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Wochenblatt für Erscheinl wicheutllch S Mal Dienstag un» Freitag. Abvnnemtntkpreis rteljä^rtich I Mark. Eine «inrelne Nummer k»stet^.0 Ps. Jnseretenennahme Montags ».Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erschein» ' wöchentlich 2 Mal , Dienstag und Freitag Abonneniemspreis ' vierteljährlich 1 Mar Eine einzelne Nummer — für kostet 10 Ps. Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Biernndvierzigffer Jahrgang. Tagesgeschichte. Müssen wir Deutsche uns von Engländern an das erinnern lassen, was Jeder sich selbst sagen sollte. Änknüpfend an das jüngste Un wohlsein des Kaisers Wilhelm sagt der englische „Standard": ,,Dieses Bewußtsein reicht hin, die Brust jedes ehrlichen Patrioten im deutschen Vaterland? mit einem Gefühle der Unruhe, der Unsicher, heit betreffs der Zukunft zu erfüllen. Es ist eine merkwürdige Rück erinnerung und wir Kinder der Gegenwart würden gut thun, sie uns recht oft ins Gedächtniß zu rufen, daß die Gründung des deut schen Kaiserreichs, das größte Werk, das in dieser Generation geschaffen wurde, einer Handvoll von Männern den Ursprung dankt, die der öffentlichen Meinung und verfchiedcnen Verfassungen zum Trotze han delten. Es ist jetzt sehr leicht, zu sagen, daß Deutschland seine Einig keit irgendwie erlangt hätte, wenn Fürst Bismarck auch nie geboren worden wäre. Dies ist eine bloße Annahme und weit wahrscheinlicher ist es, daß ohne den Fürsten Bismarck Deutschland noch immer das lose, wenn nicht zerspaltene Staatengemenge und Frankreich die leitende und tonangebende Macht des Kontinents wäre. Die Thatsache, daß ein militärischer und entschlossenerMonarch, ein weit sehender, waghalsiger und trotzbietender Minister und ein glänzendes Soldatengenie Zeitgenossen waren, erklärt die Verwirklichung des Traumes vom geeinigten Deutschland. Die unbestimmte Sehnsucht nach einer solchen Einigkeit in der Brust des deutschen Volkes verwirklichte diesen Traum nicht. Heute beugt sich alles vor dem deutschen Kaiserreiche. Wie wenige Menschen aber gab eS, welche, als das Werk im Ausbau begriffen war, nicht gegen die Baumeister ihre Stimme erhoben und ihren Tadel laut werden ließen!" Berlin, 1. Februar. Der Besuch des König Humbert von Italien am hiesigen Hose scheint nach dem, was man sich in hoch gestellten Kreisen der Residenz erzählt, nunmehr beschlossene Sache zu sein. König Humbert kommt darnach nicht allein; seine Gemahlin, die Königin Margherita, wird ihn begleiten. Aus Anlaß dieses Be suches, der bereits in den nächsten zwei Monaten erwartet wird — man spricht davon, daß das italienische Königspaar vermuthlich zum Geburtstage des Kaisers hier einzutreffen beabsichtige — werden be reits jetzt schon vom hiesigen italienischen Botschafter, dem Grafen de Lannay, Vorbereitungen für eine größere Festlichkeit getroffen. Es ist zweifellos, wird der „Schles.Ztg." aus Berlin geschrieben, daß dem Reichstag in der bevorstehenden Saison neben dem Entwurf des Unfallversichernngsgesetzes auch eine Vorlage, betreffend die Er neuerung oder Verlängerung des Sozialistengesetzes, zugehen wird, sehr fraglich aber ist es, ob diese Vorlage zur Annahme gelangt. Für den Fall ihrer Ablehnung ist die sofortige Auflösung des Reichs tags mit ziemlicher Sicherheit zu gewärtigen, obwohl das Mandat der jetzigen Reichsboten in wenigen Monaten ohnehin auf normalem Wege ablaufen würde. Würden nämlich die Neuwahlen erst zum re gelmäßigen Termin im Oktober vorgenommen, so würde, da das So zialistengesetz am letzten September abläust, nach Ablehnung des Ver- längerungsantrages etwa ein Vierteljahr ohne dieses Gesetz sich be helfen und naiilentlich auch die Wahlen ohne dasselbe sich vollziehen lassen müssen, Cs liegt auf der Hand, daß, wenn das Ausnahmege setz von den verbündeten Regierungen überhaupt für unentbehrlich ge halten wird — woran man in parlamentarischen Kreisen nicht zwei felt —, seine Wirkung empfindlich beeinträchtigt würde, wenn eine Un terbrechung von einigen Monaten einträte. Die Frage, wie der Reichs tag sich zu einer Vorlage, betreffend die Verlängerung des Sozialisten gesetzes, stellen wird, ist schwer zu beantworten. Es kommt dabei in erster Linie auf die Haltung des Centrums an, von dem etwa ein Dutzend Mitglieder bereits das vorige Mal dem Gesetz zugestimmt haben. Da aber die Anhängsel des Centrums, Polen, Welfen und Elsässer, unter allen Umständen Gegner des Ausnahmegesetzes sind, würde selbst die Zustimmung des größten Theils der klerikalen Partei nur eine unsichere Bürgschaft für das Zustandekommen des Gesetzes bieten. Es müßten wohl noch einige Stimmen der sezessionistischen „liberalen Vereinigung" hinzukommrn. Dieselbe bewahrt aber über Haltung in der Sozialistenfrage vollständige Reserve und hat na türlich auch noch keinen Anlaß gehabt, Stellung zu nehmen. Es werden ohne Zweifel auch wieder allerlei vermittelnde Vorschläge auftauchen. Die Leute, die gern Mordgeschichten lesen, haben es jetztleider gut. Kein Tag vergeht, der nicht einen derartigen Vorfall, oft der schrecklichsten Art brächte. Man könnte eine besondere Zeitung auf Mordgeschichten gründen. Tieferblickende Leute werden aber angesichts diefer stets sich häufenden Verbrechen von Trauer und Entsetzen be schlichen, nicht allein über die Vorfälle selbst, sondern weil sie sehen, daß wir uns hier einer Strömung gegenüber befinden, gegen die wir ohnmächtig sind und deren Ende gar nicht abzusehen ist. Eine äußerst aufregende Szene hat sich bei dem Praktischen Arzt Dr. med. Halberstadt am neuen Jungferustieg in Hamburg zuge tragen. Der 17jährige Sohn des Lotteriekollekteurs Mansfeldt begab sich zum Dr. Halberstadt, um diesen wegen heftigen Athmungsbeschwer- den zu konsultiren, mußte aber eine kurze Weile im Vorzimmer war ten. Plötzlich hörte Dr. Halberstadt, der gerade mit einem andern Patienten beschäftigt war, ein lautes Röcheln aus dem Vorzimmer er tönen; er eilte sofort hinein und fand dort den jungen Menfchen auf dem Sopha zurückgebogen liegen. Als der Arzt, um dem Erkrankten den Mund zu öffnen, mit seinem Finger zwischen die Zähne kam, schlossen sich mit großer Heftigkeit die Kinnbacken des Sterbenden und preßten die Finger des Arztes so fest zwischen die Zähne, daß es dem- selben nicht möglich war, sich zu befreien. Erst mit Hilfe zweier schleunigst herbeigerufener Aerzte, Dresdehn und Leisrink, gelang es, den Finger zu befreien, doch war der junge Mann bereits todt; ein Herzschlag hatte seinem Leben ein frühes Ende bereitet. Wien, 31. Januar. Die „Wiener Zeitung" veröffentlicht eine Verordnung des Gesammtministeriums vom 30. Januar, womit auf Grund des Gesetzes vom 5. Mai 1869, für die Gerichtssprengel Wien, Korneuburg und Wiener-Neustadt die Ausnahmeverfügungen getroffen werden, welche sich gleichzeitig auf verdächtige Briefe und gefährdende Druckschriften erstrecken. Eine weitere Verordnung des Gesammtmi nisteriums hebt die Geschwornengerichte für die Gerichtsprengel Wien und Korneuburg auf. In Wien sind mehrere als sozialistische Agitatoren bekannte Arbeiterführer in ihren Wohnungen in Favoriten und Fünfhaus ver haftet worden. Man erblickt darin eine der ersten auf Grund des Ausnahmezustandes ergriffenen Maßregeln. Infolge der Ausnahme bestimmungen dürfen demnächst mehrere Hundert Ausweisungen erfolgen. Die Gendarmerie soll eine erhebliche Verstärkung erfahren. Pest, 31. Januar. Ein furchtbares Unglück hat sich heute Mor gen in Altofen zuqetraaen. Die Altofner Stadthauptmannschaft ver ständigte um 10 Uhr Vormittags die Centrale, daß in den Häusern Nr. 31 und 38 auf der Szent Endreestraße fünf Individuen todt und vier in Agonie gefunden wurden und daß dieselben Opfer einer Gasvergiftung seien. Im Hause Nr. 31 fand man Frau Friedrich Pollak, Frau Ludwig Mohary und Therese Turnik todt; Friedrich Pollak, dessen 3'/2jährigen Sohn und Elisabeth Pavits sterbend und im gegenüberliegenden Hause Nr. 38 Anton Gensky und dessen Gattin todt und den Dienstboten Elisabeth Benyo bewußtlos. Die Stadt- hanptmannschaft verfügte die Uebertragung der noch Lebenden in's Johannesspital uud der Toden in das Rochusspital. Die fachmännische Untersuchung ergab, daß die Katastrophe durch Gasvergiftung herbei geführt worden sei, trotzdem in keinem der bezeichneten Häuser Gas eingesührt ist. Das Gasrohr auf der Straße war au einer Stelle gesprungen und es entströmte Gas durch den lockeren Boden in die Wohnungen, die zu beiden Seiten der Straße gelegen sind. Das Straßenpflaster wurde aufgerissen und die Untersuchung der Gaslei tung angeordnet. England. Der Sturm, welcher die Küsten des Vereinigten Königreichs am vorletzten Sonnabend heimsuchte, hat seit 1792 seines Gleichen nicht, und jede Stunde bringt noch Nachrichten über furcht bare Schiffbrüche, die zum größten Theile mit großen Verlusten an Menschenleben verbunden waren. An den Küsten der kleinen Insel Arran allein sind 13 große Segelschiffe gestrandet. Schrecklich war der Untergang des Schiffes „Juno" an der Mündung des Flusses Mersey. Das Rettungsboot von New-Brighton fuhr zu dem Wrack, an dessen Takelwerk 15 Menschen hingen und um Hilfe riefen, die man ihnen aber nicht bringen konnte. Es war unmöglich, dem Schiffe nahe zu kommen, und der hohe Wellengang nöthigte schließlich das Rettungsboot, unverrichteter Sache zurückzukehren und die armen Leute Nr. 11 Dienstusi, den 5^. Februar 1884^ " Bekanntmach ung. Sonnabend den 9, Februar d. I., Vormittags 9 Uhr, findet im hiesigen Verhandlungssaale öffentliche Sitzung des Bezirksausschusses statt. Die Tagesordnung ist aus dem Anschläge in hiesiger Hausflur zu ersehen. Meißen, am 31. Januar 1884. Königliche Amtshanptmannschaft. v. Bosse. Erledigt hat sich die vom Unterzeichneten an den Handarbeiter Johann Georg Feldmann aus Freiberg unter dem 24. November vorigen Jahres erlassene öffentliche Aufforderung. Wilsdruff, den 1. Februar 1884. Der Königliche Amtsanwalt. D Lange, Ref.