehalten hatte. Dieses seltene Ereigniß, 50 Zahre Gemeindemitglied zu sein, gab Veranlassung, daß in den Abendstunden des 24. Dezember der hiesige Gemeinderath und der Männergesangverein ssich in die Wohnung des Jubilars begaben. Nach dem Vortrag des Liedes „Brüder reicht die Hand zum Bunde" beglückwünschte der Herr Gemeindevorstand Obendorfer den Jubilar Namens des Gemeinderathes und der ganzen Gemeinde in einer Ansprache. Der Herr Jubilar dankte hocherfreut, nahm hierauf die Glück wünsche aller Anwesenden entgegen und wurde nach dem Gasthofe geleitet, wo demselben nach einer Ansprache des Herrn Cantor Lehmann, vom Gasthofsbesitzer Fritzsche ein Stammglas verehrt wurde. Eine Stunde fröhlichen Beisammenseins bildete den Schluß dieser seltenen Feier. — In kurzer Zeit wird im Deutschen Reiche das Alter von 11 Millionen Menschen, die den ärmeren Ständen angehören, auf gesetzge berischem Wege gegen Armuth und drückende Nahrungssorgen geschützt werden. Durch das Reichsgesetz über die Alters- unt Invalidenversicher ung der Arbeiter wird jedoch ein ansehnlicher Theil der wenig bemittelten Berölkerung nicht betroffen, und zwar alle die kleineren Beamten, Gewerbe treibenden, Handlungsgehilfen u. s. f., die von ihrem in der Kraft ihrer Jahre verdienten Wochen- und Monatslohne mancherlei Ersparnisse machen, um in dem höheren Alter, wo ihnen das Arbeiten sauer wird, davon zu zahlen, oder um ihren Angehörigen ein sorgenfreies Leben für die Zeit zu verschaffen, wo sie selbst nichts mehr verdienen können. Zur sicheren und im Alter zinsentragenden Anlegung derartiger Ersparnisse im König reiche Sachsen die Königlich Sächsische Altersrentenbank zu Dresden, (Landhaus, König Johannstraße), welche bei ihrer vollen Staatsbürgschaft neben dauerndem unbeschränkten Kapitalvorbehalt und neben der Annahme von Beträgen, die in beliebiger Zeit und von 1 Mark an aufwärts in beliebiger Höhe eingezahlt werden können, die denkbar möglichste Sicherheit bietet. Möchte das herrliche Weihnachtsfest nicht vorübergeben, ohne daß Eltern für ihre Kinder, Dienstherren für ihre Dienstboten durch Schenkung eines Altersrentenbuches den Grund zu einem leicht erträglichen Alter legen. — Einem Bankier in Dresden ist es kürzlich möglich gewesen, zur Aufklärung eines Justizirrthums, welcher einer unschuldigen Frau eineinhalb Jahr ihrer Freiheit gekostet hat, das nöthige Material zu liefern, so daß die unschuldige Frau nunmehr das Gefängniß hat verlassen dürfen. Der Sachverhalt steht so: In Breslau starb 1886 der Rentier Kästner. Zn seinem Nachlasse fehlt eine Anzahl vberschlesischer Prioritäten. Der Nach laßpfleger, Kaufmann Karl Rentsch in Breslau, beschuldigte die seit 40 Jahren im Dienste Kästners stehende Wirthschasterin Schimmel des Dieb stahls. Sie wurde verhaftet und „überführt." Die Kästnerschen Erben hielten die Frau für nicht schuldig, sic erließ einen Aufruf nach den in Verlust gcrathenen Papieren. Den Aufruf las ein Dresdner Bankier und erinnerte sich, am 22. Juni einen Theil der Papiere von einem Herrn gekauft zu haben. Desgleichen erinnerte sich dessen ein Berliner Bank geschäftsbesitzer. Sie meldeten sich und rekognoszirten als Verkäufer der Papiere den sauberen Nachlaßverwalter. Derselbe wurde verhaftet, die Schimmel, nachdem sie 1 Jahr in Untersuchung, 8 Monate in Straf haft gesessen, der Haft entlassen. Am 14. d. M. fand die Verhandlung gegen R. vor der Breslauer Strafkammer statt. Er wurde vollständig überführt und zu dreijährigem Gefängniß und fünfjährigem Ehrcnverlust verurthcilt. Daß die rehabilitirte Frau von heißem Dankgefühl für den Dresdner Bankier erfüllt ist, welchem sie besonders die Wiederherstellung ihrer Ehre und ihrer Freiheit zu verdanken hat, erscheint begreiflich. — Beim Stadtrath in Meißen hat sich eine auswärtige Firma um Concession zum Baue und Betrieb einer Straßenbahn beworben. Dieselbe soll in der Nähe der Jutespinnerei beginnen, die Thalstraße herein über die Neugasse, Roßplatz, Fleischergasse, Markt, Elbgasse, alte Brücke gehen, über die Bahnhofs- und Dresdner Straße in Cölln führen und auf letzterer ungefähr bei der Sächsischen Oefenfabrik endigen. Die Stadt behörde soll dem Projekte an sich nicht unsympathisch gegenüberstehen. — Auf einem Rittergute in der Nähe von Plauen hat sich ein schweres Unglück ereignet. Das 2jährige hübsche Töchterchen der Ritterguts familie begab sich am 21. d. M. in die Küche, griff nach einem auf einer Erhöhung stehenden Topfe mit kochendem Wasser, warf dadurch den Topf um und begoß sich mit dem heißen Inhalt; an den hierdurch erlittenen schweren Brandwunden ist das Kind verstorben. Auf sicherer Fährte. Criminal-Roman von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Fortsetzung.) Der kleine Sauer schritt, um Entschuldigung bittend, voran und bald saßen die beiden Herren sich ungestört gegenüber. „Ich komme soeben von S., begann der Staatsanwalt ohne Umschweife, „habe dort mit einem gewissen Newman conferirt. Sie können den Mann seit heute, Herr Notar?" „Jawohl, erhielt ein Telegramm, welches mich dorthin berief. Sie wissen also, worum es sich handelt, Herr Staatsanwalt?" „Allerdings, um ein höchst bedenkliches Document, welches ein schwer wiegendes Zeugniß enthält. Der verhaftete Amerikaner, welcher sich Dr. Stevenson nennt —" „Sie glauben nicht an seine Identität?" fragte der Notar überrascht. „Mein bester Herr Doctor, der Zweifel ist unter solchen Umständen stets geboten." „Das wohl, Herr Staatsanwalt, doch hat ihn einer der geachtetsten Männer dieser Stadt, Herr Commerzienrath Hilberg, empfohlen, und ihn gleichsam mit seinem Namen gedeckt. Ich sprach noch gestern Abend mit ihm darüber, er war außer sich über die Verhaftung jenes Herrn Steven son, da derselbe Empfehlungen von dem größten Bankhause New-Dorts bei sich führe." „Nun ja, das kann Alles wahr sein," sprach der Staatsanwalt achsel zuckend, „seine Verhaftung kann ein Jrrthum sein, aber ein sehr berech tigter, wie Dr. Stevenson selber cinräumt. Er begleitete mich nach S., sein angeblicher Detectiv, —Sie sehen, mir fehlen die Beweise, da Papiere, Empfehlungen und dergleichen sich aneignen und auch anfertigen lassen, Alles schon dagewesen, — also dieser angebliche Detectiv, welcher die erste Pflicht eines solchen, die verdächtige Vorsicht unverantwortlich außer Acht gelassen, und deshalb zur ungelegenen Zeit fest liegen muß, hat Ihnen das Zeugniß eines tyroler Bauernburschen gegeben. Ich darf mir das selbe wohl eben mal zur Ansicht ausbitten, Herr Notar!" Dieser rückte verlegen an seiner Brille herum, räusperte sich eine Weile und versetzte dann zögernd: „Als könglich beeidigter Notar bin ich verflichtet, mir anvertraute Geheimnisse —" „Bah, Sie sind doch kein Beichtiger," unterbrach ihn der Staatsan walt ungeduldig. „Auch haben wir's nicht mit einem Testament zu thun. Ich weiß Alles, was Sie mir entgegnen wollen, mein bester Notar! — Sie sollen das Stück Papier, denn weiter ist es in meinen Augen noch nichts, nur in die Hände des Dr. Stevenson legen, respective sich von diesem Ihre Instruction holen. Ist es nicht so?" „Freilich, freilich, Herr Staatsanwalt!" erwiderte Sauer sichtlich er- leichert, „Sie kennen somit meine Verpflichtung." „Ja, ich hätte den Amerikaner hierher mitnehmen können, wenn ich nicht einestheils das Aufsehen gefürchtet und anderntheils auch nicht den Wunsch gehegt hätte, das curiose Ding erst selbst einmal unter die Loupe zu nehmen. — Daß Sie es Niemand zeigen wollen, haben Sie doch dem Mr. Newman nicht versprochen, — ich habe die ganze Geschichte ja be reits aus seinem eigenen Munde angehört." „Sie glauben nicht daran, Herr Staatsanwalt?" „Bis jetzt noch nicht, dazu müßte noch ein stärkerer Beweis kommen, als dieses Zeugniß." „Es ist von dem Pfarrer jenes Ortes unterzeichnet," bemerkte der Notar. „Der Pfarrer kann nur bestätigen, daß der Bursche die Geschichte in seiner Gegenwart erzählt habe. — Doch gleichviel, der Saatsanwalt ersucht Sie jetzt im Namen des Gesetzes um die Durchsicht des Papieres, Herr Notar!" setzte er im nachdrücklichsten Tone hinzu. Schweigend schloß Sauer jetzt seinen Schreibtisch auf, um aus einem geheimen Fache das Document zu nehmen und es dem Beamten zu über reichen. Dieser überflog es aufmerksam, las es dann noch einmal prüfend durch und gab es dem Notar zurück. Er schien doch ziemlich nachdenklich geworden zu sein. „Was halten Sie von diesem Herrn von Santen?" fragte er plötzlich aufblickend. „Hm, habe nie etwas Schlimmes von ihm gesehen oder gehört, son dern ihn stets für einen ehrenwerthen Charakter, fein gebildeten Kavalier und zärtlichen Gatten gehalten. Hierüber, glaub' ich giebt's nur eine Stimme in X." Der Staatsanwalt nickte erregt. „Habe in der That auch nur Gutes über ihn vernommen, weshalb dieser Zwischenfall uns plötzlich lahm zu legen droht. Können Sie mir etwas über seine Vergangenheit, Herkunft rc. mittheilen?" Der Notar zuckte etwas betroffen die Schultern. „Seine Papiere nannten als Geburtsort Luxemburg, wo die Familie einst begütert gewesen, es ist Alles in Ordnung befunden worden, da man ihm andernfalls auf dem Standesamt die Trauung verweigert hätte." „Das ist richtig, aber Papiere, mein bester Herr Notar, sind zu fälschen, zu entwenden, durch Geld einzutauschen, wir haben dergleichen nur zu häufig zu verzeichnen, und es ist etwas ganz Alltägliches in der Verbrecher welt. Ich will damit keineswegs behaupten, daß es ist, nur, daß es sein sein kann. Weiter wissen Sie nichts von ihm?" „Nein, ich erinnere mich nicht, ihn jemals über seine Vergangenheit sich äußern gehört zu haben." „Das ist freilich nicht unbedenklich," bemerkte der Staatsanwalt unruhig, „wo hat die verstorbene Frau von Santen ihren Gatten kennen gelernt?" „Auf einer Reise in Thüringen, — die Geschichte bestand eingent- lich nur aus Verlobung und Hochzeit. Wir waren Alle darüber ein wenig verblüfft." „Und dann wurde sofort ein Testament errichtet?" „Es war Frau von Santens Wunsch, bevor sie zum Standesamt sich begaben, sie wollte den geliebten Mann, wie sie mir sagte, ganz sicher stellen und ihm ihr unbegrenztes Vertrauen damit zeigen." „Der Gedanke des Testaments ging also einzig allein von ihr aus?" fragte der Staatsanwalt forschend. „Ich glaube es, kann es aber nicht behaupten, da sie mir die Ant wort auf eine leise dahinzielende Andeutung, welche ich mir erlaubte, schuldig blieb." Der Staatsanwalt erhob sich jetzt. „Ich danke Ihnen für Ihre Mittheilungen, Herr Notar!" sprach er freundlich, „und knüpfte daran die Bitte, jenes Papier bald möglichst den Händen des Dr. Stevenson's zu übergeben. Noch eins, eine Zhrer Fräulein Tochter ist verlobt, wie ich gehört —" Der kleine Notar fuhr erschreckt zusammen und schüttelte den Kopf. „Ist nicht wahr, Herr Staatsanwalt, sind noch alle zu haben." „Man sagte mir doch, daß Ihr künftiger Schwiegersohn der junge Schwarz sei, den ich leider habe verhaften lassen müssen." „Der Henker hole die Klatschblasen," rief der Notar völlig außer sich, „ich glaube, das Ihnen mein Wort als Vater genügt, Herr Staats-